Judenhaus
Der Betsaal der im Jahre 1827 eingeweihten „Alten Synagoge" in der Bergstraße 8 in Hannover wurde Anfang September 1941 bis August 1942 als "Judenhaus" mißbraucht. In diesem Zeitraum sollen ca. 100 Personen eingewiesen worden sein. Nachdem die Juden in Folge von Deportationen das Gebäude ,,verlassen" hatten, konnte es daher für die Nutzung der ,,Arischen Volksgemeinschaft" zugeführt werden. Das Gebäude wurde bis Dezember 1942 von Verwaltungseinrichtungen der Hitler-Jugend (HJ) genutzt. Am 01.12.1942 "Kauf" durch die Stadt Hannover, diese nutzte den Raum bis zur Zerstörung Ende 1943 als Wohnraum für auswärtige Bauarbeiter. Die Straße existiet heute nicht mehr.
Bewohner des Hauses:
Wildau Albert * 22.12.1887 Schmechten. Letzte bekannte Neustädter Adresse: Wallstraße 3. Verzog am 05.11.1938 nach Warmsen/Nienburg, dann nach Hannover, Bergstraße 8 "Judenhaus". Am 15.12.1941 wurde er nach Riga deportiert, wo er verschollen ist.
Jacobsohn Bertha * 19.07.1880 Sulingen, Wohnort: Lange Straße 52. Beruf: Putzmacherin. Am 16.02.1938 wurde Bertha zusammen mit ihrer Schwester Minna ins ,,Judenhaus“ Bergstraße 8 in Hannover eingewiesen. dep. 15.12.1941 Hannover – Ghetto Riga. 1953 für tot erklärt.
Jacobsohn Minna * 27.07.1882 Sulingen, Wohnort: Lange Straße 52. . Am 16.02.1938 wurde Minna zusammen mit ihrer Schwester Bertha ins ,,Judenhaus“ Bergstraße 8 in Hannover eingewiesen. dep. 15.12.1941 Hannover – Ghetto Riga. 1953 für tot erklärt.
Wallach Frieda (Fanny) geb. Jacobsohn * 04.08.1878 Sulingen, letzter Wohnort: ,,Judenhaus“ Bergstraße 8 in Hannover. dep. 15.12.1941 Hannover – Ghetto Riga. verschollen.
Hirschfeld Selma geb. Nachmann * 17.09.1890 Bassum verheiratet mit Hirschfeld Hermann * 03.09.1871 Schöneck (poln. Skarszewy). letzter Wohnort: ,,Judenhaus“ Bergstraße 8 in Hannover. dep. 15.12.1941 Hannover – Ghetto Riga. verschollen.
Hirschfeld Hermann * 03.09.1871 Schöneck (poln. Skarszewy) verheiratet mit Hirschfeld Selma geb. Nachmann * 17.09.1890 Bassum. letzter Wohnort: ,,Judenhaus“ Bergstraße 8 in Hannover. dep. 15.12.1941 Hannover – Ghetto Riga. verschollen.
Apt Jacob * 09.07.1869 Niederaula verheiratet (01.08.1893 Bremen) mit Apt Rieckchen geb. Cohen aus Wittmund. Jacobs Eltern sind der Viehhändler Apt Wolf und Apt Röschen, geb. Ballin. Er hatte noch 5 Geschwister. Jacob und Rieckchen hatten die beiden Kinder: Rosa * 22.03.1895 Pattensen und Rudolf 15.01.1897 Pattensen. Die Familie verläßt 1893 Niederaula und zieht in die Göttinger Straße 229 in Pattensen. Der Umzug dürfte im Zusammenhang mit der Übernahme des Amtes als Rabbiner und Lehrer in der jüdischen Gemeinde Pattensen stehen. Jacob ist in der Freiwilligen Feuerwehr Pattensen aktiv im Vorstand tätig. 1930 zieht die Familie nach Hannover in die Schmiedestraße 17. Bis zu seiner Pensionierung am 01.08.1930 bleibt Jacob aber weiterhin als Rabbiner und Lehrer in der jüdischen Gemeinde Pattensen tätig. Auch die ehrenamtlichen Aufgaben bei der Freiwilligen Feuerwehr in Pattensen nimmt er weiterhin war. Aufgrund der seit 1933 (Machtübernahme der Nazis) immer weiter verschärfenden Einschränkungen der Lebenssituationen der jüdischen Mitbürger muß Jacob zum 04.09.1941 seine Wohnung in der Schmiedestraße 17 räumen und wird in den Betsaal der „Alten Synagoge" in der Bergstraße 8 zwangseingewiesen. Dieser Betsaal war Anfang September 1941 von der Stadt Hannover zum "Judenhaus" bestimmt worden. In diese Judenhäuser" wurden von den Nazi-Behörden Juden und ,,unerwünschte Elemente" eingewiesen, da nach der „Rassenlehre“ der Nazis, der ,,Arischen Volksgemeinschaft" ein Zusammenleben unter einem Dach nicht zugemutet werden könne. Am 23.07.1942 wird Jacob von Hannover ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Am 26.09.1942 wird er von Theresienstadt ins Vernichtungslager Treblinka überstellt, (Quelle: Gedenkbuch). Andere Quellen geben Minsk an. Jacob wurde für tot erklärt.
Seine Frau Riekchen war bereits im März 1937 in Hannover verstorben. Ihr Sohn Rudolf. verstirbt am 19.04.1930 in Hannover an Scharlach. Ihre Tochter Rosa heiratet am 09.07.1919 in Pattensen den aus Eberswalde stammenden Oberingenieur Max Löwenstein. Getraut werden die beiden von Landrabbiner Dr. Lewinsky aus Hildesheim. Das Paar zieht in die Heimatstadt von Max Löwenstein nach Eberswalde, wo sie im Haus seiner Eltern wohnten (das recht versteckt liegende idyllische Anwesen – es ist den meisten Eberswaldern als "Webers Ablage") bekannt, liegt direkt am Finowkanal. Über die Nutzung des Gebäudes nach der Flucht der Löwensteins ist bis 1960 nichts bekannt. In dem Gebäude ist heute ein Altersheim untergebracht.
Max Löwenstein war bei der Firma Hirsch Kupfer- und Messingwerke AG in Eberswalde als Oberingenieur tätig. Die Firma Arnold Hirsch (Arnold Hirsch war jüdischen Glaubens) erstellte Fertighäuser aus Kupferplatten und war, was zu der Zeit ungewöhnlich war, sehr stark in Palästina tätig. Hierdurch war es der Familie Löwenstein wohl auch möglich Nazi-Deutschland zu verlassen. Musterhäuser der Firma Hirsch sind auch heute noch in Eberswalde und Tel Aviv zu bestaunen.
Heine Lieselotte (Lilo) geb. Rosenbaum * 20.12.1909 Förste, Wohnort: ab 1933 Münster i.Westf., ab September 1941 bis 16.02.1942 Hannover "Judenhaus" Körnerstraße 24, 16.02.1942 bis 29.03.1942 Hannover "Judenhaus" Bergstraße 8. dep. 31.03.1942 mit Transport Da 6 Gelsenkirchen - Ghetto Warschau (zur Tarnung wurde als Ziel Trawniki angegeben). (siehe auch Heine Martin)
Heine Martin * 20.04.1917 Posen (Poznan), letzter Wohnort: bis 29.03.1942 Hannover "Judenhaus" Bergstraße 8. dep. 31.03.1942 mit Transport Da 6 Gelsenkirchen - Ghetto Warschau (zur Tarnung wurde als Ziel Trawniki angegeben). überstellt 10.04.1942 einen Tag nach seiner Trauung mit Lieselotte von Warschau ins Vernichtungslager Treblinka überstellt. (siehe auch Heine Lieselotte)
Heine Rosa geb. Berg * 26.01.1888 Samotschin (Szamocin) letzter Wohnort: Hannover "Judenhaus" Bergstraße 8. dep. 02.03.1943 Paderborn - Hannover - Erfurt - Dresden - Konzentrationslager Auschwitz.
Heine Hermann * 23.07.1878 Gronau (Leine) letzter Wohnort: Hannover "Judenhaus" Bergstraße 8. dep. 02.03.1943 Paderborn - Hannover - Erfurt - Dresden - Konzentrationslager Auschwitz.