Ghetto

Gebiet
Litauen, Bezirk Vilnius

Eröffnung
am 31.08.1941 wurden die Vorbereitungen zur Einrichtung des Ghettos getroffen
am 06.09.1941 wurde das große Ghetto mit Juden der Stadt belegt

Lage
große Ghetto
Rudnitzkegass, Spitalgass, Fleischergass, Straschungass
Das große Ghetto besteht aus 72 Gebäude, die hier zusammengepferchten Menschen haben circa 1,5-2 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung
Im großen Ghetto wurden die Menschen zusammengefaßt, die eine Arbeitserlaubnis (Handwerker und Arbeiter) besaßen.
das große Ghetto war durch die Deitsche Straße vom kleinen Ghetto getrennt

kleine Ghetto
Judengass, Gaongass, Gläsergass
Waisen, Kranke und ältere Menschen ohne Arbeitserlaubnis wurden im kleinen Ghetto zusammengefaßt.

Geschlecht
Frauen, Männer und Kinder

Liquidierung
12.08.1941-01.09.1941
In
Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 425 Juden, 19 Jüdinnen, 8 Kommunisten (männlich), 9 Kommunisten (weiblich) ermordet
Die endgültige Liquidierung des Wilnaer Ghettos begann am 23. September 1943


02.09.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 864 Juden, 2 019 Jüdinnen, 817 jüdische Kinder ermordet

12.09.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 993 Juden, 1 670 Jüdinnen, 771 jüdische Kinder ermordet

17.09.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 337 Juden, 687 Jüdinnen, 247 jüdische Kinder und 4 Kommunisten ermordet

04.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 432 Juden, 1 115 Jüdinnen, 436 jüdische Kinder ermordet

16.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 382 Juden, 507 Jüdinnen, 257 jüdische Kinder ermordet

21.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 718 Juden, 1 063 Jüdinnen, 586 jüdische Kinder ermordet

25.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 1 776 Jüdinnen, 812 jüdische Kinder ermordet

27.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 946 Juden, 184 Jüdinnen, 73 jüdische Kinder ermordet

30.10.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 382 Juden, 789 Jüdinnen, 36 jüdische Kinder ermordet

06.11.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 340 Juden, 749 Jüdinnen, 252 jüdische Kinder ermordet

19.11,1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 76 Juden, 77 Jüdinnen, 18 jüdische Kinder ermordet

25.11.1941
In Wilna werden durch deutsche SS und Wehrmacht 9 Juden, 46 Jüdinnen, 8 jüdische Kinder ermordet

21.01.1942
Am 21. Januar 1942 schlossen sich die zionistischen Widerstandsgruppen in Wilna zur Fareinikte Partisaner Organisatzije (FPO) zusammen, um bewaffneten Widerstand gegen die Deutschen zu leisten. Da sie nicht auf die Unterstützung der Mehrzahl der Ghettobewohner zählen konnte, zog sich die FPO in die Wälder der Umgebung zurück und schloss sich den sowjetischen Partisanen an. Bekannte Führer der FPO wurden bei ihren Aktionen unterstützt durch Anton Schmid. Er half ihnen Waffen und Kämpfer zu transportieren

Deportationen
Am 5. April 1943 erschien eine Ankündigung an den Wänden des Ghettos, die die Juden, die Verwandte in Kovno hatten, drängte, sich den Transporten aus den benachbarten Dörfern, vor allem von Snipizok, anzuschließen, die angeblich nach Kovno gingen. Die Ankündigung war in verlockender Sprache gehalten, beschrieb bessere Lebensbedingungen und leichtere Wohnmöglichkeiten, als sie im überfüllten Warschauer Ghetto zu bekommen waren. Gens setzte sich für den Kovno-Plan ein, und viele ahnungslose Opfer meldeten sich freiwillig für den Transport nach Kovno.‘ Alles in allem bestiegen über 5.000 Juden die Züge... Es wurde bald klar, daß die Züge, statt nach Kovno zu fahren, in Ponary entladen wurden und die Opfer mit Maschinengewehrfeuer niedergemäht wurden

Einsatz der Häftlinge bei
Heeres-Kraftfahrzeug-Park 562
Textil und Pelzfabrik Kailis
Kriegslazarett 909/910
Beutesammelstelle

Bemerkungen
In Wilna wurde im September 1941 auf einem Stadtgebiet, wo vorher etwa 4.000 Menschen lebten, ein Ghetto mit zwei Abschnitten für etwa 60.000 Juden eingerichtet. Es unterstand dem deutschen Stadtkommissariat und wurde von der SS und litauischen Hilfspolizisten bewacht. Während beständig Massenexekutionen durchgeführt wurden, denen vor allem Arbeitsunfähige zum Opfer fielen wurde noch im Jahr 1941 ein Teil des Ghettos, das kleine Ghetto, vollständig aufgelöst. Die etwa 1.500 Insassen wurden erschossen. Während zweier weiterer Aktionen wurden am 24.Oktober 1941 5.000-8.000 und am 5. November 1941 etwa 3.000 Personen selektiert und umgebracht. Nach den Deportationen im September 1943 blieben nur etwa 3.000 Juden mit ihren Familienangehörigen im Ghetto zurück. Die letzte große Selektion wurde am 27.03.1944 durchgeführt. Alle Kinder sowie die älteren und Arbeitsunfähigen Männer und Frauen wurden nach Ponary gebracht und dort erschossen. Das Ghetto wurde Anfang Juli 1944 endgültig aufgelöst. Die Überlebenden wurden ebenfalls in Ponary ermordet.


Bemerkungen
Erschießungsstätte Ponary
Die Sowjets hatten dort große Gruben ausgehoben, in denen Treibstoff gelagert werden sollte. Diese Gruben benutzten die SS und ihre litauischen Helfer bis Ende 1943/Anfang 1944 als Erschießungsstätte und Massengräber für Zehntausende Juden, sowjetische Kriegsgefangene und polnische Widerstandskämpfer
In 12 Gruben erschossen die Exekutionskommandos etwa 100.000 Menschen, darunter rund 60.00 bis 70.000 Juden.


Namensliste von Opfer/Verfolgte

Die Partisanenhymne von Wilna (Sag nie...)
Das Lied von Ponar

Herren über Leben und Tod 1941-1945

1941–1944 Gebietskommissar für Wilna-Stadt
Hingst Hans Christian

Chef eines SS-Sonderkommandos in Wilna
Weiß Martin
* 1903
Handwerksmeister aus Karlsruhe
1950 als Mörder und Mordgehilfe zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt

stellvertretender Gebietskommissar für Wilna-Stadt
Murer Franz (Schlächter von Wilna)
Landwirt aus der Steiermark
Im Rahmen einer Recherche zur Festnahme Adolf Eichmanns gelangte Simon Wiesenthal 1960
auf die Spur Murers. Als er auf einer österreichischen Behörde nach genauen Daten zur damaligen Festnahme Murers 1947 suchte, wurde Simon Wiesenthal vorgeschlagen, Murer doch selbst zu befragen. Es stellte sich heraus, dass Murer als Bauer und Obmann einer Landwirtschaftskammer in Österreich tätig war.
1963 wird dem ehemaligen stellvertretenden Gebietskommandanten Franz Murer, in Graz der Prozess gemacht. Dies war kein Ruhmesblatt für die österreichische Justiz, denn er wurde freigesprochen und seine Söhne und andere „Beobachter“ sassen im Saal und amüsierten sich über die Zeugen gegen den Vater. Auch die interviewten Frauen verbinden mit Murer Angst und Schrecken, erschoss er doch einmal ein junges Mädchen, das seine Eltern und Grosseltern couragiert aus dem Ghetto bringen wollte.
Zu den Anklagepunkten im Prozess hatte u.a. gezählt, dass er einer Frau ihr Kind entrissen und es vor ihren Augen an einer Wand zerschmettert und dass er drei ältere Männer und eine Frau, die bei einem Abtransport aus dem Ghetto erschöpft zurückblieben, erschossen hatte.
Die Anteilnahme der Bevölkerung war groß: mit so vielen Blumen wurde der Kriegsverbrecher zu seinem Freispruch beglückwünscht, dass am nächsten Tag in vielen Blumenhandlungen keine mehr zu bekommen waren.

SS-Oberscharführer
Kittel Hans Bruno
* 1922 in Österreich
Absolvent einer Theaterschule in Österreich, Saxofon- und Klavierspieler, löste im Juli 1943 Murer und Weiss ab. Er liquidierte das Wilnaer Ghetto. "Kittel schlägt niemanden ins Gesicht, er tritt niemanden mit den Füßen; stattdessen vernichtet er seine Opfer auf zynische Weise –
ruhig, bedächtig und mit Gefühl. Wenn er selbst Menschen erschießt, bittet er sie höflich darum, sich nicht aufzuregen, nicht nervös zu sein, und während er das sagt, richtet er seine automatische Pistole auf die Köpfe der Unglücklichen und erschießt sie einen nach dem anderen, wie Spatzen, ganz ruhig und ohne jede Verlegenheit."

Gens Jacob (Kommandant der jüdischen Ghetto Polizei)
Er war ein führender zionistischer Kollaborateur mit den Nazis, er ragt hervor, weil kein anderer Ghettoführer in seinen Diensten für die Nazis so weit ging wie Gens, kein anderer Ghettoführer benutzte seine Polizeigewalt zur Tötung von Juden.
Im Oktober 1942 teilten die Nazis Gens mit, daß sie 1.500 Juden im Ghetto von Oshmany getötet sehen wollten. Später stimmten sie zu, die Zahl der Opfer auf 400 zu reduzieren unter der Bedingung, daß sie von Gens Polizisten selektiert und getötet würden. Gens sagte ja und sandte seinen Polizeichef Salek Desler mit 30 Polizisten. Sie selektierten 410 alte und kranke Leute, die sie selbst töteten. Gens verteidigte seine Tat mit der Behauptung: Es ist unsere Pflicht die Starken und Jungen zu retten und uns nicht von Gefühlen beherrschen zu lassen.

Genns bekannte offen: "Ich wähle selbst aus, wer zum Tod bestimmt wird. Ich will auf diese Weise einige Wertvolle retten." Der vom Rassenwahn diktierten Liquidationspolitik Himmlers und Eichmanns setzte Genns den Versuch entgegen, die biologische Substanz des Judentums zu retten: Alte, Schwache und Kranke lieferte er bedenkenlos aus; Kinder, zeugungsfähige Männer und Frauen suchte er mit allen Mitteln zurückzustellen. Seine These: Das Judentum lasse sich nur erhalten, wenn Juden sich bereit fänden, mit den Deutschen zusammenzuarbeiten und die Selektion der Todgeweihten selbst zu steuern. Er, Genns, war dazu bereit.


Kommandant der jüdischen Polizei in Wilna
Dessler Salek

nach 1945

Amtsgericht in Würzburg, 3. Februar 1950 und 21. September 1967
Kategorie: Massenvernichtungsverbrechen durch Einsatzgruppen
Angeklagte:
Hering August
Weiss Martin
Land, in dem die Straftat begangen wurde: Litauen
Tatort: ​​Wilna (Vilnius / Wilna), Ponary
Crime: September 1941 bis Juli 1944
Opfer: Juden Nationalität: Litauisch
Büro: Einsatzgruppen EK3a, Polizei Sipo Wilna
Verfahrensgegenstand: Misshandlung und individuelle Tötungen von Juden aus Wilna, sowie die Teilnahme an Massenerschießungen in Ponary von insgesamt mindestens 30.000 Juden aus dem Ghetto Wilna, die Lukischki Gefängnis und aus der Umgebung von Wilna.


Anerkennung von Ghetto-Beschäftigungszeiten im Ghetto Wilna
SG Speyer (S 7 RI 432/04)
Datum: 28.07.2006


Rechtsgrundlage nach 1945
Zwangsweiser Aufenthalt in einem Ghetto