SS-Hauptsturmführer

* 10.11.1906 in München
† 13.12.1945 in Hameln (gehängt)

vollständiger Name: Kramer Josef Theodor

Reichsdeutscher

Eltern
Kramer Theodor u. Maria

keine Geschwister

8 Klassen Volksschule

1915
Umzug der Familie von München nach
Augsburg

Schulbesuch in Augsburg

Beruf: Kaufmann

1920
Lehre als Elektriker

1925 - 1933
mit wenigen Unterbrechungen Arbeitslos

ab 01.12.1931
Mitglied der NSDAP (Mitglieds Nu. 733 597)

20.06.1932
Mitglied der Allgemeinen SS (Mitglieds Nu. 32 217)
Dienst im 1. Sturm / II. Sturmbann / 29. SS-Standarte

führte bis 1933 unentgeltliche Tätigkeiten für die in Augsburg stationierte 29. SS-Standarte, II. SS-Sturm unter Leitung von Hans Loritz aus

Oktober 1933
Taggeldangestellter beim Steueramt in Augsburg

Januar 1934
Standesamt Augsburg
mit der Erstellung der Impflisten für den Bezirksarzt und mit der Anfertigung eines Verzeichnisses für die Geburts-, Heirats- und Sterberegister und Kirchenaustritte betraut.

ab 14.11.1934
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS

1934
Anstellung beim SS-Hilfwerk im KL Dachau

September 1934
Beförderung zum SS-Scharführer

November 1934 - Juni 1936
Angehöriger der Kommandantur im KL
Esterwegen
(SS-Wachtruppe Ostfriesland)

06.04.1935
Beförderung zum SS-Hauptscharführer

Juni 1936 - Juni 1937
Angehöriger der Kommandantur im KL
Dachau
(Schreibdienst)
Die Augsburger Häftlinge wurden besonders grausam behandelt, da es die berüchtigten Augsburger KZ-Kommandanten Hans Loritz und Joseph Kramer besonders auf sie abgesehen hatten.
(Unter dem provisorischem Lagerführer Josef Kramer hatten die Juden besonders zu leiden. Er hatte den Nürnberger Christian Knoll als Kapo eingesetzt und gab ihm für jeden Juden, den er zur Strecke brachte, eine Brot zeitprämie. ›Kopfgeld‹ wie in der Sklavenzeit. Und als Knoll den 100. Juden zur Strecke brachte, kassierte er tatsächlich eine Sonderprämie ein.)

Juni 1937 - August 1938
Angehöriger der Lagermannschaft im KL
Sachsenhausen
(Adjutantur u. später Leiter der Poststelle)

16. Oktober 1937
heiratete er Kramer Rosina. Vater von drei Kindern
(Rosina Beruf: Lehrerin, Sie änderte nach 1945 ihren Namen und arbeitete wieder als Lehrerin in der Nähe von Belsen)
(Kinder: Karl-Heinz)

August 1938 - Mai 1940
Adjutant unter dem Lagerkommandanten Franz Ziereis im KL
Mauthausen

30.01.1939
Beförderung zum SS-Obersturmführer

Mai 1940 - November 1940
Adjutant u. Stellvertreter von Rudolf Höß im KL
Auschwitz

November 1940 - April 1941
Schulung zum Lagerführer im KL Dachau

April 1941 - Mai 1942
Schutzhaftlagerführer im KL
Natzweiler-Struthof
(ab Februar 1942 kommissarischer Kommandant)
Kramer persönlich führte die Vergasungen von 80 jüdischen Männern und Frauen, ein Teil einer Gruppe von 87 in Auschwitz ausgewählt, um anatomische Präparate in einer vorgeschlagen werden jüdische Skelettsammlung an der Anatomie-Institut an der Reichsuniversität untergebracht werden Straßburg unter der Leitung von August Hirt.

21.06.1942
Beförderung zum SS-Hauptsturmführer

Oktober 1942 - Mai 1944
Lagerkommandant im KL Natzweiler-Struthof

15. Mai 1944 - 29. November 1944
Lagerkommandant im KL Auschwitz-Birkenau

01. Dezember 1944 - 15. April 1945
Lagerkommandant im KL
Bergen-Belsen

Januar 1945
Verleihung Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern
Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern
SA-Sportabzeichen in Bronze
SS-Ehrendegen
Julleuchter

15.04.1945
Am 15. April 1945 besetzte die 11. Panzerdivision der British Army das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Es erfolgte die Übergabe des neutralisierten Gebietes. Oberst Taylor, der Kommandant des 63. britischen Panzerabwehrregiments erhielt das Amt des Lagerkommandanten. Aus Angst vor möglichen Häftlingstumulten versuchte Kramer erfolglos, den britischen Armeeangehörigen den Zutritt zum Lager zu verweigern. Diese fuhren jedoch ins Lager und informierten die Häftlinge über ihre Ankunft. Als Häftlinge kurz darauf versuchten, in die Häftlingsküche und den Kartoffelkeller einzudringen, ließ die Lager-SS auf sie schießen, was durch britische Offiziere umgehend unterbunden wurde. Danach richtete ein britischer Offizier seine Pistole auf Kramer und zwang ihn, einen verletzten Häftling ins Lazarett zu tragen.

am 17. April 1945 verhaftet
(unter Arrest gestellt und in Fußfesseln durch das Lager geführt)

18. April 1945
in das Gefängnis nach Diest überstellt

17. September 1945 - 17. November 1945
Belsen-Prozess unter Vorsitz Gerichtspräsident Generalmajor HMP Berney-Ficklin
Am Nachmittag des 16. November wurden die Urteile verkündet.
Die Hinrichtungen wurden für Freitag den 13. Dezember 1945 angesetzt und sollten in Halbstundenintervallen ab 09:34 Uhr mit Elisabeth Volkenrath, gefolgt von Irma Grese bis 10:03 und Johanna Bormann um 10.38 Uhr. Die Männer, darunter Joseph Kramer, wurden dann paarweise aufgehängt, wobei alle 13 Hinrichtungen um 1:00 Uhr durchgeführt waren. Angesichts der Nähe der verurteilten Zellen zu den Galgen, muss jeder von ihnen die vorstehenden Vorgänge gehört haben.

13. Dezember 1945,
trotz eines zuvor bei Feldmarschall Bernard Montgomery gestellten Gnadengesuchs, im Zuchthaus Hameln gehenkt. Henker war Albert Pierrepoint.

Begraben
Zuerst auf dem Gefängnisgelände, 1954 auf dem Am Wehl Friedhof in Hameln beigesetzt.

Aussage Kramer im Juli 1945
Ich begab mich im August 1943] in das Anatomische Institut in Strassburg, wo sich Professor Hirt befand. Dieser erklärte mir, Kenntnis von einer Überstellung von Häftlingen von Auschwitz nach Natzweiler zu haben. Er erklärte mir genau, dass diese Personen in der Gaskammer in Struthof mit Gas getötet und dann ihre Leichen zum Anatomischen Institut in Strassburg überführt werden sollten, damit sie ihm zur Verfügung stehen.
Nach diesem Gespräch gab er mir eine Flasche, die ungefähr ¼ Liter Salz enthielt, ich glaube, es handelte sich um Cyan-Wasserstoff-Salze.
Mit Hilfe einiger SS-Leute kleidete ich sie vollständig aus und schob sie in die Gaskammer, als sie vollständig nackt waren. Als die Türe geschlossen war, fingen sie an zu brüllen. Nachdem die Türe geschlossen war, führte ich durch ein Rohr, das oben rechts vom Guckloch angebracht war, eine gewisse Menge von Salzen ein. Sodann schloss ich die Öffnung des Rohres mit einem Kork, der am Ende dieses Rohres angebracht war. Dieser Kork hatte ein Metallrohr. Dieses Metallrohr schleuderte das Salz und Wasser in die Innenseite der Öffnung der Kammer, von der ich gesprochen habe. Ich beleuchtete die Innenseite des Raumes mittels eines Schalthebels, der in der Nähe des Rohres angebracht war, und beobachtete durch das Guckloch, was innerhalb des Raumes vor sich ging. Ich habe gesehen, dass diese Frauen ungefähr noch eine halbe Minute geatmet haben, bevor sie auf den Boden fielen. Nachdem ich die Ventilation innerhalb des Schornsteines in Bewegung gebracht hatte, öffnete ich die Türen. Ich fand diese Frauen leblos am Boden liegen, und sie waren voll bedeckt mit Ausscheidungen. Am nächsten Morgen sagte ich zu den Krankenpflegern der SS, die Leichname in einen kleinen Wagen zu legen – es war ungefähr um 5.30 Uhr –, damit sie in das anatomische Institut gebracht werden könnten, so wie mich Professor Hirt gebeten hatte. Einige Tage später brachte ich unter den gleichen Umständen wiederum eine gewisse Anzahl von Frauen in die Gaskammer, die auf diese Weise vergast wurden. Einige Tage später ging ich wiederum in die Gaskammer, und das wiederholte sich ungefähr zwei oder drei Mal, bis 50 oder vielleicht auch 55 mit den Salzen, die Hirt mir gegeben hatte, getötet waren.«

Der Anatom Anton Kiesselbach, Helfer des sadistischen SS-Hauptsturmführers Professor
August Hirt, der eine Skelettsammlung "jüdisch-bolschewistischer Untermenschen" anlegte (wofür über 100 Häftlinge ihr Leben lassen mußten), wurde 1962 zum Rektor der Universität Düsseldorf gewählt. Zum geplanten Prozeß wegen Mordes kam es nie.

Rosina Kramer wurde von einem Mann mit einem Messer im Beisein Haupt Winwood angegriffen beim Besuch Belsen am Samstag, den 29. September 1945.

Josef Kramer Diest (Belgien)

Josef Kramer sitzt an diesem 8. Mai in einem Gefängnis in der belgischen Kleinstadt Diest. Er wird von britischen Offizieren verhört. Er schämt sich nicht. Das ist das Unfassbare. Er ist immer noch dankbar dafür, dass ihm das Nazi-Regime ein Leben und einen Beruf geschenkt hat und eine Karriere dazu, die ihn schließlich zum Kommandanten des KZ Bergen-Belsen gemacht hat.
Als die britischen Soldaten drei Wochen vorher, am 15. April, das Lager übernahmen, wurde er verhaftet und ins Fleischkühlhaus gesperrt. Statt sich abzusetzen, hatte er mit 80 Wachmännern darauf gewartet, dass die Briten unter der Führung von Hauptmann Derrick Sington kamen. Man könnte sagen, wenn das nicht so banal klingen würde, dass alles im Leben von Josef Kramer seine Ordnung haben musste.
Die britischen Soldaten waren fassungslos. Die Leichenberge im Lager hatten sie aus der Entfernung für Holzstapel gehalten. Kramer und seine Leute mussten die Leichen begraben. Es gibt Fotos, die sie zeigen, in einer Grube, in einem Meer von Leichen.
Kramer beantwortet in den Verhören bereitwillig alle Fragen. Er schämt sich wirklich nicht. Er habe Befehle erhalten und ausgeführt. Er gibt umstandslos zu, dass er im KZ Natzweiler dafür sorgte, dass 86 Juden vergast wurden, nicht aus Niedertracht oder Mordlust, sondern weil die Reichsuniversität Straßburg die Skelette für Forschungszwecke brauchte. Josef Kramer sagt auch: "Ich habe nichts gefühlt."

Lange erzählt Kramer von sich, von seinem sinnlosen Leben vor Hitler, von den versäumten Jahren nach der Elektrikerlehre, als er arbeitslos war, acht Jahre lang, und sich als Hausierer durchschlug. Als Hitler Reichskanzler wurde, war er 26 Jahre alt und kam sich vor wie ein kleiner Junge, weil er noch immer bei den Eltern wohnte.
Jetzt ist Kramer 38 Jahre alt. Geboren in München, streng katholisch erzogen. Im Dezember 1931 trat er in die NSDAP ein, ein halbes Jahr später in die SS. Im Oktober 1933 bekam er eine Arbeit beim Steueramt in Augsburg, später im Standesamt. Seine Karriere im System der Konzentrationslager begann 1934, beim SS-Hilfswerk in Dachau, wo auf dem Gelände einer alten Munitionsfabrik ein Lager eingerichtet worden war, weil die Gefängnisse voll waren mit verhafteten Kommunisten und Sozialdemokraten. Die Lager sind das, was die Nazis unter Ordnung verstehen: von der restlichen Welt abgetrennte Stätten zum Quälen und Foltern und Morden. Die wurden nun seine Welt, sein Leben. Er zog zu Hause aus, heiratete und wurde bald Vater. Die britischen Soldaten haben ihn in Bergen-Belsen nach seiner Verhaftung fotografiert. Die Bilder zeigen einen gefassten Mann mit Fußfesseln und in Socken. Begriffe für Menschen wie Kramer fehlen auch 70 Jahre später. Ein Unmensch, ein Schwein, ein Kommunistenhasser, ein Judenhasser. Bald nach seiner Anstellung in Dachau begann eine Reise durch die Konzentrationslager des "Dritten Reichs": 1935 kam er nach Esterwegen, wo er in der Verwaltung arbeitete. Ab 1937 war er in der Poststelle des KZ Sachsenhausen. 1938 wurde er im Lager Mauthausen stellvertretender Kommandant.

Kramer arbeitete sich langsam hoch. In Auschwitz wurde er Adjutant von Rudolf Höß, in Dachau bald zum Schutzhaftlagerführer geschult. Und er war stolz, als er im KZ Natzweiler in den Vogesen sein erstes Lager übernehmen durfte. Er war nun SS-Hauptsturmführer. Das war kein rasend schneller Aufstieg, und KZ-Kommandanten gehören innerhalb der SS auch nur zum Mittelbau und keineswegs zur Elite, aber Kramer war zufrieden.
In einem Brief aus der Haft schreibt er: Dass er kein schlechter Mensch sei, könne man unschwer an seiner Frau erkennen, denn "sonst hätte mich unsere liebe Rosi nie geheiratet". Er versteht nicht, warum es ein Verbrechen sein soll, Befehle zu befolgen. Seiner Frau allerdings fiel auf, dass er mit den Jahren stiller wurde, in sich gekehrt. Als er im Mai 1944 Kommandant von Auschwitz-Birkenau wurde, gefiel ihm die Arbeit dort nicht. Er wollte weg. Er bewarb sich für Bergen-Belsen. Als der Krieg verloren war im Frühjahr 1945, dachte er nicht daran, mit seiner Frau und den drei Kindern zu fliehen. Er blieb, er hatte im Chaos dieser Tage die Ordnung verloren.

Nach den Verhören wird Kramer in Lüneburg der Prozess gemacht, es ist der erste Kriegsverbrecherprozess nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 13. Dezember 1945 wird er in Hameln hingerichtet.