Seine Aufgaben im Vernichtungslager Treblinka
In Treblinka war der Angeklagte Miete, dem die Häftlinge wegen seiner schiefen Kopfhaltung den jiddischen Spitznamen Krime Kepel (Schiefkopf oder Krummkopf) gegeben hatten, ausschließlich im unteren Lager eingesetzt.
Bei Transportabfertigungen war er im Wechsel mit dem Angeklagten Mentz und anderen SS-Unterführern im Lazarett zum Erschießen von alten und kranken Juden eingesetzt. Neben seiner Tätigkeit im Lazarett war Miete auch mit der Leitung von Außenkommandos betraut, so unter anderem mit dem Holzfäller- und dem Tarnkommando. Vor allen Dingen aber führte Miete die Aufsicht auf dem Sortierungsplatz. Hier musste das zahlenmäßig stärkste Kommando des Lagers, das Sortierkommando, auch Kommando Rot genannt, die Kleider zusammentragen, sortieren und bündeln. Vertretungsweise nahm er zuweilen auch die Appelle der Arbeitsjuden ab. Im übrigen gehörte er zu denjenigen deutschen SS-Unterführern, die sich um alles im Lager kümmerten und dabei durch besonderen Eifer auffielen. Bei der Ankunft von Transportenwirkte er, wenn er nicht gerade Dienst im Lazarett hatte, bei dem Entladen und der Weiterleitung der Juden entweder zum Lazarett oder zu den Gaskammern des oberen Lagers mit. Um die Ankömmlinge zur Eile anzutreiben und ihnen keine Zeit zur Besinnung zu lassen, schlug er häufig mit der Peitsche auf sie ein. In vielen Fällen machte er hierbei auch von seiner Schusswaffe Gebrauch.
Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag jedoch bei der Arbeit im Lazarett und auf dem Sortierplatz. Genauso wie der Angeklagte Mentz liquidierte er eine große Anzahl von eben angekommenen Juden, die wegen ihres hohen Alters oder wegen ihrer Krankheit aus dem Transport ausgesondert und dem Lazarett zur Sonderbehandlung zugeführt worden waren, durch Genickschuss, so dass die bereits entkleideten Opfer gleich in die Grube mit den brennenden Leichen fielen. Ebenso wenig wie Mentz kümmerte er sich darum, ob die Opfer auch wirklich tot waren oder ob sie erst in den Flammen den Tod fanden. In keinem Falle gab er einem Opfer auch einen zusätzlichen Gnadenschuss.
Die genaue Anzahl der auf diese Art und Weise von Miete getöteten Transportjuden lässt sich nicht ermitteln. Nach dem gesamten Ergebnis der Beweisaufnahme besteht kein Zweifel daran, dass die Zahl der von Miete eigenhändig getöteten Personen in die Hunderte, wenn nicht gar in die Tausende geht.
Der Angeklagte Miete tötete aber nicht nur alte und kranke jüdische Umsiedler, die man ihm aus den Transporten zum Lazarett brachte, sondern darüber hinaus auch zahlreiche Arbeitsjuden, die ihm entweder von den anderen Führern und Unterführern des Sonderkommandos Treblinka aus den verschiedensten und willkürlichsten Gründen zu diesem Zweck übergeben oder von ihm eigenmächtig ausgesucht wurden. Er brachte die Opfer, sofern er sie nicht gleich an Ort und Stelle erschoss, zum Lazarett und tötete sie dort eigenhändig oder ließ sie, was selten vorkam, durch den dort gerade diensttuenden SS-Unterführer erschießen.
Die Gründe, die den Angeklagten Miete zu solchen Taten bestimmten, waren mannigfachster Art und niemals schwerwiegender Natur. Wie ein böser Geist bewegte er sich, vor allem in der transportfreien Zeit, durch das Lager und jeder, der ihm irgendwie auffiel, musste damit rechnen, von ihm an Ort und Stelle oder im Lazarett erschossen zu werden.
Ohne jede äußere Erregung winkte der Angeklagte den Betroffenen mit dem Finger zu sich, erklärte ihm beispielsweise, dass er zu schlecht oder dass er zu gut aussehe, dass er zu viel nachdenke oder dass er zu faul sei und nahm ihn mit ins Lazarett, wo der Bedauernswerte dann den Genickschuss erhielt.
Die ruhige und unheimliche Art, mit der Miete vorging, war der Grund dafür, dass er von den polnischen Juden, ebenso wie der Angeklagte Mentz, auch Malchamowes (Todesengel) genannt wurde, wahrend ihn die des Deutschen mächtigen tschechischen Juden unter sich als den frommen Schützen bezeichneten.
Wieviele Arbeitsjuden Miete erschossen hat, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Nach seinen eigenen Angaben sind es aber mindestens 50 Arbeitsjuden gewesen, die durch ihn den Tod gefunden haben.