Chelmno

Am 14.07.1944 verläßt ein Transport mit 700 Juden das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) mit Ziel Vernichtungslager Chelmno nad Nerem. Der Transport erreicht den Bahnhof Kolo am 14.07.1944. Vom Bahnhof wurden sie ins ca. 6 km entfernte Powiercie gebracht. Hier mußten sie aussteigen, das Gepäck wurde zurückgelassen. Nach einem ca. 1,5 km langen Marsch durch einen Wald erreichten sie Zawadka. Hier verbrachten sie die letzte Nacht iihres Lebens in der dortigen Mühle. Am nächsten Tag wurden sie mit Lastwagen zur Vernichtungsstelle Chelmno nad Nerem verbracht und vergast. Es sind keine Überlebende bekannt

Tagesbericht von Freitag, den 14. Juli 1944
Heute morgens ist der X. Transport mit wieder 700 Menschen ausgereist. Als Arzt ging Dr. Grödel /Köln mit.

Grödel Albert Emil Hermann Dr.
Arzt; geb. 02.06.1885 in Frankfurt/M., dep. aus Köln, dep. aus dem Getto am 14.07.1944

Auch in der vergangenen Nacht wurden die Razzien zur Stelligmachung säumiger Personen fortgesetzt, denn die im Zentralgefängnis verbliebene Reserve ist sehr gering.

Das Getto hat mit dem heutigen Transport insgesamt 7196 Menschen abgegeben. Die Schwierigkeiten werden jetzt von Tag zu Tag grösser. Die Ressorts halten ihre guten Leute mit den Zähnen fest und die Abteilungen wollen das junge Menschenmaterial nicht hergeben, weil sie mit älteren Leuten nicht arbeiten können. Vergeblich trommelt der Präses den Leitern ein, dass man in dieser Lage sogar qualifizierte Arbeiter und selbst Instruktoren hergeben müsse. Dazu kommt, dass der Protektionsapparat mit allen Registern spielt.

Das Getto geht schwersten Stunden entgegen, denn nun greift die Aussiedlung sozusagen an das Herz, an das beste und wertvollste Menschenmaterial.

Man kann es nicht genug oft wiederholen, dass bei dieser Methode, die darin besteht, dass einer den andern herausschickt, selbstverständlich nur die Menschen geopfert werden, die sich’s eben nicht richten können, also nicht zur sogenannten Gesellschaft gehören, unabhängig davon, dass natürlich auch unter ihnen sehr viele wertvolle Individuen sind. Aber es ist nun einmal auch im Getto so wie sonst im Leben, der Stärkere frisst den Schwächeren. Jemand muss gehen. 700 Menschen pro Transport. Die Leute, die am Ruder sind, werden ihr eigen Fleisch und Blut nicht herausschicken, so ist auch hier das Schicksal eine Marktfrage. Das ist die nackte Tatsache.

Die Frage, ob der Ausreisende oder der Verbleibende das bessere Los zieht, steht hier nicht zur Diskussion. Nur am Rande sei bemerkt, dass die allgemeine Ansicht die ist, dass die Ausreisenden keinem schlimmen Schicksal entgegen gehen und man erwartet mit Bestimmtheit, dass sie tatsächlich zur Arbeit eingesetzt werden und dass man sie menschlich behandeln wird. Deswegen verlangt auch der Präses, dass man nur wirklich gesunde und arbeitsfähige Menschen aussenden soll.