Sein Verhalten außerhalb der Massentötungen

Nach der Abfertigung der Transporte war der Angeklagte Suchomel darauf bedacht, dass die ihm unterstellten Goldjuden das eingesammelte Geld zählten und, soweit es sich um Scheine handelte, bündelten und dass sie Gold in Kisten und Schmuck in besondere Kästen packten.
Aus dem Totenlager brachte man ihm außerdem die den Leichen ausgebrochenen und dort schon gereinigten Goldzähne. Manchmal holte er sie auch selbst im oberen Lager ab. Alle diese Werte wurden dann auf einer Liste registriert und später nach Lublin geschafft.

Dem Angeklagten Suchomel unterstanden nicht nur das aus 10 bis 12 Männern bestehende Kommando der Goldjuden, die zu den Arbeitsjuden zählten, sondern auch noch etwa 50 sogenannte Hofjuden, die meist in den Werkstätten und nur gelegentlich bei Spezialaufträgen im Lagergelände arbeiteten.
Sie wurden in der Regel zur Transportabfertigung nicht herangezogen. Seinen Gold- und Hofjuden gegenüber benahm Suchomel sich, berücksichtigt man die in Treblinka sonst herrschenden rauen Sitten, verhältnismäßig anständig. Er beschimpfte und schlug sie nicht. Da er im Werkstattbereich von seinen Vorgesetzten wenig kontrolliert wurde, konnte er dort ein mildes Regiment führen.
Er besorgte mehrfach durch Vermittlung der Ukrainer Lebensmittel und ließ sie den Gold- und Hofjuden zukommen.
Als der tschechische Häftling Gielo Block im Jahre 1943 vom unteren Lager ins Totenlager verlegt wurde, ließ Suchomel ihm ohne Wissen seiner Vorgesetzten ein im unteren Lager gepacktes Lebensmittelpaket bringen. Mit den tschechischen Juden, die gut Deutsch konnten und denen Suchomel sich deshalb als Sudetendeutscher landsmannschaftlich verbunden fühlte, unterhielt er sich freundschaftlich, auch wenn sie nicht zu den Gold- und Hofjuden zählten. In vielen Fällen warnte er Juden vor Franz und Kttner. Diese so gewarnten Häftlinge arbeiteten dann umso fleißiger, wenn Franz und Kttner in Sicht waren. Sie vermieden dadurch, irgendwie aufzufallen und die Aufmerksamkeit dieser beiden zu allen fähigen Männern auf sich zu lenken. Die Gold- und Hofjuden waren froh darüber, dem milden und gemütlichen Angeklagten Suchomel anstatt einem der anderen zur Härte und Grausamkeit neigenden deutschen SS-Männer unterstellt zu sein.

Er wurde deshalb von einigen Häftlingen Der gute Deutsche genannt.

Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit man ihr folgen kann, sowie auf den eidlichen Aussagen der glaubwürdigen Zeugen
Gl.
Un.
Do.
Raj.
Oscar Stra.
Pla.
Sed.
Ku.
Wei.
Au.
Lew.

Der Angeklagte Suchomel räumt ein, einmal auf einen im Prügelbock eingespannten Häftling mit der Peitsche eingeschlagen zu haben. Er behauptet jedoch, er habe hier auf Geheiß von Kttner gehandelt, der ihm alsbald die Peitsche mit dem Vorwurf aus der Hand genommen habe, er schlage nicht kräftig genug.

Denselben Vorfall schildert der vereidigte Zeuge Do., jedoch mit der Abweichung, dass nicht Kttner, sondern Franz dem Angeklagten Suchomel das Schlagen befohlen und ihm nach kurzer Zeit die Peitsche wegen der nicht hart genug ausgeteilten Schläge aus der Hand genommen habe.
Die Darstellung des auch in seinen sonstigen Angaben zuverlässigen Zeugen Do. gibt das Schwurgericht den Vorzug vor der Einlassung des Angeklagten Suchomel, der im Verlauf der Hauptverhandlung schon mehrfach in zum Teil auffallender Weise den Angeklagten Franz zu schonen suchte.
Ob Suchomel auch noch in weiteren Fällen Häftlinge auf dem Prügelbock geschlagen hat, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Zwar haben die eidlich vernommenen Zeugen Lak., Do. und Su. erklärt, Suchomel habe nicht nur einmal, sondern mehrfach auf dem Bock liegende Arbeitsjuden ausgepeitscht, aber diese drei Zeugen sind nicht imstande, bestimmte Fälle zu nennen, in denen das geschehen sein soll, so dass deren Konkretisierung nicht möglich ist. Zudem haben die vereidigten Zeugen
Gl.
Un.
Raj.
Au.
Pla.
Wei.
Sed.
übereinstimmend erklärt, dass Suchomel in keinem einzigen Fall Arbeitsjuden geschlagen habe, und zwar weder auf dem Prügelbock noch auf sonstige Art und Weise.
Diesen Zeugen ist also nicht einmal der von Suchomel selbst eingestandene Fall in Erinnerung, bei dem er einmal einen Häftling auf der Prügelbank einige wenige Peitschenhiebe versetzte, bis man ihm die Peitsche aus der Hand nahm, weil er nicht hart genug zuschlug. Jedenfalls haben diese Zeugen den Angeklagten Suchomel im Gegensatz zu mehreren anderen deutschen SS-Männern keineswegs als Schläger in Erinnerung.
Gerade das Gegenteil ist der Fall. Der vom Schwurgericht als besonders zuverlässig angesehene Zeuge Sed. hat Suchomel dahin charakterisiert, dass er zwar in den Augen der Juden kein Engel gewesen sei, dass man ihn aber inmitten der teuflischen Welt des Lagers immerhin als einen Menschen habe ansehen können. Der Zeuge Gl. hat gesagt, dass Suchomel, setze man sein Verhalten in eine Relation zu den grauenhaften Ereignissen im Lager, anständig gewesen sei. ähnlich haben sich die Zeugen
Un.
Pla.
Au.
Wei.
geäußert.
Der Zeuge Raj. hat insbesondere hervorgehoben, dass Suchomel die Juden öfter vor Franz und Kttner gewarnt und hierdurch so manchen Häftling vor einem frühen Tod bewahrt habe.
Der Klempner Oscar Stra. hat bei seiner eidlichen Vernehmung zutreffend dargelegt, dass Suchomel sich um eine bessere Versorgung der Gold- und Hofjuden bemüht und dass er sie im Rahmen seiner Möglichkeiten gut behandelt hat. Da Oscar Stra. selbst Hofjude war, kann er das richtig beurteilen. Dieser Zeuge hat schließlich darauf hingewiesen, dass Suchomel von den Gold- und Hofjuden Der gute Deutsche genannt worden sei, eine Bezeichnung, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinem anderen deutschen SS-Mann von den Häftlingen zuteil geworden ist.