Auschwitz

am 04.09.1942 verläßt ein Transport (Dritte-Klasse-Passagierwaggons) mit 1014 (914) Personen den Bahnhof Hooghalen mit Ziel Konzentrationslager Auschwitz. Die Menschen kamen aus dem 6 km entfernten Judendurchgangslager Westerbork. (in den frühen Morgenstunden zwischen zwei und drei Uhr, verlasen die Barackenleiter die Namen der nächsten Opfer. Es herrschte Totenstille in den vollgestopften Baracken. Die Vor- und Familiennamen hallten dröhnend in den Köpfen wider. Alle schwiegen. Man ahnte, daß über die, deren Namen aufgerufen wurden, das Todesurteil verhängt war. In den Transportnächten schlief kaum jemand. Der jüdische Ordnungsdienst holte sie ab und trieb sie in langen Reihen zum Bahnhof Hooghalen. Reihe für Reihe stolperten sie vorwärts, gebückt und gekrümmt, beladen mit schweren Koffern und Säcken.) (Mitte November 1942 wurde das Streckengleis vom Bahnhof Hooghalen ins Lager fertiggestellt. Nun hielten die Züge direkt in Westerbork). Der Transport erreicht am 05.09.1942 den Bahnhof von Cosel, wo alle Männer zwischen 15 und 50 aus dem Zug steigen mussten, um von dort in verschiedene Zwangsarbeitslager der Dienststelle Schmelt gebracht zu werden. Einige der Männer, die am 5. September in Cosel eintrafen, wurden per Lastwagen ins Arbeitslager Annaberg (Gora Swietej Anny) transferiert, andere nach Niederkirch (Dolna). Von Cosel fuhr der Zug weiter über Kattowitz und erreichte sein Ziel in Auschwitz am 5. September. Laut der Historikerin Danuta Czech kamen 714 jüdische Männer, Frauen und Kinder in dem Vernichtungslager an. Nach dem Selektionsprozess wurden 53 Frauen ins Lager gelassen und mit den Nummern 19117-19169 tätowiert. Die übrigen 661 Deportierten wurden der Sonderbehandlung zugeführt. Von diesem Transport sind vier Überlebende bekannt, die alle in Cosel den Zug verließen.

Bericht

In der Nacht des 3. September 1942 wurden 400 Juden in ihren Amsterdamer Wohnungen verhaftet und zur Zentralstelle in der Adama van Scheltemaplein im Süden der Stadt gebracht. Weitere 21 Juden wurden in Asterdorp verhaftet, einem Wohnviertel in Nordamsterdam, das für die Unterbringung von sozial schwachen Familien errichtet worden war. Seit Juli 1942 mussten mehr als 300 niederländische und ausländische Juden nach Asterdorp umziehen. Ein Bericht über ein Treffen des Judenrats am Freitag, den 4. September 1942, erwähnt, dass vor allem Personen über 50 nach 20 Uhr aus ihren Wohnungen geholt wurden. Der Judenrat versuchte, die Deportation der älteren Leute zu verhindern, erhielt aber die Mitteilung, dass dies notwendig sei, da es nicht genug Personen gebe, um die Transportquoten zu erfüllen.

Da es den Menschen unmöglich war, sich während der Massenverhaftung auf ihre Deportation vorzubereiten, informierte der Judenrat sie, dass sie dies möglichst schon im Vorfeld tun sollten. Diejenigen, die sich das Reisezubehör wie einen Rucksack, warme Kleidung und Wolldecken leisten konnten, wurden gebeten, sich selbst vorzubereiten, während der Judenrat sich um die übrigen Deportierten sowie die bereits in Westerbork Internierten kümmerte.

Die betroffenen Juden wurden per Lastwagen oder Bus zur Zentralstelle gebracht. Etwa 360 Personen wurden von dort nach Hooghalen deportiert, während um die 70 in der Zentralstelle zurückblieben; einige wurden freigelassen. Von Hooghalen aus mussten die Deportierten etwa 5 km nach Westerbork marschieren. Es ist nicht bekannt, wie viele von ihnen für wie lange in Westerbork blieben.

Am Abend vor der Abfahrt eines Transports wurde üblicherweise eine Liste mit den Namen der Deportierten verlesen. Viele Zeugenaussagen von Überlebenden beschreiben die Angst der Lagerinsassen, auf der Liste zu stehen. Laut der Transportliste, die sich im Besitz der Bank Lippman & Rosenthal befand, umfasste der Transport vom 4. September 715 Juden, darunter Familien mit Kindern und ältere Leute. Andere Quellen weisen ähnliche Zahlen auf. Der jüngste Deportierte war der acht Monate alte Marcus Nathan, der älteste der 81-jährige Simon van Bever. 15 Deportierte wurden als „Freiwillige“ verzeichnet und eine Person später hinzugefügt. 18 wurden von der Liste gestrichen. Die Mehrheit der Deportierten stammte aus Amsterdam, eine kleinere Gruppe aus verschiedenen Städten in der Provinz Zeeland. Alle Juden aus Zeeland waren zuvor, zwischen dem 14. April und 1. Mai 1942, nach Amsterdam und Westerbork überführt worden. Andere kamen aus Rotterdam, Den Haag, Arnheim und diversen Provinzstädten.

Auch ausländische Juden befanden sich auf dem Transport. Dabei ist wiederum zwischen Juden deutscher Herkunft und solchen aus vom Deutschen Reich besetzten Staaten zu unterscheiden. Die Gruppe der annähernd 25.000 deutschen Juden, die in den Niederlanden lebten, bestand hauptsächlich aus Flüchtlingen aus Nazideutschland. Das Auswärtige Amt berichtete, die staatenlosen Juden – vor allem die deutschen Juden – würden zuerst, innerhalb von vier Monaten deportiert werden, erst dann die niederländischen Juden. Tatsächlich wurden deutsche Juden allerdings seit Beginn der Deportationen gemeinsam mit den niederländischen abtransportiert. Die Deportation von Juden aus vom Deutschen Reich besetzten Staaten begann im September, nachdem das Auswärtige Amt erklärt hatte, dass Juden aus der Slowakei, Kroatien, Rumänien, Griechenland und Bulgarien dieselbe Behandlung erfahren würden wie niederländische. So umfasste der Transport vom 4. September Juden aus Deutschland, Estland, Rumänien, Polen und der Slowakei.

Von Westerbork aus mussten die Deportierten zurück zur Bahnstation Hooghalen marschieren, wo man sie in Dritte-Klasse-Passagierwaggons verfrachtete, die zwischen dem 24. Juli 1942 und dem 10. März 1943 für die Transporte eingesetzt wurden. Nach seiner Abfahrt aus Hooghalen passierte der Zug vermutlich Assen, Onnen, Waterhuizen, Zuidbroek, Winschoten und Nieuweschans an der deutschen Grenze. Von da an fuhr er durch Bremen, Hamburg (oder Hannover), Berlin, Liegnitz, Breslau, Oppeln und hielt dann in Cosel.

Im oberschlesischen Cosel verließen etwa 200 bis 300 Männer den Zug, um von dort in verschiedene Zwangsarbeitslager der Dienststelle Schmelt gebracht zu werden. Einige der Männer, die am 5. September in Cosel eintrafen, wurden per Lastwagen ins Arbeitslager Annaberg (Gora Swietej Anny) transferiert, andere nach Niederkirch (Dolna). Einer der Überlebenden dieses Transports, Maurits Schekkan, verließ den Zug in Cosel. In seiner Aussage vor dem Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) am 19. Februar 1947 berichtete er Folgendes:

„Am 28. August wurde ich von meinem Haus in die Hollandse Schouwburg gebracht. Ich blieb dort für einige Tage und wurde dann nach Westerbork verfrachtet. Am 4. September 1942 verließ ich Westerbork. Unser Transport setzte sich aus 900 bis 1000 Personen zusammen: Männer, Frauen und Kinder. Wir reisten in Passagierwaggons. Auf dem Weg hielten wir hin und wieder an, aber die ersten, die den Zug verließen, waren Männer zwischen 16 und 50, die in Cosel ausstiegen. Der Rest musste im Zug bleiben und ging, so nehme ich an, direkt in die Gaskammern. In unserer Gruppe gab es mehrere Personen über 50. Wir wurden von der SS aus dem Zug geprügelt. Obersturmbannführer
Heinrich Lindner war anwesend und teils aus diesem Grund wurden wir schlecht behandelt. Von dort wurden wir in zwei Lastwagen nach Annaberg gebracht. Ich schätze, wir waren 200 bis 300 Männer. Wir blieben dort für eine Woche, um die Arbeit zu erlernen. Man nahm uns unseren gesamten Besitz ab, nur einigen gelang es, etwas zurückzubehalten. All unser Schmuck, Geld usw. wurde beschlagnahmt.“

Von Cosel fuhr der Zug weiter über Kattowitz und erreichte sein Ziel in Auschwitz am 5. September. Laut der Historikerin Danuta Czech kamen 714 jüdische Männer, Frauen und Kinder in dem Vernichtungslager an. Nach dem Selektionsprozess wurden 53 Frauen ins Lager gelassen und mit den Nummern 19117-19169 tätowiert. Die übrigen 661 Deportierten wurden in den Gaskammern ermordet.

Der SS Lagerarzt Johann Kremer, der vom 30. August bis zum 18. November 1942 in Auschwitz medizinische Experimente an Menschen vornahm, schrieb in seinem Tagebuch über die Massenvergasung dieses Transports, die er als „Sonderoperation“ bezeichnete:
„Abends gegen 8 Uhr wieder bei einer Sonderaktion aus Holland. Wegen der dabei abfallende Sonderverpflegung, bestehend aus einem fünftel Liter Schnaps, 5 Cigaretten, 100 g Wurst und Brot, drängen sich die Männer zu solchen Aktionen.“

Von diesem Transport sind vier Überlebende bekannt, die alle in Cosel den Zug verließen.
Quelle: Gedenkstätte yad vashem