Die Wirkungen des Eröffnungsbeschlusses vom 6.Mai 1964

Für den von der II. Strafkammer des Landgerichts in Düsseldorf am 6.Mai 1964 erlassenen Eröffnungsbeschluss gilt 207 der Strafprozessordnung in der bis zum 31.März 1965 geltenden alten Fassung.

Der Eröffnungsbeschluss bildet nach dieser Vorschrift die Grundlage des Hauptverfahrens und bestimmt den Umfang des Verfahrensstoffes (vergleiche Schwarz-Kleinknecht, Anmerkung 4 zu 207 und Vorbemerkung 1 vor 198 der 24. Auflage des Kurzkommentars zur Strafprozessordnung).

Die auf Seite 170 unten der Anklageschrift geschilderte Erschießung von drei Häftlingen in der Latrine, die dem Angeklagten Franz zur Last gelegt wird, ist infolge eines offenbaren Versehens nicht in den Eröffnungsbeschluss vom 6.Mai 1964 aufgenommen worden. In einem solchen Falle kann der Vorsitzende des erkennenden Gerichts den Eröffnungsbeschluss durch eine entsprechende Belehrung in der Hauptverhandlung ergänzen und dabei auch die Anklageschrift zur Erläuterung heranziehen (so Schwarz-Kleinknecht, Anmerkung 3 zu 207 StPO sowie RGSt. 59, 360 unten und 361 oben).
Das ist hier durch die in der Hauptverhandlung vom 23.Juli 1965 erteilten weiteren rechtlichen Hinweise geschehen, bei denen in BI7. unter Bezugnahme auf Seite 170 der Anklage der Fall der Erschiessung von mehreren Juden in der Latrine erwähnt wird.

Damit umfasst das vorliegende Strafverfahren auch diesen Vorgang, der lediglich infolge eines Versehens nicht in den Eröffnungsbeschluss mit eingereicht worden ist.

Soweit dagegen in der Anklageschrift und im Eröffnungsbeschluss nicht aufgeführte Exzesstaten von Angeklagten erstmalig durch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung bekannt geworden sind, können sie nicht Gegenstand einer Aburteilung sein, da sie wegen fehlender Eröffnung gar nicht rechtshängig geworden sind. Andererseits bestehen aber keine Bedenken, diese Exzesstaten, soweit sie erwiesen sind, für die Beurteilung des Allgemeinverhaltens der Angeklagten und ihrer inneren Einstellung zur Judenvernichtung in Treblinka heranzuziehen, (vergleiche dazu Schwarz-Kleinknecht, 24.Auflage, Anmerkung 5 zu 264 StPO).