Vor der Deportation wurde die lückenlose Erfassung der Juden durch eine genaue Auflistung aller noch im Amtsbezirk Drensteinfurt wohnenden Juden sichergestellt. Kranke, gebrechliche, nicht arbeitsfähige oder in Mischehe lebende
sollten ausgenommen werden. Nach dem Bericht des Amtsbürgermeisters gehörte keiner der Drensteinfurter Juden dazu. Die Aufstellung musste spätestens bis zum 8.11.41 eingereicht werden. Auf der Liste waren aufgeführt: (Siehe Auszug aus der Transportliste) Siegmund Salomon (48 J.), seine Frau Else (46 J.) und die Tochter Fanny Irma (12 J.), Helene (38 J.) und Emma Terhoch (40J.), Jenny Seelig (29 J.), Johanna Salomon (54 J.) und ihre Töchter Frieda (19 J.) und
Herta
(17 J.). Rudolf Seelig hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch im Aufbaulager Dumke auf. Er kam aber am 01.12.1941 wieder nach Drensteinfurt, um zusammen mit seiner Familie deportiert zu werden. Am 18.11. 41 ging ein Schreiben der Gestapo Münster an den Landrat des Kreises Lüdinghausen mit der Anordnung, alle in der beigefügten Liste aufgeführten Juden des Kreises am 11.12.1941 aus ihren Wohnorten zu evakuieren und nach Münster in das Lokal Gertrudenhof zu bringen. Von dort sollten sie am 13.12. nach Riga evakuiert werden. Außerdem wurde genau festgelegt, was bei der Evakuierung mitzunehmen war.

In der Transportliste vom 13.12.1941 Münster-Bielefeld-Riga, werden aufgeführt:
Hertz Else (* 06.01.1899 in Drensteinfurt)
Hirsch Paula (* 12.04.1885 in Drensteinfurt)
Katz Rosalie (* 18.01.1887 in Drensteinfurt)
Levy Jenny (* 02.06.1912 in Drensteinfurt)
Salomon Else (* 05.04.1895 in Schlichtingsheim)
Salomon Frieda (* 10.10.1922 in Drensteinfurt)
Salomon Irma (* 01.04.1929 in Hövel)
Salomon Johanna (* 10.09.1887 in Drensteinfurt)
Salomon Siegmund (* 20.01.1893 in Drensteinfurt)
Samuel Louis (* 25.08.1883 in Drensteinfurt)
Seelig Rudolf (* 14.12.1910 in Homberg (Niederrhein)
Simons Emma (* 08.07.1901 in Drensteinfurt)
Spiegel Adolf (* 27.02.1870 in Drensteinfurt)
Terhoch Emma (* 30.06.1901 in Drensteinfurt)
Terhoch Helene (* 13.11.1903 in Drensteinfurt)
Terhoch Hugo (* 25.10.1887 in Drensteinfurt)
Terhoch Julius (* 24.03.1883 in Drensteinfurt)
Zilversmit Max (* 02.04.1885 in Drensteinfurt)

Die komplette Liste mit weiterführenden Informationen zu den Personen, sowie zum Transport befindet sich auf meiner Homepage. Sollte ein Name noch fehlen, bitte ich um Geduld, die Seiten werden laufend ergänzt. Sie können aber auch Direkt anfragen.

Es mußte pro Person mitgenommen werden:
Zahlungsmittel bis zu 50 RM in Reichskreditkassenscheinen.
Ein Koffer mit Ausrüstungsstücken (kein sperrendes Gut).
Vollständige Kleidung (ordentliches Schuhwerk).
Bettzeug mit Decke.
Verpflegung für 3 Wochen (Brot, Mehl, Graupen, Bohnen).
Essgeschirr (Teller oder Topf) mit Löffel.
Nicht mitgenommen werden durften:
Wertpapiere, Devisen, Sparkassenbücher usw. Wertsachen jeder Art (Gold, Silber, mit Ausnahme des Eherings),
lebendes Inventar.
Lebensmittelkarten (diese waren vorher abzunehmen und den örtlichen Wirtschaftsämtern gegen Quittung zu übergeben).
Bargeld und Wertgegenstände sollten von den Beamten, die die Juden aus den Wohnungen holten, abgenommen und quittiert werden.
Das Handgepäck durfte höchstens 50 kg. schwer sein.
Auf Wunsch durfte mitgenommen werden:
Matratzen, Wolldecken, Kanonenofen, Handwerkszeug, 1 Kochtopf, 1 Waschgeschirr, 1 Eimer und wenig Seife. Messer, Gabel und Rasierzeug durften nicht mitgenommen werden, (Dadurch sollte ein möglicher Selbstmord verhindert werden.)

Nachdem die Drensteinfurter Juden von der bevorstehenden Evakuierung unterrichtet worden waren, bereiteten sie
sich auf unterschiedliche Weise darauf vor und teilten auch Nachbarn und Bekannten ihren baldigen Abtransport, in ein Arbeitslager, wie sie meinten, mit. Die Schwestern Terhoch benachrichtigten ihre nach Holland emigrierte Halbschwester Frieda, die daraufhin noch einmal nach Drensteinfurt kam und bei ihrem Besuch die desolate Unterbringung von Emma und Helene Terhoch in dem Judenhaus Siegmund Salomons feststellen musste. Die Schwestern Terhoch übergaben
ihren Schmuck Bekannten zur Aufbewahrung. Sie brachten außerdem zahlreiche Bücher und ein Fotoalbum zur befreundeten Familie Schmand und baten, die Bücher zwei Jahre lang aufzubewahren. Wenn sie dann noch nicht zurückgekehrt seien, könnten Schmands darüber verfügen, denn danach würden sie wohl nicht mehr zurückkehren.
Frau Schmand verbrannte später alle mit dem Namen der Besitzer versehenen Bücher und den Inhalt des Fotoalbums,
da sie mit einer Durchsuchung der Wohnung rechneten. Siegmund Salomon besorgte für sich und seine Familie festes Schuhwerk, das ihm von Gertrud K. der Käuferin der Synagoge unentgeltlich überlassen wurde. Johanna Salomon verkaufte eine Nähmaschine an eine Drensteinfurterin.

Die Juden des Kreises Lüdinghausen wurden mit allen übrigen des Bezirks Münster im Lokal Gertrudenhof untergebracht. Nach der Ankunft nahm man ihnen das große Gepäck ab, unter anderem auch die Nähmaschine der Emma Terhoch. Siegfried Weinberg aus Münster, der mit demselben Transport nach Riga kam, schildert die folgenden Ereignisse ausführlich in seinem Bericht. Im Restaurant Gertrudenhof fand eine große Gepäck- und Leibesvisitation statt. Außer etwas Wäsche und Lebensmitteln nahm man den Menschen alle Messer, Scheren, Toilettenartikel und Rasierzeug weg. Unter Misshandlungen und Beschimpfungen wurden die Menschen am 12.12. ab 11 Uhr abends mit Bussen zum Güterbahnhof gebracht und in die Züge getrieben. Die 400 Juden des Bezirks Münster wurden in Personenwagen 3.Klasse untergebracht. In jedem Abteil befanden sich 8 bis 10 Personen. Der Zug fuhr am 13.12. um 10 Uhr morgens ab und machte Station in Bielefeld und Osnabrück. Dort kamen 400 bzw. 200 Juden dazu. Unterwegs mussten sie sich selbst verpflegen. Nach fast dreitägiger ununterbrochener Fahrt kam der Transport am 15.12. abends um 23 Uhr in Skirotawa 8km nordöstlich von Riga an. Am nächsten Morgen begann um 9 Uhr der Marsch in das Rigaer Ghetto