Arbeitserziehungslager (Breitenau)

Gebiet
Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Schwalm-Eder-Kreis
Guxhagen liegt etwa 15 Kilometer südlich von Kassel zwischen den Naturparks Habichtswald und Meißner-Kaufunger Wald an der Fulda.

Einrichtungsdatum
28.05.1940
(Das AEL Breitenau wurde noch vor den Erlassen Himmlers vom Mai und Dezember 1941 über die Einrichtung von Arbeitserziehungslagern gegründet)

Im Mai 1940 errichtete die Gestapo Kassel unter dem Leiter Rudolph Korndörfer in Breitenau ein zentrales Arbeitserziehungslager für den gesamten Regierungsbezirk Kassel.

Anweisung des Reichsführeres SS und Chef der Deutschen Polizei vom 28. Mai 1941 an alle Staatspolizeistellen zur Einrichtung von Arbeitserziehungslagern

Das Arbeitserziehungslager wurde von der Gestapo Weimar mitbenutzt.
Außerdem diente es den Gestapostellen Kassel und Weimar zur Inhaftierung von deutschen Gefangenen, die überwiegend aufgrund ideologischer Verstöße verhaftet worden waren und bei denen teilweise Anträge auf Einweisung in Konzentrationslager liefen.
Während die meisten der ausländischen Gefangenen nach einer Haftdauer von ein bis zwei Monaten in Breitenau wieder zum Arbeitseinsatz in die Industrie oder in die Landwirtschaft kamen, wurden etwa ein Fünftel von ihnen durch die Gestapo in verschiedene Konzentrationslager deportiert. Dies geschah oftmals dann, wenn sie Sabotage oder aktiven Widerstand begangen hatten.

Etwa 8.500 ausländische und deutsche Gefangene waren dort im Verlauf des Krieges inhaftiert, wodurch das AEL Breitenau zur wichtigsten Gestapo-Haftstätte für ganz Nord- und Osthessen wurde. Insgesamt wurden durch die Kasseler Gestapo
etwa 1.300 ausländische Gefangene des AEL Breitenau in verschiedene Konzentrationslager deportiert.
Neben den über 6.000 ausländischen Gefangenen wurden von der Gestapo Kassel in das AEL Breitenau während des Krieges auch etwa 1.800 deutsche Gefangene eingewiesen (und etwa 200 von der Gestapo Weimar). Unter den inhaftierten Deutschen befanden sich auch etwa 100 Frauen, die aufgrund von Liebesbeziehungen mit polnischen Zwangsarbeitern verhaftet worden waren. Diese Beziehungen wurden vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Rasseideologie massiv verfolgt. Die Frauen wurden in den meisten Fällen in das Konzentrationslager
Ravensbrück deportiert, die polnischen Männer wurden in zahlreichen Fällen hingerichtet.
Weiterhin befanden sich unter den deutschen Gestapo-Gefangenen in Breitenau auch etwa 200 Juden und Jüdinnen. Sie waren vor allem verhaftet worden, weil sie sich nicht an NS-Verordnungen gehalten hatten, z. B. den Judenstern nicht getragen oder weiterhin Beziehungen zu christlichen Deutschen unterhalten hatten, die dann meist auch inhaftiert wurden.
Unter ihnen befand sich die jüdische Ärztin Lilli Jahn, Mutter des späteren Bundesjustizministers Gerhard Jahn, sie wurde am 30. August 1943 nach Breitenau gebracht und im März 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Bei sämtlichen Deportationen war das Referat II D (Schutzhaft) mit Kriminalinspektor und SS-Untersturmführer Ernst Sch. als Leiter eingeschaltet. Außerdem wurden auch hierbei andere Behörden als Hilfsorgane benutzt. So waren in die Deportationsabläufe das Polizeipräsidium in Kassel, die Bediensteten des Arbeitserziehungslagers Br eitenau, das Bürgermeisteramt Guxhagen, das Landratsamt in Melsungen als Kreispolizeibehörde, die Reichsbahn mit Gefangenenwagen und der Regierungspräsident für die Transportabrechnung einbezogen

Der Lageralltag war geprägt von Terror, Misshandlungen und Schikanen. Die Gefangenen mussten schwer arbeiten, viel hungern und hatten in den Wintermonaten extrem unter der Kälte zu leiden.

Am Gründonnerstag, dem 29. März 1945, wurde das AEL Breitenau schließlich aufgelöst und etwa 700 Gefangenen evakuiert. Zweihundert Gefangene wurden mit einem Zug in das Konzentrationslager Buchenwald verbracht und die meisten anderen unter Bewachung von Schutzpolizei in größeren Gruppen Richtung Nordosten geführt.
Dort verlieren sich ihre Spuren


Sammeltransporte in das Konzentrationslager Sachsenhausen gehen jeden Freitag um 04:32 Uhr ab

Lager

Hauptgebäude (Mittelschiff der ehemaligen Klosterkirche)
00.06.1943 - 25.08.1944 Hilfsgefängnis der Untersuchungshaftanstalt Kassel für weibliche Strafgefangene

1. Stock der Kirche (große Saal)
1944/45 französische Kriegsgefangene (Senegalesen)

Turm
Isolierzellen (dienten zur Einzelhaft und Strafverschärfung)

ehemaliges Klausurgebäude (nördlich vom Mittelschiff der Kirche) Frauenhaus
Schlafsäle und Zellen für Frauen und Jugendliche
Waschraum
Kleiderraum
Krankenrevier für 8 bis 10 Frauen

ehemaliges Klausurgebäude (nördlich vom Mittelschiff der Kirche) Dachstuhl
Nähwerkstatt
Nähstube

Küchengebäude
In der Küche befanden sich zwei Kessel mit 300 und ein Kessel mit 500 Litern Fassungsvermögen

ehemaliges Landarmenhaus, Keller
Luftschutzraum
(Im Keller existierte nach Aussage ehemaliger Gefangener ein speziell hergerichteter Strafraum)

ehemaliges Landarmenhaus, Parterre auf der rechten Seite (Sanitätsgebäude für Männer)
Sanitäts- und Arztzimmer
Männer Krankenrevier mit 6 Betten

ehemaliges Landarmenhaus, Erdgeschoss linker Teil
Schlafräume für männliche Gefangene

ehemaliges Landarmenhaus, erster Stock
Schlafräume für männliche Gefangene

ehemaliges Landarmenhaus, Dachgeschoß
Schlafräume für männliche Gefangene

Zellengebäude
27 Einzelzellen
(Eine Zelle war als Arrestzelle eingerichtet) 24 cbm

Wirtschaftsgebäude (Feldhaus) Parterre
Schreinerei
Schusterwerkstatt
Schneiderei

Wirtschaftsgebäude (Feldhaus) 1. und 2. Stock
Schlafräume für männliche Gefangene

nördlicher Anbau, Parterre
Wohnung des Melkermeister

nördlicher Anbau, 1. Stock
Wohnung des Gutsverwalter

Verwaltungsgebäude Adolf-Hitler-Straße (heute Brückenstraße) Parterre
Büroräume des Leiters und der Verwaltungsmitarbeiter

Verwaltungsgebäude Adolf-Hitler-Straße (heute Brückenstraße) 1. Stock
Wohnung des Leiters

Verwaltungsgebäude Adolf-Hitler-Straße (heute Brückenstraße) Dachgeschoß
zwei Wohnungen für Verwaltungsbedienstete

Eingang zum Verwaltungsgebäude und Lagerkomplex
neben dem überdachten Eingang Warteraum, in dem eingewiesene Gefangene auf ihre Registrierung in der Verwaltung warten mussten

Zehntscheune, Parterre links
Wohnung des Oberaufsehers und einige Büroräume

Zehntscheune, Parterre rechts
Schlaf- und Wohnräume des Altersheimes

Zehntscheune, 1. Stock
Schlaf- und Wohnräume des Altersheimes (bis Ende 1944)
Referate der Kasseler Gestapo (ab Ende 1944)

Alte Pforte
Aufseherdienstraum

Gutshof
Pferdestall,
zwei Schweineställe
Kuhstall
Scheune
Remise
Schmiede

Arbeits-Einheits-Massivbaracke
Arbeitskommando Firma C. Daum Nachf., Kassel

außerhalb des Anstalts- und Lagergeländes am Fulda-Ufer
Mühle
Anstaltsbäckerei

Häftlingskleidung und Verpflegung

Männer:
Sackleinenhose
graue Jacke
Holzpantinen
Barettmütze

Frauen:
Sackkleid aus grobem Stoff bzw. Hose zum Binden aus grau-braunem Sackleinen
Holzpantinen

Die Bekleidung war Bestandteil der Demütigung, der die Gefangenen ausgesetzt werden sollten.

Verpflegung:
Morgens
zwei Stücke Brot mit etwas Kaffee

Mittags und Abends
Grassuppe als Gemüsesuppe,
oder
Nudelsuppe ohne Nudeln
oder
Fleischsuppe ohne Fleisch

Aus einem Schreiben der inhaftierten jüdischen Ärztin Lilli Jahn geb. Schlüchterer aus Kassel
„Ich bin jedenfalls dankbar für all das, was ihr schickt, denn wir bekommen nur wenig zu essen, nie Butter, nie Fleisch, alle 14 Tage ein kleines Stückchen Wurst, immer nur Suppen, und sonntags ist es ganz schlimm. Da gibt es ½ 7 Uhr morgens ein Stück trockenes Brot und diese elende Kaffeebrühe, um 11 Uhr entweder eine dünne Suppe oder Pellkartoffel, Sauce und Gurke und um 4 Uhr wieder ein Stück trockenes Brot abwechselnd mit etwas Wurst oder einem Löffel Quark und dazu Kaffee und dann nichts mehr bis zum anderen Morgen.“

Außenkontakte

Briefverkehr, Erhalt von Paketen, Genehmigung von Besuchen waren auf ein Mindestmaß reduziert. Briefe an die Angehörigen durften nur alle vier Wochen geschrieben werden. Das Briefpapier mussten die Gefangenen sich selbst kaufen oder von ihren Angehörigen schicken lassen. Sämtliche Briefe, sowohl die ausgehenden als auch die eingehenden, wurden von der Verwaltung des Lagers zensiert.
Pakete und Päckchen durften nur in bestimmten Zeitabständen empfangen werden und waren grundsätzlich genehmigungspflichtig. Die Pakete mussten, wenn sie ausgehändigt wurden, im Beisein der Aufseher bzw. Aufseherinnen geöffnet werden. Dabei wurden bestimmte Dinge einbehalten. Ab Juli 1941 wurde den jüdischen Häftlingen und ab August 1941 den polnischen Gefangenen der Empfang von Paketen durch die Gestapo Kassel untersagt.
In einigen Fällen wurde es Angehörigen auf Antrag gestattet, die Gefangenen zu besuchen. Die Besuche mussten bei der Geheimen Staatspolizei Kassel beantragt werden.

hygienische Verhältnisse

Im Schweinestall wurden Schutzhäftlinge eingesperrt, zum Schlafen diente der blanke Boden und die Futtertröge dienten als Klosetts.

Im Juni 1944 brach aufgrund der Überbelegung und der mangelnden hygienischen Verhältnisse eine Fleckfieberepidemie aus,
in deren Verlauf mindestens zwei Gefangene und ein Lazarett-Aufseher in Breitenau starben.

Haftgründe

Die Haftgründe sagen etwas über die Lebensbedingungen der Verfolgten aus und über das Normensystem des NS-Staates

abfällige Äußerungen über die Regierung
Abhören ausländischer Sender
Arbeitsverweigerung
Arbeitsbummelei
Arbeitsbummelei im kommunistischen Sinne
Arbeitsunwilligkeit
Arbeitsunwilligkeit und widersetzliches Verhalten
Arbeitsvertragsbruch
Arbeitssabotage
Arbeitssabotage durch Widersetzlichkeit und bewußte Verhetzung seiner Landsleute

beschaffte sich unerlaubt Kartoffeln und Textilwaren
Beziehungen zu deutschen Juden

des Kartoffeldiebstahls dringend verdächtigt
durch Bombenabwurf obdachlose Volksgenossen nicht sofort aufgenommen

einen jüdischen Rasseschänder und Zuhälter begünstigt, so daß es diesem gelungen ist, sich seit 1935 dem Zugriff der Polizei zu entziehen

familiären Verkehr mit einer Jüdin
Fälschen einer Essensmarke
Flucht von der Arbeitsstelle
fortgesetzt gegen die Hausgemeinschaft ein asoziales Verhalten zeigt
freches und aufsässiges Verhalten
freundschaftliche Beziehungen zu Deutschblütigen

grundlos mehrere Scheiben ihres Arbeitgebers zertrümmerte und sich unerlaubt von der Arbeitsstelle entfernte

in der Öffentlichkeit ohne Judenstern gezeigt

Liebesbeziehungen zwischen deutschen und osteuropäischen Männern und Frauen

ohne Ausweispapiere aus einem jüdischen Durchgangslager geflüchtet

Kartenlegen

Rasseschande
rasseschänderische Beziehungen zu deutschen Männern
renitentes Verhalten

sie gehören den Internationalen Bibelforschern (Zeugen Jehovas) an
staatsfeindliche Äußerungen
staatsfeindliche Umtriebe
stärkt den Widerstandsgeist der Polen durch tendenziöse und gehässige Nachrichten
sittlich verwahrlost
Speichern von Hamsterwaren in der Wohnung

unerlaubte Einreise nach Deutschland
unerlaubtes Verlassen der Arbeitsstelle
unerlaubter Arbeitsplatzwechsel
Ungehorsam und Widersetzlichkeit
unerlaubter Verkehr

Verdacht der Aufwiegelung anderer
Verdacht des Abhörens ausländischer Sender
Versuch, polnische Arbeiter zum Ungehorsam zu verleiten
verbotene Beziehungen
Verkehr mit Polen
Vorbereitung zum Hochverrat

Widersetzung von Anordnungen und Störung des Arbeitsfriedens

Täter

Täter und Verantwortliche der Verbrechen im Zusammenhang des AEL

Kriminalrat
Alboldt Walter
* 04.06.1898 in Berlin-Spandau
Referatsleiter im Referat II E Gestapo Kassel

amtierender Bürgermeister und stellvertretender Ortsgruppenleiter der NSDAP in Immenhausen
Groß Karl
mitverantwortlich für die Einweisung der jüdische Ärztin Jahn Lilli (Zilli) geb. Schlüchterer

SS-Sturmbannführer und Regierungsrat
Korndörfer Rudolf

SS-Sturmbannführer und Regierungsrat
Lüdcke Karl Dr.

Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer
Mamsch Erich
* 05.12.1901 in Berlin
nach 1945 an Polen ausgeliefert
Leiter des Referats II B 4 (Judenreferat) Gestapo Kassel

Nedwed Max Dr.

Regierungsrat und SS-Sturmbannführer
Marmon Franz

Kriminalrat
Altekrüger Otto

Polizeipräsident und Gestapostellenleiter Kassel
von Pfeffer Fritz


Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer
Wiegand Erich
Referatsleiter im Referat II E Gestapo Kassel

SS-Obersturmführer und Kriminalkommissar
Wilimzig Georg

Kriminalkommissar
Engels Erich

Klimmer Heinrich

Korndörfer Rudolf
Gestapostellenleiter

Kriminalobersekretär
Hellwig Christian
* 1899
Sachbearbeiter im Referat II B 4 (Judenreferat) Gestapo Kassel

Kriminalsekretär und SS-Sturmscharführer
Hoppach August
* 1905
Sachbearbeiter im Referat II B 4 (Judenreferat) Gestapo Kassel

Kriminalinspektor und SSObersturmführer
Schadt Ernst
Leiter Abteilung IV 1c Gestapo Kassel

Provinzialgüterdirektor und kommissarische Leiter der Landesarbeitsanstalt
Sauerbier Georg
* 10.07.1886 in Butzbach

Kriminalkommissar und SS-Obersturmführer
Unruh Ottomar
* 14.11.1913 in Insterburg
Referatsleiter im Referat II E Gestapo Kassel

Kriminalangestellten
Wöhlecke Werner
* 1904 in Kassel
Mitarbeiter im Referat II B 4 (Judenreferat) Gestapo Kassel

1. Oberaufseher
Vorgesetzter sämtlicher Aufseher und regelt die Arbeitseinteilung

2. Oberaufseher
vertritt den 1. in dessen Abwesenheit und verwaltet die Kammer, Naturalien und Materialien
Wolfram Karl

1. Oberaufseherin

2. Oberaufseherin

Aufseher
Assmann August

Hilfsaufseherin
Kranz Elisabeth
starb etwa eine Woche nach Auflösung des Lagers an Fleckfieber


Aufseher und Hilfsaufseher kamen fast ausschließlich aus der unmittelbaren Nachbarschaft
Breitenau
Guxhagen
Röhrenfurt
Wollrode
Dennhausen
Neuenbrunslar
Ellenberg
Grebenau
Albshausen
Beiseförth
Melsungen

Insgesamt bestand die Wachmannschaft am Kriegsende aus 38 Aufsehern und Aufseherinnen und vier Oberaufsehern bzw. Oberaufseherinnen

Dienstkleidung der männlichen Aufseher
Die Dienstkleidung war eine Uniform aus grünem Tuch, ähnlich derjenigen der Wehrmacht. Sie unterschied sich von den Soldaten nur durch eine andere Anordnung der Spiegel und der Schulterstücke. Die meisten Aufseher trugen lange grüne Hosen und Schnürschuhe, einige Breecheshosen und lange Stiefel

Bewaffnung der männlichen Aufseher
Die männlichen Aufseher waren bei der Bewachung von Arbeitskommandos mit Karabinern bewaffnet. Innerhalb des Lagers wurden keine Waffen getragen, lediglich die Nachtwache
war mit einer Pistole bewaffnet.

Namensliste von Opfer

Liste ist nicht vollständig

Baida Wasil (Landarbeiter)
* 10.12.1909 in Shitomir
+ 22.03.1944 an Gelbsucht mit Herzschwäche


Behr Rosa
* 08.11.1913 in Frankfurt am Main

Bettinghausen Johann (Schreiner)
* 23.01.1888 Wenigenhasungen/Wolfhagen
+ 22.08.1961 in Büdingen i.H.
Wohnort: Wenigenhasungen/Wolfhagen
Wohnort nach 1945: in Frielendorf
vom 10.10.1933 bis 01.11.1933 in Breitenau inhaftiert
Haftgrund: wegen des Verdachts, daß er zersetzend im kommunistischen Sinne wirken würde
vom 17.11.1933 bis 20.11.1933 in Breitenau inhaftiert
Haftgrund: wegen des Verdachts, daß er zersetzend im kommunistischen Sinne wirken würde
vom 20.11.1933 bis 00.09.1934 im KZ Esterwegen und KZ Lichtenburg inhaftiert
23.06.1936 durch OLG Kassel wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Bettelns zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt
vom 06.05.1938 bis 04.04.1939 in Arbeitserziehungslager für deutsche und ausländische Zwangsarbeiter Breitenau inhaftiert
1941 durch OLG Kassel wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt
bis 05.04.1945 Strafanstalt Kassel-Wehlheiden
Flucht von einem Transport

Bielozobodow Basil
* Litauen
+ 21.04.1943 an „Krämpfe“ (Aussage durch den Lazarettaufseher des Lagers)
begraben Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen
Bielozobodow war sechs Tage vor seinem Tod von Fulda nach Breitenau eingewiesen worden. Ein Haftgrund ist nicht bekannt, möglicherweise war er wegen tätlichen Widerstands verhaftet worden. So ist sein Transportzettel von Fulda nach Breitenau mit „Vorsicht!“ überschrieben.

Blaszczak Marcin

Blisnjuk Iwan

Boutheon Jean


Braal Frans

Bracht Jean-Heinrich (aus Kassel)

Brunke Thaddäus (katholischer Ordensgeistlicher)
April 1941 von Breitenau nach Dachau deportiert

Brunke Wilhelm

Brusnik Nikola (Landarbeiter)
* 14.08.1910 in Wrbluschka
+ 22.11.1943 an Herzschwäche

Ciesla Viktoria
1942 im AEL Breitenau inhaftiert

Chantil Nikolai (Landarbeiter)
* 11.03.1926 in Metriwka
+ 17.12.1943 an Grippe

Clément Bernhardt (Radioelektriker)
* 22.11.1914 in Limpiville
+ 15.01.1945 an Herzschwäche bei Angina Pectoris

Cousin Emil (Maler)
* 24.08.1903 in Namur
+ 29.06.1944 an Hirnhautentzündung

Czaropka Petro (Arbeiter)
* 13.01.1903 in Makilon
+ 14.02.1945 an Nierenentzündung, Herzschwäche
ehem. Gefreiter der roten Armee
Grab 269 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Dalberg Julius (Jonas)
* 21.05.1882 in Essentho

Dehm Firmin (katholischer Ordensgeistlicher)

de Loor Johannes (Autoschlosser)
* 07.05.1924 in Amsterdam
+ 09.05.1944 an Lungen-TBC und Herzschwäche

Dufour André
* 1919 in Paris
+ 13.07.1944 in Breitenau an Fleckfieber

Eichhorn Markus (Marcus Moshe Max)
* 06.11.1885 in Richelsdorf

Enschoten Jan

Feibelmann Emma (Erna)
* 01.07.1884 in Schweinsberg

Finkenstein Kurt
* 27.03.1893 in Straßburg

Frankowski Henryk
* 1919 in Warschau
+ 11.08.1944 im Ausländerkrankenhaus Friedewald an Tbc

Fröhlich Kathinka

dep. 15.05.1941 ab Breitenau nach Konzentrationslager Ravensbrück
+ 14.05.1942 Konzentrationslager Ravensbrück


Gerau Martha
* 08.08.1879 in Hildburghausen

Goldschmidt Emil
* 06.03.1879 in Melsungen

Gorzinski Theodor
* 29.05.1872 Kulmsee
+ 28.02.1942 Arbeitserziehungslager Breitenau
Grab 273 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Grimmelikhuijsen Antonius
* 1925

Grüneisen René


Gutmann Leopold
+ 24.01.1942 Konzentrationslager Sachsenhausen

Handa Wassili (Arbeiter)
* 12.04.1926 in Nikolajewska
+ 03.02.1945 an Herzasthma u. Herzschwäche
Grab 292 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Heilbronn Julius
* 19.11.1897 in Falkenberg
+ 03.06.1942 Vernichtungslager Sobibor (einige Quellen geben fälschlich Theresienstadt an)
dep. 01.06.1942 Kassel - Sobibor
nicht zu verwechseln mit Heilbronn Julius aus Falkenberg in Oberschlesien

Hendrikse Dolf

aus der Niederlande

Himmelstern Max (Marcus Markus)
* 12.05.1877 in Beverungen

Jakiel Stefan (Gärtner)
* 11.01.1912 in Tschernotschin
+ 15.08.1944 Herzschwäche
Grab 287 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Jakiel Stefan
* 1912
+ 15.08.1944 an Fleckfieber

Jaskuowski Jan (Gärtner)
* 27.12.1893 in Zdunskawolle
+ 06.01.1944 Diphtherie
Grab 241 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Joerg Paul

Jörg Philipp


Jurkiewicz Josef
+ Bad Hersfeld
in der Nähe von Bad Hersfeld von der Gestapo erhängt, weil er eine Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau gehabt hatte

Kaczurek Henryk
* 14.12.1922
+ 20.08.1941
Grab 275 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Kaiser Josef
* 17.07.1869 in Hoof

Katten Ferdinand
* 02.07.1893 in Ober Asphe

Klein Maurice (Autoschlosser)
* 09.02.1911 in Chat Noir
+ 11.06.1944 an Pleuritis u. Herzschwäche


Knoth Lina (jüdischer Mischling)

Korn Salomon
* 09.11.1869 in Wolfhagen

Kudelko Clemens
* 13.12.1868 Rade
+ 25.04.1942 Arbeitserziehungslager Breitenau
Grab 272 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Kugelmann Betti
* 31.05.1884 in Willingshausen

Kugelmann Josef (Joseph)
* 13.05.1877 in Fritzlar

Küllmer Karl

Lapp Hilde

Lazuczonok Theodor
* 04.05.1920 Malzki
+ 28.12.1944
Grab 290 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Lencki Zygmunt (Landarbeiter)
* 26.11.1911 in Kolmsee
+ 12.10.1942 in Breitenau an Beiderseitige Mittelohrentzündung mit Gehirnabzeß
Zygmunt Lencki war zum Zeitpunkt seines Todes bereits über ein Jahr in Breitenau inhaftiert. Seine Einweisung erfolgte am 21. Oktober 1941. Zwei Tage vor seinem Tod, am 10.10.1942, stellte der Anstaltsarzt Dr. O. eine handschriftliche Überweisung für Lencki in das Stadtkrankenhaus in Kassel zur Behandlung der Mittelohrentzündung aus. Ausdrücklich heißt es darin, dass sofortige Überführung mit dem Sanitätsauto erforderlich sei. Da Zygmunt Lencki am 12.10.1942 in Breitenau gestorben ist, könnte es sein, dass die Überweisung ins Stadtkrankenhaus nicht durchgeführt wurde und er die dringend benötigte Behandlung nicht erhielt. Lencki wurde am 15.10.1942 auf dem Anstaltsfriedhof beerdigt

Levit Heinz (Ludwig)
* 12.11.1912 in Berlin-Schöneberg

Ignaszewski Kazimir
* 04.03.1923 in Lodz
+ 21.03.1942 im Stadtkrankenhaus Kassel
Ignaszewski Kazimir war am 20.03.1942 wegen schwerer Gehirnerschütterung und Verdacht auf Schädelbruch mit Blutungen im Gehirn vom Lager Breitenau ins Stadtkrankenhaus Kassel überführt worden war. Ignaszewski war beim Holzfällen von einem umstürzenden Baum gestreift und dabei schwer verletzt worden.

Luba Stefan

Lutze Robert
aus Mittelbuchen bei Hanau

Maciol Johann
* 20.06.1874 Kontny
+ 22.04.1941 Arbeitserziehungslager Breitenau
Grab 269 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Maximenko Haurilo (Fabrikarbeiter)
* 13.07.1900 in Wisunsk, Krs. Nikolajewsk
+ 19.07.1944 an Ileus, Herzstillstand

Miachowiak Kazimierz

Mondschein Hermine

Monsieur Marinus

Morang Eduard
* 18. 11.1922 in Tschenstochau
+ 03.12.1944 Todesursache Sturz vom Dach / Halsverletzung
Der Aufseher Heinrich F. berichtete im späteren Spruchkammerverfahren gegen Sauerbier von einem Gefangenen, der nachts bei einem Fluchtversuch vom Dach auf die Steine gefallen sei und sich dabei „die Gurgel durchgeschnitten“ habe. F. habe in dieser Nacht Dienst gehabt. Er habe es gesehen und weiter gemeldet, woraufhin Sauerbier veranlasst habe, dass der Mann nach Melsungen ins Krankenhaus kam. Möglicherweise handelte es sich bei diesem Verletzten um Eduard Morang, der an den Folgen starb.
Grab 238 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Munièr George (französischer Geistlicher)

Munik Wilhelm (Transportarbeiter)
* 21.12.1923 in Amsterdam
+ 03.05.1944 an Herzschwäche


Owsienko Schura

Papillon Alfred (Koch)
* 14.03.1885 in St. Marie-La-Robert
+ 03.02.1944 Lungenentzündung und Herzschwäche
Alfred Papillon war vor seiner Verhaftung bei der Firma Henschel in Kassel zwangsverpflichtet. Seine Einweisung in das AEL Breitenau erfolgte am 06. Januar 1944

Pasetschnik Gerasim (Eisenbahnarbeiter)
* 03.03.1907 in Nowoandrejewka, Bez. Kirowograd
+ 15.05.1944 an Herzschwäche


Paul Erna

Penkowa Alexandra

Petri Anna
* Ukraine

Plaut Emil
* 20.01.1871 in Frankenau

Polednik Albert
+ 19.03.1942 von der Gestapo erhängt

Popielec Michel (Landarbeiter)
* 02.08.1923 in Descowicza
+ 26.04.1944 an Herzschreck

Prekulis Josef (Melker u. Schäfer)
* 02.12.1883 in Gnesen
+ 11.05.1944 an Herzschwäche bei Asthma
Grab 291 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Reinhold Otto
aus Crumbach/Lohfelden

Rosenberg David
(polnischer Jude)

Rosener Josef

Sax Anni

Schaumberg Siegfried
02.10.1942 bis 31.03.1942 in Breitenau inhaftiert
dep. 31.03.1942 Konzentrationslager Dachau
+ 09.09.1942 Konzentrationslager Dachau

Schnitzler Sophie
+ 26.12.1942 Konzentrationslager Auschwitz

Schoenmaker Pieter

Schreck Henry
aus Frankreich

Schwarz Franziska
* 19.08.1888 in Heckholzhausen

Sedorka Anastasia (Landarbeiterin)
* 10.11.1904 in Macknow Bez. Lemberg
+ 28.02.1945 an Magencarcinom
Anastasia Sedorka war insgesamt drei Mal im AEL Breitenau inhaftiert:
vom 01. Dezember 1943 bis zum 25. Januar 1944
vom 02. Februar bis zum 5. April 1944
vom 01. Februar 1945 bis zu ihrem Tode

Smilkowa Soja (Handarbeiterin)
* 17.04.1925 in Leningrad
+ 28.05.1944 an Herzschwäche bei Lungenentzündung


Snijder Cornelis

Speier Herman (Hermann)
* 01.12.1880 in Fritzlar

Speier Susmann
* 19.11.1870 in Züschen

Starwojtow Fedor (Fabrikarbeiter)
* 01.01.1901 in Kalinkovici bei Gomel
+ 14.09.1944 Kreislauf- und Herzschwäche

Stern Sally (Samuel)
* 22.06.1885 in Ober Asphe

Strauß Nathan
* 21.10.1874 in Rothenkirchen

Swierszynski Stefan
* 03.08.1923 in Promutka
+ 03.07.1944 im Ausländerkrankenhaus Friedewald an Flecktyphus

Tarassjuk Siergej
* unbekannt
+ 30.03.1945 ermordet
Grab 227 Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen
Am 30.03.1945 wurde Tarassjuk und seine Mithäftlinge auf Befehl des Kasseler Gestapostelenleiters Franz Marmon von SS-Leuten durch Kopf- und Genickschüsse ermordet. Ein Tag später war der Krieg in Guxhagen beendet, das Arbeitserziehungslager befreit.

Tannenbaum Lehmann
* 16.06.1871 in Wanfried

Tiffon André

Tietz Willi-Hermann (Kaufmann)
* 30.07.1885 in Driesen
+ 23.04.1944 an Herzmuskelschwäche

Tietz Horst (Prof. Dr.)
+ 28.01.2012
1944 gemeinsam mit seinen Eltern in Breitenau inhaftiert
von dort in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Eine Stunde vor seinem Abtransport nach Buchenwald starb sein Vater in seinen Armen, und seine Mutter, die einen Tag zuvor von Breitenau in das KZ Ravensbrück deportiert worden war, fand dort bereits sechs Wochen später den Tod.

Thomas Heinrich (Landwirt)
Kreis Ziegenhain

van Geilswijk Geradus Nikolaas
* 25.06.1904
+ 05.05.1944 bei einem Arbeitseinsatz in Heiligenrode
In Heiligenrode befanden sich mindestens zwei Außenlager.
Zwischen 1940 und 1945 waren in der Gaststätte "Zum Niestetal" rund 100 belgische und holländische Zwangsarbeiter untergebracht, die in den Junkerswerken in Bettenhausen arbeiten mussten.
Zwischen 25 und 30 Gefangenen aus dem Arbeitserziehungslager Breitenau wurden in den 1943 und 1944 in einem Lager in Heiligenrode untergebracht. Hierfür für die alte Schule genutzt. Die Häftlinge wurden zur Erntearbeiten in der Landwirtschaft und bei Waldarbeiten eingesetzt.


van Oosten Hermann (Gärtner)
* 26.08.1923 in Hoek (Niederlande)
+ 15.05.1944 an Nasen- und Rachendiphtherie


van der Vlies Jan
Niederlande

Wertheim Sigmund (Simon)
+ 25.02.1942 Konzentrationslager Sachsenhausen

Wesolewski Tadeusz
+ 20.09.1941 ("Selbstmord", in seiner Zelle erhängt)
Der sofort hinzugezogene Anstaltsarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Die Leiche wurde der Anatomie Marburg zur Verfügung gestellt. Im Leichenbuch der Anatomie ist Tadeusz Wesolewski unter dem 23. September 1941 eingetragen. Sein Tod wurde im Jahresbericht der Anstalt für das Jahr 1941 erwähnt: „Ein Schutzhäftling hat Selbstmord verübt, 1 weiterer
Schutzhäftling ist durch einen Unglücksfall verstorben."

Zandberg Rebekka
* Polen

Zimmermann Hans (Pfarrer aus Kassel-Betttenhausen)
Juli bis September 1941 in Breitenau inhaftiert

Zollner Karl



Häftling Cosmann Lorenz

Die nationalsozialistischen Behörden wurden aufgrund einer Denunziation auf ihn aufmerksam.
Im Februar 1943 erschien die Hausgehilfin Maria Spiegel bei der Gestapo und gab zu Protokoll: Sie sei eines Morgens in die Wohnung ihrer Arbeitgeberin gekommen, die verreist war. Es habe eine "verheerende Unordnung" geherrscht, 20 bis 30 leere Weinflaschen hätten auf dem Küchentisch gestanden, und auf den Sofas und in den Betten hätten junge Leute geschlafen. Der Sohn des Hauses, der damals gerade 22 Jahre alt gewordene Cosmann, hatte offensichtlich ein Faschingsfest gefeiert und mit seinen Freunden "bis zum Morgen gesoffen". Wenn schon dies der Gestapo kurz nach dem Debakel in Stalingrad verdächtig vorkommen mußte, so noch mehr die Anschuldigungen, die das Dienstmädchen weiter vorbrachte:
"Beim Aufräumen des Wohnzimmers habe ich mehrere auf dem Tisch liegende Zettel vorgefunden. Auf den einzelnen Zetteln war der Führer, Reichsmarschall Göring, Dr. Goebbels, Mussolini und Roosevelt mit Bleistift gezeichnet. Wer die Zeichnungen gefertigt hat, kann ich nicht sagen. Auf der Zeichnung des Führers stand unten mit Bleistift geschrieben folgender Vermerk: 'Das ist unser Untergang! Lorenz Cosmann'. Am unteren Rand der Zeichnung des Roosevelt stand ebenfalls mit Bleistift geschrieben: 'Soll leben!'. Die Zeichnungen des Reichsmarschalls Göring, Dr. Goebbels und Mussolini waren mit Vermerken in fremder Sprache versehen."
Als das Dienstmädchen später von Cosmann erfuhr, daß er "Halbjude" war, beschloß sie, ihn zu denunzieren. Sie schnüffelte ihm hinterher, überprüfte sein Bett nach Spuren von Geschlechtsverkehr und notierte sich regimefeindliche Äußerungen, die er ihr gegenüber gemacht hatte. Auf ihre Denunziation hin ließ die Gestapo Cosmann und sechs seiner engeren Freunde sowie andere nur mittelbar beteiligte Personen mehrmals vernehmen. Cosmann kam in Untersuchungshaft. Die jungen Leute mußten zugeben, daß sie in den letzten Wochen bei mehreren Gelegenheiten gefeiert, sich zum Teil maskiert und dabei auch getanzt hatten. Die Gestapo stellte Strafanzeige gegen Cosmann, da sie gegen ihn als "Halbjuden" am leichtesten eine Handhabe hatte:
"Weiter wurde festgestellt, daß Cosmann in echt jüdischer Weise die Zechgelage für sich zu seiner geschlechtlichen Befriedigung ausgenützt hatte. Ein strafbarer Tatbestand ist in diesem Falle zwar nicht gegeben, jedoch ist der Geschlechtsverkehr zwischen Halbjuden und Deutschblütigen nicht erwünscht und wird mit staatspolizeilichen Maßnahmen geahndet. Das Verhalten des Halbjuden Cosmann, insbesondere die Bemerkung auf der Zeichnung des Führers, die Veranstaltung der Zechgelage mit dem Motto 'Fasching in Schwabing' zu einer Zeit, in der im Osten unsere Soldaten, namentlich die der VI. Armee auf Leben und Tod kämpfen, muß als verwerflich bezeichnet und kann nicht hart genug beurteilt werden."
In der wichtigsten Sache hielten die Freunde Cosmanns dicht: Sie bestanden darauf, daß niemals politische Gespräche geführt und keine Karikaturen von Hitler oder Goebbels angefertigt worden seien. Als es nach Monaten Cosmanns Mutter gelang, frühere Arbeitgeber der Denunziantin herbeizuschaffen, die bescheinigten, daß es sich um eine "lügnerische", "rachsüchtige" und "unzuverlässige" Person handele, wurde das Verfahren eingestellt.
Was die Gestapo ahnte, aber nicht beweisen konnte: Die Freunde trafen sich oft und waren sich völlig einig in der Ablehnung des NS-Regimes - nicht so sehr aus einem konkreten politischen Bewußtsein heraus als aus einem Gefühl für die Verlogenheit und Borniertheit der nationalsozialistischen Parolen. Bei ihren Faschingsfesten wurden die selbstgemalten Karikaturen von Nazi-Größen, die das Dienstmädchen auf dem Wohnzimmertisch gesehen hatte, als Wandschmuck verwendet. Aus Provokationslust begingen sie Streiche, die manchmal durchaus eine politische Stoßrichtung hatten: Im Winter 1942/43 demolierten sie mehrmals nachts während der Verdunkelung die Auslagen der Stürmer-Kästen und verstreuten Flugblätter, die zum Sturz der Hitler-Regierung aufriefen. Bei anderen Gelegenheiten produzierten sie auch Flugblätter dadaistischer Art mit Texten wie: "Warum haben Sie eigentlich keine schönere Frau? Es laufen doch genug herum! Na also!". Cosmanns Freunde Franz Geiger und Hans Brückner hatten eine besondere Vorliebe für absurd-komische Aktionen, die die Nationalsozialisten ärgern sollten: So stellte sich Brückner einmal in einer SS-Uniform mit einem Fleischermesser zwischen den Zähnen grimassierend an ein Fenster, um die draußen vorbeigehenden Leute zu erschrecken, und Geiger hielt die Wette, daß er splitternackt von seiner Wohnung in der Franz-Joseph-Straße bis zum Eingang des Englischen Gartens und zurück laufen könne, ohne daß ihm etwas passiere. Auch führten die Freunde eine Art Chronik mit dem Tarntitel "Wilhelm Busch", in der sie neben Zeichnungen und albernen Sprüchen auch Spottgedichte auf den Nationalsozialismus niederlegten:

"Wenn irgendwo das freie Wort verboten,
Und wenn die Dummheit schönste Früchte trägt;
Wenn in den Ämtern dummfreche Heloten
Ein blödes Schlagwort für das Volk geprägt;
Wenn die Gerechtigkeit zurechtgebogen,
Und ein Freund Großmaul große Reden schwingt,
Kann man vom Volk, das man erst ausgezogen,
nicht noch verlangen, daß es fröhlich singt.

Nevertheless: we sing still!"

Der glimpfliche Ausgang, den das Verfahren vor dem Sondergericht für Cosmann nahm, täuscht. Bereits vor der Denunziation durch das Dienstmädchen war er in Haft gewesen: Er hatte im August 1942 für seinen Vater, der als "Volljude" deportiert werden sollte, einen Fluchtweg über die grüne Grenze in die Schweiz erkundschaften wollen und war dabei gefaßt worden. Der Vater kam nach Theresienstadt und von dort nach Auschwitz, wo er ermordet wurde. Lorenz Cosmann saß wegen "Paßvergehens" drei Monate im Gefängnis - nur der Anfang einer langen Odyssee durch verschiedene Gefängnisse und Lager des Reichs. Die zehn Wochen Freiheit im Winter 1942/43, als er mit seinen Freunden Feste feierte und Flugblätter verteilte, waren nur ein kurzes Intermezzo: Denn nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft im Herbst 1943 internierte man ihn sofort in einem Lager für "Halbjuden". Von dort floh er im August 1944 zu seiner Freundin nach Marburg. Er wurde nach wenigen Tagen verraten, von der Gestapo festgenommen und in ein Außenlager Buchenwalds verbracht. Er unternahm im Dezember 1944 einen weiteren Fluchtversuch, der zunächst auch glückte. Doch schließlich verließen ihn die Kräfte, und er mußte sich einer SS-Wache stellen. Zurück in Buchenwald, sollte er eigentlich sofort gehängt werden. Doch die illegale Lagerleitung rettete ihn vor dem Galgen und versteckte ihn in einem Außenkommando. Er gehörte, schwerkrank und auf 40 Kilo abgemagert, zu den 21 000 überlebenden Häftlingen Buchenwalds, die die amerikanischen Truppen am 11. April empfingen. Nach dem Krieg fand Lorenz Cosmann nie mehr in die Normalität zurück. Enttäuscht wandte er sich in den 60er Jahren ganz von der Bundesrepublik ab und zog in die DDR.

Seine Zeiz in Breitenau und seine Flucht
Lorenz Cosmann war am 15. Dezember 1944 als so genannter „Halbjude“ in das AEL Breitenau eingewiesen worden, weil er aus einem Arbeitslager der Organisation Todt in München, in dem er Zwangsarbeit verrichten musste, geflohen war. Bereits fünf Tage später unternahm er gemeinsam mit dem französischen Gefangenen Jean Boutheon einen Fluchtversuch. Als sie bei Außenarbeiten Gräben ziehen mussten, flohen sie in Richtung der Fulda und versteckten sich zunächst unter einer Brücke. Um nicht gesehen zu werden, schwammen sie durch die Fulda – und das am 20. Dezember 1944. Im Hauptaufnahmebuch ist für diesen Tag unter Lorenz Cosmanns Eintrag „entw.“ verzeichnet. Verfroren und durchnässt brachen sie auf dem Weg nach Kassel ein Schrebergartenhäuschen auf, um nach Stoffen oder Decken zu suchen und sich damit abtrocknen und aufwärmen zu können. Auf ihrem weiteren Weg gelangten sie in Ihringshausen an eine Fußgängerüberführung über die Eisenbahnlinie, an der sie von Polizeibeamten entdeckt und verfolgt wurden. Lorenz Cosmann lief um sein Leben, und da er bessere Schuhe anhatte als Jean Boutheon, konnte er die Treppen der Überführung schneller hinauf rennen. Als er oben angekommen war, fuhr gerade ein Güterzug unter der Überführung durch, auf den Lorenz Cosmann aufsprang und so seinen Verfolgern entkommen konnte. Jean Boutheon wurde noch am Fuße der Überführung verhaftet und in das AEL Breitenau zurückgebracht. Im Hauptaufnahmebuch ist er am 19. Januar 1945 als entlassen eingetragen. Lorenz Cosmann wurde kurze Zeit später auf seiner weiteren Flucht von der Bahnschutzpolizei in Gera verhaftet und anschließend zur Gestapostelle Weimar überführt.
Von dort kam er in das Konzentrationslager Buchenwald und musste dann drei Monate in einem Steinbruchkommando bei Arnstadt arbeiten. Am 11. April 1945 wurde er in Buchenwald befreit.

Cosmann Lorenz verstarb am 22.02.2012

Häftling Léger Eugène

Widerstandsgruppe L.F.K.
Am 23. März 1944 schlossen sich die Widerstandsorganisationen 'Letzeburger Patriote Liga' (LPL), 'Letzeburger Ro’de Le’f' (LRL) und 'Letzeburger Volléks-Legio’n' (LVL) zur 'Unio’n vun de Letzeburger Freihéts-organisation’nen' zusammen, welcher am 1. September 1944 auch die 'Letzeburger Freihéts-Bewegong' (LFB) beitrat. Sehr früh arbeitete die 'Union' ein eigenes Nachkriegsprogramm aus. Sie befürwortete als Staatsform eine parlamentarische Monarchie und wünschte sich "eng nationalistesch Letzeburger Volleksregirong." Des weiteren sollte Luxemburg eine neue "Verfassong no chrestlech-soziale Grondsätz" erhalten, und sie forderte "e Parlament, dat aplatz aus Parteien, aus de Berufsstänn gewiélt get." Grundsätzlich stellte die 'Union' aber klar: "Keng Revolution’n, ké Staatsstrêch, ma Gebraucg vun onsem Recht LETZEBURG nei opzebauen." Deshalb wollte die ‘Union’ an der Befreiung Luxemburgs mitwirken und am Wiederaufbau des Landes beteiligt werden. Sie verlangte, in den wichtigsten Entscheidungsgremien vertreten zu sein.

Madeleine Weis-Bauer ist Mitglied der Widerstandsgruppe L.F.K. („Lëtzebuerger Fräiheetskämpfer“). Ihre Hauptaufgabe ist die Beschaffung von französischem Geld für steckbrieflich gesuchte Widerstandskämpfer und andere junge Luxemburger, die in Südfrankreich untertauchen wollen. In Luxemburg ist damals die Reichsmark die einzige Währung und auf Devisenschmuggel steht die Todesstrafe. Als die führenden Köpfe der L.F.K. verhaftet und hingerichtet werden, bietet der Fluchthelfer Eugène Léger Madeleine an, sie heimlich über die Grenze nach Frankreich zu bringen. Sie werden jedoch an die Gestapo verraten und verhaftet. Madeleine Weis wird in verschiedene deutsche Gefängnisse verschleppt und arbeitet unter anderem in einer Waffenfabrik, wo sie Granaten herstellt und die Gelegenheit zur Sabotage nutzt. Später kommt sie in das Frauen-KZ Ravensbrück und von dort aus in die Hölle des Lagers Bergen-Belsen, wo sie von den Engländern befreit wird.

05. Oktober 1944
Am 5. Oktober 1944 fliehen die drei luxemburgischen Gefangenen René Grüneisen, Eugène Leger und Johann L., die am 29. September 1944 in Breitenau inhaftiert wurden, nachdem sie in Luxemburg wegen des Verdachts auf Widerstandstätigkeit verhaftet worden waren. Über eine Haftstätte in Wittlich und das Zuchthaus Ziegenhain gelangten sie in das Arbeitserziehungslager Breitenau. Dort wurde ihnen am Tag nach ihrer Einweisung mitgeteilt, dass sie nochmals von der Gestapo Kassel verhört werden sollten, da keine Papiere von ihrem Verhör durch die Gestapo in Luxemburg vorhanden waren. Wie René Grüneisen in seinem Brief schrieb, wusste die Gestapo bisher nicht, dass Eugène Leger dem französischen Geheimdienst angehörte und er selbst Mitglied einer luxemburgischen Widerstandsbewegung war. Aus diesem Grund beschlossen sie, gemeinsam mit Johann L. einen Fluchtversuch zu unternehmen:
„In einem Nebenzimmer unserer Schlafstelle bereiteten wir unsere Flucht vor. Die Eisengitter vor dem Fenster im 3. Stock des Mittelschiffs der Kirche, dem so genannten Hauptgebäude, bogen wir mit einem Holzhebel auseinander, bis Johann L. hindurch klettern konnte, denn er war der dickste von uns dreien. Im Treppenhaus hing ein Hanfseil bei den Feuerwehrschläuchen. Es hatte genau die Länge, um vom Fenster in den Garten zu reichen. In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober gegen 1 Uhr führten wir die Flucht aus. Wir ließen uns an dem Seil herunter in den Garten. Dort nahmen wir eine Leiter, die neben der Mauer lag, stellten sie dagegen und kletterten alle drei hinauf. Die Mauer war 3 Meter hoch; so lang war auch die Leiter. Dann zogen wir die Leiter hoch, stellten sie auf die andere Seite gegen die Mauer und stiegen herunter. Dann machten wir uns auf den Weg der Freiheit in Richtung Homberg. Auf der Landstraße nach Homberg mußten wir uns, um nicht gesehen zu werden, oft in den Graben neben der Straße legen, weil dauernd Patroullien mit Blendlicht vorbeifuhren. Gegen morgen, als es hell wurde, suchten wir Unterschlupf im Walde vor Homberg, um uns etwas auszuruhen. Gegen Mittag wollten wir über Homberg weiter marschieren. Aber im Wald ging unser Traum zu Ende. Plötzlich tauchten Wehrmachtssoldaten und eine Gruppe von Hitlerjungen auf. Sie wollten dort zusammen Kriegsübungen durchführen. Da wir hinter einem ganz dicken Baum versteckt lagen, konnten sie uns nicht gleich sehen, und wir beschlossen, uns zu entfernen. Leger schlich sich als erster fort, ich sollte als zweiter folgen, und dann sollte L. nachkommen. Als ich auf halbem Weg war, erhob sich L. zu früh. Er war nicht vorsichtig genug. Wir wurden sofort entdeckt. Leger hatte ich aus den Augen verloren, und ich sah ihn nicht wieder.“
Eugène Leger gelang zwar zunächst die Flucht, aber am 18. Dezember, als er sich in die Schweiz durchschlagen wollte, wurde er in Linz am Rhein unter dem Namen Guy Lafont verhaftet. Bereits zwei Stunden nach seiner Einlieferung in die dortige Gestapostelle wurde er, wie es heißt, tot in seiner Zelle aufgefunden. Erst zwanzig Jahre später wurde die Leiche von Guy Lafont als Eugène Leger identifiziert. Er fand seine letzte Ruhestätte in seiner Heimatstadt Differdingen. Réne Grüneisen und Johann L. wurden nach ihrer gescheiterten Flucht der Polizei in Homberg übergeben und am anderen Morgen nach Breitenau zurückgebracht.

Häftling Knoth Sophie

Knoth Sophie (Mutter von Knoth Lina)
Wohnort: Wittgenborn bei Gelnhausen
Am 4. Juni 1943 stellte sie einen Antrag, ihre Tochter Lina Knoth in Breitenau besuchen zu dürfen. In der Hoffnung, ihre Tochter dadurch eher besuchen zu können, unterschrieb Sophie Knoth den Besuchsantrag mit der Formulierung: „Mit deutschem Gruß“. Dabei hatte sie übersehen oder nicht gewusst, dass Juden der „Deutsche Gruß“ verboten war. In der Aufregung schrieb sie auch noch das Datum falsch. Weil sie auf dem Besuchsantrag den „Deutschen Gruß“ verwendet hatte, wurde Sophie Knoth ebenfalls verhaftet und im Oktober 1943 als Schutzhäftling in das Arbeitserziehungslager Breitenau eingewiesen und am 23. April
1944 von dort nach Auschwitz deportiert. In Auschwitz trafen sich Mutter und Tochter wieder. Lina Knoth war am 19. Juni 1943 ebenfalls von Breitenau über das Konzentrationslager Ravensbrück nach Auschwitz deportiert worden. Am 2. August 1944 starb Sophie Knoth dort in den Armen ihrer Tochter. Lina Knoth überlebte die Lagerzeit und zog nach dem Krieg in einen kleinen Ort in der Nähe von Gelnhausen

Häftling Kaczurek Henryk

Kaczurek Henryk
* 14.12.1922 in Sacurze, Krs. Bendzin
+ 20.08.1941 an Schädelbruch durch Unfall a. d. Landstraße
Wie aus der Ermittlungsakte der Gendarmerie Guxhagen vom Todestag hervorgeht, war Kaczurek von einem mit Flachs beladenen landwirtschaftlichen Anhänger auf die Straße zwischen Guxhagen und Grifte gestürzt und hatte sich dabei offenbar tödliche Kopfverletzungen zugezogen. Der Flachs sollte am Bahnhof in Grifte verladen werde, und Henryk Kaczurek saß mit vier männlichen Fürsorgezöglingen auf dem hinteren von zwei beladenen Anhängern. Unterwegs griffen sie nach den Äpfeln, die in den Apfelbäumen an der Landstraße hingen. Bei solch einem Versuch blieb Kaczurek offenbar an einem stärkeren Ast hängen und stürzte vom Wagen. Henryk Kaczurek wurde nicht auf dem Anstaltsfriedhof beerdigt, sondern seine Leiche wurde am 23. August 1942 zum Anatomischen Institut der Philipps-Universität Marburg/Lahn überführt.
Sein Grab Nu 275 befindet sich auf der Kriegsgräberstätte Witzenhausen-Werleshausen

Häftling Jahn Lilli (Zilli)

Jahn Lilli (Zilli) geb. Schlüchterer
* 05.03.1900 in Köln
+ mutmaßlich 19.06.1944 in Auschwitz-Birkenau
jüdische Ärztin
Ende August 1943 wurde Lilli Jahn denunziert – sie hatte auf dem Klingelschild das für alle Jüdinnen vorgeschriebene „Sara“ in ihrem Namen weggelassen, dafür aber den für Juden verbotenen Doktortitel belassen. Sie wurde von der Gestapo verhaftet, verhört und wegen Verstoßes gegen das Reichsgesetz vom 17. August 1938 unter nie ganz geklärten Umständen in das Arbeitserziehungslager Breitenau bei Guxhagen südlich von Kassel überführt. Die minderjährigen Kinder blieben weitgehend auf sich allein gestellt. Lilli Jahn wurde zunächst als Zwangsarbeiterin in einer Pharmafabrik eingesetzt. Nur einmal gelang es der Tochter Ilse, die bereits erheblich geschwächte Mutter während der Lagerhaft zu besuchen. Inwieweit Ernst Jahn versuchte, das Leben seiner ehemaligen Frau durch Gesuche bei der zuständigen Gestapo in Kassel oder beim Reichssicherheitshauptamt in Berlin zu retten, ist bis heute nicht geklärt. Rettungsversuche befreundeter Mitglieder der Bekennenden Kirche in Kassel blieben erfolglos.
Ihr Sohn Gerhard, war unter der Regierung Willi Brandts Justizminister in Deutschland

Während des Arbeitslagers musste die fünffache Mutter unter anderem im Zweigwerk Spangenberg der Firma B. Braun Zwangsarbeit leisten.

Anfang November 1943 richtet Lilli einen verzweifelten Hilferuf an ihren geschiedenen Mann, er möge doch in ihrer Sache ein Gesuch an die Gestapo richten. "Ihr ahnt nicht, was ich seelisch und sonst auch aushalte und durchmache, und doch ist es nichts gegen diese quälende Angst und Sorge, ob ich überhaupt wieder rauskomme." Doch offensichtlich hat Ernst Jahn nichts unternommen; ob er durch eine Intervention das Schicksal Lillis noch hätte beeinflussen können, ist allerdings auch zweifelhaft. Im März 1944 entschied die Kasseler Gestapo, Lilli mit einem Sammeltransport ins Vernichtungslager Auschwitz zu schicken. Während einer Zwischenstation in Dresden am 21. März konnte Lilli ihrer Familie noch eine Nachricht zukommen lassen: "Morgen Abend werden wir dann in Auschwitz sein. Die Mitteilungen darüber, wie es dort sein soll, sind sehr widersprechend … ich werde weiter tapfer sein und fest die Zähne zusammenbeißen und an Euch denken und durchhalten, wenn's auch noch so schwer sein wird."

Häftling Kron Salomon

Kron Salomon
* 09.11.1869 Wolfhagen
+ 21.06.1941 AEL Breitenau um 16 Uhr auf der Wiese während der Arbeit verstorben
letzter bekannter Wohnort: Kassel Moltkestraße 10 (25.11.1938)
verheiratet mit Emma Goldschmidt, geboren 08.06. 1878 in Hoof, Tochter von Herz / Hermann Goldschmidt und seine Frau Schoenchen / Jeanette, geb. Hattenbach. Sie lebten in Wolfhagen Mittelstrasse 26. Salomon und Emma Kron hatte zwei Kinder.

Personalbeschreibung:
Größe: 1,68 mtr.
Haare: Glatze
Augen: braun
Zähne: künstl. Gebiss
Bart: kleiner Schnurbart
Gesicht: vol.
Gesichtsfarbe: blass
Statur: kräftig

Salomon Kron wurde am 09.11.1869 in Wolfhagen als zweites von drei Kinder des Viehhändlers Abraham Kron und seiner Ehefrau Rika, geb. Dannenbaum aus Brilon, geboren. Die ältere Schwester Emilie, geb. im März 1868, starb im Alter von knapp zwei Jahren, die jüngere Schwester Nettchen wurde am 21.01.1871 in Wolfhagen geboren. Die Familie Kron lebte nachweislich seit Beginn des 18. Jhd. in sechs Generationen bis zu ihrer Vertreibung in den 30er Jahren des 20. Jhds. in Wolfhagen. Den Namen Kron übernahm Abraham Katz 1808 unter der Regierung des jüngsten Bruder Napoleons, Jerome im damaligen Königreich Westphalen. Die drei Familien Kron – Wolf Kron, Salomon Kron und Leib Kron – die in der ersten Hälfte des 19. Jhds. in Wolfhagen lebten, waren Viehhändler, Wolf Kron hatte einen bedeutenden und ausgedehnten Pferdehandel, der über Waldeck hinaus bis in hannoversche und preußische Gebiete reichte. Die Familien waren recht wohlhabend und beschäftigten Mägde und Diener.
Salomon Kron heiratete Emma Goldschmidt aus Hoof. Sie besaßen ein mehrstöckiges Fachwerkhaus in der Mittelstraße 26 und betrieben dort ein Manufakturwarengeschäft. Paul Görlich gibt den Wert des Hauses mit 10.000.- RM an, hinzu kamen noch ein Garten und ein Hofraum sowie mehrere Äcker in einem Gesamtwert von 7.750.- RM. Salomon und Emma Kron hatten zwei Kinder: Theodor Kron, geboren am 28.06.1902 und Charlotte Kron, geboren am 31.12.1903. Sie verstarb am 29.11.1915 in Alter von 11 Jahren. Emma Kron starb am 16.09.1927 im Elisabeth-Hospital in Kassel im Alter von 48 Jahren. Salomon Kron war in den 20er und 30 er Jahren in der jüdischen Gemeinde als Vorsitzender und in mehreren Hilfsvereinen aktiv. Nachdem er Haus- und Grundbesitz verkaufen musste, zog er am 25.11.1938 nach Kassel in die Moltkestraße 10. Der Kaufpreis für Haus und Grundbesitz wurde ihm nicht ausgezahlt, „sondern ist auf ein Sperrkonto bei der Devisenbank einzuzahlen, über das nur mit Genehmigung der zuständigen Devisenstelle verfügt werden darf.„, wie es in einer Verfügung des Regierungspräsidenten in Kassel vom 12.05.1939 heißt.
Am 11.04.1941 wurde Salomon Kron in dem Arbeitserziehungslager Breitenau inhaftiert. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Auffällig ist jedoch, dass an diesem Tag neben Salomon Kron noch 10 weitere jüdische Männer und Frauen aus Kassel in Breitenau inhaftiert wurden. Von diesen wurden fünf Personen am 25.07.1941 wieder nach Kassel entlassen, drei Männer und Frauen wurden am 26.09.1941 in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück deportiert, eine Frau, die auch zu diesem Datum deportiert werden sollte, wurde wegen Haftunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen am 29.10.1941 nach Kassel entlassen und ein Mann wurde am 24.11.1941 nach Sachsenhausen überstellt

Er war bereits 71 Jahre alt. Trotz seines hohen Alters und einer Herzschwäche wird er zu Arbeitseinsätzen in der Landwirtschaft herangezogen und stirbt dabei am 21.06.1941, zehn Wochen nach seiner Inhaftierung in Breitenau.


Als Todesursache stellt der Leichenbeschauer Dr. Ostwald Herzschlag fest. Da es keine direkten Verwandten in der Region mehr gibt - die Ehefrau Emma Kron verstarb 1927, der Sohn Dr. Theodor Kron emigrierte 1938 in die USA, und die Schwester Nettchen Stern lebte in Hannover und wurde von dort im Dezember 1941 nach Riga deportiert – übernimmt der Rechtsanwalt Dr. Theodor Dellevie aus Kassel die Regelungen nach dem Tod von Salomon Kron. Er beantragt die Ausstellung einer Sterbeurkunde, zeichnet als rechtsausübend die Übernahme der Habseligkeiten des Toten und veranlasst wahrscheinlich auch die Überführung nach Kassel und Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in Kassel Bettenhausen

Seine Kleidungsstücke wurden, wie aus der Akte hervorgeht, von seinen Angehörigen mitgenommen, und seine Leiche wurde nach Kassel überführt. Das Grab von Salomon Kron befindet sich heute auf dem jüdischen Friedhof in Kassel-Bettenhausen.

Häftling Brede Kaspar

Kaspar Brede wurde am 05.12.1879 in Niedervellmar als eines von neun Kindern des Ehepaares
Nikolaus Bernhart und Katharina Elisabeth Brede geboren. Nach seinem Dienst beim Militär
(1899 bis 1901) heiratet Brede 1902 die am 12.06.1878 in Hamm geborene Helene Schmidt, beide ziehen gemeinsam im selben Jahr in die Karlstraße 17, wo Brede bei Brauereibesitzer Hölldampf als Küfer Arbeit findet. Bereits einige Wochen später findet der Umzug in die Zeughausstraße 10 statt. Nach der Geburt ihres ersten Sohnes Karl im Jahr 1903 zieht die junge Familie nach Rothenditmold.
Nach einem erneuten Umzug in den Westring 59, wo auch die beiden anderen Kindes des Ehepaars Brede, Sohn Heinrich (* 03.12.1905) und Tochter Elisabeth (*28.10.1917), aufwachsen, zieht die gesamte Familie Brede 1929 in die Hohentorstraße 22, wo sie bis zur Zerstörung des Hauses in der Bombennacht vom 22. Oktober 1943 wohnen werden.
Ende 1929 beantragt Brede die Ausstellung einer Schanklizenz, um die im Haus befindliche Gaststätte „Hohentorschänke“ betreiben zu können. In diesem Antrag gibt Brede an, in Obervellmar sowie im Westring 59 bereits jahrelang eine Wirtschaft geführt zu haben. Obgleich sich im Umkreis von 300 Metern 31 Gast- und Schankwirtschaften sowie 7 sog. Spirituosen-Kleinhandlungen befinden, wird dem Antrag stattgegeben, so dass Brede am 01.03.1930 die Schanklizenz erhält.
Juli 1938 wird Brede in einem „an den Herrn Polizeipräsidenten“, SS-Brigadeführer Max Henze, adressierten Brief anonym denunziert. Ihm wurde vorgeworfen, im Übermaß Alkohol an „Gesinde“, teilweise „bis zur Besinnungslosigkeit“, auszuschenken, was Schlägereien und einen damit verbundenen Lärmpegel zur Folge habe. Die polizeiliche Antwort galt zunächst der Identifizierung des anonymen „Beschwerdeführer“, so wurden von allen in Frage kommenden Bewohnern der Hohentorstraße Handschriftenproben genommen, um den oder die anonymen Denunzianten ausfindig machen zu können, was allerdings ohne Erfolg blieb. Weiterhin wird erwähnt, dass die „Zustände aber nicht so schlimm wie vor Jahren seien“ und „das Freudenhaus Hohentorstraße 35 auch nicht Schuld haben“ dürfe. Allerdings hatte jene Denunziation zur Folge, dass Bredes Gaststätte unter verschärfter Beobachtung stand; so wurden er und vier weitere Gastwirte der Altstadt im Zuge der Vorbereitungen des Reichskriegertages 1939 bezüglich der Angemessenheit der Getränkepreise hin überprüft, die im Ergebnis als „viel zu hoch“ eingestuft wurden.
Aufschlussreich ist die Abschrift eines Schreibens an den Polizeipräsidenten Dr. Herbert Böttcher vom Mai 1941, in der zum einen die Vorwürfe, die Gaststätte Bredes sei „ein Sammelpunkt der Zuhälter, Dirnen und anderer asozialer Elemente“ aufgegriffen und bestätigt werden, andererseits auch der Tatbestand, der zur seiner Verhaftung führte, nachgezeichnet wird.
Demnach soll Brede renitentes Verhalten gegenüber einer Militärstreife an den Tag gelegt haben,
als diese die Hohentorschänke inspizieren wollte. Bereits 1937 wurde auf Anordnung der Kreisleitung allen Parteiangehörigen sowie „Angehörigen einer Gliederung in Uniform und Zivil“ das Betreten der Hohentorschänke in Uniform verboten. Jedoch habe sich Brede laut der Abschrift über dieses Verbot hinweggesetzt und „den Aufenthalt von Soldaten stets in jeder Weise begünstigt“. So heißt es: „Bei jedem Erscheinen der Militärstreife wurde ihr durch Brede Widerstand geleistet. Die anwesenden Soldaten sind durch das renitente Verhalten des Brede zum Ungehorsam ermuntert und aufgefordert worden. Seine wiederholt öffentlich gemachten Äußerungen, ihm könne niemand etwas befehlen, er allein sei Polizei im Lokal', sind Beweise für seine gegnerische Haltung gegenüber der Wehrmacht und auch gegenüber jeder Ordnung“. Am 02.05.1941 eskalierte die Situation in der Hohentorschänke derart, dass die Staatspolizei sich genötigt sah, Brede samt den 57 anwesenden Gästen vorübergehen zur Feststellung der Personalien sowie zur weiteren Überprüfung festzunehmen. Hierbei wurde festgestellt, dass sich eine „grosse Anzahl kriminell erheblich vorbelasteter Elemente“ unter den Gästen befand.
Brede selbst wurde „unter Anwendung von Gewalt dem Polizeigefängnis“ zugeführt, von wo aus er am 31.5.1941 als „Schutzhäftling“ in das Arbeitserziehungslager Breitenau verlegt wurde. Während der Haftzeit Bredes im Polizeigefängnis wurde ihm bereits am 03.05.1941 schriftlich mitgeteilt, dass die Hohentorschänke gemäß § 22 des Gaststättengesetzes vom 28.04.1930, welcher besagt, dass die zuständige Behörde einen Weiterbetrieb der Gaststätte verhindern kann und dass gegen eine solche Entscheidung „kein Rechtsmittel“ zugelassen ist, vorläufig geschlossen wird, da Brede nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit zum Betrieb einer solchen Gaststätte verfüge.
Zwei Tage später erfolgt bereits die Klage des Polizeipräsidenten gegen Brede bezüglich der Zurücknahme der Schankerlaubnis. Um weiteren Repressalien gegenüber ihm und seiner Familie zu verhindern, verzichtete Brede freiwillig auf die Schankerlaubnis und plante, die Hohentorschänke an seinen Sohn Heinrich zu verpachten, wogegen aber „aus grundsätzlichen Erwägungen staatspolizeiliche Bedenken“ von Seiten des Leiters der Gestapostelle, SS-Sturmbannführer Rudolf Korndörfer, erhoben wurden.
Indes verschlechterte sich die finanzielle Lage der Familie Brede derart, dass Bredes Frau Helene bereits am 05.05.1941 bei der Leitung der Arbeitserziehungslagers Breitenau schriftlich anfragte, ob sie ihren Mann wegen „sehr wichtigen Geldangelegenheiten“ sprechen dürfe, was lediglich mit dem Verweis an die Zuständigkeit der Gestapo-Stelle Kassel abgetan wurde. Helene Brede stellte im März 1942 erneut einen Antrag bei Polizeipräsidenten, die Hohentorschänke aufgrund der sich stetig verschlechternden finanziellen Lage an einen geeigneten Pächter zur Wiedereröffnung zu überlassen, was der stellvertretende Leiter der Gestapo-Stelle, SS-Sturmbannführer Otto Altekrüger, genau wie Korndörfer aufgrund „staatspolizeilicher Bedenken“ und mit Verweis auf die hohe Anzahl in der Nähe befindlicher Schankwirtschaften ablehnte. Ebenso geschah es mit einem Antrag von Bredes Tochter Elisabeth vom Dezember 1942, in dem erneut auf den nahenden Ruin der Familie Brede hingewiesen wird.
Kaspar Brede wurde indes nach seiner Zeit als Schutzhäftling in Breitenau am 17.07.1941 in das Kasseler Polizeigefängnis überführt. Brede wurde wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ zu 7 Monaten verurteilt, welche er im Polizeigefängnis verbüßt haben wird. Nach Ablauf dieser 7 Monate wurde Brede in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert, wo er am 16.02.1942 eine Tüte mit Effekten abgegeben hat. Brede wurde unter der Häftlingsnummer 41084 im Block 23 geführt und verstarb am 17.09.1942 in Oranienburg, laut offizieller Meldung an der Ruhr.

Bredes Frau Helene, Tochter Elisabeth, die 1935 bis 1939 im Reichsarbeitsdienst (RAD) arbeiten musste, sowie Sohn Heinrich fallen am 22.10.1943 dem Bombenangriff auf Kassel zum Opfer, einzig Sohn Karl überlebt den Krieg

Häftling Neuhaus Aron

Neuhaus Aron
* 23. 02.1873 in Guxhagen
wohnhaft in Fritzlar und Kassel
1941 zweimal im AEL Breitenau inhaftiert, am 31. Oktober 1941 zur Gestapostelle Kassel „entlassen“.
dep. 07. 09.1942 Kassel - Ghetto Theresienstadt
+ 07.02.1943 im Ghetto Theresienstadt

Tod Neuhaus Moses (Vater von Neuhaus Aron)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1910
Eine traurige Veranlassung war es, die mich am Sonntag, den 13. Oktober wieder einmal in meine Heimat Guxhagen an der Fulda führte. Es galt, meinen geliebten Lehrer Moses Neuhaus zu seiner letzten Ruhestätte zu begleiten. Am Donnerstag, den 10. Oktober, umgeben von seiner Familie und mehreren seiner Schüler, denn letztere bildeten mit wenigen Ausnahmen die gesamte Gemeinde, erlag derselbe einem qualvollen Leiden. Vierzig Jahre hindurch hatte der Verblichene seine Dienste in Treue und Liebe einer und derselben Gemeinde gewidmet. Wohl wenige Gemeinden können sagen, dass sie durchweg dem orthodoxen Judentum treu geblieben sind. Guxhagens Juden, auch alle auswärtigen Schüler des heimgegangenen Lehrers Neuhaus halten Gott sei Dank, noch fest an dem wahren und unverfälschten Judentum, sie sind bis heute allen Neuerungen der Reform fern geblieben. Nicht wenig trug zu dieser streng gläubigen Anschauungsweise der große Lehrer der Gemeinde bei, der nach jeder Seite ein Vorbild eines braven und guten Juden war. Es gab kein Gebiet im jüdischen Pflichtenleben, dem der Heimgegangene geringere Sorgfalt widmete: die Armen beweinen in ihm einen Vater, der denselben stets hilfsbereit und mit freundlicher Miene zur Seite stand, und noch in den letzten Tagen seines Lebens veranlasste er, die Armen im heiligen Lande mit einer Unterstützung zu versorgen. Keinen Tag ließ er verstreichen, ohne zu 'lernen', kein Gottesdienst wurde versäumt. Ein vergnügen war er für mich zu sehen, wie der Vater, von gegenseitiger Liebe und Verehrung erfüllt, seinen Angehörigen mit seinem ganzen Sein zugetan, wie er im Verkehr mit uns so bescheiden war, sich nicht nur als Lehrer, sondern auch als vertraulicher Freund zeigte. Moses Neuhaus seligen Andenkens war ein Mann von echtem Schrot und Korn, fern aller Heuchelei und Schmeichelei, der so sprach, wie er es dachte, und den heutigen Lehrern nach jeder Seite hin als Vorbild dienen kann.
Ein solch großes Leichenbegängnis hat man am Platze noch nicht beobachtet. Ein unabsehbares Gefolge schritt hinter der Bahre, die Schule, die jüdische Gemeinde, auswärtige Schüler, Bekannte, eine große Anzahl jüdischer Lehrer aus vielen Gemeinden Hessens, die christlichen Kollegen und Bürger des Ortes, begleiteten die sterblichen Überreste zur letzten Ruhestätte.
Herr Landrabbiner Dr. Prager schilderte in einer Alle zu Tränen rührenden Rede die Verdienste des Heimgegangenen um Schule und Gemeinde, hob hervor, welchen lieben, guten Gatten und Vater die Familie verloren und dankte in seinem und im Namen des Vorsteheramtes der Israeliten in Kassel für die treue Mitarbeit. Sodann feierte der Vorsitzende des jüdischen Lehrervereins in Hessen, Lehrer Amram in Borken, den Entschlafenen als treuen Kollegen. Zuletzt sprach Lehrer Katz - Nentershausen, ein Schüler des Verstorbenen, im Namen der Schüler Worte des Abschiedes und des tiefsten Dankes.
In dem Gedanken, dass wir der Besten Einen dem kühlen Schoße der Erde anvertraut, und in dem Bewusstsein, dass zur Freude des Heimgegangenen sein ältester Sohn Aron Neuhaus die Gemeinde in seinem Geiste weiterführt, damit dieselbe ein treues Glied der Gemeinde Jakob bleibe, schieden wir vom Grabe. (hebräisch und deutsch:) 'Komme in Frieden und ruhe im Grabe, der du in Geradheit gewandert mit Gott und deinen Mitmenschen.' Ein treues Andenken bewahren Dir Deine Freunde.
Sally Katz, Windecken."

Tod Neuhaus Sara (Mutter von Neuhaus Aron)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922
Nach langem, schwerem, mit großer Geduld getragenem Leiden ist Frau Sara Neuhaus, Witwe des verewigten Lehrers Moses Neuhaus - er ruhe in Frieden - im seltenen Alter von 86 Jahren, in die Ewigkeit abberufen und am 5. vorigen Monats unter zahlreichem Trauergefolge zu Grabe getragen worden. Im Trauerhause, der Wohnung ihres Sohnes, des Lehrers A. Neuhaus zu Fritzlar, würdigten die Herren Lehrer Perlstein - Gudensberg und Hecht - Wildungen und am Grabe Lehrer Kranthal - Guxhagen die Verdienste der Entschlafenen. Der Heimgang dieser wahrhaften jüdischen Frau, die sich die Wertschätzung weiter Kreise erworben, bedeutet für die Familie, sowie für alle, die sie gekannt, einen schweren Verlust. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

Häftling Greiling Martin

* 04.12.1896 in Melsungen
+ 04.04.1968 in Melsungen

Beruf: Schlosser

01.07.1933 bis 16.08.1933
Schutzhaftlager Breitenau

Nach 1945 Gewerkschaftssekretär (DGB) für den Kreis Melsungen.

1946 Mitbegründer der "Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft"

letzter Wohnort vor der Deportation

Die Liste ist noch nicht vollständig

Hanau
36 Gefangene

Marburg/Lahn
34 Gefangene)

Neustadt, Kreis Marburg
16 Gefangene

Allendorf bei Kirchhain
59 Gefangene

Fulda
55 Gefangene

Hersfeld
74 Gefangene

Bebra
20 Gefangene

Rotenburg/Fulda
13 Gefangene

Eschenstruth b. Hessisch-Lichtenau
16 Gefangene

Hofgeismar
11 Gefangene

Wolfhagen
13 Gefangene

Borken i.H.
26 Gefangene

Gensungen
11 Gefangene

Fritzlar
25 Gefangene

Guxhagen
21 Gefangene

Homberg/Efze
11 Gefangene

Melsungen
14 Gefangene

Treysa
11 Gefangene

Korbach
30 Gefangene

Eschwege
15 Gefangene

Großalmerode
12 Gefangene

Hessisch-Lichtenau
97 Gefangene

Fürstenhagen b. Hessisch Lichtenau
1 Gefangene

Sontra
21 Gefangene

Kassel
742 Gefangene

Arnstadt
14 Gefangene

Eisenach
11 Gefangene

Erfurt
78 Gefangene

Gera
35 Gefangene

Gotha
22 Gefangene

Nordhausen
27 Gefangene

Sömmerda
25 Gefangene

Suhl
25 Gefangene

Weida
10 Gefangene

Weimar
20 Gefangene

letzter Arbeitgeber vor der Deportation

Die Liste ist noch nicht vollständig

Fa. Henschel & Sohn in Kassel
Fieseler-Werke in Kassel
Spinnfaser AG in Kassel-Bettenhausen
Wegmann & Co in Kassel
Fa. Salzmann in Kassel
Crede u. Co in Kassel
Diana-Werke in Kassel
Jutespinnerei in Kassel
Junkers-Werke in Kassel
Deutsche Reichsbahn in Kassel
Städtische Werke in Kassel
Kasseler Verkehrsgesellschaft in Kassel
Henschel-Flugmotoren Werke in Altenbauna
Munitionsfabrik in Ihringshausen
Zeche Hirschberg in Großalmerode
Zeche in Wattenbach
Fa. Salzmann in Melsungen
Grube Altenburg
Kraftwerk der Preußen-Elektra-AG in Borken
Kaffee Reiss in Kassel
Zeche in Frielendorf
Kohlenschacht in Gensungen
Junkerswerke in Fritzlar
Reichsbahn in Treysa
Basaltwerk in Körle
Jutespinnerei in Hersfeld
Reichsbahn in Bebra
Fa. Wintershall in Heringen
Heeres-Munitionsanstalt Herfa in Herfagrund
Munitionsfabrik in Hirschhagen bei Hessisch-Lichtenau
Textilwerke Henschel in Hessisch-Lichtenau
Fieseler-Werke in Eschwege
Henschel-Werke in Eschwege
Kupfer- und Schieferbergbau in Sontra
Spinnhütte in Wanfried
Gummiwerke in Fulda
Fa. Mehler in Fulda
Emaillierwerke in Fulda
Fa. Weißensee in Fulda
Munitionsfabrik der Dynamit Nobel AG in Allendorf bei Marburg (Lager Am Steimbel)
Continental-Gummi-Werke in Korbach
Gummiwerke Veritas in Gelnhausen
Hassia-Fabrik in Altenburg
Spinnhütte in Apolda
Fa. Olympia in Erfurt
Siemens in Gera
Westflugmetallwerke in Gera
Waggonfabrik in Gotha
Fa. Schott in Jena
Telefunken und Siemens in Neuhaus-Schiernitz
Fabriken in Nordhausen
Rheinmetall in Sömmerda
Sekado-Werke in Sömmerda
Siemenswerke in Sonneberg
Gustloff-Werke in Suhl
Jutespinnerei in Weida
Mercedes-Benz in Weimar
DAG in Allendorf

Nationalitäten

Polen
1766

Sowjetunion
1069

Deutschland
1004 (
mindestens 145 jüdische Häftlinge)

Frankreich
356

Niederlande
170

Belgien
122

Tschechoslowakei
73

Litauen
63

Jugoslawien
59

Italien
31

Österreich
9

Bulgarien
8

Luxemburg
7

Schweiz
7

Staatenlos
7

Rumänien
5

Dänemark
4

Ungarn
3

Griechenland
2

Lettland
2

Schweden
2

Algerien
1

Estland
1

Kanada
1

Singapur
1

Spanien
1

Türkei
1

Berufsangaben

Die Liste ist noch nicht vollständig

Arbeiter
Arbeiterinnen
Apotheker
Ärztin
Autoschlosser

Bäcker
Bankbeamter
Bauarbeiter
Bäuerin
Börsenmakler
Briefträger
Buchbinder
Buchhalter

Chemiker

Elektriker
evangelische Vikarin

Fabrikarbeiter
Fabrikarbeiterinnen

Dreher

Gärtner
Jurist

Hausangestellte
Hausgehilfin
Hausmädchen

Koch

Landarbeiter
Landarbeiterinnen

Melker
Metzger

Pfarrer

Schlosser
Schmied
Schuste
Schneiderin

Tischler

Uhrmacher

Verkäuferin
Viehhändler

Weber

Zimmermann

Einsatz bei Firma

Außenkommando Hoheneiche (Gastwirtschaft)
Herbst 1942 - Winter 1942
Hierbei wurde der Saal der Örtlichkeit genutzt; dieser war mit Pritschen und Strohsäcken ausgestattet worden. Sie wurden von zwei Aufsehern, einem aus Breitenau in Uniform
und einem aus der dortigen Umgebung, der Zivilkleidung trug bewacht, und die Fenster waren mit Stacheldraht versehen worden. Als Heizung diente ein Ofen im Raum. 15 Personen teilten sich den Saal.
Bei den 15 Gefangenen handelte es sich im Polen, Russen, Ukrainer und mindestens einen Tschechen. Sie wurden zu Wehrbauarbeiten, sowie Beseitigung von Hochwasserschäden und dem Bau von Uferbefestigungen eingesetzt.

Außenkommando Kassel-Sandershausen (Schule Sandershausen)
Aufräumungsarbeiten (Oktober 1943)

Außenkommando Basaltwerk Ölberg
(14.04.1944 - am 05.08.1944 vorübergehend aufgelöst)

Außenkommando Körle
(Steinbrucharbeiten)

Außenkommando Bischhausen (Gastwirtschaft)
Bau von Uferbefestigungen und beseitigten von Hochwasserschäden

Außenkommando Niddawitzhausen

Außenkommando Reichensachsen
Das Kommando in war in einer Baracke untergebracht

Firma Henschel (Textil)
Nähwerkstatt (Knopflöcher in Zeltbahnen nähen)

Firma C. Daum Nachf. aus Kassel
Herstellen von Fußmatten

chemische Firma B. Braun

Tuchfabrik Steinbach (Militärtuche) in Melsungen

Kartonagenfabrik Becker & Marxhausen in Kassel

Reichsbahn
Reichsbahnausbesserungswerk
Gleisbauarbeiten an der Bahnlinie hinter Guntershausen Richtung Melsungen und im Tunnel bei Beiseförth

Gemeinde Guxhagen
Aufräumungsarbeiten der durch das Hochwasser verursachten Schäden innerhalb der Gemeinde Guxhagen

Einzelpersonen
Garten umgraben
Jauchegrube ausheben

Staatsforst Schwarzenberg
Instandsetzen von Waldwegen

Arbeitseinsätze bei Bauern

Aussagen von Überlebenden

Ankunft im Lager
Wir wurden zunächst mal unter eine Mauer gestellt. Ich glaubte, dass wir erschossen werden sollten, und dieses Gefühl sollte uns auch vermittelt werden. Anschließend wurden wir in den Duschraum gejagt. Wir mußten uns alle ausziehen. Ich kann mich noch gut erinnern, daß
es sehr kalt war, und man hat eiskaltes Wasser von oben herab gelassen, wir wurden mit
Gummiknüppeln angetrieben, wir mußten uns also schnell waschen. Dann haben wir
unsere Kleider unter den Arm genommen und sind hinausgejagt worden mit Gummiknüppeln
ins Freie und mußten da nackt durchlaufen. Anschließend wurden wir in die Kleiderkammer geführt, wo wir unsere Kleidung und sämtliche persönlichen Sachen abgeben mussten und die Häftlingskleidung erhielten.
Zur Aufnahmeprozedur gehörte außerdem die aktenmäßige Erfassung der Schutzhaftgefangenen im Büro des Verwaltungsgebäude. Nach Überprüfung ihrer Personalien wurden sie in ein Hauptaufnahmebuch mit einer Häftlingsnummer eingetragen, und für jeden Gefangenen wurde bis zum Sommer 1943 eine Individualakte angelegt. Hierzu wurden die seit vielen Jahren für die Arbeitsscheuen und säumigen Nährpflichtigen vorgesehenen lila Aktendeckel verwandt und mit dem Stempel „Schutzhäftling“ versehen. Ab Ende 1943/44 wurden für die Gefangenen keine Personalakten mehr angelegt, stattdessen wurden sie in ein zusätzliches Frauen- bzw. Männeraufnahmebuch eingetragen.

Ausländische Gefangene die wegen Arbeitsverweigerung oder Widersetzlichkeit inhaftiert waren, wurden, um den beabsichtigten Zweck der Haft zu erreichen, auf Anordnung der Gestapo Kassel sofort nach ihrer Einweisung unter verschärfte Haft gesetzt. Die erste Nacht mussten sie auf „hartem Lager“ verbringen, am ersten vollen Hafttag erhielten sie lediglich Wasser und Brot.

22.01.1943

In einem Schreiben des Reichssicherheitshauptamtes vom 22. Januar 1943 an den Reichsführer SS, Personalhauptamt in Berlin, wird diesem mitgeteilt: Dass gegen den SS-Obersturmführer Wiegand ein SS-Disziplinarverfahren durchgeführt worden ist und er mit einem strengen Verweis bestraft wurde, weil er es zugelassen hatte, dass der SS-Oberscharführer K. am 01.09.1942 beträchtliche Mengen Alkohol zu sich genommen und sogar den vollbesetzten Dienstkraftwagen
gesteuert habe und Wiegand auch für Ausschreitungen in Breitenau mitverantwortlich sei.