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Transport 11.12.1941 Düsseldorf |
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Ghetto Riga |
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Transportliste
Die Deportationen nach Riga im Winter 1941/42 erfolgten in zwei Zeitabschnitten, die lediglich durch die für die Urlauberzüge der Wehrmacht während der Weihnachtszeit 1941 eingelegte allgemeine Reisesperre zeitlich getrennt waren. Am 10. Dezember 1941 traf der erste für das Rigaer Ghetto bestimmte Zug aus Köln ein. Ihm folgten im Abstand von zwei oder drei Tagen vier weitere: Am 12. Dezember 1941 der Deportationszug aus Kassel, am 13. Dezember 1941 der Zug aus Düsseldorf, am 16. Dezember 1941 der Zug aus Münster, Osnabrück und Bielefeld sowie am 18. Dezember 1941 der Zug aus Hannover. Die Ankunftsdaten konnten sich in den Erinnerungen der Überlebenden um einen Tag verschieben, da manche Züge, nicht nur der aus Düsseldorf, in der Nacht eintrafen und die Menschen in den ungeheizten Wagen bis zum nächsten Morgen ausharren mussten. Soweit bekannt, gelangten 5073 Menschen im Dezember 1941 nach dem Ghetto von Riga.
Der Transport mit der Zugnummer Da 38, dem nur 21 Düsseldorfer Juden zugeordnet waren, setzte sich überwiegend aus Mitgliedern von über 40 umliegenden jüdischen Gemeinden zusammen. Sie alle waren tags zuvor am Düsseldorfer Hauptbahnhof eingetroffen und mussten sich von dort aus zu Fuß zum Schlachthof im Stadtteil Derendorf, Rater Straße 3, begeben, der für diesen Transport als Sammellager diente. Am 11. Dezember 1941, gegen vier Uhr morgens, traten die Juden den Weg zum Güterbahnhof Derendorf an. Die Ankunft des Sonderzuges verzögerte sich aufgrund personeller Schwierigkeiten bei der Reichsbahn um etwa vier Stunden. Da der Zug erst gegen Abend des 13. Dezember 1941 den Bahnhof Riga-Skirotava erreichte und deshalb nicht mehr entladen wurde, verbrachten seine Insassen die Nacht in den inzwischen unbeheizten Waggons bei einer Außentemperatur von minus zwölf Grad Celsius. Das Durchschnittsalter für diesen Transport lag bei 42 Jahren, dazu gehörten 76 Kinder bis zum zehnten Lebensjahr. 98 Personen überlebten.
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Zeitzeugenbericht |
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Der für den 11.12.1941 vorgesehene Judentransport umfasste 1.007 Juden aus den Städten Duisburg, Krefeld. Die Ablassung des Transportes war für 9.30 Uhr vorgesehen, weshalb die Juden bereits ab 4.00 Uhr an der Verladerampe zur Verladung bereitgestellt waren. Die Reichsbahn konnte jedoch den Sonderzug, angeblich wegen Personalmangels, nicht so früh zusammenstellen, so dass mit der Einladung der Juden erst gegen 9.00 Uhr begonnen werden konnte.“ Menschenverachtender und emotionsloser kann man den Verladevorgang kaum beschreiben. Man denkt unwillkürlich an Vieh, das zur Schlachtbank geführt wird, nicht an Menschen. Und tatsächlich handelte es sich bei dem Güterbahnhof Derendorf um die Verladestation des Düsseldorfer Schlachthofes. Einige Opfer versuchten, der Deportation durch Selbstmord oder Flucht zu entgehen: Ebenfalls hatte sich eine ältere Jüdin unbemerkt von der Verladerampe, es regnete und war sehr dunkel, entfernt, sich in ein nahe liegendes Haus geflüchtet, entkleidet und auf das Klosett gesetzt. Eine Putzfrau hatte sie jedoch bemerkt, so dass auch sie dem Transport wieder zugeführt werden konnte. Die Verladung der Juden war gegen 10.15 Uhr beendet. Nach mehrmaligem Rangieren verließ der Zug dann gegen 10.30 Uhr den Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf in Richtung Wuppertal. Die Fahrt verlief dann planmäßig und berührte folgende Städte: Wuppertal, Hagen, Schwerte, Hamm. Infolge des eingleisigen Bahngeländes und der Zweitrangigkeit des Zuges in der Abfertigung gab es auf den Bahnhöfen oft lange Verzögerungen in der Weiterfahrt. Auf dem Bahnhof Schaulen wurde die Begleitmannschaft von Schwestern des Roten Kreuzes ausreichend und gut verpflegt. Es wurde Graupensuppe mit Rindfleisch verabfolgt.“
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Zeitzeugenbericht |
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Am 13. Dezember erreichte der Transport gegen 22.00 Uhr dann endlich Riga, wo der Zug auf dem Bahnhof 1½ Stunden festgehalten wurde. Hier stellte ich fest, dass die Juden nicht für das Rigaer Ghetto bestimmt waren, sondern im Ghetto Skirotawa, 8 km nordostwärts von Riga, untergebracht werden sollten. Am 13.12., um 23.35 Uhr, erreichte der Zug nach vielem Hin- und Herrangieren die Militärrampe auf dem Bahnhof Skirotowa. Der Zug blieb ungeheizt stehen. Die Außentemperatur betrug bereits 12 Grad unter Null. Da es bereits nach Mitternacht war, Dunkelheit herrschte und die Verladerampe stark vereist war, sollte die Ausladung und die Überführung der Juden in das noch 2 km entfernt liegende Sammelghetto erst am Sonntag früh beim Hellwerden erfolgen.
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Zeitzeugenbericht von Erna Valk |
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Am 10. Dezember 1941 wurde ich, weil Jüdin, zusammen mit meinem Manne evakuiert, d.h. wir wurden aus unserem Vaterlande vertrieben. Der in Goch tätige Kriminalbeamte Kamper, der im Auftrage der Gestapo arbeitete, holte uns morgens früh in der Wohnung ab, die er verschloss. Er hatte kein gutes Wort für uns übrig und brachte uns nach Krefeld zum Zuge nach Düsseldorf, wo wir in die Hände der SS kamen. Einen kurzen Leidensweg machten wir vom Bahnhof bis zur Schlachthalle Düsseldorf. Wir mussten mit unserem Gepäck ziemlich schnell laufen. Alte, Kranke, Kinder. Es gab Fußtritte. Die Düsseldorfer standen an den Fenstern und Türen und einige weinten. Die Schlachthalle nahm uns auf, wo wir zu einem Transport von 1000 gesammelt wurden. Wir standen in der nassen Halle, ca. 24 Stunden. Jeder einzelne wurde einer Leibesvisitation unterzogen, und es wurden ihm alle wertvollen Sachen, doppelte Leibwäsche und das gesamte Reisegepäck abgenommen, ebenso alle Papiere. Am anderen Morgen standen wir stundenlang an einem Düsseldorfer Güterbahnhof. Die Kinder lagen im Schnee und weinten. Endlich fuhr unser Extrazug ab nach Riga. Wir waren 3 Tage unterwegs in einem ungeheizten Zuge ohne Wasser und Verpflegung. Abends kamen wir in Riga an und wurden bei 40° Kälte erst am anderen Morgen ausgeladen – Skirotava Güterbahnhof. Viele, besonders Kinder, hatten schon von dieser Nacht Frostschäden. SS-Posten brachten uns in das Ghetto-Riga. Das war ein Stadtviertel, worin früher die Verbrecherwelt gewohnt hatte und wo man später sämtliche Juden Rigas zusammengepfercht hat. Einige Tage vor unserem Einzug in das Ghetto wurden diese dort umgebracht. Es waren mehr als 24.000. Das Blut lag noch auf der Straße und wir dachten, dass uns dasselbe Los beschieden wäre. Doch uns sollte man nach Goebbels´ Äußerung langsam eingehen lassen wie Blumen, denen man kein Wasser gibt. Die Wohnungen, in die wir hineingetrieben wurden, waren in einem fürchterlichen Zustande, ähnlich denen nach einem Bombenangriff. So hatte die SS dort gehaust. Alles Wertvolle hatten sie geraubt. Die Schränke waren umgeworfen und alles lag durcheinander. Das gefrorene Essen stand auf dem Tisch, so wie die Menschen ihn verlassen hatten, als die Mörder kamen. Ich war sehr unglücklich, und trotzdem musste ich wie die anderen darangehen, die kleine Stube aufzuräumen, welche für 3 Familien ausreichen musste. Wir suchten und fanden in Abfallgruben gefrorene Kartoffeln und Möhren, die wir uns kochten. Hunger war schon groß und trieb´s herein. Die ersten 8 Tage keine Lebensmittelzuteilung und das, war wir essen mussten füttert man hier nicht den Schweinen. Später bekamen wir 230 gr. Brot täglich und etwas Nährmittel.
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Zeitzeugenbericht |
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Die Deportation nach Riga war für Donnerstag, den 11. Dezember 1941 vorgesehen. Von Düsseldorf aus sollte der Zug Juden vor allem aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf und damit auch aus Krefeld nach Riga bringen. Am Tag zuvor wurde die etwa 140 Personen umfassende Gruppe aus Krefeld begleitet von Polizisten, mit einem regulären Zug in reservierten Waggons nach Düsseldorf gebracht. Um die Tarnung der Endlösung als Umsiedlung in den Osten aufrechtzuerhalten, waren den Betroffenen Listen gegeben worden, mit den erlaubten und empfohlenen Gepäckstücken. Bis zu 50 Kilogramm Gepäck pro Person durfte mitgenommen werden. So wird auch die Familie Albersheim-Eichenwald versucht haben, möglichst viel ihrer Habe mitnehmen zu können. Hatten sie auch, wie in den Listen erlaubt, Koch- und Essgeschirr dabei; Nägel und Wandhaken, Schuhputzzeug, Kleiderhaken und Ösen usw. eingepackt? Wieviel Spielzeug konnten Rolf-Dieter und Eva mitnehmen? Wie auch immer - in Riga sollten sie nichts von dem, was in Düsseldorf bürokratisch genau in Gepäckwagen verstaut worden war, wiedersehen. Vom Düsseldorfer Hauptbahnhof mussten alle zu Fuß nach Düsseldorf-Derendorf laufen. Bei diesem Zug durch die Stadt schaute man ihnen heimlich hinter Gardinen versteckt nach. Es geschah öffentlich, nicht im Stillen - man konnte wissen, wenn man wollte. In Derendorf wurden sie im Schlachthof gesammelt. Insgesamt kamen 1007 jüdische Männer, Frauen und Kinder dort zusammen. Jeder wurde auf Wertsachen durchsucht. Sie mussten sich nackt ausziehen. Wenn ihnen die Kleider und das Handgepäck zurückgegeben wurden, fehlte bereits manch ein kostbares Erinnerungsstück. Die Nacht verbrachten sie im kalten Schlachthof stehend oder auf dem nasskalten Boden hockend. Um 4 Uhr am Morgen mussten sie sich an der Verladerampe bereitstellen, doch stand der Zug erst nach 5 Stunden ermüdenden Wartens in der Dezemberkälte um 9 Uhr zum Einsteigen bereit. Offenbar ging das Einladen in Passagierwagen der 3. Klasse dann sehr hektisch vonstatten, denn einzelne Wagen waren überfüllt, andere halb leer. Eltern wurden von ihren Kindern getrennt und erst bei weiteren Halts im Laufe der Fahrt zusammengeführt – Rolf Dieter und Eva auch? Weil die Heizung nicht richtig funktionierte, waren einige Wagen sehr heiß, andere ganz kalt. Zwischendurch fiel gelegentlich der Strom aus. Die meisten hatten zu wenig Reiseproviant dabei und es gab nichts zu trinken außer dem, was man vor der Abfahrt in Krefeld mitgenommen und wohl bald ausgetrunken hatte.
Die Fahrt ging über Wuppertal, Hagen, Schwerte, Hamm, dann weiter über Hannover nach Berlin, von dort über das preußische Königsberg durch Litauen hindurch in die lettische Hauptstadt Riga. Bei den verschiedenen, zum Teil sehr langen Halts an verschiedenen Bahnhöfen versuchten einzelne, Post aufzugeben oder an Wasser heranzukommen. In Hannover-Linden ließ man einem Teil der Juden etwas Wasser verabfolgen. Der in diesem kalten Bürokratendeutsch über diese Fahrt berichtet, ist der Anführer des begleitenden Polizeikommandos, der Hauptmann Fritz Salitter. Sein Bericht hat ihn in der wissenschaftlichen Literatur zu zweifelhafter Berühmtheit verholfen, denn dadurch sind über diese Fahrt bestimmte Umstände bekannt, die man von anderen Deportationszügen nicht kennt. Kurz vor der Grenze nach Litauen ließ Salitter die Juden letztmalig aus einem in der Nähe liegenden Brunnen Wasser fassen. Er und seine Begleitmannschaft waren indessen vom Roten Kreuz ausreichend und gut verpflegt worden: Es wurde Graupensuppe mit Rindfleisch verabfolgt. Wie mögen die Kinder diese Fahrt erlebt haben? Salitter war sich bewusst, dass er hier keinen gewöhnlichen Sonderzug begleitete oder eine Umsiedlung bewachte. Er wusste, dass man in Riga bereits Tausende von Juden umgebracht hatte, er wusste, dass die sogenannte Umsiedlung nichts anderes sein sollte als die Ausrottung dieser Parasiten, wie er sich in seinem Bericht ausdrückte, in diesem Fall nicht bürokratisch verschleiert. Je weiter der Zug nach Osten kam, umso kälter wurde es. Als er am 13. Dezember um 23:35 Uhr am Bahnhof Skirotava, etwa 8 km südöstlich von Riga, ankam, war es bitterkalt - minus 12°C und es schneite. 61 Stunden Fahrt lagen hinter den Menschen. Zunächst aber mussten alle den Rest der Nacht in den nun ungeheizten Wagen zubringen. Am Morgen gegen 9 Uhr hörten sie Hundegebell SS-Männer rissen die Türen auf und trieben die Menschen in Reihen zusammen. Dann mussten sie sich auf den langen Fußmarsch ins Ghetto machen. Das Ghetto befand sich in der sogenannten Moskauer Vorstadt, einer ehemaligen Armensiedlung mit armseligen, alten Holzhäusern. Hier waren noch wenige Tage zuvor lettische Juden untergebracht gewesen. Die letzten wurden am 8. Dezember 1941 unter Einsatz brutaler Gewalt im Ghetto zusammengetrieben, in den Wald von Rumbula gebracht und dort erschossen. Am 10. Dezember, an dem Tag, als sich die Familie Albersheim/Eichenwald in Krefeld auf den Weg machte, kam in Riga der erste Zug mit Deportierten aus dem Rheinland an. Er war am 7. Dezember in Köln abgefahren. Die Straßen im Ghetto waren nach der Mordaktion an den lettischen Juden noch nicht gesäubert worden. Steifgefrorene Leichen waren zu sehen, Blut überall, in den Häusern war alles durchwühlt, Mobiliar zerstört, auf manchen Tischen stand noch das Essen - eingefroren.
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Täter |
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Kriminalbeamte (Gestapo) Kamper aus Goch
© 2009 tenhumbergreinhard.de
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