Die Beteiligung des Angeklagten Stadie an der Erschiessung des Lagerältesten Rakowski
An der Erschiessung des Lagerältesten Rakowski beteiligte sich der Angeklagte Stadie dadurch, dass er den vom Lagerkommandanten Stangl gegebenen Befehl zur Tötung Rakowskis auf einem Appell bekanntgab und den Mitangeklagten Miete mit seiner Ausführung beauftragte.
Dem Angeklagten Stadie waren hierbei alle Tatumstände genau bekannt. Er wusste, dass Rakowski lediglich wegen des Besitzes von Gold und Geld, das man bei ihm gefunden hatte, ohne Förmlichkeiten erschossen werden sollte, dass der wirkliche Grund für diese harte Bestrafung seine jüdische Abstammung war und dass er unter den üblichen Bedingungen im Lazarett, die brennenden Leichen in der Lazarettgrube vor Augen, erschossen werden sollte.
Da er trotz Kenntnis aller dieser Tatumstände an der Erschiessung Rakowskis in der geschilderten Art und Weise mitwirkte, handelte er auch vorsätzlich.
Der Angeklagte Stadie ist auch hier nur als Gehilfe, nicht als Mittäter anzusehen. Es lässt sich nicht feststellen, dass er bei der von seinem Vorgesetzten angeordneten Erschiessung Rakowskis nicht nur mithelfen, sondern sich dessen Tötung als eigene Tat zurechnen lassen wollte.
Wenn man berücksichtigt, dass Stadie trotz seiner Stellung als Verwaltungsleiter des Lagers ein verhältnismäßig mildes Regiment gegenüber den Arbeitshäftlingen führte und deshalb von ihnen auch nicht so gefürchtet wurde, wie die meisten anderen SS-Leute im Lager, muss man davon ausgehen, dass er, hätte er allein zu entscheiden gehabt, niemals den Tod des Lagerältesten Rakowski als Strafe für den verbotenen Besitz von Gold und Geld beschlossen hätte.
Seine Beteiligung an der Tötung des Rakowski lässt sich nur so deuten, dass Stadie entsprechend seiner grundsätzlichen Einstellung zu Befehlen von Vorgesetzten die von Stangl angeordnete Tat befehlsgemäß unterstützen wollte.
Er hat hier also nicht mit Täterwillen, sondern nur als Mordgehilfe (211, 49 StGB) gehandelt.