Auschwitz, 29. April 1944
Geheim !
Betrifft: Verstärkter Terror und Sabotagetätigkeit der illegalen kommunistischen polnischen Widerstandsbewegung in der Zeit vom 27.4. bis 5.5.1944
Das illegale Zentralkommitee der polnischen kommunistischen Arbeiterpartei ,,PPR“ hat Funktionäre zu einer verstärkten Maiaktion für die Zeit vom 27.4. bis 5.5.1944 aufgefordert. Dabei soll der 1. Mai 1944 unter der Losung einer Arbeitsfront der Arbeiterklasse im Kampf um ein freies demokratisches Polen, der 3. Mai 1944 als 155. Nationalfeiertag geführt werden. Von zuverlässiger Seite wurde dazu weiter in Erfahrung gebracht, daß die Terror- und Sabotagetätigkeit gegen deutsche Behörden und Wehrmachtsdienststellen in folgender Weise verstärkt werden soll:
a) Anschläge auf Eisenbahnzüge, Posten und Wachen der Gendarmerie, Kraftfahrzeugtransporte,
b) Überfälle auf Gefängnisse und Befreiung von Gefangenen, sowie bei Munitions- und Waffenarsenale,
c) Attentate auf Beamte der Sicherheitspolizei,
d) Ermordung von Agenten,
e) Sabotage in größeren Werken.
Für den gesamten Standort Auschwitz wird ab sofort bis zum 5. Mai 1944 einschließlich Urlaubssperre verhängt einschließlich Standorturlaub und Stadturlaub. Die einzelnen Dienststellen haben für ausreichende Bewachung Sorge zu tragen. Kontrolle der polnischen Zivilarbeiter ist besonders intensiv durchzuführen. Die jeweiligen Wachkompanien Auschwitz I und II haben für Sicherung des Lagers und der Wachgebäude Sorge zu tragen.
Die übrigen Kompanien haben erhöhte Alarmbereitschaft anzuordnen. Dieses gilt besonders bei Einbruch der Dunkelheit. Die Truppenunterkünfte sind durch Innendienstler und Funktionsunterführer zu bewachen. Die Kompanien Auschwitz I stellen gleichzeitig in Verbindung mit der Kommandantur II Streifen für das Interessengebiet KL Auschwitz einschließlich der SS-Siedlung. Die Streifen sind so einzuteilen, daß keinerlei Ausfälle in der Gefangenenbegleitung eintreten. SS-Hauptsturmführer Stoppel übernimmt die Einteilung des gesamten Streifendienstes, insbesondere für kriegswichtige Objekte. Die Schutzhaftlagerführer treffen entsprechende Vorkehrungen zur Durchführung der Sicherheit ihres Lagers. Kommandantur KL Auschwitz III regelt nach den örtlichen Verhältnissen die Sicherung der einzelnen Lager. Jeder einzelne SS-Angehörige hat die Pflicht, in der Zeit bis zum 5. Mai 1944 mit besonderer Aufmerksamkeit seinen Dienst zu versehen und dort einzugreifen, wo gegebenenfalls Erscheinungen auftreten, die die Sicherheit des Lagers
gefährden.
gez. i.V. Hartjenstein
SS-Obersturmbannführer
F.d.R.
Zoller
SS-Hauptsturmführer und Adjutant