SS-Obersturmführer

* 28.09.1908 in Waldheim
† 14.01.1974 in Morenhoven

letzter bekannter Wohnsitz:
Meckenheim-Merl bei Bonn

vollständiger Name: Niethammer Günther Theodor

Reichsdeutscher

Beruf: Zoologe/Ornithologe/Philosophie Doktor

Vater: Niethammer Konrad
Bruder: Niethammer Horst

als Achtes von neun Kindern des Papierfabrikanten und Sächsischen Landtagsabgeordneten Konrad Niethammer geboren

1927 - 1929
Studium der Allgemeinen Zoologie in Tübingen

00.05.1927
im Mai des Jahres begab sich Niethammer für ein halbes Jahr als „Autoführer“ ins ehemalige Deutsch-Südwestafrika (Namibia). Sein Onkel, der mit dem völkischen Schriftsteller Hans Grimm befreundete Rudolf Böhmer, war bis 1915 in der deutschen Kolonialverwaltung tätig gewesen und hatte Niethammer eingeladen, ihn und Hans Grimm 1927 auf der Reise in die ehemalige deutsche Kolonie zu begleiten.

1929 - 1932
Studium der Allgemeinen Zoologie in Leipzig

1933
promovierte in Leipzig mit der Arbeit Anatomisch-histologische und physiologische Untersuchungen über die Kropfbildung der Vögel

01.09.1933
Am 1. 9. 1933 heiratete er Ruth Filzer, die ihn nun als treuer Kamerad durch alle Höhen und Tiefen seines Schicksals frohen Mutes begleitete: seine Freunde gedenken wehmütig der schönen Stunden, die sie im Hause Niethammer verbringen durften. Vier Söhne
wurden dem Ehepaar Niethammer geboren. Leider überlebten nur zwei den Vater; einer von diesen trat in seine Fußtapfen: heute ist Prof. Dr. Jochen Niethammer selbst ein Zoologe von Ruf, der wie zuvor sein Vater schwäbischen Naturfreunden mit seinem Rat zur Seite steht.

ab 1937
Leiter der Molluskenabteilung am Zoologischen Museum in Berlin (Nachfolger von Bernhard Rensch)

ab 1937
am Zoologischen Museum in Bonn

1937
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 5 613 683)

1937
Eintritt in die SS (Mitglieds Nu. 450 730)

ab 1939
Angehöriger der Geheimen Feldpolizei

ab 15.10.1940
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS

1940
Leiter der Ornithologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien
(Am 1. April 1940 tritt Niethammer hier an. Mit seiner Frau Ruth und vier Kindern bezieht er ein fürstliches Domizil in der Blaasstraße 33 in Wien-Döbling. Die jüdische Besitzerin Rudolfine Liatscheff, geborene Grünspan, hatte ihre Parkvilla verlassen müssen (heute Sitz der Libyschen Botschaft)

16.10.1940 - 00.10.1941
Wachmann im KL
Auschwitz
(von Lagerleiter Rudolf Höß zeitweise für "ornithologische Sonderaufgaben" im Umfeld des Konzentrationslagers abgestellt)

15.10.1940
Beförderung zum SS-Schützen

16.10.1940
Am 16. Oktober 1940 wurde er Mitglied der 3. Wachkompanie, die am Haupttor des KZs eingesetzt war.

09.06.1941
Kommandantursonderbefehl
Niethammer hatte von Höß am 9. Juni 1941 die Erlaubnis bekommen, an den dem Lager nahen Teichen „Vögel und Raubzeug“ zu schießen, um mit dem Wild das SS-Wachpersonal, aber auch Höß persönlich zu beliefern.
(Er hat sich auf Vogelpirsch begeben, während vor seinen Augen kranke Häftlinge in Gaskammern getrieben, sowjetische Kriegsgefangene in Kiesgruben erschossen wurden und die Vorbereitungen anliefen, Auschwitz zu einem Vernichtungslager des europäischen Judentums zu machen. Präpariert werden die Vogelbälge meist von seinem Gehilfen, einem polnischen Auschwitz-Häftling namens Jan Grebocki, einem Förster, dessen Spur sich 1944 verliert. Das nötige Arsen für die Konservierung muss sich Niethammer selbst beschafft haben.) Insgesamt versorgt der arbeitswütige Vogelkundler und -jäger mehr als 40 Angehörige der Lagerelite mit Wildbret. Zu seinen Kunden zählen die größten Verbrecher im KZ Auschwitz, etwa der Wiener Maximilian Grabner, der gefürchtete Chef der Politischen Abteilung. Auch SS-Mann Merzinger, der Niethammer assistiert, ist Österreicher.

01.07.1941
Beförderung zum SS-Sturmmann

Ende 1941 - 00.06.1942
Zoologe beim Oberkommando der Wehrmacht/Abteilung Wissenschaft

00.06.1942 - 00.10.1942
Tätigkeit für "ornithologische Sonderaufgaben" im KL Auschwitz

ab 00.10.1942
am Sven Hedin-Institut (SS-Ahnenerbe), Lehr- und Forschungsstätte für Innerasien und Expeditionen
(nahm an Expeditionen der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe teil, die den Auftrag hatte, wissenschaftliche Beweise für die NS-Rassentheorie zu finden)

12.10.1942
Beförderung zum SS-Obersturmführer

1942
Niethammer veröffentlicht den Aufsatz "Beobachtungen über die Vogelwelt von Auschwitz"

1944
Beförderung zum SS-Obersturmführer

22.04.1945 - 08.05.1945
Soldat in der 269. Infanterie-Division (nahm an Kampfhandlungen in Sachsen teil)

1945
Mit Zivilkleidung und einem Fahrrad des Ornithologen Richard Heyder floh Niethammer in die westlichen Besatzungszonen und ließ sich mit seiner nachkommenden Familie zunächst in Marburg nieder. Bis Anfang 1946 hatte er verschiedene Arbeitsstellen, darunter als Wächter in einem Waisenhaus und als Arbeiter in der Landwirtschaft.

00.02.1946
Als er sich Anfang Februar 1946 bei der britischen 320. Field Security Section in Bonn meldete, wurde er verhaftet. Ein Bonner Museumskollege hatte bei den Briten vorgefühlt und vage ausverhandelt, Niethammer werde überprüft und danach entlassen. Doch Niethammer wird an Polen ausgeliefert.

22.11.1946
Über zwei Internierungslager in Recklinghausen und Neuengamme wurde er am 22. November 1946 nach Polen ausgeliefert.

Gerichtsverfahren nach 1945
04.03.1948
Urteil des Bezirksgerichts in Krakw, Az. VII K 989/47
in erster Instanz zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt
(Akte kann angefordert werden)

Gerichtsverfahren nach 1945
02.07.1948
Urteil des Obersten Gerichts, Sitzung außerhalb des Gerichtssitzes in Krakow, Az. Kr K 786/48 in zweiter Instanz zu 36 Monate Gefängnis verurteilt
(Akte kann angefordert werden)

Gerichtsverfahren nach 1945
07.12.1948
Urteil des Bezirksgerichts in Krakow, Az. VII K 573/48
Am 7. Dezember 1948 erfolgte eine Revision des Ersturteils. Niethammer wurde nun zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Gerichtsakten sind heute im Institut für Nationales Gedenken in Warschau archiviert. Er verbrachte seine Haft im Mokotów-Gefängnis in Warschau.

00.11.1949
Nach teilweisem Verbüßen der Haftstrafe an die Bundesrepublik ausgeliefert

ab 1949
Leiter der ornithologische Abteilung am Zoologischen Museum in Bonn

ab 1950
Schriftleiter der Bonner Zoologischen Beiträge

1950
Direktor Museum Alexander König in Bonn

1951
habilitierte

1957
zum apl. Professor ernannt

1962 - 1970
Herausgeber des Journal für Ornithologie

1965
Niethammer reist als Direktor des Instituts für Ornithologie des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander König und Vorsitzender der Deutschen Zoologischen Gesellschaft nach Afghanistan

1966
Niethammer reist als Direktor des Instituts für Ornithologie des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander König und Vorsitzender der Deutschen Zoologischen Gesellschaft nach Afghanistan

1968 - 1973
Präsident der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft

ab 1971
Wohnsitz in Meckenheim-Merl bei Bonn

1972
Niethammer reist als Direktor des Instituts für Ornithologie des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander König und Vorsitzender der Deutschen Zoologischen Gesellschaft nach Afghanistan

1973
pensioniert

14.01.1974
Niethammer stirbt während einer Jagd im Morenhovener Teil des Kottenforstes an Herzinsuffizienz. Er war 65 Jahre

Niethammers Zeit in der Waffen-SS und seine Verurteilung und Haft in Polen wurden in der Bundesrepublik, obwohl bekannt, von Weggefährten und Fachkollegen mit Wehrdienst bzw. polnische Kriegsgefangenschaft kaschiert. Eine kritische und historische Aufarbeitung von Niethammers NS- und SS-Vergangenheit begann innerhalb der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft erst Ende der 1990er Jahre und löste intern heftige Kontroversen aus.