Sie beraubten uns ganz und gar:
Der Kleider, des letzten Hemdes,
Und entzogen uns das Recht auf den eigenen Körper,
Hatten alles beherrscht.
Abgemagert, blau vom Foltern
Standen wir als wehrlose Schar
In einem großen Saal,
Wie die Tiere hinter Gittern
Zur Schau gestellt.
Wie ein Sinnbild des restlosen Elends
Sind uns die kahlen Köpfe schwer,
Die Gedanken irren umher,
Schwarz, schläfrig und abgezehrt,
Am Flügel verletzt.
Der Blick, zu Boden geschlagen,
Sieht lediglich, wie sich die Beine
Auf dem elenden Weg
In die neue Wohnstätte wagen,
Eng wie ein Netz.
Die Schenkel, Leiber und Brüste
Brennen vor vergeblicher Scham,
Gelächter, brutal und infam,
Taxieren bei jeder Geste
Das, was deines war.
Diese Schau – ha, wie bedauerlich,
Sie nicht zu sehen, mein Ehrenretter!
Entblößt und erzittert
Erkennst Du mich? Ich gebe Dir die Hand nicht,
Sie ist meine nicht mehr.
Für den gestohlenen Besitz
Geben sie uns ein dunkles Leinenkleid.
Ärmlig und voller Leid,
Mit dem zur Maske erstarrten Antlitz
Geh´ ich mit der Masse von dannen.
Sollst Du meiner ansichtig sein,
Erkennst mich nicht, da ich so verwandelt bin –
Wie ein herabgestürzter Stern,
Wie ein gestoßener Stein,
Der nichts fühlen kann.
(Ravensbrück 20.06.1942)