SS-Obergruppenführer u. General der Polizei
* 04.02.1895 in Klagenfurt (Kärnten)
† 25.03.1949 bei Scheveningen (Walsdorper Flakte)
vollständiger Name: Rauter Johann Baptist Albin
04.02.1895
als zweites von sieben Kindern des Forstrats Josef Rauter in Klagenfurt, Kärnten geboren
1901 - 1906
Volksschule in Klagenfurt
1906/07
Oberrealschule in Klagenfurt
1907 - 1912
I. Staatsoberrealschule in Graz (Matura)
00.10.1912 – 00.02.1915
Studium der Ingenieurwissenschaften an der TH Graz
(Rauter brach das Studium allerdings nach 10 Semester ohne eine Abschlußprüfung ab.)
ab 1913
Mitglied des Corps Joannea
(Das Corps Joannea ist eine Studentenvereinigung in Graz. Joannea ist seit 1919 Mitglied der Kösener SC Association. Mit dem Corps Vandalia, dem Akademischen Corps Teutonia zu Graz und dem suspendierten Corps Danubia bildet Joannea das Seniorenkonvent in Graz. Das Korps ist nach Erzherzog Johann von Österreich benannt , der das Joanneum als Vorläufer der Technischen Universität Graz gründete . Joannea wurde am 9. November 1861 als technische Verbindung mit den Farben Schwarz-Rot-Grün gegründet und ist eine der ältesten Grazer Studentenvereinigungen. Die Reaktivierung des alten Herrenverbandes wurde am 28. Januar 1946 beschlossen, aber erst am 1. August 1951 nach einem Urteil des Verfassungsgerichts anerkannt . Bereits zuvor, im Wintersemester 1950/51, wurde die Aktivitas unter dem Namen „Graecium Student Club“ mit den alten Farben rekonstruiert. Das Kösener-Korps in Österreich wurde seit der Rekonstitution des KSCV am 19. Mai 1951 als Mitglied anerkannt, auch wenn es nicht offiziell an der Rekonstitution beteiligt war. Der Studentenclub Graecium beschloss am 9. November 1951, den Namen Joannea erneut zu verwenden. Die Genehmigung folgte etwas später. 1952 zog das Korps unter seinen alten Farben in das alte Korpshaus ein.)
ab 20.02.1915
Dienst in der Östereichischen Armee (I Weltkrieg)
kam als Einjährig-Freiwilliger zum k. k. Landwehr IR 4 (später Gebirgsschützenrgt. 1)
(Kärntner Gebirgsschützenregiment 1 / letzter bekannter Dienstgrad: Oberleutnant)
(Er kämpfte an den Fronten von Isonzo und Piave und später in Albanien. In Albanien war er für die Bildung eines Korps albanischer Freiwilliger verantwortlich.)
Wahlspruch der Kärntner Freiwilligen Schützen 1915
Wir steh`n wie uns`rer Berge Wand
und werden nicht wanken, noch weichen;
Es führt nur ein Weg ins Kärntnerland:
Der Weg über uns`re Leichen
1915
Beförderung zum Fähnrich d.R.
29.10.1915
am Rhombonhang schwer verwundet
00.10.1916
erneut als Kriegsfreiwilliger gemeldet
24.12.1916 – 00.02.1918
Adjutant und Stabsführer des Bezirkskommandos Djakowa (Neu-Montenegro)
00.02.1918 – 00.09.1918
Kompanieführer im Gebirgsschützen-Regiment Nr. 1 (Piavefront/Albanien)
01.07.1918
Beförderung zum Oberleutnant de Reserve
00.09.1918 - 29.11.1918
Nachrichtenoffizier beim k.u.k. Armeegruppenkommando Albanien, zugeteilt der Bulgarischen Division
30.11.1918 – 00.03.1919
Korpsführer der Studentenwehr in Graz
00.11.1918
Bei seiner Rückkehr nach Österreich wurde er auf dem Bahnhof in Graz von linken Revolutionären entwaffnet. Er war unzufrieden mit dem Chaos, das er fand. Er nannte die Demobilisierung eine "unorganisierte Auflösung". "Als ich im November 1918 als Offizier in Graz demobilisiert werden wollte, wurde ich ausgelacht", erklärte er. „In ganz Österreich gab es kein Unternehmen mehr. Ich habe an den Sieg geglaubt und es fiel mir schwer, meine Ideale aufzugeben. “
ab 1919
Teilnahme am Kärntner Abwehrkampf
(https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4rntner_Abwehrkampf)
19.02.1919
Führer einer Abteilung beim Kampf gegen Kommunisten am Murplatz in Graz
1919
Kompanieführer der 1. Studentenkompanie und Stellvertreter des Führers der Kärntner Akademischen Legion
1919 - 1924
Führer der Grazer Studentenschaft
Winter 1919/ 20
Führer des Grazer freiwilligen Studentenarbeitsdienstes
(Kohlenförderung in den weststeirischen Kohlenrevieren)
1920
Führer der beiden Studenten-Legionen (Graz und Leoben) als Abstimmungsterrorgruppe im Abstimmungsgebiet (Kärnten)
00.05.1921 - 00.07.1921
Führer der Steirischen Legion beim Freikorps Oberland (OS), danach Führer eines österreichischen Freikorps während der Burgenlandbesetzung, Obmann der Studentenkammern beider Hochschulen in Graz, drei Jahre Führer des Studentenbataillons Graz,
(https://de.wikipedia.org/wiki/Freikorps_Oberland)
1921
Gründungsmitglied der antisemitischen Gruppierung „Steirischer Heimatschutz“, deren Stabschef er im selben Jahr wurde.
1921 - 00.11.1933
einer der Führer des Steierischen Heimatschutzes
Herbst 1921 - 19.06.1933
Stabsführer des Steirischen Heimatschutzes
1921
Rauter lernt zum ersten Mal Adolf Hitler kennen, dessen politische Karriere zu dieser Zeit noch recht früh war.
Juli 1927
Führer zweier Jägerbataillone
1927
zweites Treffen mit Adolf Hitler, an dem auch Walter Pfrimer, der Leiter des Steirischen Heimatschutzes, teilnahm. Von diesem Tag an bestanden gute Beziehungen zwischen der Reichsdeutschen NSDAP und dem Steirischen Heimatschutz
1929 - 00.07.1930
Zweiter Bundesstabsleiter der österreichischen Heimatschutzverbände
00.07.1930 - 00.06.1933
Erster Bundesstabsleiter der österreichischen Heimatschutzverbände
00.07.1931
In einer Rede in Kroisbach Mitte Juli 1931 sprach Rauter über die Entwicklung und das Verhältnis zwischen Heimatschutz und Nationalsozialismus:
„Zu unserer Einstellung zu den Nationalsozialisten sei gesagt, daß wir alles vermeiden wollen, was irgendwie zu einer Reibung zwischen den beiden Bewegungen führen könnte. Wir treten für einen rassischen Antisemitismus ein und unterscheiden streng zwischen Volks- und Staatsbürger; nur der Volksbürger hat aktives und passives Wahlrecht.“
12./13.09.1931
Teilnahme am Pfrimer-Putsch
(Der Pfrimer-Putsch am 12. und 13. September 1931 war der erste, gescheiterte Versuch der Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung der demokratischen Republik Österreich. Der Landesleiter des Steirischen Heimatschutzes, der Rechtsanwalt Walther Pfrimer, ließ 14.000 Angehörige der Heimwehr mobilisieren und proklamierte die Machtergreifung im Staat. Ein Provisorisches Verfassungspatent ersetzte die Bezeichnung „Republik“ durch „Bundesstaat“. Der Heimatschutz besetzte einen großen Teil der Obersteiermark, Bürgermeister und Bezirkshauptmänner wurden verhaftet. Nach Vorbild des italienischen Faschismus als Marsch auf Wien geplant, rückten aber nur 600 Mann bis Amstetten vor. Der Putsch brach vor allem wegen der fehlenden Unterstützung durch die Heimwehrverbände der anderen Bundesländer zusammen. Das langsame Vorrücken der Exekutive ermöglichte den Putschisten allerdings die Demobilisierung und die Beiseiteschaffung eines Großteils ihrer Bewaffnung. Die Sympathie in Teilen der politischen Elite und der Bevölkerung führte zum Freispruch Pfrimers und sieben weiterer Heimatschutzführer durch die Geschworenen im Grazer Hochverratsprozess vom 14. bis 18. Dezember 1931.)
13.09.1931
verhaftet und zeitweilig inhaftiert
00.09.1931
Zusammenarbeit mit der NSDAP-Österreich (Verabredung mit Theo Habicht und August Edler von Meyzsner zur Bildung einer Kampfgemeinschaft aus Heimatschutz und NSDAP)
22.04.1933
Im Liezener Abkommen vom 22. April 1933 wurde das zweite Kampfbündnis beschlossen, an dessen Verhandlung neben Hanns Rauter auch Theo Habicht und Hermann Reschny beteiligt waren. Das Abkommen garantierte die organisatorische Selbstständigkeit des Heimatschutzes und betonte zugleich, dass es sich beim Bündnis um keine Unterordnung des Heimatschutzes unter die NSDAP handle.
01.05.1933
Am 1. Mai brachen mit Kammerhofer, Rauter, Pichler und Polten die Führer des Heimatschutzes zusammen mit den Führern der Hitlerbewegung in der Steiermark nach Berlin auf, wo sie dem Reichskanzler Hitler und dem Reichspräsidenten Hindenburg ihre Treue schworen
01.05.1933
Gelöbnis auf Adolf Hitler in der Reichskanzlei (wurde jedoch kein NSDAP Mitglied)
07.05.1933
Am 7. Mai 1933 hielten Nationalsozialisten und Heimatschützer gemeinsam am Grazer Opernring eine Demonstration ab – unter den Teilnehmern auch Stabsleiter Rauter – die nach wiederholten „Heil Hitler!“ Rufen und Sprechchören gegen die Regierung von der Sicherheitswache gewaltsam beendet wurde.
00.06.1933
Im Zuge der Grazer Studentenkrawalle wurde Rauter im Juni 1933 verhaftet.
Nach seiner Freilassung flucht nach Deutschland und Abkommandierung in die Landesleitung Österreich der NSDAP (München), wo er maßgeblich an den Eingliederungsverh. für den Steir. Heimatschutz in die NSDAP beteiligt war.
00.07.1933
Rauter hält am 12. Juli im Bayrischen Rundfunk seine erste Rede
Im Anschluss an seine Rede erstattete die Grazer Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Rauter wegen Hochverrats. Gegen die beiden anderen führenden Persönlichkeiten des aufgelösten Steirischen Heimatschutzes, Kammerhofer und Meyszner, wurde keine Anzeige erstattet, da Kammerhofer außerhalb des Grazer Stadtgebietes wohnte und Meyszner Immunität genoss. Ab diesem Zeitpunkt ging es für Rauter in Punkto Karriere nach oben.
00.09.1933
von der österreichischen Bundesregierung ausgebürgert und steckbrieflich gesucht
09.11.1933 - 17.10.1934
Im November 1933 wurde er von SA-Obergruppenführer Reschny in dessen Stab aufgenommen und leitete bis Herbst 1934 die von ihm selbst gegründete sog. Kampfgruppe der Dt.-Österreicher im Reich.
04.08.1934 - 01.02.1937
Stellvertreter des Leiters der Abwicklungsstelle der Landesleitung Österreich der NSDAP (München), zugleich Mitglied des Vorstands des VDA (Berlin)
(Der spätere Generalkommissar für das Sicherheitswesen in den Niederlanden Hanns Rauter wurde am 4. August – unmittelbar nach dem „Juliputsch“ – von Rodenbücher als sein Stellvertreter in die Abwicklungsstelle der Landesleitung der österreichischen NSDAP beziehungsweise in das „Hilfswerk für Flüchtlinge und Hinterbliebene“ zu sich berufen
00.08.1934
Beförderung zum SA-Obersturmbannführer
01.09.1934 - 11.03.1938
Sachbearbeiter des illegalen Hilfswerks für Österreich in der Reichsleitung der NSDAP
1934
Beförderung zum SS-Standartenführer
20.02.1935
Übernahme in die SS (Mitglieds Nu. 262 958) Bis 1940 war er Leiter der SS-Südostabteilung in Breslau.
20.02.1935
Beförderung zum SS-Oberführer
20.02.1935 - 00.04.1936
Offizier zbV im Persönlichen Stab Reichsführer-SS
00.02.1936
Im Februar 1936 entschied sich Reichsschatzmeister Schwarz gegen die in Venedig beschlossene Anerkennung. Rauter stellte daraufhin einen Antrag auf rückwirkende Aufnahmen in die Partei. Im beiliegenden Fragebogen zum Antrag verweist er darauf, dass er Mitglied der Landesleitung der österreichischen NSDAP gewesen sei. Nach dem „Anschluss“ hätte Rauter einen Erfassungsantrag stellen können, aber dies hätte bedeutet, dass er erst mit 01.05.1938 Mitglied der Partei gewesen wäre, was für ihn nicht in Frage kam. Die Mitgliedschaft in der NSDAP beschäftigte Rauter noch Jahre danach, als er schon HSSPF und Generalkommissar für das Sicherheitswesen in den Niederlanden war.
1937
Rauter heiratet eine 22 Jahre jüngere Frau, mit der er fünf Kinder hatte
(Seine Frau Else, die 22 Jahre jünger war, starb 2005)
ab 1937
Stabschef des Höheren SS- und Polizeiführers in Schlesien, Bach-Zelewski.
1938
Rauter rückt an der Spitze der Österr. Legion in Österr. ein und war im selben Jahr maßgeblich an den Ausschreitungen gegen die jüd. Bevölkerung in Breslau/Wroclaw (Reichskristallnacht) beteiligt.
13.03.1938
als Polizeidirektor in Wien in Aussicht genommen
19.03.1938
von der Verwendung als Polizeidirektor entbunden und (in Vertretung des erkrankten SS-Gruppenführers Alfred Rodenbücher) mit der stellvertretenden Führung des Hilfswerks für Flüchtlinge und Hinterbliebene der NSDAP (Berlin) und der SS-Sammelstelle beauftragt,
Berlin, den 25.03.1938
Das SS Zivilabzeichen Nr. 69 043, Inhaber SS-Oberführer Rauter Hanns, SS Nr. 262 958, Stab RFSS ist zu Verlust geraten. vor Mißbrauch wird gewarnt.
SS-Ergänzungsamt
00.04.1938
erfolglos zur Reichstagswahl vorgeschlagen
00.08.1938
August 1938 endete sein Dienst als Stabsführer und Stellvertreter im NSDAP-Flüchtlingshilfswerkin Berlin.
20.10.1938
am 20. Oktober 1938, ernannte ihn der RFSS Himmler zum Stabsführer des SS-Oberabschnittes Süd-Ost, Breslau
01.11.1938 - 12.06.1940
Stabsführer des SS-Oberabschnittes Südost (Breslau)
08.11.1938
Dienstantritt
(Seinen Dienst als Stabsführer in Breslau trat er am 8. November an. Vermutlich beteiligte sich Rauter auch an den Ausschreitungen beziehungsweise an der Zerstörung der Synagoge in Breslau während des Novemberpogroms 1938. Unmittelbar nach seiner
Ankunft in Breslau begannen die Ausschreitungen gegen die dortige jüdische Bevölkerung. Grund zur Annahme, dass sich Rauter an den Gewaltaktionen in der Pogromnacht beteiligte, gibt ein Schreiben vom HSSPF von dem Bach Zelewski, in welcher dieser Rauter für eine Beförderung aufgrund seiner Verdienste während dieser Nacht – vorschlug:
„Besondere Verdienste hat sich SS-Oberführer Rauter bei der reibungslosenDurchführung der Judenaktion am 9./10. November 1938 erworben.“
Dies nahm Himmler zum Anlass Rauter im Dezember 1939 zum SS-Brigadeführer zu befördern. Zwei Monate später ließ der RFSS Rauter mitteilen, dass er von Hitler für den Dienst als Höherer SS- und Polizeiführer vorgesehen sei, aber Einsatzzeit und Einsatzort noch nicht genau festgelegt wären.
21.12.1939
Beförderung zum SS-Brigadeführer
29.01.1940
Beförderung zum SS-Brigadeführer (mit Patent vom 21. 12.1939)
01.02.1940 - 29.02.1940
zur Dienstleistung beim Inspekteur der Sicherheitspolizei in Breslau kommandiert und Einarbeitung beim SD Leitabschnitt Breslau, Stapo-Leitstelle Breslau, Kripo-Leitstelle Breslau, Stapo-Stelle Kattowitz und SD-Abschnitt Kattowitz
01.03.1940 - 31.03.1940
zur Dienstleistung beim Inspekteur der Ordnungspolizei in Breslau abkommandiert (04.03.1940 Dienstantritt)
23.05.1940 - 1945
Höherer SS- und Polizeiführer beim Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete (Den Haag), zugleich Führer des SS-Oberabschnitts Nordwest und Gerichtsherr des SS- und Polizeigerichts Nordwest, zugleich Beauftragter des RKF für die Niederlande
12.06.1940 - 1945
Generalkommissar für das Sicherheitswesen beim Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete
(Das Generalkommissariat für das Sicherheitswesen wurde mit dem Kärntner Hanns Rauter besetzt, der als Höherer SS- und
Polizeiführer (HSSPF) gleichzeitig auch Heinrich Himmler unterstand und somit eine Doppelfunktion inne hatte.)
09.11.1940
Dienststellung eines Generalmajors der Waffen-SS
20.04.1941
Beförderung zum SS-Gruppenführer u. Generalleutnant der Polizei
31.07.1941
In einem Schreiben an den Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, vom 31.07.1941 meldet er dem SS-Personalhauptamt, dass er noch immer nicht Mitglied in der NSDAP sei und verweist dabei zugleich auf das Abkommen von Venedig. Rauter fordert zur Klärung dieses Falles auf:
„Ich melde, dass ich noch nicht Mitglied der NSDAP bin (Venediger Abkommen Steirischer Heimatschutz). In diesem Venediger Abkommen wurden. im Jahre 1933 den Mitgliedern des Steirischen Heimat-Schutzes von der NSDAP weitgehende Zusagen in Angelegenheit der Mitgliedschaft gemacht, die nicht durchgeführt worden sind und meine ganze ehemalige Kameradschaft ist darob arg
verbittert und bedrängt mich deshalb ununterbrochen mit Briefen, eine Klärung beim Führer durchzuführen. Solange diese Klärung nicht erfolgt, kann ich aus psychologischen Gründen heraus mich nicht um eine Mitgliedsnummer bewerben, andererseits sehe ich nicht ein, eine Mitgliedsnummer von 6½ Millionen zu bekommen und damit schlechter gestellt zu werden als Marxisten und Christlichsoziale, die im Jahre 1934 oder gar 1937 der NSDAP beigetreten sind. Da jetzt während des Krieges die Regelung dieser Frage sehr schwer ist, werde ich bei nächster Gelegenheit nochmals mit dem Reichsführer die Frage durchsprechen und ihn bitten, die Sache in einer Aussprache mit Reichsleiter Bormann zu bereinigen.“
12.09.1940
Am 12. September 1940 übermittelte Rauter eine schriftliche Antwort an Wimmer auf einen der in Ausarbeitung befindlichen Entwürfe. Rauter verwies dabei auf die sich ergebenden Schwierigkeiten, sollte es bei einer vorgesehenen Meldefrist für „Juden“ innerhalb von nur 20 Tagen bleiben. Eine Registrierung aller „Juden“ in den Niederlanden sei in dieser kurzen Zeit allein technisch nicht zu ermöglichen. Dies wäre, so der HSSPF, problematisch, schließlich müsse der Kreis der Meldepflichtigen auch die sogenannten„Mischlinge“ bis hin zu den „Mischlingen 2. Grades“ umfassen.
11.02.1941
Während der Ereignisse am 11. Februar befand sich der HSSPF nicht in Amsterdam, sondern hielt sich auf Grund eines Krankenurlaubs in Bad Gastein auf. Die Vorfälle in Amsterdam nahm er zum Anlass für einen abrupten Abbruch seines Österreichaufenthalts, um sich sofort wieder in dieNiederlande zu begeben.
16.02.1941
Während der Zusammenstöße auf dem Waterlooplein, der Abriegelung des „Judenviertels“ und der Einrichtung des Ghettos hielt sich der HSSPF noch in Österreich auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit waren die Ereignisse der Anlass, der ihn zum Abbruch seines Krankenurlaubs
brachte. Am Abend des 16. Februar befand er sich wieder im Reichskommissariat. Nach seiner Ankunft fand er – laut eigenen Angaben – stark „verwirrte Verhältnisse“ vorfand. Ein paar Tage später schickte er einen Lagebericht an Himmler, wo er über die aktuelle Situation Bericht erstattete. In seinem Rapport beklagte sich der Brigadeführer bei seinem Vorgesetzten, dass sich die WA in den Niederlanden an keine Vereinbarungen halte und willkürlich gegen die Bevölkerung vorgehe. Sein Plan sei deshalb gegen die WA-Führung, gegen die „Nederlandse Unie“ und gegen die Polizei einzuschreiten, um die Situation in der Stadt wieder unter Kontrolle zu bringen und für Ruhe zu sorgen. Rauter äußerte sich in seinem Bericht auch zu den Zusammenstößen am Waterlooplein und der Koco-Affare. Im Fall des „Juden“ Cohn freue er sich, einmal hart durchgreifen zu können, um damit in Amsterdam endlich ein Exempel statuieren zu können. Was genau Rauter unter „hartes Durchgreifen“ gegen Cohn verstand, formulierte er in seinem Brief nicht genauer aus, allerdings demonstrierte er ein paar Tage später, was er unter der Bezeichnung „Statuierung eines Exemples“ verstand. Als Reaktion auf die Ereignisse in der Eisdiele ordnete der Österreicher eine Vergeltungsrazzia an, die für ein Ende der Unruhen in Amsterdam sorgen sollte. Rauter befahl eine Razzia, bei der 400 männliche „Juden“ festgenommen und in ein nationalsozialistisches Konzentrationslager deportiert wurden.
22.02.1941
Die erste Razzia wurde am 22. Februar durchgeführt. 600 Mann der Ordnungspolizei riegelten das „Jüdische Viertel“ ab und begannen gegen die Bewohner_innen vorzugehen.
(400 „Volljuden“ im Alter zwischen 20 und 35 Jahren wurden gefangen genommen und in ein deutsches Konzentrationslager verbracht. DerGeneralkommissar für das Sicherheitswesen und Höhere SS- Polizeiführer [Hanns Rauter] macht darauf aufmerksam, dass diese Maßnahme eine Vergeltungsmaßnahme ist, die von der deutschen Besatzungsmacht verordnet worden ist. Jede Demonstration, welcher Art auch immer, und Erscheinungen dergleichen werden als gegen die Besatzungsmacht aufgefasst und durch die deutschen Sicherheitsorgane direkt unterdrückt und niedergeschlagen.)
Die Ordnungspolizei drang an diesem Nachmittag in Häuser ein, überwältigte die sich darin befindenden Menschen und schleifte sie gewaltsam auf die Straße. Männer, Frauen und Kinder wurden dabei gleichermaßen terrorisiert und misshandelt, wie all jene Personen, die versuchten sich gegen die rücksichtslosen Übergriffe zur Wehr zu setzen. Die festgenommenen jüdischen Männer brachte man zum Jonas Daniel Meijerplein, wo sie sich in mehreren Reihen aufzustellen hatten und weiteren Schikanen ausgesetzt waren. Mitglieder der Ordnungspolizei zwangen sie in den umliegenden Gassen zu einem Spießrutenlauf, was von einem Überlebenden der Deportation nach Ende des Krieges folgendermaßen protokolliert wurde:
„Wij allen waren opgesteld in rijen van 5 man, Wij gingen toen met drie rijen van 5 in loopüas naar Huize Bob. Bij de Blauwbrug kwamen er nog 2 a 3 rijen van 50 man bij en later, toen we de Amsterstraat doorgingen, kwamen er nog 100 man bij (allen steeds in looppas). Toen wij op het Jon. Dan. Meijerplein aankwamen, zagen wij al heel veel Joden in een carree opgesteld, en naar mijn schatting ongeveer 200, met handen in de hoogte. Wij liepen (nog steeds hollend) het plein over, waar een heel steel Groenen opgesteld stonden, met leren riemen bewapned. Wij moesten daar langs en die lui rosten er maar steeds op los. Ik probeerde steeds onder de slagen doort te komen, Iedere keer als hij geslagen had, moest hij natuurlijk die riem weer omhoog halen en dan dook ik er onder door. Toen moesten wij ons weer in rijen opstellen en werd ons gevraagd of wij inhet bezit van wapens waren.“
(Aussage Kroonenberg)
Mit dem Gewehr im Anschlag schrien sie uns an, dass die Männer zwischen 18-35 Jahren antreten müssten. Die Leute waren ungeheuer nervös, aber ich dachte, dass sie nichts anderes tun würden als uns auf Waffen zu durchsuchen. Ich habe mich dann auch auf die Bühne gestellt und habe den Leuten gesagt: „Macht euch nicht nervös, bleibt ruhig, wir werden nur auf Waffen untersucht.“ Es kam ein Deutscher auf mich zu und fragte wer ich sei. Ich antwortete, dass ich der Direktor sei, worauf ich zwischen den zwei deutschen Offizieren nach draußen mitgenommen wurde. Als ich auf der Straße stand fand ein Zwischenfall statt: Während ich hinaus begleitet wurde, flog ein Junge, der von den Deutschen verfolgt wurde, in unser Kino herein. Ein Deutscher rief zu den Offizieren: „Es fliegt ein Jude ins Kino“!!!
Der Deutsche drehte sich um, wodurch ich die Möglichkeit bekam, um nach oben zu fliehen, über das Dach auf die andere Seite der Bühne, wo ich eine Luke aufmachte, durch die ich wieder hinunter konnte. Dort hielt ich mich versteckt bis die Deutschen wieder weg waren. Als ich merkte, dass sie weg waren, kam ich heraus, wusste jedoch nicht was passiert war. Ich hörte dann auch, dass sie die Jungen gefasst hatten.
23.02.1941
Die Vergeltungsaktion der Ordnungspolizei an jenem Samstag brachte aber nicht die geforderte Anzahl an Juden in Gefangenschaft, weshalb am folgenden Tag eine weitere Razzia durchgeführt wurde. Diese Polizeiaktion am 23. Februar unterschied sich in ihrer Brutalität und Vorgehensweise dabei kaum von jener des Vortages. Insgesamt wurden an den zwei Tagen 425 jüdische Männerverhaftet und von Amsterdam in das Lager Schoorl in der Provinz Nordholland verschleppt.
Schon während des Transportes ins Lager zeigte sich der Sadismus und die Brutalität, denen die inAmsterdam verhafteten Juden ab diesem Zeitpunkt ausgesetzt waren
25.02.1941
Rauter selbst befand sich am 25. Februar nicht in Amsterdam, sondern hielt sich noch in Den Haag auf. Er ließ sich laufend über die Ereignisse in Amsterdam und den anderen Streikregionen informieren und versuchte alles, um die Erhebungen zu einem Abbruch zu bringen. Umgehend setzte der HSSPF die deutschen Polizeibataillone und die beiden SS-Totenkopf-Infanterie-Regimenter in Bereitschaft. Dem Amsterdamer Polizei-Bataillon erteilte er den Auftrag Ansammlungen aller Art zu zerstreuen, zuerst mit aufgesetztem Bajonett und – bei Widerstand – mittels Gebrauch der Schusswaffe. Warnschüsse in die Luft abzugeben wurde dabei von Rauter ausdrücklich verboten Es kam aber zu keinem Ende des Streiks, sondern die Aktionen setzten sich den ganzen Tag über fort. Rauter nahm dies zum Anlass, um am Abend des 25. Februar Böhmcker zu beauftragen dem „Judenrat“ in Amsterdam ein Ultimatum zu stellen, nämlich dass: „am nächsten Tage weitere 300 Juden verhaftet werden sollen, falls der Streik am 26. Februar nicht gebrochen sein sollte. Falls der Streik bis dahin [26. Februar] nicht gebrochen ist, plant der Höhere SS- und Polizeiführer [Hanns Rauter] die Verhaftung weiterer 300 Geiseln und die Veröffentlichung eines Plakates, worin mitgeteilt wird, daß – da noch weiterhin gestreikt wird – am 26.2. 300 weitere Juden verhaftet worden sind, und daß – falls der Streik am 27.2. in der Frühe noch nicht beendet ist – weitere 'Judenkontingente' in Haft genommen werden.“
Neben der Drohung, weitere Juden in Geiselhaft nehmen zu lassen, beauftragte Rauter den Befehlshaber der Ordnungspolizei noch am Abend das Polizei-Bataillon aus Assen zur Verstärkung des Amsterdamer Polizei-Bataillons nach Amsterdam zu schicken. Das Bataillon aus Assen sollte sich rechtzeitig in Bewegung setzen, damit es am 26. Februar um 05:00 Uhr in der Stadt sei.
Zusätzlich zum Polizei-Bataillon aus Assen forderte der HSSPF für einen weiteren Tag den Verbleib des SS-Bataillons aus Haarlem zur Säuberung der Strasen in Amsterdam. Am Abend des 25. Februar traf das SS-Totenkopf-Bataillon aus Zandvoort in Amsterdam ein und unternahm einen motorisierten Marsch durch die Streikzentren. Rauter verhängte für den selben Abend ein Ausgehverbot für die Amsterdamer Zivilbevölkerung nach 19:30 Uhr. Dieses Verbot wurde aber nicht von allen befolgt, und das SS-Totenkopf-Bataillon ging in verschiedensten Fällen unter Schusswaffengebrauch gegen die Bewohner_innen vor. Um jegliche weitere Widerstands- und Streikaktionen zu unterbinden, fuhr das Polizeibataillon bzw. das SS-Bataillon die ganze Nacht Streife und unterstützte die Sicherheitspolizei bei der Verhaftung von Streikenden.
26.02.1941
Trotz der Versuche Rauters, den Streik durch Drohungen niederzuschlagen, wurden die Aktionen am folgenden Tag fortgesetzt. Nur vereinzelt gab es Arbeiter_innen, die wieder zu ihren Dienststellen zurückkehrten. Einzelne Angestellte im öffentlichen Verkehr wollten ihre Arbeit wieder aufnehmen, wurden aber daran gehindert. In Amsterdam demonstrierten wie am Vortag große Menschenmengen in den Straßen.428 Geschäfte und Gastwirtschaften hatten an diesem Tag geschlossen, die Straßenbahnen blieben stehen und wurden in den Vorstädten teilweise von den Streikenden umgeworfen. Die Aktionen blieben aber nicht regional auf Amsterdam beschränkt, sondern dehnten sich auf andere Städte und Betriebe in der Provinz Nordholland aus. Zudem kam es im Laufe des zweiten Streiktages zu Zusammenstößen mit der deutschen Ordnungspolizei, nachdem Niederländer_innen die deutsche Wehrmacht mit Beleidigungen überhäuft hatten.
Aus Flugblättern ging hervor, dass innerhalb der Bevölkerung große Empörung über die Deportation der 400 Juden herrschte und die Angst umging, dass niederländische Werftarbeiter zur Zwangsarbeit ins Reich verschleppt werden könnten.
Um die Lage unter Kontrolle zu bringen und den Streik schnell zu beenden fand um 11:00 Uhr vormittags in Den Haag eine Besprechung im Büro des Wehrmachtsbefehlshabers statt. Daran beteiligten sich der Wehrmachtsbefehlshaber Friedrich Christiansen, gemeinsam mit seinem
Generalstab, sowie die vier Generalkommissare – einschließlich des HSSPF Hanns Rauter. Da ein Ende des Streiks nicht absehbar war und Angst vor einer Ausbreitung der Aktionen bestand, verlangte der Wehrmachtsbefehlshaber das Eingreifen der Wehrmacht und die Zustimmung für die Übernahme der vollziehenden Gewalt durch seine Person. Der HSSPF – als der für solche Fälle vorgesehene Vertreter des Reichskommissars – stimmte in Abwesenheit Seyß-Inquarts und nach Rücksprache mit den anderen Generalkommissaren Fischböck, Schmidt und Wimmer zu, dass der Wehrmachtsbefehlshaber in der Provinz Nordholland die vollziehende Gewalt übernehmen und der Ausnahmezustand über die Region verhängt würde. Auch der Reichsführer-SS Himmler, der sich per Telefon meldete, genehmigte Christiansen die Befugnisse und gab Rauter die Vollmacht über die Anwendung verschärfter Verhandlungsmethoden, zur leichteren Erfassung der Streikurheber, sowie eine weitere Vollmacht für die Verhaftung von kommunistischem Gesindel und deren Abtransport ins Reich – gegebenenfalls bis zu einer Stärke von 1.000 Mann.
Gleich im Anschluss an die Besprechung wurde der Wehrmachtsbefehlshaber aktiv und verbot in einer öffentlichen Bekanntmachung jegliche Form der Versammlung und Kundgebung bzw. forderte in dieser die Streikenden, unter Androhung von Zuchthaus und Todesstrafe, dazu auf
wieder ihre Arbeit aufzunehmen: „Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung und alle Massnahmen, die durch den mit der Führung beauftragten Befehlshaber getroffen werden, unterliegen den deutschen Kriegsgesetzen und werden durch das deutsche Kriegsrecht abgeurteilt. Danach wird, soweit nicht noch schwerere Strafgesetze verletzt sind, insbesondere bestraft, wer zum Streik hetzt oder dazu auffordert oder die Arbeit einstellt, mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren.
Handelt es sich um wehrwichtige Betriebe, wozu auch alle allgemein lebenswichtigen Betriebe gehören, so kann auf Todesstrafe erkannt werden.“
Rauter fuhr nach der Zusammenkunft in Den Haag umgehend zur Außenstelle der Sicherheitspolizei nach Amsterdam, wo er die Kontrolle über die gesamte SS und die Polizei persönlich übernahm. Polizei und SS sollten gemeinsam die gesamten Exekutivmaßnahmen
durchführen. Sofort nach seiner Ankunft in Amsterdam veranlasste er schärfere Maßnahmen und gab der SS-Totenkopf-Standarte aus Den Haag dementsprechende Instruktionen. Diese fuhr auf Motorrädern durch die Stadt und ging gegen die Streikenden vor. Straßenecken wurden von der Waffen-SS besetzt, in den Straßen wurde geschossen und es gab zahlreiche Verletzte. In der Zwischenzeit beauftragte Rauter den Amsterdamer Bürgermeister dafür zu sorgen, dass das Gemeindepersonal am Folgetag wieder seine Arbeit aufnimmt. Bereits in den Nachtmittagsstunden folgten erste Verhaftungen von Kommunist_innen. Die SS- und Polizeibataillone durchsuchten Amsterdam nach einem einheitlichen Plan, mit dem Befehl scharfstens vorzugehen und Ansammlungen und Demonstrationen gegebenenfalls unter Schusswaffengebrauch zu unterdrücken und rücksichtslos dabei vorzugehen. Durch den intensiven Einsatz der SS kam es bereits nach
kurzer Zeit zu einer Niederwerfung des Streiks und gegen 20:00 Uhr herrschte in Amsterdam wieder völlige Ruhe – der Streik war gebrochen.
27.02.1941
Am 27.02.1941 fuhren bereits wieder sämtliche Straßenbahnen der Stadt. Trotz der Maßnahmen war man sich auf Seiten der Besatzungsmacht jedoch nicht sicher, ob die Streikaktionen in Amsterdam und den umliegenden Städten nun tatsächlich beendet waren oder ob die Gefahr weiterer Proteste bestand. Am 27.02.1941 zeigte man sich noch besorgt darüber, dass die Streikenden möglicherweise weitere Aktionen gegen die Besatzungsmacht setzen könnten. Um den Ausbruch einer neuen Streikwelle zu verhindern, ließ Rauter in jeder Amsterdamer Straßenbahn einen deutschen Polizisten oder einen niederländische Marechausee-Beamten mitfahren, die den Befehl hatten, sofort von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, wenn der Schaffner oder der Fahrer an seiner Arbeit gehindert werden sollten. Zusätzlich kontrollierten motorisierte Streifen der SS und der Polizei den Straßenbahnbetrieb. In den Betrieben in Hilversum, Haarlem und den übrigen Gebieten in der Provinz Nordholland, wo die Arbeiter_innen in den letzten beiden Tagen nicht zum Dienst angetreten waren, wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Rauter hielt sich gemeinsam mit dem Befehlshaber der Waffen-SS und dem Befehlshaber der Ordnungspolizei weiterhin in Amsterdam auf, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, ob irgendwo in der Stadt bzw. in der Provinz mögliche Erhebungen entstehen könnten. Dies war nicht der Fall. Überall wurde die Arbeit wieder aufgenommen, mit Ausnahme der Gemeinde Zaandam, wo in zwei Betrieben die Arbeiter_innen nicht wieder vollständig zum Dienst angetreten waren. Rauter begab sich sofort persönlich nach Zaandam, nahm dort umgehend mit dem Polizeikommissar und den Betriebsführern Kontakt auf und übergab
diesen ein Ultimatum bis 01:00 Uhr mittags. Sollten bis dahin nicht alle Arbeiter_innen wieder an ihrem Platz sein, drohte er mit der Verhaftung aller fehlenden Personen, um sie dem Kriegsgericht des Luftgaues zu überstellen. Das Ultimatum des Österreichers zeigte Wirkung und bereits um 12:30 Uhr hatten sämtliche Arbeiter_innen in Zaandam wieder ihren Dienst angetreten. Neben der Gemeinde Zaandam gab es am 27. Februar auch in Amsterdam einige kurze Versuche, Protestaktionen gegen das Okkupationsregime zu starten. Im „Jüdischen Viertel“ wurde dieser Versuch von der SS mittels Warnschüssen in die Luft aber rasch wieder beendet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Rauter nicht mehr in Amsterdam, sondern wieder in Den Haag. Als er von den Protestversuchen informiert wurde, schickte er umgehend ein Telegram an die Außenstelle der Sicherheitspolizei in Amsterdam, in welchem er sich über die Vorgangsweise der SS beschwerte und er diese instruierte, wie sie bei zukünftigen Demonstrationen und Aktionen vorzugehen hätte:
„Ich habe gehört, dass die SS im Judenghetto auf Ansammlungen mit der MP geschossen hat, dass aber keinerlei Verletzte zu melden sind. Was soll das bedeuten? Ich bitte sie, ihren Zug- und Kompanieführer und auch dem Kommandeur der Ordnungspolizei sowie dem
Verantwortlichen Führer der Sicherheitspolizei einzuschärfen, dass der Ausnahmezustand immer noch andauert. Danach sind Zusammenrottungen und Zusammenballungen aller Art auf der Straße verboten. Gegen solche Zusammenrottungen oder Demonstrationen wird sofort mit der Waffe vorgegangen. Ich habe ausdrücklich verboten, dass Warnschüsse in die Luft abgegeben werden. Während des Ausnahmezustandes wird in solchen Fällen nur scharf geschossen.“
Noch am selben Tag sandte Rauter ein Fernschreiben an alle Außenstellen der Sicherheitspolizei. Da im Laufe des Amsterdamer Streiks eine große Anzahl von Juden in die niederländischen Provinzen geflohen war, veranlasste er die örtlichen Polizeibehörden Maßnahmen zu treffen, um die Geflohenen wieder nach Amsterdam zu bringen. Dazu wendete er sich an den Joodsche Raad, deren Vorsitzenden er versicherte, keine weiteren Festnahmen gegen die aus Amsterdam geflüchteten Juden zu veranlassen. Eine Flucht der jüdischen Bevölkerung aus der Stadt bedeutete einen Kontrollentzug für die Behörden, die Polizei- und die SS-Einheiten, was die Funktionäre der Besatzungsmacht unbedingt verhindern wollten. Rauter forderte deshalb den „Judenrat“ zu einer Radiomitteilung auf, die sich an die jüdische Bevölkerung richtete: Juden
sollten sich in Zukunft vom politischen Leben fernhalten, sollten sie trotzdem politisch in Erscheinung treten, dann würde mit der Verschickung in ein Konzentrationslager vorgegangen werden. Um zukünftig weitere Fluchtaktionen aus der Stadt zu verhindern war es Juden ein paar Wochen später verboten, das Stadtgebiet von Amsterdam zu verlassen. Diese Maßnahme wurde vom Wehrmachtsbefehlshaber Christiansen, nachdem sie zuvor vom HSSPF veranlasst worden war, umgesetzt.
Im Anschluss an die Streiktage bestand in der Nazi-Führung Panik vor möglichen weiteren Aktionen und man zeigte sich besorgt darüber, dass die Amsterdamer Gemeindepolizei nicht entsprechend gegen die Bewegung vorgegangen war. Befürchtungen kursierten, dass die Polizei möglicherweise Sympathien für die Aufständischen hegte. Dies nahm der HSSPF Rauter sofort zum Anlass, um bei seinem Vorgesetzten, Heinrich Himmler, einen neuen Polizeipräsidenten für die Stadt Amsterdam zu fordern, mit der Begründung, dass er bis jetzt keinen verantwortungsvollen Niederländer für diese Position gefunden hätte. Rauter unterbreitete Himmler deshalb den Vorschlag, den Bremer SS-Oberführer Schröder als Polizeipräsidenten nach Amsterdam zu versetzen.
Gleich nach den beiden Streiktage wurde der niederländischen Bevölkerung eine Geldstrafe auferlegt. Auf Rauters Initiative – wofür er vom Reichskommissar Seyß-Inquart extra eine Ermächtigung bekam – bzw. im Einvernehmen mit dem Reichskommissar sowie dem
Wehrmachtsbefehlshaber hatten die drei Städte Amsterdam, Hilversum und Zaandam eine
Sühneleistung zu bezahlen. Amsterdam musste 15 Millionen Gulden, die Stadt Hilversum 2.5 Millionen Gulden und Zaandam 500.000 Gulden aufbringen. Die Summe hatten all die Bewohner_innen zu zahlen, deren jährliches Einkommen mehr als 10.000 Gulden betrug. Das Geld wurde in Form einer Sondersteuer eingehoben. Einen Monat nach dem Streik gab Seyß-Inquart einen Runderlass an die Generalsekretäre in den niederländischen Ministerien aus, der sich gegen alle Beamt_innen, Angestellten und Arbeitenden des öffentlichen Dienstes richtete, die sich an den Streikaktionen beteiligt hatten. Alle Beamt_innen, Angestellten und Arbeitenden des öffentlichen Dienstes, die zu dem Streik mittelbar oder unmittelbar aufforderten, wurden fristlos gekündigt bzw. jene, die sich an der Streikaktion beteiligten, wurden mittels einer Gehalts- und Lohnkürzung bestraft. Hatte eine Beamt_in, ein Angestellter oder eine arbeitende Person des öffentlichen Dienstes an dem Streik teilgenommen und sich in polizeilicher oder gerichtlicher Haft befunden, dann bekam diese Person weder Gehalt noch Lohn ausbezahlt.
04.03.1941
In einem Geheimschreiben an den Wehrmachtsbefehlshaber, welches Rauter eine gute Woche nach der Razzia verfasste, äußerte sich der österreichische Generalkommissar zu der Geiselaushebung folgendermaßen:
„Mit Rücksicht auf diese neuerliche jüdische Frechheit [Rauter meint hier die Koco-Affare und dem Tod von Hendrik Koot] habe ich nach Rücksprache mit dem Reichsfüher-SS [Himmler] und dem Reichskommissar die Aushebung von 425 jüdischen Geiselnim Alter von 20 – 35 Jahren veranlaßt.
05.03.1941
am 05. März ließ Rauter eine öffentliche Anordnung bekannt geben,in der er folgende Konsequenzen für Streikende ankündigte:
„1) Streikhetzer oder Leute, die in Wort oder Schrift zur Unruhe oder [zum] Streik aufhetzen oder solche Aufforderungen verbreiten oder weitergeben, werden dem Kriegsgericht des Luftgaukommandos ueberstellt, sie spielen mit ihrem Köpfe.
2) Arbeiter, die in Zukunft irgend eine Art des Streikes durchführen, würden ausserdem damit bestraft, dass der Arbeitgeber hiermit verpflichtet wird, pro angebrochenen Streiktag dem betreffenden Arbeiter den dreifachen Tageslohn bei der nächsten Lohnauszahlung in Abzug zu bringen. Über die Verwendung dieses Lohnabzuges würde im Einvernehmen mit dem Reichskommissar und Wehrmachtsbefehlshaber in einem solchen Streikfalle entschieden werden.
3) Geschäftsleute aller Art, die versuchen an Arbeitstagen ihre Lokale zu schliessen, werden mit der sofortigen Enteignung ihres Geschäfts und ihres Vermögens bestraft.“
18.04.1941
Am 18. April 1941 verschickte Rauter an Seyß-Inquart einen Verordnungsentwurf betreffend der Errichtung einer Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam:
„Auf Grund eines persönlichen Wunsches des Herrn Reichskommissars, Reichsminister Dr. Seyß- Inquart, hat der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Gruppenführer Heydrich, die Errichtung einer Zentralstelle für jüdische Auswanderung in den besetzten niederländischen Gebieten angeordnet, die beispielgebend für die Lösung der Judenfrage in sämtlicheneuropäischen Staaten sein soll.“
Der Zentralstelle sollte die Erfassung sämtlicher Juden in den Niederlanden sowie die Überwachung des jüdischen Lebens übertragen werden. Dazu war ein eigener Fonds geplant, für die Sicherung der Finanzierung der Auswanderung. Rauter betonte dabei, dass die Zuständigkeit über die Zentralstelle seiner Verantwortung unterliegt und er die Sicherheitspolizei – in der Person von Wilhelm Harster – mit der Durchführung beauftragen werde. Der Entwurfsvorschlag Rauters wurde vom Reichskommissar jedoch abgelehnt, da dieser nicht wollte, dass allein die Sicherheitspolizei mit dieser Aufgabe betraut würde. Seyß-Inquart befürchtete, dass somit der Raub „jüdischen Eigentums“ und die ökonomische Macht, die sich daraus ergab, seiner Kontrolle entzogen worden wäre. In den darauffolgenden Wochen entbrannte eine Kontroverse zwischen dem Reichskommissar und seinem Generalkommissar Rauter, die Seyß-Inquart für sich entscheiden konnte. Anstelle von Rajakowitsch erhielt der Generalkommissar für Finanzen die Aufsicht über die ökonomischen Angelegenheiten in der Zentralstelle. Die Arisierung des „jüdischen Eigentums“ in den Niederlanden hatte begonnen, und sie wurde vor allem durch die Unterstützung und Intitative
von Hans Fischböck gefördert und vorangetrieben.
20.04.1941
Beförderung zum SS-Gruppenführer u. Generalleutnant der Polizei
21.05.1941
In einem Aktenvermerk vom 21. Mai 1941 schrieb der HSSPF, dass statt erwarteter 200.000 – 250.000 Anmeldungen nur 160.000 eingelangt seien, davon 85.000 aus Amsterdam. Rauter war mit seiner Meinung aber nicht allein. Auch der Amsterdamer Bürgermeister Edward Voute gehörte zu jenem Personenkreis, die diese Vermutung geteilt hatten und setzte den HSSPF auch davon in Kenntnis.
00.07.1941
Rauter ordnete im Juli 1941 an, dass die Kennkarten der Personen – die in den Kreis der sich zu Meldenden fielen – mit einem schwarzen „J“ zu kennzeichnen seien.337 Bei „Mischlingen“ vermerkte man die Pässe mit den Stempeln „B I“ („Mischlinge 1. Grades“) beziehungsweise „B II“ („Mischlinge 2. Grades“). Generalsekretär Frederiks leitete diese Anordnung des Generalkommissars für das Sicherheitswesen an die Gemeinden und den Einwohnermeldeämtern weiter. Damit konnte gegen „Juden“ nicht nur auf amtlichen Weg – über die Meldeämter – vorgegangen werden, sondern direkt auf offener Straße,dazu reichte schon eine einfache Ausweiskontrolle.
04.11.1941
SS-Chef Hanns Albin Rauter verlangt die „Aussiedlung“ dem „Chef der Sicherheitspolizei und des SD“ zu übertragen, und bespricht sich in dieser Angelegenheit am 4. November 1941 mit Generalkommissar Wimmer. Der Höhere SS- und Polizeiführer konnte sich aber nicht durchsetzen.
00.02.1942
Die Februarvorfälle rund um den WAer Hendrik Koot waren für Rauter ein Jahr später ein Anlass, um eine weitere Vergeltungsmaßnahme durchzuführen. Im Februar 1942, cirka ein Jahr danach, veranlasste Rauter Ermittlungen, im Zuge deren es zur Festnahme von neun Personen kam, die verdächtigt wurden, Koot ermordet zu haben. Unter den Beschuldigten befanden sich sieben Juden.
Alle neun Festgenommenen mussten sich vor Gericht verantworten. Generalkommissar Rauter gab noch im Februar 1942 eine Weisung aus, wonach die der Ermordung Beschuldigten in das Konzentrationslager Mauthausen zu überführen seien. Diese Vergeltungsmaßnahme wurde von Rauter persönlich durchgeführt, nachdem ihm Himmler im Herbst 1941 eine Vollmacht erteilte, linksradikale Elemente, insbesondere „Juden“ und „Kommunisten“, in das Lager Mauthausen zu deportieren. Das RSHA war lediglich von der durchgeführten Verschleppung in Kenntnis zusetzen.
24.02.1942
Noch am 24. Februar, dem Tag vor Beginn des Februarstreiks, meldete Rauter, dass Ruhe und Ordnung wiederhergestellt seien.
25.02.1942
Rauter veranlasste noch am Vormittag des 25. Februar die Anbringung von Plakaten, in welchen er der Bevölkerung mitteilte, dass es sich bei Deportation der 400 Juden um eine Vergeltungs- und Sühnemaßnahme der Besatzungsmacht gehandelt hat. Gleichzeitig drohte er, dass gegen weitere Demonstrationen mit den schärfsten Mitteln vorgegangen werde und erteilte an den Generalsekretär im Jusitzministerium und den Generalinspekteur der niederländischen Polizei die umgehende Weisung, die holländischen Polizeigruppen gegen Zusammenrottungen aller Art einzusetzen.
Böhmcker wurde von Rauter zu Verhandlungen mit dem Amsterdamer Bürgermeister, Willem de Vlugt, geschickt, der diesem mitteilen sollte, dass, falls der Streik nicht im Laufe des Nachmittags zu einem Ende kommt, mit den schärfsten Mitteln gegen die Beteiligten vorgegangen würde. Der Amsterdamer Bürgermeister weigerte sich aber die vom Stadtkommissar geforderten Maßnahmen umzusetzen. Rauter selbst befand sich am 25. Februar nicht in Amsterdam, sondern hielt sich noch in Den Haag auf. Er ließ sich laufend über die Ereignisse in Amsterdam und den anderen Streikregionen informieren und versuchte alles, um die Erhebungen zu einem Abbruch zu bringen.
Umgehend setzte der HSSPF die deutschen Polizeibataillone und die beiden SS-Totenkopf-Infanterie-Regimenter in Bereitschaft. Dem Amsterdamer Polizei-Bataillon erteilte er den Auftrag Ansammlungen aller Art zu zerstreuen, zuerst mit aufgesetztem Bajonett und – bei Widerstand – mittels Gebrauch der Schusswaffe. Warnschüsse in die Luft abzugeben wurde dabei von Rauter ausdrücklich verboten. Es kam aber zu keinem Ende des Streiks, sondern die Aktionen setzten sich den ganzen Tag über fort. Rauter nahm dies zum Anlass, um am Abend des 25. Februar Böhmcker zu beauftragen dem„Judenrat“ in Amsterdam ein Ultimatum zu stellen, nämlich dass „am nächsten Tage weitere 300 Juden verhaftet werden sollen, falls der Streik am 26. [Februar] nicht gebrochen sein sollte. Falls der Streik bis dahin [26. Februar] nicht gebrochen ist, plant der Höhere SS- und Polizeiführer [Hanns Rauter] die Verhaftung weiterer 300 Geiseln und die Veröffentlichung eines Plakates, worin mitgeteilt wird, daß – da noch weiterhin gestreikt wird –am 26.02. 300 weitere Juden verhaftet worden sind, und daß – falls der Streik am 27.02. in der Frühe noch nicht beendet ist – weitere 'Judenkontingente' in Haft genommen werden.“ Neben der Drohung, weitere Juden in Geiselhaft nehmen zu lassen, beauftragte Rauter den Befehlshaber der Ordnungspolizei noch am Abend das Polizei-Bataillon aus Assen zur Verstärkung des Amsterdamer Polizei-Bataillons nach Amsterdam zu schicken. Das Bataillon aus Assen sollte sich rechtzeitig in Bewegung setzen, damit es am 26. Februar um 05:00 Uhr in der Stadt sei.
Zusätzlich zum Polizei-Bataillon aus Assen forderte der HSSPF für einen weiteren Tag den Verbleib des SS-Bataillons aus Haarlem zur Sauberung der Strasen in Amsterdam. Am Abend des 25. Februar traf das SS-Totenkopf-Bataillon aus Zandvoort in Amsterdam ein und unternahm einen motorisierten Marsch durch die Streikzentren. Rauter verhängte für den selben Abend ein Ausgehverbot für die Amsterdamer Zivilbevölkerung nach 19:30 Uhr. Dieses Verbot wurde aber nicht von allen befolgt, und das SS-Totenkopf-Bataillon ging in verschiedensten Fällen unter Schusswaffengebrauch gegen die Bewohner_innen vor. Um jegliche weitere Widerstands- und Streikaktionen zu unterbinden, fuhr das Polizeibataillon bzw. das SS-Bataillon die ganze Nacht Streife und unterstützte die Sicherheitspolizei bei der Verhaftung von Streikenden.
18.05.1942
Rauter wird in die für den Höheren SS- und Polizeiführer Nordwest (Niederlande) vorhandene Generalleutnantsstelle eingewiesen (mit Wirkung vom 01.01.1942)
24.06.1942
Am 24.06.1942 schrieb SS-Gruppenführer Gottlob Berger an den HSSPF Rauter, Den Haag, die wissenschaftliche Arbeit im germanischen Raum solle laut Befehl von Himmler in erster Linie Sache der SS sein und das Ahnenerbe die feder-führende Dienststelle. Das war die Geburtsstunde des "germanischen Wissenschaftseinsatzes", dessen Ziel darin bestand, in koordinierter Infiltrationsarbeit die germanischen Randländer zu einem ras-sisch-europäischen Denken im Sinne der SS zu erziehen.
Frühjahr 1942
Im Frühjahr 1942 gab Hanns Rauter eine Verordnung heraus, die „Juden“ in der Öffentlichkeit zum Tragen eines gelben Sterns verpflichtete
29.04.1942
Rauter verabschiedete am 29. April 1942 eine Verordnung zum Tragen des „Judensterns“ in der Öffentlichkeit
24.09.1942
Der Höhere SS- und Polizeiführer Hanns Rauter unterrichtet am 24. September 1942 Himmler über den Stand der Deportationen aus den Niederlanden
05.02.1943
Am 05.02.1943 besprach Sievers mit SS-Gruppenführer HSSPF Rauter die "leihweise Überlassung von Apparaten und Geräten der Universität Leiden".
23.03.1943
Eine Rede, die Rauter am 23. März 1943 vor Mitgliedern der NSDAP und der SS hielt, bietet einen genauen Beleg seiner tief verinnerlichten antisemitischen Grundhaltung, die sich durch Diskrimierung und Hass beziehungsweise in Form von direkten und indirekten Angriffen äußerte. Die Rede zeigt in diesem Zusammenhang die ideologische Denkweise, mit der Rauter seine mörderische Rolle als Täter bei der Vertreibung und Ermordung des Judentums in den Niederlanden betrieb. Rauter betrachtete Juden als die „Gegenrasse“, die es zu bekämpfen gibt, die „entfernt“ oder wie er es formuliert, „ausgemerzt“ werden müsse. Juden galten nach seiner Auffassung hier nicht als eine „Rasse“ auf einer niederen Skala, sondern als das Bedrohende, das gefahrlichere Andere, dass die eigene Nation, dass das germanische Volk unterwandert und schwächt
Rede:
„Mein Bestreben ist es, die Juden so schnell wie möglich wegzubekommen. Dies ist keine schöne Aufgabe, es ist schmutzige Arbeit. Aber es ist eine Massnahme, die geschichtlich gesehen von grosser Bedeutung sein wird. Es ist nicht zu ermessen, was es heisst 120 000 Juden, die nach 100 Jahren vielleicht eine Million stark gewesen wären, aus einem Volkskörper herausgemerzt zu haben. Und bei all diesen Massnahmen der germanischen SS gibt es kein persönlicheres Mitleid, denn hinter uns stehen die germanischen Völker. Was wir am Volkskörper gut tun, geschieht unerbittlich und da gibt es keine Weichheit und keine Schwäche. Wer das nicht versteht oder voll Mitleid oder humanistischer Duselei ist, ist nicht geeignet in dieser Zeit zu führen. Vor allem ein SS-Mann muss schonungslos und mitleidlos durchgehen. Wir wollen nur genesen werden von dieser Qual und die Judenfrage soll endgültig und restlos geklärt werden. Der Führer hat in seinen Kundgebungen in den letzten Monaten, ja in den letzten Jahren immer wieder auf das Problem hingewiesen und den amerikanischen Juden und Freimaurern zu verstehen gegeben, dass wenn der amerikanische Plutokratismus den Krieg entfesselt und sich auf Europa stürzen würde, dies das Ende des europäischen Judentums bedeuten würde. Und so wird es auch geschehen. Es soll in Europa kein Jude mehr übrig bleiben. Daher ist die beabsichtigte Massnahme ab 1. April die ersten Teile der Niederlande judenfrei zu machen. Ich will gerne mit meiner Seele im Himmel dafür büssen für das was ich hier gegen die Juden verbrochen habe!“
Das ganze Judentum kommt zum Abschub nach dem Osten in Frage. Ich kann in diesem Kreise mitteilen, und ich bitte dies nicht nach außen zu berichten, daß wir bisher bereits 55 000 Juden nach dem Osten abgeschoben haben und daß noch 12 000 Juden im Lager sind. Wir hoffen am 1. April ein größeres Tempo bei der Evakuierung der Juden zu erreichen. Wenn ein Polizist nicht mittut, dann muss dieser Polizist verschwinden... Die Priester sollen in der Kirche bleiben und die Obrigkeit in Ruhe lassen und keine Kirchbriefe dazu herausbringen. Wer dies tut, muß auf die Finger geklopft bekommen
00.04.1943
nachdem in den besetzten Niederlanden im April 1943 zahlreiche freigelassene niederländische Kriegsgefangene wieder verhaftet worden waren, kam es zu Streiks und renitentem Verhalten unter der bäuerlichen Bevölkerung.
01.05.1943
Der deutsche Reichskommissar Seyß-lnquart verhängte am 01.05.1943 den Ausnahmezustand (Polizeistandrecht), woraufhin von deutschen Polizeistandgerichten in Kurzprozessen 80 Todesurteile gefällt wurden. Unter dem Vorsitz Wendts, der aus Hamburg extra abkommandiert wurde, verurteilte allein das Polizeistandgericht Groningen in nur vier Tagen 26 Niederländer zum Tode, die u.a. die Milchanlieferung durch Verschütten der Milch sabotiert hatten. 17 der Todesurteile wurden vom HSSPF Rauter bestätigt und anschließend vollstreckt.
05.05.1943
Am 5. Mai 1943 fand in Den Haag eine Besprechung unter der Leitung des Österreichers Hanns Rauter „Generalkommissar für das Sicherheitswesen“ und Höherer SS- und Polizeiführer „Nordwest“ beim Reichskommissar für die besetzten Niederlande – statt. Das Ziel dieser Besprechung bestand in der Ausarbeitung weiterer Schritte zur „Endlösung der Judenfrage in den Niederlanden. Das Treffen selbst ist als unmittelbare Reaktion auf einen Bericht zu verstehen, der von Wilhelm Zöpf, dem Leiter der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam, verfasst wurde, wonach mit großer Wahrscheinlichkeit die für das kommende Jahr vorgesehenen Judentransporte aus den Niederlanden nicht voll ausgelastet werden können. Neben dem Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) Hanns Rauter und dem Leiter der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Wilhelm Zöpf, nahmen der Befehlshaber der Sicherheitspolizei (BdS) Wilhelm Harster, sowie ein Vertreter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) an der Besprechung teil. Gleich im Anschluss an das Treffen wurde von Harster ein Geheimprotokoll angefertigt, das eine Reihe von Anweisungen beinhaltet, die direkt von Rauter in Auftrag gegeben wurden und an die Zentralstelle für jüdische Auswanderung, an alle Außenstellen der Sicherheitspolizei und an die Kommandanten des Durchgangslagers Westerbork sowie des Konzentrationslagers Vught weitergeleitet wurden. Rauter forderte in seinen Anweisungen explizit dazu auf, die Stadt Amsterdam „judenfrei“ zu machen. Dies sollte hauptsächlich in zwei Etappen vor sich gehen, wobei die Juden zunächst zu einer „freiwilligen“ Abwanderung ins Lager Vught bewegt werden sollten. Amsterdam sollte geräumt werden, wie ob nach Stadtvierteln oder alphabetisch blieb der Zentralstelle überlassen. Portugiesische Juden sollten in eine Sonderbaracke ins Lager Westerbork gebracht werden. Dort plante Rauter – in Zusammenarbeit mit dem Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) vermutlich die Überprüfung ihrer „rassischen“ Herkunft. Bei Mischehen wo der Ehemann Jude war, hatte Rauter die Absicht, diese in Kleinstädten im Osten oder Südosten der Niederlande zu konzentrieren. Die restlich verbliebenen Juden sollten in Amsterdam zu einer „freiwilligen“ Sterilisation gedrängt werden sollten sie sich weigern, sah man eine Zwangssterilisation im Konzentrationslager Vught vor.
10.05.1943
am 10.05.1943 sendete Zöpf ein Fernschreiben an das Lager Westerbork mit dem Betreff: Füllung der Züge in den Osten. Das RSHA verlangte für den Monat Mai die Absendung von 8.000 Juden. Da aber das Kontingent der zu Deportierenden noch nicht erfüllt war – es fehlten noch 2.200 Juden – schlug Zöpf vier Möglichkeiten vor, um die geforderte Zahl bis Monatsende noch erreichen zu können:
1.) Deportation der Juden aus dem Lager Vught
2.) Erfassungsaktion in Amsterdam
3.) Genereller Räumungsbefehl für Amsterdam
4.) Beanspruchung der in diesem Monat noch abzubauenden Rüstungsjuden
Rauter reagierte umgehend auf das Fernschreiben und fand eine Lösung, um die vom RSHA geforderten Transportzahlen noch zu erfüllen.
20.05.1943
Am 20. Mai 1943 gab Rauter den Befehl aus, dass alle Juden ohne Arbeitserlaubnis Amsterdam binnen einer Woche zu verlassen und sich im Konzentrationslager Vught zu melden hätten. Sein Befehl zeigte allerdings wenig Wirkung.
24. - 25.06.1943
am 24.06.1943 - 25.06.1943 fand eine Besprechung statt, in der Rauter, Harster und Zöpf darüber diskutierten, das „Austauschlager“ Bergen-Belsen als ein sogenanntes „gutes“ Lager zu präsentieren. Es sollte die Information verbreitet werden: Es sei ein Lager, wo Juden die unter einem gewissen Schutz standen gegen Deutsche ausgetauscht werden. Man erhoffte sich so die noch versteckten Juden aus ihrem Unterschlupf zu locken beziehungsweise Juden, deren Deportation das RSHA nicht gestattete, trotzdem aus den Niederlanden raus zu bekommen.
1943
Während des alliierten Angriffs auf Arnhem in der Operation Market Garden übernahm Rauter während der Operationen in der Region Veluwe und in der Nähe der Brücken über den Fluss Jssel das aktive Feldkommando der Kampfgruppe Rauter. Die Kampfgruppe Rauter bestand aus dem Landsturm Nederland, dem Wachbataillon Nordwest und einem Regiment der Ordnungspolizei. Nachdem die Deutschen den Angriff auf Arnheim abgewehrt hatten, erhielt Rauter das Kommando der Maas-Front als General in der Waffen-SS.
18.06.1943
Beförderung zum SS-Obergruppenführer und General der Polizei (mit Wirkung vom 21.06.1943)
20.06.1944
Beförderung zum General der Waffen-SS und der Polizei (mit Wirkung vom 01.07.1944)
04.09.1944
Am 04. September 1944 verhängte Seyß-Inquart den Ausnahmezustand. Zwei Bekanntmachungen, eine von Seyß-Inquart, die andere von Rauter, verdeutlichten, was damit gemeint war: Wer Widerstand leistete, sollte zum Tode verurteilt werden; bei jeder Zusammenrottung von mehr als fünf Personen sollte von der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden; nach acht Uhr abends galt eine Ausgangssperre.
01.06.1944
Beförderung zum General der Waffen-SS
00.09.1944
Kommandeur der Kampfgruppe Rauter
15.09.1944
Am 15. September brachte SS-Obergruppenführer Rauter in einer Mitteilung an den Stab von Models Heeresgruppe B in Oosterbeek die Befürchtung zum Ausdruck, ein Aufstand stehe unmittelbar bevor. Alle niederländischen Polizisten sollten entwaffnet werden, falls es sich um getarnte Terroristen handelt.An diesem Tag versuchte eine Gruppe Jungen in Molenbeke am Rand von Arnheim ein Munitionslager in Brand zustecken. Als Vergeltung wurden drei Männer, darunter ein Schuldirektor, hingerichtet. Viele ältere Jungen kappten Telefonleitungen oder schlitzten die Reifen von Wehrmacht Fahrzeugen auf. Wir wussten noch nicht, was Gefahr bedeutete», erklärte einer von ihnen später. van der Beek, Neurologe an der psychiatrischen Anstalt von Wolfheze westlich von Arnheim, berichtete von einer Warnung, dass weitere drei Personen erschossen werden sollten, wenn ein zwei Tage zuvor entführtes Mitglied der NSB nicht freigelassen werde. Ein anonymer Anrufer teilte mit, der Mann sei am Leben. Später wurde er heil und unverletzt gefunden.
Auszeichnungen
Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
Österreichische Silberne Tapferkeitsmedaille I. Klasse
Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
Ehrendegen des Reichsführers SS
Totenkopfring der SS
Kriegsverdienstkreuz (1939) II. und I. Klasse mit Schwertern
06./07.03.1945
Es war die Zeit des Hungerwinter 1944/45. In den letzten Kriegsmonaten gab es große Schwierigkeiten und viele Menschen verhungerten. Am 6. März 1945 erfuhr der Niederländische Widerstand, dass die deutsche Wehrmacht am nächsten Morgen drei Tonnen Fleisch aus einem Schlachthaus in Epe , etwa 15 Kilometer nördlich von Apeldoorn, holen würde. Aufgrund der Nahrungsmittelknappheit unter Versteckten und Evakuierten wäre dieses Fleisch in Apeldoorn sehr nützlich.
Einer Gruppe von Widerstandskämpfern wurde befohlen, Die Widerstandskämpfer, die den Überfall begehen würden, waren Geert Gosens (Anführer), Henk de Weerd, Karel Pruis, Wim Kok, Sepp Köttinger und Herman Kempfner. Bei den letzteren handelte es sich um ehemalige österreichische SS-Männer der Wehrmacht vorauszugehen und in derselben Nacht das Fleisch in Epe abzuholen. Die Gruppe hatte deutsche Uniformen, aber die Autos, die die Widerstandsgruppe hatte, waren für eine so große Ladung nicht geeignet. Sie beschlossen, einen Lastwagen der Wehrmacht zu entführen.
Gegen zehn Uhr am selben Abend fuhren die Männer mit dem Fahrrad in Richtung Woeste Hoeve. Alle trugen SS-Uniformen, darunter die Österreicher Sepp Köttinger und Herman Kempfer, die die Waffen-SS verlassen hatten. Nur Wim Kok trug seine Militärpolizeiuniform. Gosens 'Gruppe bestand auch aus Henk de Weert und Karel Pruis. Der Arnhemscheweg schien am besten geeignet zu sein, um einen leeren Lastwagen zu überfallen, der von vorne zurückkehrte. Am Bahnübergang am Christiaan Geurtsweg wurden die Männer von einer Luftschutzwacht angehalten, aber teilweise wegen der beiden Österreicher, konnten die Männer ihren Weg schnell fortsetzen. Um ihre Verkleidung zu testen, stoppten die Männer in Beekbergen erneut einen privaten Lastwagen. Der niederländische Fahrer bemerkte nichts. Als sie im Gasthaus De Woeste Hoeve ankamen, waren die Fahrräder am Straßenrand versteckt und die Männer bereiteten ihre Waffen vor.
In dieser Nacht war es pechschwarz und die Männer mussten sich auf ihr Gehör verlassen, um ein geeignetes Transportmittel zu finden. Die Gruppe ließ eine Reihe von leichten Fahrzeugen vorbeifahren, trat jedoch in Aktion, als sich ein schweres Auto um halb eins in der Nacht näherte. Aber anstelle eines Lastwagens stellte sich heraus, dass es sich um einen offenen BMW mit einigen Offizieren handelte. Die Insassen rochen sofort Gefahr und zogen ihre Waffen. Gosens befahl ihnen auszusteigen, aber die Männer blieben sitzen, woraufhin Gosens auf die Motorhaube sprang und zwei Schüsse durch die Windschutzscheibe abfeuerte. Er sprang neben das Auto und befahl den Insassen erneut auszusteigen. Die Deutschen machten jedoch keine Anstalten zu gehorchen, im Gegenteil, sie legten ihre Waffen auf die Kante.
Gosens zögerte nicht und gab den Befehl „Feuer!“, Woraufhin die anderen ihre Waffen auf das Auto abfeuerten. Mehr als 200 Kugeln wurden auf das Auto und seine Insassen abgefeuert. Oberleutnant Exner auf dem Rücksitz war voller Kugeln und starb sofort. Der Fahrer war wahrscheinlich schon bei Gosens ersten Schüssen gestorben. Der Mann neben dem Fahrer lebte zwar noch, wurde aber trotz der Uniform eines Generals nicht im schwachen Schein der einzigen Lampe erkannt, die die Männer trugen. (Während des Angriffs auf die Woeste Hoeve in der Nacht vom 6. auf den 7. März 1944 war Rauter auf dem Weg von Didam über Arnhem nach Apeldoorn). Rauter hatte jedoch erst zwei Wochen zuvor eine Richtlinie erlassen, wonach deutsche Patrouillen keine deutschen Militärfahrzeuge außerhalb von Städten oder Dörfern anhalten sollten
Als sich ein Lastwagen aus Richtung Arnheim näherte, stürzten sich die Männer in einen Graben entlang der Straße. Der Wehrmachtslastwagen hielt einen Moment neben dem BMW und fuhr dann schnell weiter. Die Männer stiegen wieder aus dem Graben, überprüften das Auto und seine Insassen erneut und schienen überzeugt zu sein, dass alle Insassen tot waren. Als sich ein zweites Auto näherte, hielten es die Männer für sinnvoll, wegzulaufen. Der schwer verletzte Offizier wurde im durcheinander zurückgelassen.
In der Nähe stationierte Deutsche, etwa 150, waren vom Feuergefecht alarmiert, trauten sich aber nicht, nachzuschauen. In dieser Nacht um halb vier wurde der schwer verletzte Offizier von deutschen Soldaten auf ihrem Weg mit einem Pferdekonvoi entdeckt. Erst nach der Ankunft des Deutschen Roten Kreuzes wurde festgestellt, dass es sich bei dem Beamten um Hanns Rauter handelte , den höchsten Polizei- und SS-Chef der Niederlande.
Hanns Rauter wurde mit dem Krankenwagen zum Kriegslazarett in Apeldoorn gebracht. Dort stellte sich heraus, dass er einen doppelten Weitschuss, einen Kieferschuss und einen Schuss durch seinen Oberschenkel erlitten hatte. Außerdem hatte er viel Blut verloren.
Der Sicherheitsdienst (SD) leitete am Morgen sofort eine Untersuchung ein und kam bald zu dem Schluss, dass es sich um einen Angriff des Widerstands handelte. Rauter, der überzeugt war, dass der Angriff absichtlich auf ihn gerichtet war, erkannte Geert Gosens auf einem Foto als einen der Täter. Der SD in Zwolle bildete ein spezielles Untersuchungsteam, das an der Untersuchung beteiligt sein sollte. Im Gasthaus wurde ein Raum als Verhörraum eingerichtet. Nur einer der Bewohner berichtete, Schüsse gehört zu haben.
In der folgenden Schießerei wurde der Fahrer des Wagens Oberwachtmeister Klotz Wilhelm (* 31.03.1912) tödlich getroffen, Wilhelm Klotz ruht auf der Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn. Endgrablage: Block AB Reihe 9 Grab 219
Der hinten sitzende Adjutant SS-Untersturmführer Exner Erwin (* 22.09.1913) wurde tödlich getroffen, Exner Erwin ruht auf der Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn.Endgrablage: Block AB Reihe 9 Grab 218
Der Mann neben dem Fahrer lebte noch und stellte sich tot. Später stellte sich heraus, dass es sich um Rauter handelte, den höchsten deutschen General der Polizei und Chef der SS in den Niederlanden. Rauter wurde von einer deutschen Militärpatrouille gefunden, und in das Reserve-Kriegslazarett Apeldoorn in der Deventerstraat gebracht, wo er bis zu seiner Verhaftung durch die britische Militärpolizei nach dem Ende der Feindseligkeiten blieb.
Rauter wurde von den Briten an die niederländische Regierung übergeben und von einem Sondergericht in Den Haag vor Gericht gestellt.
08.03.1945
Am 8. März 1945 wurden in Woeste Hoeve 117 Gefangene erschossen, die aus Gefängnissen in Apeldoorn, Assen, Almelo, Zwolle, Doetinchem und Colmschate zum Hinrichtungsort gebracht wurden. Darüber hinaus werden Dutzende von Gefangenen und Todeskandidaten im ganzen Land hingerichtet, darunter in Amsterdam (53), im Lager Amersfoort (49), in Waalsdorp (38) und in Fort De Bilt (6). Insgesamt 263 Gefangene werden als Repressalien erschossen.
Alle wurden zuerst zur SD-Dienststelle in Apeldoorn gebracht. Hier wurden sie von den größten Sadisten getroffen, die zu dieser Zeit in der Veluwe bekannt waren. Es handelte sich um sogenannte "Rexisten", hauptsächlich Belgier, die kurz vor dem Fall von Antwerpen nach Apeldoorn versetzt worden waren. Die bekanntesten aus der Gruppe waren Emiel Thonon (Spitzname "die Ratte"), Hermann Veit, Eugène Dirckx und Verhulsdonk. Oskar Gerbig war hier seit mehreren Monaten Kommandeur. Er war aus Almelo versetzt worden, er war als vernünftige Person bekannt und in Almelo oft schlechter erschienen. Leider war er Leuten wie Thonon und Verhulsdonk nicht gewachsen.
Die Gefangenen wurden von diesen Leuten mit Handschellen gefesselt und in 7 Busse gesetzt, wonach sie gegen 6:30 Uhr morgens in einer Kolonne abfuhren.vorausgegangen von Gerbig auf seinem Motorrad auf dem Weg nach Woeste Hoeve.
Die Busse und Lastwagen parkten zweihundert Meter vom Gasthaus De Woeste Hoeve entfernt auf einer Wiese an der Gabelung mit der Straße nach Hoenderloo. Kurz nach dem Gasthaus war ein Exekutionskommando von 50 Deutschen bereit. Die Hinrichtung ging schnell. Alle fünf Minuten wurde eine neue Gruppe von zwanzig Gefangenen abgeholt. Die Opfer wurden dann in einer langen Reihe zwischen Straße und Radweg nebeneinander gestellt. Die vorbeifahrenden Radfahrer mussten aussteigen und an den Opfern vorbeigehen.
Am Nachmittag des 8. März 1945 wurde die örtliche Polizei vom SD angewiesen, die Leichen der auf dem Heidehof-Friedhof in Ugchelen hingerichteten Personen zu begraben. Ohne Ausweis wurden Männer in einem 50 Meter langen Massengrab beigesetzt. Sie wurden in der Reihenfolge beigesetzt, in der die Männer in Woeste Hoeve nebeneinander gelegen hatten. Da die Männer in der Komposition, in der sie in Apeldoorn ankamen, erschossen worden waren, konnte zumindest abgeleitet werden, aus welchem Gefängnis die Opfer kamen.
10.04.1945
am 10.04.1945 wird der deutsche Feldwebel Gräwe Ernst bei Deventer hingerichtet (nachdem er sich geweigert hatte, Zivilisten zu erschießen)
25.04.1945
Am 25. April 1945, eine Woche nach der Befreiung von Apeldoorn, begannen die Ausgrabungen der Opfer und ihre Identifizierung. Durchschnittlich fünfzehn Ausgrabungen pro Tag. Bei der Identifizierung wurden besondere Merkmale der Opfer und ihrer Kleidung festgestellt. Gegenstände wie Ringe und Papiere wurden in nummerierten Beuteln mit einem abgeschnittenen Kleidungsstück aufbewahrt.
Prozess
Der Prozess gegen den ehemaligen Höheren SS- und Polizeiführer Rauter begann am 1. April 1948 und endete am 4. Mai 1948 mit einem Schuldspruch – der Todesstrafe. Während des Prozess wurde von einem Sondergericht in Den Haag die Anklage gegen Rauter in sieben Punkten zusammengefasst.
1. Verfolgung der Juden:
“The accused intentionally, in the framework of the German policy of persecution of the Jews, the object of which was to eliminate the Jews from Europe and exterminate them or at least a large number of them, which policy was already begun in the occupied Netherlands in 1940, insofar as this depended on him, took measures considered officially necessary for the success of this policy in the Netherlands, namely by
issuing statutory provisions and supervising and directing the activities of the police subordinated to him, the general object being the segregation, congregation and arrest of the Jews as part of their deportation across the German frontier which, as the accused must have foreseen, resulted for many in their death, since according to data produced by the Red Cross, of the approximately 110,000 Jews who were
deported only about 6,000 returned.”
2. Rekrutierung von Niederländern und deren Deportation zur Zwangsarbeit nach Deutschland:
“The accused intentionally, in the framework of the German policy of the mobilisation of labour (Arbeitseinsatz), in so far as this depended on him, took measures considered officially necessary for the success of this policy in the Netherlands, such as having round-ups ans raids carried out by the police subordinated to him with the object of apprehending those liable to labour service (orders 15th July, 1943), introducing control by means of new rations registration cards.. and setting up the 'Arbeitskontrolldienst'.....by which mobilisation of labour the workers seized from among the civilian population of the occupied Netherlands were deported to Germany with a view to slave labour, many of them dying as a result, at least 300,000 Netherlanders....having been driven away to Germany for labourservice during the German occupation, some 9,900 having been seized in round-ups and raids betweeen 7th January and 1st September, 1944, only and sent to that country through the transit camp at Amersfoort.”
3. Plünderung und Einziehung von Eigentum:
“The accused intentionally, after ruthless seizure of household contents belonging to Netherlands citizens who had done harm or sworn themselves hostile to the occupying Power had been decided upon in the framework of the systematic pillage of the Netherlanders population of household articles, clothing, etc., ordered by Goering in August 1943, took the necessary measures that this was drastically carried out by
the German police under his command, as a result of which from that time onwards such goods were stolen on a large scale from Netherlands citizens, while replacement at that time was not possible or practically impossible.”
4. Beschlagnahme von Eigentum:
“The accused intentionally, by a Decree dated 13th May 1943, ordered the confiscation of wireless sets in the occupied Netherlands territories and ordered that these be handed in, this order being reinforced by drastic threats which were supplemented in October, 1943, by the threat that the entire contents of a household would be confiscated, compelling this manner many Netherlanders to surrender their sets and thus depriving them unjustly of their property.”
5. Deportation der niederländischen Studenten nach Deutschland:
„The accused intentionally, by raids held on the 6th February, 1943; by a call to report which was accompanied by threats (against, among others, parents and guardians) on about 5th May, 1943; and by later arrests, apprehended a large number of Netherlands students and placed them at the disposal of the competent German authorities for deportation to Germany, about 1,800 students being seized in the raids
in February, 1943....while about 3,800 reported in May, 1943, and many others were apprehended later, a large number of them dying as a result of the deportations.”
6. Festnahme von Angehörigen der niederländischen Polizei, die ihren Dienst beendet hatten und sich ab dann versteckt hielten:
“orders issued by the accused in August 1943, to arrest and detain relatives of Dutch police officials leaving their service and going into hiding, as a result of which numerous members of such families were deprived of their liberty and kept in concentration camps.”
7. Maßnahmen gegen unschuldige Bürger:
“The accused intentionally, as a retiliation for acts against the occupying Power or regarded as being so directed, systematically applied the following measures:
(a) Colletive fines imposed by him or on his behalf on municipalities as a result of damage done cables
and other individual acts for which the population as a whole could not be considered mainly responsible.
(b) Removal of contents from houses (at the same time pillage in the circumstances explained in the third
charge, in particular pillage which took place after the introduction of the first measures.
(c) Arrest and imprisonment of innocent civilians (very often the next kin of the person sought for) or
carrying out raids (also for the purpose of the labour service mentioned in the second charge) and removal
of persons thus arrested, while it was a matter of common knowledge that the treatment received in
German detention was, as a rule, very bad and resulted in the death of many individuals, a large number
of those thus deprived of their liberty having in fact died.
(d) Reprisal murders of Netherlanders civilians in the course of which:
1. Civilians were shot on or after arrest, or (especially after the Allied advance through France and
Belgium) while they already happened to be in German custody for another act than that for which the
reprisal murder took place;
2. From September 1943, the murder action, known as 'Silbertanne', was carried out, this being an
arrangement by which members of the Germanic (Netherlanders) S.S., in collaboration with the Security
Police, shot civilians as a reprisal for attacks on agents of the enemy, the perpetrators of which crimes
(assassinations) were ostensibly not discovered;“
Nach einem Monat wird er zum Tode verurteilt, hauptsächlich wegen seiner Führung der Deportation von 110.000 niederländischen Juden. Er sagt, er wisse nicht, dass die Juden getötet werden würden, aber das ist nicht wahr.
Mahnmal
Am Ort der Erschießung, nur gut Hundert Meter südlich des Gehöfts, befindet sich heute eine Gedenkstätte
Hauptquartier von Hanns Albin Rauter
In den letzten Kriegsmonaten war das Hauptquartier von Hanns Albin Rauter in Didam in der Kerkstraat 12
Strafgefängnis Arnheim
Datum: 5. März 1947, Mittwoch, 13. Februar 1947.
Auch Obergruppenführer H.A. Rauter, der am 6. März 1945 bei der “Woeste Hoeve” (zwischen Arnheim und Apeldoorn) durch den Widerstand angeschossen wurde, jedoch wie durch ein Wunder noch am Leben blieb, wurde nachher durch die niederländische Regierung aus Deutschland zurückgeholt, um im Gefängnis über die deutsche Besatzungszeit auszusagen. Im Gefängnis haben Prof. Mr. N.W. Posthumus und Drs. L. de Jong ihn hart verhört. Danach wurde er in einem Verfahren durch die BESONDERE Rechtspflege zum Tode verurteilt und füsiliert. Kurz vor seiner Hinrichtung durfte ich von Rauter im Gefängnis noch Abschied nehmen. Groß, ungebrochen stand er vor mir, wir schauten uns fest in die Augen. “Frau Florrie”, sagte er zu mir, “wissen Sie noch, wie wir damals über Ihren Mann sprachen und ich Ihnen sagte: Wenn der Moment käme, daß wir zusammen in tiefer Ehrfurcht am Grabe Ihres Mannes stünden, gefallen für Volk und Vaterland, wobei er vielleicht das Ritterkreuz und das Deutsche Kreuz in Gold bekommen hätte, dann könnten Sie stolz auf Ihre Mann sein. Heute ist Ihr Mann nicht mehr. Er wurde auf grausame Weise ermordet, wie ich hörte, und in ein Massengrab geworfen. Nun aber können Sie erst recht stolz auf ihn sein! Sie nannten Ihren Mann immer, “den letzten Niederländer,” weil er auf eine hinreißende Weise sich für die Rechte seines Landes gegenüber dem Reichskommissar einsetzte. Kein anderer Niederländer hätte gewagt so zu sprechen. Er war durch und durch National-Sozialist, doch andererseits auch durch und durch Niederländer. Wissen Sie, wenn ich nun noch heute in Walhall sein werde, dann werde ich Ihrem Mann Grüße von Ihnen bestellen und ihm sagen, was für eine tapfere Frau er hat, und daß seine Söhne gesund und wohlauf sind, dann wird er bestimmt sehr glücklich sein.” Tief bewegt nahmen wir Abschied voneinander.
Berufung
Vom 20.-22. Oktober 1948 fand das Berufungsverfahren vor einem Kassationsgericht statt. Das Verfahren endete am 12. Januar 1949 mit der Bestätigung des Todesurteils gegen Hanns Rauter, welches zuvor schon das Sondergericht in Den Haag ausgesprochen hatte.
25.03.1949
Am 25. März 1949 wird Rauter von dem ehemaligen Widerstandskämpfer Christiaan Wisse , der sich der Verhaftung durch die Deutschen entziehen konnte, zum Hinrichtungsort gebracht. Er wird von einem Exekutionskommando auf der Waalsdorpvlakte erschossen, einem Hinrichtungsort in den Scheveninger Dünen, der auch von den Deutschen während des Krieges genutzt wurde.
Rauters Ende
Man hat Rauters letztem Wunsch, seine Offiziersmütze tragen zu dürfen und kurz zu beten, zugestimmt, wobei das Gebet aus seinem Kommando “Feuer” bestand, so daß er auf sein eigenes Kommando hin erschossen wurde. Wie dürfen wir stolz sein auf “UNSERE MÄNNER”!
Der Befehl "Feuer!" wurde von Rauter selbst gegeben, der damit dem Kommandeur des Exekutionskommandos voraus war. Die Leiche wurde der österreichischen Familie in Graz übergeben und er ist im Familiengrab der Rauter auf dem Friedhof in Graz begraben. Rauter war verheiratet und hatte fünf Kinder. Seine Frau Else, die 22 Jahre jünger war, starb 2005.
Rauters Sterbeurkunde befindet sich noch im Stadtarchiv von Den Haag