Manchmal fährt weit draußen ein Zug,
Weit draußen, wo Menschen frei leben,
die Vögel schneiden den Himmel im Flug,
Baumwipfel siehst du im Winde wehen.
Ganz weit, hinter Draht und Mauer. –
Draht und Mauer, und du bist tot.
Fühlst du’s nicht? Es ist ungeheuer,
und weit ist das werdende Morgenrot.
„Ich weiß alles, was du willst sagen:
Durchhalten! Kopf hoch, es geht doch vorbei!
So kurz vor Schluß willst du verzagen?
Mal über Nacht werden wir frei!
Du bist so tapfer, so groß ist dein Mut,
doch ich hab’ blutende Hände,
Heute schleppte ich Steine am Gut,
hab’ Hunger und seh gar kein Ende!
Mein Mann ist erschossen, das weißt du genau,
frei sein ohne ihn hat für mich keinen Sinn,
da wäre der schönste Himmel nicht blau,
Du siehst, wie mutlos ich bin.
Ich hab im Kampf mein Teil getragen,
doch dieses Warten hab ich satt!“ –
Man möchte ihr vieles, ja vieles noch sagen,
doch früh lag ihre Leiche am geladenen Draht.
Text: Antonia Bruha
1942 - 1945 in Ravensbrück