SS-Untersturmführer

* 14.05.1911 in Freiburg im Breisgau
† 01.01.2001 in
Roßhaupten

Reichsdeutscher

Sohn des Forstwissenschaftlers Ernst Münch und Neffe des Mundartdichters Paul Münch

4 Klassen Volksschule

Höhere Schule

11 Semester der Hochschule

Beruf: Arzt

1929 - 1933
Mitglied im Jungdeutschen Orden (Jungdo)

1934
Eintritt in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK)

ab 01.05.1937
Mitglied der NSDAP

Studium der Medizin in Tübingen und München

1939
nach erfolgreich verteidigter Dissertation promoviert

1939
geheiratet

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges übernahm er in bayerischen Landarztpraxen die Vertretung eingezogener Ärzte.

1943
Eintritt in die Waffen-SS

1943
SS-Hygiene-Institut Berlin

Juni 1943
an das Hygiene-Institut der Waffen-SS „
Rajsko“ versetzt, ein Außenlager des Konzentrationslagers Auschwitz. (Stellv. Leiter der Hygienisch-Bakteriologischen Untersuchungsstelle der Waffen-SS und Polizei Süd-Ost, Auschwitz, Oberschlesien)
(Es war "ein herrliches Biergartenwetter", als Münch im Sommer 1943 mit seiner Frau in Auschwitz ankam. Er freute sich. Ein strahlender Himmel, die Hitze hätte ihn schläfrig werden lassen, wäre nicht dieser Geruch gewesen. Süß und modernd. "Niemand konnte den Gestank, der über der Gegend lag, ignorieren. Und jeder sah die Flammen, die aus den Schloten kamen", erzählt er. "Man hat nach spätestens zwei Tagen gewußt, was los war." Seine Frau wurde noch am selben Tag von SS-Leuten aufgeklärt. "Das hier ist nichts für uns", sagte sie zu ihm. "Schau, daß du sofort hier wegkommst.")

Herbst 1943
Ausbildungskurs an der SS-Ärztlichen Akademie in Graz

10.03.1944
Beförderung zum SS-Hauptscharführer

21.06.1944
Beförderung zum SS-Untersturmführer

29.06.1944
Am 29. Juni 1944 schickte Mengele den Kopf eines zwölfjährigen Kindes. Münch untersuchte ihn, schickte den Befund am 8. Juli zurück.

Sommer 1944
Beförderung zum SS-Untersturmführer

ab 00.01.1945
KZ Arzt im KL
Dachau

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern


nach Kriegsende 1945
amerikanisches Internierungslager

1946
an Polen ausgeliefert
»Die Polen behandelten uns so gut, wie es die bescheidenen Verhältnisse zuließen«

30.07.1947
Im Prozeß gegen Johann Paul Kremer wichtigster Entlastungszeuge, indem er laut Urteil wahrheitswidrig — behauptet, daß die Aussonderung an der Rampe »weitestgehenst durch die SS-Wachmannschaften und die dazu abgestellten Häftlinge vorgenommen wurde, während der SS-Arzt sich praktisch auf eine Art Oberaufsicht beschränkte.«

22.12.1947
Urteil des Obersten Nationalen Tribunals in Krakow, Az.: NTN 5/47
Münch wird vom Obersten Volkstribunal im Krakauer Auschwitz-Prozeß am 16. Dezember 1947 als einziger von vierzig Angeklagten wegen erwiesener Unschuld freigesprochen und das, obwohl die Anklage ihm vorgeworfen hatte, er habe als Untersturmführer der Waffen-SS und Lagerarzt medizinische Experimente an Häftlingen vorgenommen.
(überlebende bezeugten, daß er Gefangene anständig behandelte, und Münch das Gericht überzeugte, »niemals« in der NSDAP gewesen, zur SS zwangsweise gekommen zu sein und niemals mit Menschenversuchen zu tun gehabt zu haben)

Auszug aus dem Urteil
„Das Oberste Volkstribunal spricht Hans Münch von der Anklage völlig frei, weil dieser Angeklagte nicht nur keinerlei Verbrechen zum Schaden der Lagerhäftlinge beging, sondern im Gegenteil sich ihnen gebenüber wohlwollend verhielt und sie sogar in einer Weise unterstützte, für die er sich streng zu verantworten hatte. Er tat dies auch, ohne Unterschiede der nationalen, rassischen oder religiösen Zugehörigkeit oder der politischen Überzeugungen der Häftlinge zu machen. Der Angeklagte Münch sabotierte außerdem die Anordnungen der deutschen Lagerbehörden ...
Die SS wollte den Angeklagten, der Bakteriologe ist, für ihre Zwecke benutzen ..., er wurde in das Hygiene-Institut der Waffen-SS in Rajsko versetzt, das sich im Prinzip mit wissenschaftlichen Arbeiten befaßte, wo es aber auch Fälle von verbrecherischen ärztlichen Versuchen gab, an denen sich aber der Angeklagte nicht beteiligte ... Er produzierte im Institut eine Medizin gegen Rheumatismus und gab davon Injektionen sowohl SS-Männern wie Häftlingen ausschließlich zu medizinischen und nicht zu Versuchszwecken ... Die Zeugin Pleszowska sagte aus, daß der Angeklagte sich selber vor den Augen der Häftlinge zuerst eine Injektion gab, um die Häftlinge zu beruhigen und um sie davon zu überzeugen, daß es sich nicht um eine gesundheitsschädliche Injektion handelte.
Übereinstimmend stellten die Zeugen Glowa, Dr. Fajkiel, Dr. Reimann und Dr. Kowalczykowa fest, daß sich der Angeklagte gegenüber den Häftlingen äußerst korrekt und wohlwollend verhielt; daß er ihnen im Maße seiner Möglichkeiten und unter eigener Gefahr Hilfe zukommen ließ, daß er ihnen zum Beispiel half, Briefe aus dem Lager zu senden, daß er zwei weibliche Häftlinge aus der Strafkompanie befreite, daß er Begegnungen zwischen Häftlingen und ihren Ehegatten vermittelte, daß er sich bemühte, von dem SS-Hygiene-Institut loszukommen (was die Häftlinge bedauerten), daß er einem kranken jüdischen Arzt Medikamente besorgte und bei der Evakuierung des Lagers im Januar 1945 heimlich den Häftlingen Arzneien und Alkohol für Schwächeanfälle zusteckte.“

25.11.1954
Münch am 25.11.1954 in der Strafsache gegen den Zyklon-B-Lieferer Gerhard Peters (4 Ks 4 / 48 StA Frankfurt): »Ich war zweimal anwesend, als die Vergasungsräume nach durchgeführten Tötungen geöffnet wurden.«

27.01.1995
Zum Jahrestag der Befreiung besuchte er am 27. Januar 1995 auf Einladung von Eva Mozes Kor, die als Kind die Menschenversuche seines Arbeitskollegen Mengele überlebte, die Gedenkstätte Auschwitz.

1998
Verfahren 7101 Js 602 / 98 StA Hamburg
Aussage Münch zu Auschwitz
»Ich kann hier Versuche machen, die normal gar nicht möglich sind. Die man also [sonst] mit Kaninchen machen muß.« Münch infizierte Häftlingen die Zähne mit Eiter, um den Zusammenhang zwischen vereiterten Zahnwurzeln und Rheuma nachzuweisen.

1964
übernahme einer Landarztpraxis in Roßhaupten im Ostallgäu, Bayern

1964
im ersten
Frankfurter Auschwitz-Prozess vernommen
1. Frankfurter Auschwitz-Prozess
»Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63
Landgericht Frankfurt am Main
22.Verhandlungstag, 2.3.1964 und 23. Verhandlungstag, 5.3.1964
Vernehmung des Zeugen Hans Wilhelm Münch

27.01.1995
Als Münch nach Auschwitz zurückkehrte, am 27. Januar 1995, stand er fahrig und ein bißchen zittrig im Blitzlicht der Fotografen. Neben sich die Frau, die als Kind die Menschenversuche seines Freundes Mengele überlebt hatte.
Nach den offiziellen Veranstaltungen zum Jahrestag der Befreiung stellte sich Eva Kor auf die Trümmer eines Krematoriums. Sie redete über Josef Mengele. Münch stand neben ihr.
Sie sprach auch über ihn, eher klagend als anklagend. Sie redete darüber, wie ein Mensch sich aus "Opportunität" in ein unmenschliches System integriert. Münch hörte das alles, nickte zustimmend. Und dann reichte Eva Kor dem SS-Arzt die Hand und verzieh ihm, vor sich selbst und vor der Welt.
Als alle Reden gehalten waren, die Überlebenden sich zerstreut hatten, stand nur Vera Kriegel, auch eine Überlebende der Zwillingsexperimente des Josef Mengele, noch in der Nähe von Münch. Damals, vor 50 Jahren, war die vierjährige Vera in ein Labor geführt worden. Eine Wand aus präparierten Menschenaugen hatte sie angestarrt. "Dutzende Menschenaugen, mit Nadeln aufgespießt, wie eine Schmetterlingssammlung." Dann begannen die Experimente des Josef Mengele: Injektionen in die Augen zur Veränderung der Augenfarbe.
Bei der Befreiungsfeier sah sie Münch, stand neben ihm. Irgendwann konnte sie nicht mehr. "Warum nur haben Sie das getan?" Sie schrie das mit brüchiger Stimme, ein hilfloser Aufschrei, eigentlich an niemanden gerichtet. Münch straffte sich, knirschte mit den Zähnen, wirkte gar nicht mehr alt, konnte sich gerade noch beherrschen, bis Vera Kriegel weitergegangen war. "Die Frau Kriegel ist eine von den ganz miesen Häftlingen", hörte man ihn leise sagen, "diese widerliche kleine Jüdin. Der ging es damals doch gut. Die hat sich durchgefressen, hat sich rangeschmissen bei Mengele, nur um ihr kleines Leben zu retten."

1998
1998 hatte sich Hans Münch im französischen Rundfunksender France Inter über Roma und Sinti abfällig geäußert und die Meinung vertreten, für sie wären Gaskammern die einzige Lösung gewesen. Die Agence France-Presse (AFP) berichtet am 7. Mai 2001, dass das Pariser Berufungsgericht den Freispruch vom Juni 2000 aufgehoben hatte. In diesem Prozess war Münch der „Aufstachelung zum Rassenhass“ angeklagt worden. Er war der Gerichtsverhandlung im Jahr 2000 ferngeblieben. Ihm war eine „psychische Störung“ per ärztlichem Gutachten attestiert worden, was seinen Freispruch zur Folge hatte.

04.01.2000
Am 04.01.2000 Einstellung Ermittlungsverfahren StA Frankfurt wegen dauernder Verhandlungsunfähigkeit.

Anmerkung
Münch experimentierte auch mit jüdischen Frauen, die in Block 10 im Stammlager Auschwitz untergebracht waren. Gemessen an den Experimenten Carl Claubergs und Horst Schumanns mögen seine Versuche harmloser gewesen sein, aber es ist zweifelhaft, dass sie dies nur deswegen waren, weil Hans Münch von vornherein beabsichtigte, unbedenkliche Versuche durchzuführen. Die Häftlingsärztin Slavka Kleinová, die in Block 10 untergebracht war, schildert ihn ganz und gar nicht als den "guten Menschen", als der Hans Münch oft beschrieben wird, vielmehr als einen, der "sich amüsierte, Einspritzungen in die Haut mit Lösungen zu machen, die Streptokokken-Toxine enthielten mit oder ohne Beifügungen von Sulfonamiden, um die Hautreaktionen der Patienten zu beobachten." Ebenfalls ein Stellvertreter Webers war Münchs Kollege SS-Arzt Hans Delmotte. Unter Münchs Kollegen war dort zudem auch der gleichaltrige aus Bayern stammenden Josef Mengele.