SS-Obergruppenführer u. General der Waffen-SS

* 08.06.1899 in Charlottenburg
† 22/23.04.1945 in Potsdam-Babelsberg

Eltern:
Grawitz Ernst u. Helene geb. Liebau (* 14.10.1869 in Magdeburg).
Grawitz, Ernst
* 18.03.1860 Mittelhagen/Pommern,
† 11.07.1911 Charlottenburg,
G. studierte in Berlin am Friedrich-Wilhelm-Institut für Militärärzte. Er wurde 1882 zum Dr. med. promoviert. Danach war er zuerst aktiver Militärarzt in Berlin, von 1886 bis 1889 Prosektor am Kontext zu: Kaiserin Auguste Viktoria Haus Kaiserin-Auguste-Viktoria-Hospital, von 1890 bis 1896 Assistent der Gerhardt'schen Klinik der Charité und Privatdozent für innere Medizin und ab April 1897 Professor und dirigierender Arzt am städtischen Krankenhaus in Charlottenburg-Westend (heute Kontext zu: DRK Kliniken Westend DRK-Kliniken Westend). G. veröffentlichte u. a. "Über die Tuberkulose in der Armee" (1889), "Klinisch-experimentelle Blutuntersuchungen" (1892 bis 1896), "Klinische Pathologie des Blutes" (1896). G. wohnte um 1900 Knesebeckstraße 8 und um 1910 Kurfürstendamm 50.

Onkel:
Grawitz Paul (Pathologe) Medizinischen Fakultät an der Universität Greifswald
(1850-1932)

Grawitz Schwiegervater war Siegfried Taubert. Dieser war ab Frühjahr 1938 nach der Ablösung von Knobelsdorff, neuer Burghauptmann auf der VVewelsburg

Besuch einer Privatschule in Charlottenburg sowie des Berliner Fichte- und Mommsen-Gymnasium

1917
Kriegsfreiwilliger im Jäger-Ersatz-Bataillon 1

31. August 1917
Beförderung zum Gefreiten

10. März 1918
Beförderung zum Oberjäger

Juni 1918
Beförderung zum Leutnant

18. September 1918 kommt er als Leutnant bei Épehy an der Westfront in englische Kriegsgefangenschaft. (bis November 1919)

Medizinstudium an der Berliner Universität

ab November 1919
Angehöriger der „Einwohnerwehr Berlin“

Angehöriger des Freikorps „Olympia“

1920
am Kapp-Putsch beteiligt

bis 1929
Hilfsarzt, Assistent und 1. Assistent in der Inneren Abteilung des Krankenhauses Berlin-Westend

Facharzt für Innere Krankheiten mit eigener Praxis in Berlin

01. November 1931 Eintritt in die NSDAP
(Als Grawitz und seine Frau aufgrund des Verlustes ihrer Ende 1931 abgeschickten NSDAP-Aufnahmeanträge erst nach neuerlichem Antrag mit Wirkung vom Mai 1932 die Mitgliedschaft erhalten sollten, protestierte Grawitz mit Erfolg bei Göring. Aufgrund Görings Intervention wurde das Eintrittsdatum der beiden dann auf den 01.11.1931 zuruckdatiert.)

29. März 1932 Eintritt in die SS
(auf einer Karteikarte in Grawitz SS-Personalakte steht als Eintrittsdatum der 29.03.1932)

von 1933 bis 1936 in der Inneren Abteilung des Berliner Westend-Krankenhauses beschäftigt

01. Juli 1933
Beförderung zum SS-Sturmbannführer beim SS-Oberabschnitt Ost
(Gruppenarzt)

16. August 1933
Beförderung zum SS-Obersturmbannführer

01. Mai 1935
Ernennung zum Chef des SS-Sanitätsamtes und zum „Reichsarzt der SS“ durch den Reichsführer-SS Heinrich Himmler
(Als „Reichsarzt SS“ unterstand Grawitz unmittelbar Heinrich Himmler und war damit oberste, fachliche Instanz in allen Angelegenheiten der Medizin und des Sanitätsdienstes der SS. Er war deshalb auch für die Ärzte und die medizinischen Zustände in den Konzentrationslagern verantwortlich. Medizinisch versorgte Ernst Robert Grawitz unter anderem den „Höheren SS- und Polizeiführer“ von dem Bach-Zelewski, als dieser nach einem Nervenzusammenbruch und einer Darmkolik im SS-Lazarett Hohenlychen untergebracht war. Der „Höhere SS- und Polizeiführer“ erwachte nachts schreiend und litt unter Halluzinationen. Grawitz meldete an seinen obersten Chef:“ Er leidet insbesondere an Vorstellungen im Zusammenhang mit den von ihm selbst geleiteten Judenerschießungen und anderen, schweren Erlebnissen im Osten.)

05. Mai 1935
Beförderung zum SS-Standartenführer im Amt eines „Oberabschnittsarztes“

17. Dezember 1936
Ernennung zum stellvertretenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick

01. Januar 1937
Ernennung zum Geschäftsführenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes
(Als Grawitz zum 1. Januar 1937 das Amt des Stellvertretenden Präsidenten des DRK übernahm. ließ er sich "gemäss Befehl des Reichsführers-SS vom 09.11.1936" bis zum 31.03.1937 von seiner Stellungen Reichsarzt-SS und Chef des SS-Sanitätsamtes beurlauben: "zwecks Einarbeitung in mein neues Arbeitsgebiert-, wie er in seinem Urlaubsgesuch vermerkte. Die Vertretung in diesen Ämtern übernahm SS-Standartenführer Dr. Fritz Dermietze. Gleichzeitig stellte Grawitz klar, dass er sich auch während der Beurlaubung „alle Entscheidungen grundsätzlicher Art vorlegen" lassen wollte und sich weiterhin vorbehielt. „die Sanitätseinrichtungen der kasernierten- und allgemeinen-SS durch Besichtigungen zu überprüfen". Grawitz kehrte nach Ablauf der drei Monate jedoch nicht mehr in sein Amt als Chef des Sanitätsamtes zurück, Himmler enthob ihn von dieser Stellung mit Wirkung vom 1. April 1937, "um ihn für die Dienstgeschäfte des stellvertretenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes zu entlasten.)

04. Januar 1937
am 04.01.1937 erfolgte die Amtseinführung von Dr. Ernst Robert Grawitz

Mitte 1937
Grawitz baut die DRK-Organisation ohne jede rechtliche Grundlage im Sinne des propagierten „Führerprinzips“ um.

05. August 1939
Am Abend des 05. August 1939 ereignete sich im Potsdamer Stadtteil Babelsberg ein schweres Eisenbahnunglück. An einem Bahnübergang kollidierte die Lok eines Güterzuges mit dem Autobus, der gerade auf dem Wege von Drewitz nach Berlin-Wannsee war. In dem Bus, der etwa 300 Meter auf den Schienen mitgeschleift wurde, starben 11 Menschen, mehrere Fahrgäste wurden schwer verletzt.
Einer der ersten, der an den Unglücksort eilte und sofort die Rettungsarbeiten koordinierte, war der Reichsarzt-SS, Dr. Ernst-Robert Grawitz. Dass Grawitz an diesem Tag an dieser Stelle in Potsdam in Aktion treten konnte, war kein Zufall, denn 200 Meter vom Unglücksort entfernt befand sich die oberste Dienststelle des Deutschen Roten Kreuzes im Dritten Reich: das Präsidium des DRK.

September 1939
Grawitz erklärt sich bereit, für die als „Aktion T4“ bezeichnete Ermordung körperlich und geistig Behinderter SS-Ärzte abzustellen

28. Dezember 1939
am 28.12.1939 wird Grawitz von Himmler zum aufsichtsführenden Vorstandsmitglied des Lebensborn` e.V. in ärztlichen Angelegenheiten" ernannt.

03. Februar 1941
In einem Schreiben Himmlers an Grawitz vom 03.02.1941 beschwerte sich Himmler über die Nichtdurchführung von ihm in Auftrag gegebener Versuche im Frauenkonzentrationslager Ravensbruck. "Ich bin der Überzeugung, dass Sie, der Sie selbst den Titel Professor bekommen haben und ihn, wenn ich mich nicht irre, sehr gern gebrauchen, bei diesen Versuchen die Moglichkeit hatten, Ihren wissenschaftlichen Beitrag zu leisten und das Fundament für diesen Professorentitel nachträglich zu legen".

21. Dezember 1941 bis 10. Januar 1942
Grawitz macht Urlaub auf der Burg Wewelsburg

22. Dezember 1941
Ernennung zum Honorarprofessor an der medizinischen Fakultät der Universität Graz

1942
Grawitz ordnete 1942 die Infizierung weiblicher Häftlinge in Ravensbrück an, meist Polinnen, mit Staphylokokken, Gasbrandbazillen, Tetanusbazillen und Erreger-Mischkulturen, um die Heilwirkung von Sulfonamiden festzustellen. Infiziert wurden die ahnungslosen Frauen in allen Fällen in den Oberschenkeln, die Einschnitte gingen meist bis auf den Knochen, in die Wunden wurden zusätzlich noch Glasscherben oder Holzsplitter gelegt. Die Beine der Opfer vereiterten schnell so stark, daß die Frauen unter unmenschlichen Schmerzen zugrunde gingen. Bei den meisten Opfern wurde lediglich der Krankheitsverlauf ohne eine Behandlung vom Versuchsleiter Prof. Dr.
Karl Gebhardt beobachtet, von den wenigen behandelten überlebte nur ein geringer Teil. Insgesamt fielen allein diesem Versuch rund 60 junge Frauen zum Opfer. Als die Ergebnisse auf einer großen Ärztetagung vorgetragen wurden, machte Gebhardt aus den Umständen und Grundlagen seiner Versuche kein Geheimnis. Widerspruch dagegen erhob sich jedoch von keiner Seite.

24. September 1942
SS-Obergruppenführer Pohl schickt den SS-Reichsarzt Ernst Grawitz zum KL Auschwitz, er soll sich um die Fleckfieberepidemie im KL kümmern, seine Ratschläge verschlimmern die Lage mehr, als dass sie die Lage verbessern.

Am 25.09.1942 Inspektion durch den Reichsarzt-SS Grawitz Ernst in Auschwitz, Besichtigung einer Vergasung u. der Leichenverbrennung.
Aussage des Häftlingsarzt
Klodzinski Stanislaw:
»Als am 25.09.1942 Grawitz das Konzentrationslager Auschwitz visitierte, wählte der Lagerarzt 48 Kranke aus dem Krankenbaublock Nr. 28 für die Phenolspritze aus, die am gleichen Tag ermordet wurden.«
KL-Arzt Kremer am selben Tag im Tagebuch:
»Gruppenführer Grawitz im Revier und Lager. Bei der Visite will er von mir wissen, was der Arzt bei allen Infektionskrankheiten zu allererst verordnet. Und was meinte er? Man höre und staune: Ein Abführmittel!«

1943
Grawitz stellt an Himmler die Bitte, ihm acht KZ-Häftlinge für Versuche mit infektiöser Hepatitis zur Verfügung zu stellen. In seinem Schreiben heißt es, die Forschung habe erwiesen, dass diese Krankheit nicht durch Bakterien sondern durch Viren übertragen würde. Versuchsweise sei Hepatitis von Menschen auf Tiere übertragen worden, und es sei "wünschenswert", gezüchtete Viren auf Menschen zu übertragen. Himmler antwortete schriftlich und stellte acht Juden aus Auschwitz zur Verfügung. Die Versuche wurden im KZ Sachsenhausen durchgeführt.

20. Dezember 1943
»Gesund oder nicht gesund«, das sei jetzt nicht mehr die Frage. Es gehe nur noch darum, ob der Patient kampffähig sei, weist der Reichsarzt SS, Ernst Robert Grawitz, am 20. Dezember 1943 die Ärzte in den Lazaretten der Waffen-SS an. Möglichst viele Männer sollen möglichst schnell wieder an die Front geschickt werden.

22. November 1944
In einem Schreiben Grawitz an Himmler vom 22.11.1944, wird die "Notwendigkeit, zur abschließenden Klärung der physiologischen Wirkung des N-Stoffes auf und durch die menschliche Haut nunmehr einige Versuche an Menschen durchzuführen", angeführt. Hierfür seien fünf Häftlinge "erforderlich", die SS-Gruppenführer Glücks aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen bereits "bereitstellen" lassen hat. Man erwarte nun die Übermittlung der Genehmigung, damit die Versuche anlaufen können. (N-Stoff ist ein Chlorflurid, das in Falkenhagen bei der Herstellung von kampfstoffen anfiel.

es war ein Brandstoff der beim zusammentreffen mit organischen Stoffen mit starker Wärme und Flammwirkung reagierte.)

Nacht vom 22. zum 23. April 1945
An diesem Tag, einem Sonntag, hatte Grawitz mittags noch einmal das nahe Präsidium des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) besucht und die Beschäftigten zum »Durchhalten« ermuntert.
In der Nacht vom 22. zum 23. April 1945 bringt er sich und seine Familie in seiner Babelsberger Villa an der damaligen Straße der SA 59 (heute Karl-Marx-Straße 59) um. (Kurz vor dem Einmarsch der Sowjets erschoss Grawitz sich, seine Frau und seine Kinder im Bunker hinter dem Haus.)

Berlin Straße der SA 59

Anmerkung
Willfähriger Helfer der Nazi- Ideologie, strategisch erfinderisch und innovativ für die gesamte Politik im Dritten Reich war das DRK im sog. Euthanasieprogamm, der Vernichtung "geistig und moralisch minderwertigen Lebens". Zigtausende von behinderten Kindern und Erwachsenen, aber auch Schwule und Lesben wurden im DRK- eigenen Wagen in die Tötungslager gefahren. Chef des DRK war der Reichsarzt SS Dr. Grawitz, neben Reichsärzteführer Dr. Conti der Planer des Euthanasieprogramms. Ein Wohlfahrtskonzern mit zweifelhafter Vergangenheit.

DRK Gebäude
Im Krieg blieb das DRK Gebäude intakt, lediglich die Kraftfahrzeughalle – in der sich heute die Bibliothek befindet – erhielt einen Bombentreffer und brannte aus. Zur Verbesserung des Luftschutzes, insbesondere der Errichtung von Brandmauern, Löschanlagen und Splittergräben sowie eines mehrstöckigen Luftschutzbunkers waren vom 1. Juli 1944 bis zu ihrer Rückführung in das Konzentrationslager Sachsenhausen Anfang April 1945 auch KZ Häftlinge zum Einsatz gekommen, die ein heute überbautes, barackenartiges, mit Stacheldraht umzäuntes Außenlager bewohnten. (Außenkommando Babelsberg)