SS-Rottenführer
* 09.02.1912 in Krieschow
† 10.04.1962 in Berlin
letzter bekannter Wohnsitz: Berlin Beifußweg 13
vollständiger Name: Riegenhagen Berthold Ernst
Reichsdeutscher
8 Klassen Volksschule
Beruf: Lehrer
ab 01.05.1932
Mitglied der NSDAP
1938
aus der NSDAP ausgeschlossen, nachdem er sich nicht mehr mit den Zielen und Methoden der NSDAP identifizieren konnte, dieses auch öffentlich äußerte und dem Parteigericht schriftlich versichterte, seine Ansichten nicht ändern zu wollen. Zu dieser Zeit war er in einen Kinderheim in Dresden als Erzieher und Diakon tätig - eine Tätigkeit, in deren Rahmen er 1940 Probleme mit der Heimleitung hinsichtlich der gewünschten Erziehung im NS-Geist und "Germanisierung" eines polnischen Waisenjungen hatte.
ab 15.10.1940
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS
vor 1945 Angehöriger der Lagermannschaft im KL Auschwitz
bis 03.02.1944
15.10.1940
Beförderung zum SS-Schützen
Auschwitz, 4. Dezember 1941
Kommandanturbefehl Nr. 33/41
Mit sofortiger Wirkung wird der Angehörige des 3./SS-T-Stuba. Riegenhagen Berthold vom Schutzhaftlager zum SS-T-Sturmbann zurückkommandiert
12.10.1942
Beförderung zum SS-Rottenführer
ab 03.02.1944
Angehöriger der Lagermannschaft im KL Flossenbürg
Gerichtsverfahren nach 1945
08.04.1948
Urteil des Bezirksgerichts in Krakow Az. VII K 1087/47
(Akte kann angefordert werden)
Gerichtsverfahren nach 1945
01.10.1948
Urteil des Obersten Gerichts, Sitzung außerhalb des Gerichtssitzes in Krakow Az. Kr K 1254/48
(Akte kann angefordert werden)
17.02.1949
aus der Haft entlassen
Während seiner Zeit in Auschwitz diente Riegenhagen in verschiedenen Kommandos, allerdings verhielt er (ab hier aus dem erstinstanzlichen Urteil) "sich am korrektesten und freundlichsten, er war ein Freund aller Gefangenen, unabhängig von Rasse, Nationalität und Religion. Er half ihnen fast über die Grenzen seiner Fähigkeiten hinaus, unter Einsatz seiner eigenen Sicherheit und sogar seines Lebens. Der Angeklagte duldete nicht nur, und dies widersprach bereits den Pflichten von SS-Mann, dass die Häftlinge während der Arbeitszeit in den Heizraum des SS-Lazaretts gingen, sich dort ausruhten und "organisiertes" Essen zu sich nahmen, sondern er unterstützte die Häftlinge beim "Organisieren".
Er versorgte kranke Häftlinge selbst mit Lebensmitteln und schmuggelte ihnen Medikamente aus der SS-Apotheke. Der Angeklagte rettete einen an Typhus erkrankten Häftling vor dem sicheren Tod durch Vergasung oder Verbrennung in einem Krematorium und erleichterte damit gesunden Häftlingen den Transport und das Verstecken dieses kranken Häftlings in der Toilette eines SS-Krankenhauses.
Als sich herausstellte, dass die Gefangenen aus der Küche eine Portion genommen hatten, die sie hätten nehmen sollen, meldete der Angeklagte trotz der Anordnung die Gefangenen nicht, obwohl er wusste, dass in diesem Fall der Zeuge Bas "schuldig" war, er aber selbst riskierte, mit Bunker bestraft zu werden.
Der Angeklagte setzte sich einer großen Gefahr aus, indem er die Korrespondenz mit den Häftlingen innerhalb des Lagers erleichterte und sie außerhalb des Lagers schickte oder mitnahm sowie den Häftlingen ermöglichte, ihre Eltern, Kinder und Verlobten zu treffen.
Der Angeklagte genoss das allgemeine Vertrauen der Insassen sogar in der Untergrundorganisation im Lager. Er unterstützte die Häftlinge nicht nur materiell und half ihnen, sondern hielt, entgegen dem herrschenden System der ungeheuerlichen moralischen Misshandlungen im Lager, ihre Stimmung aufrecht, führte lange Gespräche mit ihnen, in denen er den Häftlingen zeigte, dass ein Regime der Art Hitler nicht gewinnen könne, dass sie in ihre Länder und Familien zurückkehren würden.
Wegen dieser freundlichen Haltung gegenüber den Häftlingen wurde er mehrfach der Bunkerstrafen belegt, durch Verfolgung durch SS-Offiziere wie dem Arzt Klöhr (Originaltext - Klöhr ist unbekannt, vermutl. Josef Klehr) und schließlich des im Brief "Führer 8./SS-T.Stuba KL Auschwitz" an den SS-Totenkopf-Sturmbann Auschwitz vom 30. Mai 1943 enthaltenen Verdachts beschuldigt, der Angeklagte sei vorsätzlich krank, "dass er in dem Konzept der Ungerechtigkeit lebt und aufrichtig zugibt, dass er aus dem Konzentrationslager an die Front will", dass er demoralisierend seine Kollegen wirkt.
Wie aus den obigen Feststellungen hervorgeht, hat der Angeklagte nicht nur keine Straftaten zum Nachteil der Lagerhäftlinge begangen, sondern er war ihnen gegenüber äußerst wohlwollend und half ihnen in einer Weise, die ihn einer strengen Verantwortung aussetzte, und er tat es unabhängig von Rasse und Religion.
Der Angeklagte Riegenhagen sabotierte die Anordnungen der deutschen Lagerleitung, beschimpfte seine Vorgesetzten von der SS, zu der er zwangsweise eingezogen wurde, so dass seine Behörden in dem oben zitierten Schreiben erklärt haben, "dass die Gefahr besteht, dass durch die Handlungen (des Angeklagten) seine Kameraden in Gefahr sind".
Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte vor dem Krieg 1938 wegen Ablehnung des NS-Regimes aus der NSDAP-Partei ausgeschlossen wurde, muss man unter diesen Umständen im akzeptieren, dass der Angeklagte weder mit der SS-Organisation noch mit Mitgliedern der Auschwitzer Behörden ideologisch verbunden war, Verwaltung und Personal, denen er gegen seinen Willen zugeteilt wurde, sowie nicht an das gemeinsame Ziel dieser Organisationen gebunden war, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen.
Das Gericht kam daher unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände, unter anderem der Eingliederung des Angeklagten in die Waffen-SS und in das Personals in Auschwitz, und des Gesamtverhaltens des Angeklagten Riegenhagen im Lager Auschwitz, das festgestellt wurde und in dem der Angeklagte Riegenhagen ein vollständiges Bild seiner ablehnenden Haltung und seines Verhaltens gegenüber dem NS-Regime und seinen Anweisungen einschließlich Konzentrationslagern gab, und zu dem Schluss, dass der Angeklagte Riegenhagen keiner dieser kriminellen Vereinigungen angehörte und sprach daher den Angeklagten Riegenhagen frei.
Im Revisionsprozeß am 10.1.1948 des Obersten Gerichts Krakau wurde der Freispruch bestätigt und Berthold Riegenhagen am 17.2.1949 entlassen.
Quelle: Forum der Wehrmacht / Zur Geschichte der Wehrmacht