Zwangsarbeitslager Annaberg

Zwangsarbeitslager für Juden

Bezeichnung

Gebiet
Polen, Woiwodschaft Oppeln, Landkreis Strzelce Opolskie, Gmina Leschnitz

Eröffnung
November 1939

Schließung
ein Teil der Häftlinge wurde nach KZ Auschwitz II (Birkenau) evakuiert und ist dort am 30.09.1944 angekommen; die Befreiung erfolgte im Januar 1945

Deportationen

Häftlinge

Geschlecht
Männer

Einsatz der Häftlinge bei
OT; Oderthal-Werke, Graf Schaffgotsch (Fabrik für synthet. Benzin); Firma Rosner, Uniformschneiderei; ALTANA Tischlerei; Firma Lenz; Rösner u. Sohn; Moser u. Kallenbach

Art der Arbeit
Schacht, Tiefbau- und Aufräumungsarbeiten nach Bombardierung des Werkes, Bau der Reichsautobahn Breslau-Kattowitz

Bemerkungen
Im Juni 1941 wurden die Häftlinge in andere kleinere Lager gebracht, um das Lager für russische Kriegsgefangene freizumachen. Etwa ein Jahr später kamen erneut jüdische Häftlinge in das Zwangsarbeitslager für Juden. In der Zeit vom Dezember 1941 bis Juni 1943 diente das Lager zur Aufnahme für Kranke aus den umliegenden Zwangsarbeitslagern für Juden

Geschichte/Hintergrund

Nach der Teilung Oberschlesiens 1922 verblieb der Annaberg beim Deutschen Reich. 1934–1936 entstand im Steinbruch eine in Gestalt eines Amphitheaters angelegte NS-"Thingstätte" mit 7.000 Sitz-und 23.000 Stehplätzen. 1937/38 wurde nach dem Entwurf von Robert Tischler auf dem Felsplateau darüber das "Reichsehrenmal der Freikorpskämpfer" als Mausoleum für die deutschen Gefallenen der Schlesischen Aufstände errichtet, das am 22. Mai 1940 eingeweiht wurde. Es war geplant, den Annaberg in 'Ahnenberg' umzubenennen.
Nach Absicht der nationalsozialistischen Planer sollten hier ein Zentrum der deutschen Kulturpropaganda und gleichzeitig ein Gegengewicht zur sakralen Wallfahrtsstätte entstehen. 1940 wurden die Franziskaner vertrieben. Auf dem Annaberg errichteten die NS-Behörden ein Durchgangslager für 'Volksdeutsche', das später als "Reichsautobahnlager" für Juden und Polen, ab 1941 als Lager für sowjetische Kriegsgefangene, ab November 1942 für jüdische Kranke und ab August 1943 für jüdische Gefangene genutzt wurde.
Im Januar 1945 wurde es aufgelöst.
1946 wurde das Mausoleum im Rahmen einer patriotischen Manifestation gesprengt.
An seiner Stelle wurde am 19. Juni 1955 ein monumentales Ehrenmal für die polnischen Kämpfer enthüllt, als Symbol des "ewigen Kampfes Polens mit dem deutschen Drang nach Osten". Der Entwurf stammte von dem Bildhauer Xawery Dunikowski, der 1940–1944 in Auschwitz inhaftiert war. 1961 wurde am Fuße des Bergs das Museum der Aufständischen (Muzeum Czynu Powstańczego) eröffnet. Einst "umkämpftes Objekt nationaler Sinnprojektionen", gilt der Annaberg heute sowohl als trennendes Symbol wie auch als Ort der Begegnung.
Quelle: Felicitas Söhner: Sankt Annaberg/Góra Świętej Anny. In: Online Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa

Bericht

1940 gründeten die Deutschen ein Zwangsarbeitlager im Dorf Góra Świętej Anny (Sankt Annaberg) (1936-1945: Annaberg) . Es war eins von sechzehn Arbeitslagern, die in Oppelner Schlesien entlang der Autobahn Wrocław-Katowice (damals: Reichsautobahn RAB 29) gegründet wurden.
Zuerst wurden polnische Zwangsarbeiter ins Lager gebracht, die aus ins Dritte Reich eingegliederten Gebieten stammten. Von Herbst 1940 an wurden anstelle von Polen neue Gruppen jüdischer Arbeiter aus den Ghettos in Będzin (Bendzin), Sosnowiec (Sosnovitz) und Czeladź massenweise ins Lager gebracht. Vermutlich blieben Polen und Juden für kurze Zeit gemeinsam im Lager .
Das Lager wurde Reichsautobahnlager, Judenlager oder Judenlager-Arbeitslager, und später Zwangsarbeitslager (ZAL) genannt.
Die Gefangenen arbeiteten im Zweischichtensystem, auch sonntags. Diese Sklavenarbeit war erschöpfend. Die Freizeit wurde mit Appellen und mit schonungsloser Selektion der Gefangenen ausgefüllt. Die Kranken, Erschöpften und Arbeitsunfähigen wurden in die Ghettos in Będzin (Bendzin) und Sosnowiec (Sosnovitz) geschickt. Damit wurde die wirkliche Sterberate im Lager verborgen. Anstelle der Entlassenen wurden neue Gruppen von Juden gebracht. Die Lebens- und Hygienebedingungen verschlimmerten sich allmählich. Die Wachmänner waren brutal, es herrschte Terror im Lager.
Als das Dritte Reich im Juni 1941 die Sowjetunion angriff, musste die deutsche Armee das Problem der großen Mengen von sowjetischen Kriegsgefangenen lösen. Deshalb entließ man im Sommer 1941 die Juden aus dem Arbeitslager in Góra Świętej Anny (Sankt Annaberg) und brachte anstelle derer im August die erste Gruppe von 500 sowjetischen Kriegsgefangenen hier her. Die hohe Sterberate der Kriegsgefangenen im Winter 1941/1942 verursachte, dass man im Frühling 1942 nochmal jüdische Arbeiter ins Lager verwies. Das unmenschliche Arbeitssystem und die sehr schlimmen Lebensbedingungen im Lager verursachten, dass die Zahl der Arbeiter schnell schrumpfte. Obendrein führte man oft Selektionen durch, wodurch arbeitsunfähige Gefangene eliminiert wurden und in Wirklichkeit ein immer größerer Mangel an Arbeitskraft herrschte.
Am 27. November 1942 wurde das Lager in Góra Świętej Anny (Sankt Annaberg) in ein jüdisches Krankenlager umgewandelt, in das diejenigen kranken Arbeiter gebracht wurden, die höchstwahrscheinlich schnell wieder gesund würden und noch einmal angestellt werden könnten. Das jüdische Krankenlager funktionierte 7 Monate lang. In dieser Zeit starben dort 54 jüdische Gefangene. Im Juni 1943 verlegte man die Kranken ins Zwangsarbeitlager in Prądy (Brande) verlegt. Im August wurde das Lager aufgelöst, die Kranken und Arbeitsunfähigen wurden ins Nazi-Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau verlegt.
Im August 1943 zog die Vertretung von SS-Brigadenführer Schmelt von Sosnowiec (Sosnovitz) ins Lager in Góra Św. Anny (Sankt Annaberg) um. Zusammen mit einer Gruppe deutscher Offiziere aus dem Stab brachte man auch 24 jüdischen Gefangene, die als Hilfspersonal dienten, ins Lager. Diesen schlossen sich weitere 300 Gefangene aus dem liquidierten Ghetto in Sosnowiec (Sosnovitz) an. Da auf den Bau einer Autobahn verzichtet wurde, wurden die Gefangenen in den nahegelegenen chemischen Schaffgott'schen Werken in Zdzieszowice (Deschowitz) angestellt.
Die Liquidierung des Lagers erfolgte im Januar 1945. Alle Gefangenen wurden in einem „Todesmarsch“ in den Osten geführt.
Quelle: POLIN Museum für die Geschichte der Polnischen Juden Mordechaja Anielewicza-Str. 6

05.09.1942

am 05.09.1942 treffen mit einem Transport 300 (200) Personen (aus einem Transport aus Westerbork) aus Cosel per Lastwagen im Arbeitslager Annaberg (Gora Swietej Anny) ein.
Einer der Überlebenden dieses Transports, Maurits Schekkan, verließ den Zug in Cosel. In seiner Aussage vor dem Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) am 19. Februar 1947 berichtete er Folgendes:
„Am 28. August wurde ich von meinem Haus in die Hollandse Schouwburg gebracht. Ich blieb dort für einige Tage und wurde dann nach Westerbork verfrachtet. Am 4. September 1942 verließ ich Westerbork. Unser Transport setzte sich aus 900 bis 1000 Personen zusammen: Männer, Frauen und Kinder. Wir reisten in Passagierwaggons. Auf dem Weg hielten wir hin und wieder an, aber die ersten, die den Zug verließen, waren Männer zwischen 16 und 50, die in Cosel ausstiegen. Der Rest musste im Zug bleiben und ging, so nehme ich an, direkt in die Gaskammern. In unserer Gruppe gab es mehrere Personen über 50. Wir wurden von der SS aus dem Zug geprügelt. Obersturmbannführer Heinrich Lindner war anwesend und teils aus diesem Grund wurden wir schlecht behandelt. Von dort wurden wir in zwei Lastwagen nach Annaberg gebracht. Ich schätze, wir waren 200 bis 300 Männer. Wir blieben dort für eine Woche, um die Arbeit zu erlernen. Man nahm uns unseren gesamten Besitz ab, nur einigen gelang es, etwas zurückzubehalten. All unser Schmuck, Geld usw. wurde beschlagnahmt.“

09.09.1942

keine Daten ermittelt