Auschwitz, 12. April 1944

1. Maßnahmen bei Fliegeralarm
Bedingt durch die allgemeine Luftlage und die dadurch erforderlichen Sicherungsmaßnahmen ordne ich an, daß in Zukunft die Einheitsführer und Dienststellenleiter nur noch 40% der Iststärke Stadturlaub bewilligen, d.h. daß die übrigen 60% der Iststärke jederzeit auf den Arbeitsplätzen bczw. in der Unterkunft zur Verfügung stehen müssen. Ich habe festgestellt, daß beim Ertönen der Alarmsirenen SS-Angehörige in Auschwitz garnicht auf den gegebenen Alarmzustand achten, sondern weiter ihrer Freizeit nachgehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit für jeden SS-Angehörigen des SS-Standortes Auschwitz, beim Ertönen der Sirenen (öffentliche Luftwarnung bzw. Fliegeralarm) sich sofort auf schnellstem Wege zur Einheit zurückzubegeben und damit restlos dem Sicherungs- und Luftschutzdienst zur Verfügung zu stehen. Alle SS-Vorgesetzten, insbesondere die Streifen, sind für die Durchführung des Befehls verantwortlich. Verstöße werden als Kriegsverbrechen SS-gerichtlich geahndet.

2. Ausweichstellen bei Fliegeralarm
Bei Fliegeralarm mit unmittelbarem Erkennen eines Angriffs auf die Truppenunterkünfte bei Haus 7 und in Birkenau haben die Kompanien, soweit sie nicht zur Sicherung eingesetzt sind, Ausweichräume zu beziehen:
Kommandanturstab I, 1., 3., 4. Kompanie und 2. Stabskompanie
in den Sandgruben und Straßenhängen hart ostwärts der Truppenunterkünfte,
2., 7., 8. Kompanie, 1. Stabskompanie, Hundestaffel und Kommandanturstab II
in den Ringgraben, der unmittelbar um die Truppenunterkunft Birkenau führt. Die Ausweichräume sollen den Zweck haben, die Kompanien gegen Bomben-, Splitter- und Feuergefahr zu schützen. Je nach Lage haben die Kompanieführer den Befehl zum Beziehen der Ausweichräumc zu geben. Die eingeteilten Luftschutztrupps sind so zu legen, daß sie jederzeit zur Durchführung ihrer Aufgaben eingesetzt werden können. Der Lagerkommandant KL Auschwitz III ordnet für die Außenlager sinngemäß die gleichen Sicherungsmaßnahmen an.

3. Arbeiten im KL Auschwitz II
Am 11.4.44 wurden durch die Zentralbauleitung die Arbeiten im Bauabschnitt III des KL Auschwitz II eingestellt. Die frei werdenden Zivilarbeiter und Häftlinge werden nach mündlicher Besprechung und laut Anweisung der Zentralbauleitung zur Fertigstellung der Arbeiten im Frauenlager (Abschnitt I) und Männerlager (Abschnitt II) eingesetzt. Ab 11.4.44 wird das Frauenlager, außer den eingesetzten Kommandos der Zentralbauleitung, für alle weiteren Arbeitskommandos der verschiedenen Dienststellen ebenfalls gesperrt. Unaufschiebbare Arbeiten können nur dann ausgeführt werden, wenn durch die Lagerführung die Dringlichkeit beantragt wird, das betreffende Arbeitskommando im Besitz einer Arbeitsbescheinigung ist und von einem Posten oder
Kommandoführer begleitet wird. Im Abschnitt II werden die Arbeiten zuerst im Abschnitt II c aufgenommen. Nähere Anweisungen erteilt die Zentralbauleitung.

4. Benutzung der Saunaeinrichtungen
Ich habe Veranlassung darauf hinzuweisen, daß SS-Angehörige, die innere körperliche Leiden (z.B. Herzstörungen) haben, vor Benutzung der Sauna truppenärztlich untersucht und das ärztliche Einverständnis zur Benutzung haben müssen.

5. Geflügellieferung und Kleintierhaltung
Auf Grund einer Anordnung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft und Reichsbauernführers ist mit sofortiger Wirkung Kleintierhaltung in einem beschränkten Umfange nur den Personen erlaubt, die bei der Geflügelzählung Dezember 1943 bereits den Nachweis von Geflügelhaltung erbracht haben. Auf Grund dieser Anordnung können nur diejenigen Bestellungen seitens der Geflügelzuchtstation ausgeführt werden, bei denen der Geflügelzuchtstation der schriftliche Nachweis durch eine Bescheinigung des Amtskommissars bezw. des Bürgermeisters in Auschwitz erbracht wird, daß bei der Geflügelzählung 1943 bei den Bestellern Geflügel gezählt wurde. Es wird weiter darauf aufmerksam gemacht, daß Geflügel- und Kaninchenhaltung mit sofortiger Wirkung nur in dem Umfange erlaubt ist, als eine Futtergrundlage im eigenen Haushalt nachgewiesen werden kann. Sofern bisher Geflügel und Kaninchen noch nicht gehalten wurden, ist die Neuanschaffung entsprechender Bestände verboten. Sämtliche Geflügelhalter werden im eigenen Interesse darauf hingewiesen, sich von dem Wortlaut der entsprechenden Verfügung, veröffentlicht im Reichsanzeiger 1.4.44, in Kenntnis zu setzen.

6. Obstbäume
Für die innerhalb des Interessengebietes liegenden Hausgärten können 2-jährige Obstbäume abgegeben werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Bäume in einem Pflanzabstand von 10 m gepflanzt werden müssen. Anforderungen sind schriftlich bis zum 18.4.44 an die Betriebsleitung der Landwirtschaftsbetriebe einzureichen. Es stehen hauptsächlich Äpfel- und wenige Pflaumen- und Birnbäume zur Verfügung.

7. Flak-Übungsschießen
Am 16.4.44 wird im Gebiet Auschwitz in der Zeit von 9.30-12.30 Uhr ein Flak-Übungsschießen durchgeführt.

8. Sportgemeinschaft SS-Auschwitz
Die Sportgemeinschaft SS-Auschwitz konnte den Sportbetricb in diesem Jahr mit neuen beachtlichen Erfolgen aufnehmen. Die in den vorjährigen Wettkämpfen wiederholt erfolgreich gewesenen SS-Angehörigen:
SS-Uscha. Winter, SS-Standortverwaltung,
SS-Uscha. Achtelik, 4. Komp.
SS-Rottf. Eberle, SS-Standortverwaltung
SS-Rottf.
Romwalter, SS-Standortverwaltung
konnten bei dem Hallensportfest am 2.2.44 in Königshüttc in den leichtathletischen Einzel- und Mehrkämpfen erneut 1. Plätze belegen. Ich spreche den Obengenannten für die sportlichen Leistungen im Kampf gegen starke oberschlesische Konkurrenz meine Anerkennung aus, ebenso den SS-Angehörigen:
SS-Uscha. Achtelik,
SS-Uscha. Kühnemann,
SS-Uscha. Merkens und
SS-Uscha.
Pertig,
die das Tischtennisturnier gegen die Gemeinschaft der IG Farben-Industrie siegreich entscheiden konnten.

9. Rückgabe der Dauerbescheinigungen zum Betreten der Stadt Auschwitz
Bis zum 1 .5.44 sind die Dauerbescheinigungen zum Betreten der Stadt Auschwitz durch die Abteilungen bezw. Dienststellen geschlossen bei der Kommandantur KL Auschwitz - Ausweisstelle - abzugeben.

10. Verloren
In der Nähe der Sandgruben Haus 7 und Palitzsch ging am 6.4.44 zwischen 6.00- 7.00 Uhr eine goldene Armbanduhr mit dem Monogramm ,,W.B.“ und dunkelbraunem Lederband verloren.

Gefunden:
Im Garagenhof der SS-Standortfahrbereitschaft wurde eine Geldbörse mit Inhalt gefunden.
Die Gegenstände sind beim SS-Standortältesten, Zimmer 14, abzugeben bezw. abzuholen.

11. Entlassungen und Überstellungen von Häftlingen aus dem KL Auschwitz II
Es ist nun wiederholt vorgekommen, daß Häftlinge, die aus dem KL Auschwitz II im Einzelverfahren entlassen oder überstellt wurden, trotz durchgemachter Quarantäne nach ihrer Entlassung oder Überstellung an einer gemeingefährlichen Krankheit (Fleckfieber) außerhalb des KL Auschwitz erkrankt sind. Ich befehle daher nach Rücksprache mit dem SS-Standortarzt Auschwitz, daß im Interesse der Seuchenverhütung und damit der Erhaltung der Volksgesundheit Überstellungen oder Entlassungen von Häftlingen im Einzelverfahren aus dem KL Auschwitz II nur dann erfolgen dürfen, wenn es sich um Sammeltransporte handelt, die in ein anderes KL überstellt werden. Entlassungen oder Überstellungen von Häftlingen im Einzelverfahren aus dem KL Auschwitz in ein Gefängnis oder in die Heimat der zu entlassenden Häftlinge oder an einen anderen beliebigen Ort außerhalb des KL Auschwitz dürfen nur dann erfolgen, wenn diese im KL Auschwitz I eine 21 tägige Quarantäne überstanden haben. D.h. also, alle zu entlassenden oder im Einzeltransport zu überstellenden Häftlinge sind zur Durchführung der 21-tägigen Entlassungsquarantäne vom KL Auschwitz II zum KL Auschwitz I zu überstellen und dann direkt vom KL Auschwitz I aus zu entlassen, ohne das Lager KL Auschwitz II noch einmal betreten zu haben.

gez. Liebehenschel
SS-Obersturmbannführer

F.d.R.
i.V. Bayer
SS-Untersturmführer