Alarm! Wach auf! Anstatt zu schlafen
Hoch! Hundert Sirenen heulen im Dunkel der Nacht,
Tausend Flügel schlagen dort an die Sterne.
Der Wind verstummt, als hätt's verschlagen
den Atem der erschrocknen Welt.
Ha, sie fliegen, langsam erstickt unterm Himmel
der Gesang der Schreckensmacht.
Gott selbst -verborgen, ach, in unsichtbaren Fernen
Lauscht, in allmächtigem Schweigen erstarrt,
Gott, Welt und wir.

Sie fliegen, fliegen ... es schluchzt die Welt
In des Erschreckens Zuckung Rettung sich erbettelnd,
Und der Tod, ein wogendes Meer in den Sternen,
Spielt im Rhythmus der Motoren die schreckliche Hymne
Wie über Warschau...
Doch heute bezahlst du deine Schuld woanders, blutige,
Weinende Erde. Nichts hilft dir mehr.
Vergebens sendest du in den Raum den Angstschrei.
Zitterst. Schweißperlen kalten Taus auf deinem Körper.
Sie fliegen nach Berlin!

Schwestern, hört ihr die Flieger heulen?
Leis haben die Gräber im Sand sich geöffnet,
Das Heiligste der Toten kommt zu den Lebenden,
Reicht euch die Hände zu einer mächtigen Kette
Für den nächtlichen Weg.
Steht auf, seid auf dem Pfad der großen Angst
Wegweiser dem fliegenden Tod.

Und sollten wir alle auch heut noch verbrennen,
Fließt doch lebendiges Blut ins Herzen unserer silbernen Vögel
Zu ihrer Stärkung.
Alarm! Wach auf! Anstatt zu schlafen
Horch!

(Ravensbrück März 1943)