SS-Gruppenführer

SS-Gruppenführer Kube Wilhelm (Richard Paul)

* 13.11.1887 in Glogau
† 22.09.1943 in
Minsk

Vorfahren stammten aus Frankfurt/Oder

Sohn des Steuererhebers Kube Richard

1899 - 1908
Besuch des Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin
(Das Gymnasium zum Grauen Kloster, in früheren Jahrhunderten Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster, seit 1963 Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster ist das erste und älteste Berliner Gymnasium.)
Schon als Schüler bezog er die „Staatsbürgerzeitung“, das Organ der antisemitischen „Deutschen Reformpartei“

1908 - 1912
Studium der Geschichte, Staatswissenschaften und Theologie

1911
erhielt von der Berliner Universität ein Moses-Mendelssohn-Stipendium

Mitbegründer und Führer des antisemitischen Deutschvölkischen Studentenverbands

1911 - 1914
gab als Vorsitzender des antisemitischen Deutschvölkischen Studentenverbands die „Deutschvölkischen Hochschulblätter“ heraus

1912
Vorsitzender des Völkischen Akademikerverbandes

1912
seit 1911 Mitglied der „Deutschsozialen Partei“, ging im folgenden Jahr als Redakteur zur „Mecklenburg. Warte“ nach Wismar, bald darauf zur „Schles. Morgenzeitung“ nach Breslau; außerdem schrieb er für den „Schles. Boten“.

1917
wegen seiner Parteiarbeit für die Konservative Partei in Schlesien nach wenigen Wochen Kasernendienst vom Kriegsdienst zurückgestellt

Mitglied im Verein Deutscher Studenten
Nach dem Krieg, an dem er wegen eines Herzfehlers nicht teilgenommen hatte, trat er dem „Verein Deutscher Studenten“ bei und übernahm auch hier nach einigen Jahren den Vorsitz.

1919
1919 trat K. der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) bei und wurde Generalsekretär des Landesverbandes Schlesien.

1919 gründete K. den „Deutschen Bismarckbund“, aus dem Ende 1920 die „Bismarck-Jugend“ hervorging, zu deren Reichsführer er 1922 gewählt wurde.

1920
Generalsekretär des Landesverbandes Berlin der DNVP

1922 - 1923
Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung

00.09.1923
Austritt aus der DNVP
(da sie ihm als nicht kämpferisch genug erschien)

1924
Eintritt in die DVFP
(Er schloß sich dem „Deutschen Herold“ an, dann der „Deutschvölkischen Freiheitspartei“, deren Reichsgeschäftsführer und Gauleiter (für Berlin) er wurde. Die Freiheitspartei bildete zusammen mit Mitgliedern der verbotenen NSDAP die „Nationalsozialistische Freiheitspartei)
(Das Parteibüro der DvFP befand sich in der Dessauer Straße 6 in Berlin-Kreuzberg. Mitglied konnte nur werden, wer an Eidesstatt versicherte, das sich unter seinen und seiner Frau Eltern und Großeltern weder Angehörige der jüdischen noch der farbigen Rasse befinden)

00.05.1924
für die Nationalsozialistische Freiheitspartei, ein Bündnis von DVFP und der seinerzeit verbotenen NSDAP, in den Reichstag gewählt

ab 1926
Reichsgeschäftsführer und Gauleiter für Berlin (DVFB)

00.02.1927
aus der DVFB ausgeschlossen

27.01.1928
In seiner Funktion als Gauleiter richtete Wilhelm Kube eine Veranstaltung am 27. Januar 1928 in Berlin aus, die für das nahende Ende der Weimarer Republik und den Aufstieg der Nationalsozialisten bezeichnend war. Die New York Times berichtet in ihrer Ausgabe einen Tag später schockiert über die politische Dimension und den Zynismus dieser „Coronation Services“ (Krönungsdienste), wo Kube der Hauptredner war.
„Eine enorme Menschenmenge von vermutlich mehr als 10.000 Menschen strömte heute Abend zu den ‚Krönungsfeierlichkeiten‘ von S. Parker Gilbert, zuständig für die Reparationszahlungen Deutschlands, zum ‚Neuen Deutschen Kaiser‘. Die „Zeremonie“ war von den Faschisten aus Anlass des Geburtstags des ehemaligen Kaisers arrangiert worden.
Der enorm große Saal war bis zum Ersticken voll, und Tausende mussten draußen auf der Straße bleiben, obwohl man eigens einen weiteren Saal angemietet hatte. Die patriotische Begeisterung des Publikums war grenzenlos, aber wenig Feindseligkeit wurde gegenüber dem Agenten für die Reparationszahlungen laut, dessen Name der Hauptredner, der Abgeordneten Kube, nur dreimal in den Mund nahm. Es gab einige Buhrufe, als Herr Kube, Mr. Gilbert einen Angestellten internationaler Bankiers nannte, der sein Jahreseinkommen von 190.000 Mark aus den Taschen der Deutschen zog und auf ein Personal von 103 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zurückgreifen könne, die ähnlich überbezahlt seien. Aber der Spott wandelte sich in Gelächter, als Herr Kube hinzufügte: ‚Gilbert, ein junger Mann von 32 Jahren, ist seit heute der Deutsche Kaiser. Es ist nicht weniger als angebracht, ihm als gehorsame Untertanen unsere Ehre zu erweisen. Rein persönlich ist er uns egal, wir haben nichts gegen ihn.‘
Er hielt eine Ausgabe von Mr. Gilberts letztem Bericht hoch, den er die ‚Dawes-Bibel‘ nannte, und empfahl, das Buch jedem Schulabgänger in die Hände zu drücken: Es sei ein sicheres Mittel, einen Aufstand der gesamten Nation gegen Deutschlands augenblickliche Versklavung vom Zaun zu reißen. Der Rest seiner Rede war wilde Agitation und eine Tirade gegen die Partei von General von Ludendorff.
Herr Kube und Dr. Goebbels, der nach ihm sprach, zogen über alles und jeden her, wobei sie sich einer Sprache bedienten, die alles andere als parlamentarisch war. Seine Tiraden richteten sich grundsätzlich gegen Juden, aber Herr Kube griff auch die Sozialisten, Kommunisten und sogar die bürgerlichen Parteien auf unangemessene Weise an. Der Redner nannte Erzberger, Rathenau, Ebert und andere wichtige verstorbene Politiker Verräter, Gauner und Werkzeuge ausländischen Großkapitals und gab an, man hätte die Abgeordneten Scheidemann und Dittmann sowie mehrere sozialistische und kommunistische Redakteure längst aufhängen sollen.

00.02.1928
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 71 682)

ab 1928
Gauleiter der NSDAP im Gau Brandenburg, (nach der Vereinigung mit dem Gau Ostmark im Mai 1933 Gau Kurmark. 1938 wurde dieser nach weiteren Zuwächsen in Gau Mark Brandenburg umbenannt)

1928 u. 1933
Mitglied und Vorsitzender der NSDAP-Fraktion im Preußischen Landtag
( Er verzichtete auf das Reichstagsmandat und übernahm den Fraktionsvorsitz der NSDAP im Landtag.)
Von überregionaler Bedeutung für die Ausbreitung des Nationalsozialismus wurde K.s Wirken im Preuß. Landtag. Er gehörte zu den Abgeordneten, die am häufigsten das Wort ergriffen. Innenminister Grezesinski nannte K., der seine Fraktion überaus forsch, eloquent und schlagfertig vertrat, „die Provokation in Person“. K. erreichte, daß am 27.9.1928 in Preußen das Redeverbot für Hitler aufgehoben wurde. Waren es 1928 noch sechs nationalsozialistische Abgeordnete, so wurde die NSDAP im April 1932 mit 162 Abgeordneten zur stärksten Fraktion im Preuß. Landtag. Als im Mai 1933 unter Ministerpräsident Göring das preuß. Ermächtigungsgesetz in Kraft trat, wies K. im Landtag den Parteien der Weimarer Koalition die Aufgabe zu, „sich zu schämen und|zu schweigen“. Er half eifrig mit, das gesamte öffentliche Leben unter die Kontrolle der Nationalsozialisten zu bringen.

ab 1932
Kirchenvorsteher der Berliner Gethsemanegemeinde und der Kreissynode Berlin-Stadt III und Initiator der Glaubensbewegung Deutsche Christen

1933 - 1936
Oberpräsident von Brandenburg-Berlin

28.03.1933
Als die Mehrheit der Gubener Stadtverordneten am 28. März 1933 die Umbenennung der damaligen Bahnhofstraße in Kubestraße beschlossen hatte, wollte man die Verdienste des «alten Kämpfers» Wilhelm Kube, Gauleiter der neuen Kurmark, herausstellen. Kube war mehrfach in der Gubener Öffentlichkeit aufgetreten, so am 18. Mai 1932 im «Kaisergarten» als «Führer der 162 nationalsozialistischen Abgeordneten im Preußischen Landtag» , wie in der «Gubener Zeitung» zu lesen war.

1933
Eintritt in die SS (Mitglieds Nu. 114 771)
(SS-Standarte 27)

29.09.1933
Beförderung zum SS-Oberführer

27.01.1934
Beförderung zum SS-Gruppenführer

1934
Kube erhält während eines Besuchs in Teltow die Ehrenbürgerwürde

07.06.1935
Am 7. Juni 1935 erfolgte im „Schützenhaus“ die Einführung und Vereidigung Tittmanns zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Stadt Treuenbrietzen durch den Gauleiter Wilhelm Kube. Die Festveranstaltung im „Schützenhaus“ begann um 16 Uhr. Zuerst sprach der stellvertretende Bürgermeister, anschließend der Gauleiter. Der betonte in seiner Rede, dass durch Tittmann und seinen Streiter-Verlag die Stadt politisch erobert wurde und es daher nur selbstverständlich sei, dass dieser nun den Posten des Bürgermeisters erhielt. Dies erfolgte trotz seiner anderen politischen Ämter, denn nur so könne die Reichsregierung die von ihr erlassenen Gesetze in der Realität überprüfen. Weiterhin ergriffen der Regierungspräsident Dr. Fromm und der Landrat des Kreises, Vöge, das Wort.

1936
wegen einer entstandenen Differenz mit Martin Bormann aller staatlichen und Parteiämter enthoben.
(1936 bezichtigte er in einem anonymen Schreiben an den Parteirichter Walther Buch dessen Frau fälschlich der jüdischen Abstammung und griff damit indirekt auch ihren Schwiegersohn Martin Bormann an. Als die Autorschaft durch die Gestapo aufgedeckt worden war, wurde K. auf Betreiben Bormanns und Himmlers seines Amtes enthoben, durfte aber den Titel eines Gauleiters behalten. Hitler stellte ihm ein neues Amt in Aussicht; er wollte ihn zum Reichskommissar in Moskau ernennen)

1940
SS-Rottenführer im KL
Dachau

17.07.1941
Auf Vorschlag Rosenbergs wurde K. am 17.7.1941 zum Generalkommissar für Weißruthenien (mit Sitz in Minsk) bestellt, das mit den drei Baltenstaaten dem Reichskommissariat Ostland (mit Sitz in Riga) zugeteilt worden war.

17.07.1941 - 22.09.1943
Generalkommissar für den Generalbezirk Weißruthenien in Minsk
(Hier wurde der überzeugte Antisemit mit der brutalen Wirklichkeit der Judenvernichtung konfrontiert. Gegen die Liquidierung der russ. und poln. Juden erhob K. keinen Protest, wohl aber gegen die „Einfuhr“ und Ermordung deutscher Juden, „die aus unserem Kulturkreis kommen“ und zum Teil Frontkämpfer gewesen seien. Das Vorgehen der SS gegen diese Juden sei „eines deutschen Menschen und eines Deutschlands Kants und Goethes unwürdig“. Er versuchte, Juden in kriegswichtiger Produktion zu verstecken, indem er mit ihnen eine Panjewagenfabrik aufzog; dieses Projekt scheiterte jedoch im Sommer 1943. Die weißruss. Bevölkerung versuchte er durch Konzessionen und das Versprechen, einen eigenen Nationalstaat bilden zu dürfen, für sich zu gewinnen. Der Kommandeur der Sicherheitspolizei von Minsk bezichtigte K. der Unfähigkeit und „Judenhörigkeit“ und forderte seine Ablösung. Hitler hielt jedoch an seinem treuen Gefolgsmann fest, der ihm in so entscheidendem Maße den Weg in Preußen geebnet hatte.)


09.09.1941
Kube veröffentlicht einen Aufruf an die Bevölkerung:
„Wer noch im Besitz irgendeiner Waffe oder irgendwelcher Munition gefunden wird, wird erschossen. Ebenso werden die erschossen, die von dem Vorhandensein von Waffen oder Munition wissen.“

20.07.1943
Am Dienstag, den 20. Juli 1943, habe ich befehlsgemäß gegen 7:00 Uhr die beim
Generalkommissariat Weißruthenien beschäftigten 70 Juden in Haft genommen und einer
Sonderbehandlung zugeführt“, so SS-Obersturmbannführer Strauch in seinem Aktenvermerk vom selben Tag. Die Erschießung der Juden ohne Wissen des Generalkommissars Kube schürte die tiefen persönlichen Auseinandersetzungen mit KdS Strauch. Kube wertete die „Entfernung“ der jüdischen Arbeitskräfte, die ihm unterstanden, nämlich als „gegen ihn persönlich gerichtete Schikane“ und „persönlichen Angriff“ des anordnenden Generalkommissars von dem Bach-Zelewski. In einem Gespräch zwischen beiden versuchte Strauch den Vorwurf Kubes von „Barbarei u
nd Sadismus“ durch „die Tatsache“ zu widerlegen, „daß Juden, die sonderbehandelt werden
sollten, ordnungsgemäß durch Fachärzte Goldplomben entfernt worden seien“ und berief sich
darauf, lediglich seine Pflicht getan zu haben. Gauleiter Kube bewertete die Art des Vorgehens des SD als „eines Deutschlands Kants und Goethes unwürdig“ und kritisierte, dass „der deutsche Ruf in aller Welt untergraben würde“ und sich die „Männer an diesen Exekutionen geradezu aufgeilen würden“. Strauch hat darauf „energisch protestiert und betont, daß es bedauerlich sei, daß wir über diese üble Arbeit hinaus auch noch mit Schmutz übergossen würden. Damit war die Unterredung beendet“.

22.09.1943
Kube wird in Minsk durch eine Bombe getötet, die die weißrussische Partisanin Jelena Masanik, als Dienstmädchen eingeschleust, unter dem Bett versteckt hatte. Seine schwangere Frau, schlief im Nebenbett, war erschüttert, aber unverletzt.



Das kombinierte Juden- und Partisanen-Unternehmen "Aktion Sumpffieber" wurde zum Vorbild jener Mordoperationen, mit denen Himmler unter Vorspiegelung militärischer Erfordernisse die Ausrottung jüdischer Menschen fortsetzen ließ. Unternehmen Erntefest, Unternehmen Hamburg, Unternehmen Altona, Unternehmen Nürnberg - sie alle dienten der Vernichtung des jüdischen Volkes.
Zugleich wurde auch die Schlinge um die Juden, die sich nicht zu den Partisanen gerettet hatten, immer enger gezogen. Die Liquidatoren hatten die Masse der Juden in Gettos und Konzentrationslagern zusammengetrieben; im Ostland lebten noch 100 000 Juden, davon etwa 68 000 in den Städten. Gegen sie richtete sich ein weiterer tödlicher Schlag.
Im Mittelpunkt dieser Vernichtungsaktion lag das Generalkommissariat Weißrußland, das die neuen Herren Weißruthenien getauft hatten. Eine Stadt nach der anderen suchten die Polizeibataillone und die Hiwi-Brigaden heim, Getto um Getto fiel unter den Maschinenpistolen der Liquidatoren. Die Höheren SS- und Polizeiführer, ihre Sipo-Befehlshaber und Sipo -Kommandeure konnten sich schon ausrechnen, wann der letzte Jude Weißrutheniens ausgelöscht sein würde.
In just diesem Augenblick erwachte in den Ziviladministratoren des Reichskommissariats Ostland ein Besitzer- und Beschützerinstinkt, der altgediente Nazis zu einer seltsamen Auflehnung gegen den Rassismus des Dritten Reiches trieb. An der Spitze dieser Rebellion stand einer der korruptesten "Goldfasane": Gauleiter Wilhelm Kube, der Generalkommissar von Weißruthenien.
Kube nahm, wie auch andere NS Kolonialherren im Osten, daran Anstoß, daß die hastigen Judenaktionen der SS-Polizeiverbände die wirtschaftiche Grundlage des Ostlands erschütterten. "Eine sofortige Ablösung aller im Arbeitsprozeß eingesetzten Juden (ist) nicht möglich, insbesondere noch nicht in den großen Städten", hatte einst sogar Stahlecker gewarnt, aber sein Nachfolger Heinz Jost und dessen Beauftragter in Weißruthenien, der Sipo-Kommandeur und SS-Obersturmbannführer Dr. Eduard Strauch, trieben die Liquidierungen fanatisch voran.
Weißrutheniens cholerischer Herr, der mit russischen Professoren und Intellektuellen eine Selbstverwaltung einrichten wollte, sah die Wirtschaft seines Landes zusammenbrechen, denn die weißrussischen Juden stellten die einzige Handwerker- und Facharbeiterschicht des Landes. Noch ärgerlicher aber wurde Kube darüber, daß die SS amtlichen Killer über die Juden herfielen, ohne ihn vorher benachrichtigt zu haben. Kubes Zorn datierte noch aus der Zeit vor der neuen Offensive der totalen Endlöser.

Am 27. Oktober 1941 meldete sich in Sluzk der Adjutant des Polizeibataillons 11 und eröffnete dem Gebietskommissar Carl, innerhalb der nächsten Stunden würde mit der Liquidation sämtlicher Juden der Stadt begonnen werden. Parteigenosse Carl erschrak. Er bat den Kommandeur des Polizeibataillons, die jüdischen Handwerker zu schonen, doch die Polizei ignorierte Carls Bitte. Die Juden von Sluzk wurden ausgerottet.
"Das ganze Bild war überhaupt mehr als grauenvoll", meldete Carl dem Generalkommissar Kube am 30. Oktober. "Mit einer unbeschreiblichen Brutalität sowohl von Seiten der deutschen Polizeibeamten, wie insbesondere von den litauischen Partisanen (Hilfspolizisten) wurde das jüdische Volk ... aus den Wohnungen herausgeholt und zusammengetrieben. Überall in der Stadt knallte es, und in den Straßen häuften sich Leichen erschossener Juden."
Carl hatte mit seinen Beamten noch versucht, "zu retten, was zu retten war. Mehrfach habe ich buchstäblich mit gezogenem Revolver die deutschen Polizeibeamten wie auch die litauischen Partisanen aus den Betrieben herausdrängen müssen".

Wilhelm Kube stellte gegen das gesamte Offizierkorps des Polizeibataillons 11 Strafantrag wegen Disziplinlosigkeit. Es sei, zürnte Kube in einem Brief, "eine bodenlose Schweinerei", angeschossene Juden - wie in Sluzk geschehen - lebendig zu begraben, "mit derartigen Methoden läßt sich die Ruhe und die Ordnung in Weißruthenien nicht aufrechterhalten".
Der Alt-Antisemit Kube (1934: "Der Pestträger muß ausgemerzt werden") hätte freilich gegen eine "ordentliche" Vernichtung des russischen Judentums nichts eingewandt, wären nicht plötzlich Tausende deutscher Juden zur Vernichtung nach Minsk deportiert worden. Als Kube der deutschen Juden ansichtig wurde, zerbrach in ihm eine Welt: Der Judenfeind Kube wandelte sich zum Judenbeschützer.
Kube erfuhr, unter den deutschen Juden befänden sich auch Männer, die im Ersten Weltkrieg Soldaten gewesen und mit hohen Orden ausgezeichnet worden seien. Der Gauleiter ließ sich eine Liste zusammenstellen und appellierte an das Reichssicherheitshauptamt, als habe er niemals von einer Endlösung der Judenfrage gehört.
Ärgerlich konterte Heydrich, es habe alles seine Richtigkeit, im übrigen gebe es wohl "kriegswichtigere Aufgaben als dem Geseires von Juden nachzulaufen, zeitraubende Ermittlungen anzustellen und so viele meiner Mitarbeiter von anderen und weit wichtigeren Aufgaben abzuhalten". Heydrich an Kube: "Ich bedaure, sechseinhalb Jahre nach Erlaß der Nürnberger Gesetze noch eine derartige Rechtfertigung schreiben zu müssen."
Doch Kube wollte nicht verstehen. Er stellte die deutschen Juden unter seinen persönlichen Schutz und eilte herbei, sobald sich die Sicherheitspolizei des Obersturmbannführers Strauch zum tödlichen Schlag anschickte.
"Eine merkwürdige Einstellung zur Judenfrage", mäkelte Strauch, ehe er begriff, daß einer der ersten Gauleiter des Dritten Reiches unter die Judenfreunde gegangen war. Strauch verzweifelte an dem Sinn der Welt. Er hielt fest: "Ich betonte, daß es mir unverständlich sei, daß deutsche Menschen wegen einiger Juden uneins würden. Ich könne immer wieder feststellen, daß man meinen Männern und mir Barbarei und Sadismus vorwerfe, während ich lediglich meine Pflicht täte."
Was aber entgegnete der Nationalsozialist Kube? Strauch notierte: "Diese Art unseres Vorgehens sei eines deutschen Menschen und eines Deutschlands Kants und Goethes unwürdig. Wenn der deutsche Ruf in aller Welt untergraben würde, so sei es unsere (der SS) Schuld. Im übrigen sei es auch richtig, daß meine Männer sich an diesen Exekutionen geradezu aufgeilen würden."
Kube begnügte sich nicht damit, die Endlöser öffentlich als Barbaren zu brandmarken. Er ließ die SS-Wachen vor seinem Amtsgebäude durch SA Männer ersetzen. Er war stets zur Stelle, wenn ein SS-Mann sich an Juden vergangen hatte. Er sabotierte die Judenpogrome, wo immer er konnte.

Für den 1. März 1942 hatte Sipo -Strauch eine Vernichtungsaktion gegen das Minsker Getto angesetzt; 5000 Juden bekamen von der Sicherheitspolizei Order, sich zwecks "Umsiedlung" an einem bestimmten Platz zu versammeln. Doch Kube verriet die Aktion. Durch ihn erfuhren die Juden Strauchs wahre Absichten; die in den Stäben des Generalkommissariats beschäftigten Juden wurden von Kube indirekt gewarnt, das Getto zu betreten. Strauch mußte versuchen, die Juden einzeln zu verhaften.
Dabei kam es zu Aufläufen, die wiederum den Generalkommissar zu einem Protest veranlaßten. Strauch meldete: "Er hat mehrere meiner Männer erheblich beschimpft. Dabei fielen immer Ausdrücke wie 'Schweinerei' und 'wir sprechen uns wieder'."
Der Endlöser Strauch sah sich von dem Alten Kämpfer Kube derartig behindert, daß er seine Vorgesetzten alarmierte. Himmler beklagte sich bei Kubes höchstem Vorgesetzten, dem Ostminister Alfred Rosenberg, und der versprach denn auch prompt, den SS Kritiker Kube zu verwarnen. Kube gab jedoch nicht nach, zumal er wußte, daß auch sein nächsthöherer Dienstherr, der Ostland-Reichskommissar Hinrich Lohse, den Himmler-Apparat verabscheute.
Ein neues als Schlag gegen die Partisanen getarntes Unternehmen zur Massenliquidierung von Juden ("Großunternehmen Cottbus") benutzte Kube, um die gesamte Kampfweise der SS Verbände zu kritisieren. Die politischen Auswirkungen solcher Unternehmen, monierte er in einem Bericht an Rosenberg, seien "verheerend", denn die von der Polizei liquidierten Russen seien zum Teil gar keine Partisanen, sondern harmlose Bauern.
Kube: "Wenn bei 4500 Feindtoten nur 492 Gewehre erbeutet wurden, dann zeigt dieser Unterschied, daß sich auch unter diesen Feindtoten zahlreiche Bauern des Landes befinden."

Zu Kubes Bericht schrieb SS-Gegner Lohse am 18. Juni 1943 den Kommentar: "Was ist dagegen Katyn? Man stelle sich nur einmal vor, solche Vorkommnisse würden auf der Gegenseite bekannt und dort ausgeschlachtet! Wahrscheinlich würde eine solche Propaganda einfach nur deshalb wirkungslos bleiben, weil Hörer und Leser nicht bereit wären, derselben Glauben zu schenken."
Die Herren des Terrorapparates wußten nicht, wie sie sich ihres Gegners in Minsk entledigen könnten. Da halfen ihnen die sowjetischen Partisanen: In der Nacht zum 22. September 1943 fiel Wilhelm Kube einer Bombe zum Opfer, die ihm sein Dienstmädchen, eine Agentin der Partisanen, unter das Bett geschoben hatte. Himmler strahlte: Kubes Tod - so erklärte er - sei ein Segen.

Er konnte gelassen urteilen, denn die Arbeit der Endlöser in Rußland ging zu Ende. Sie hatten viel erreicht: von den 2,5 Millionen Juden Rußlands, die nicht vor den Deutschen hatten fliehen können, waren 900 000 liquidiert worden. Noch ehe die Sowjetarmeen die deutschen Eindringlinge zurücktrieben, machte sich Standartenführer Paul Blobel auf, die Spuren der Mörder zu verwischen.

Auszeichnungen
Rittekreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern: 27. Sep. 1943 (posthum)
KVK I/II m. Schw.
Goldenes Parteiabzeichen
Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber

siehe auch
Die Deutschvölkische Freiheitspartei (DvFP) und der Fall Grütte von
www.bernhard-sauer-historiker.de

06.03.2007
Anita Kube, Ehefrau von Wilhelm Kube, dem ehemaligen Gauleiter von Berlin und Generalkommissar von Weißrussland lebt In einem Seniorenwohnheim am Bodensee

07.09.2011
Am 7. September verstarb eine der drei Partisaninnen, die am 23.9.1943 das tödliche Attentat auf Wilhelm Kube, den Generalkommissar für den Generalbezirk Weißruthenien, in Minsk verübt hatten. Die Meldung des Todes der in der BSSR geborenen und mehrfach mit hohen Orden der Sowjetunion ausgezeichneten Trojan in Moskau im Alter von 90er Jahren wurde hier in Minsk und Belarus von vielen Medien aufgegriffen.
Trojan war während des Krieges in mehreren Partisanenbrigaden auf dem Gebiet der BSSR aktiv und arbeitete als Krankenschwester und Agentin. Zu ihren spektakulärsten Erfolgen im Kampf gegen die Besatzer gehörte das Attentat auf Kube. Dieser war am 23.9.1943 durch eine Bombe zu Tode gekommen, die unter seinem Bett versteckt worden war. Weitere Beteiligte waren Elena Mazanik und Marija Osipova, die ebenso wie Trojan mit dem höchsten Orden der UdSSR, „Held der Sowjetunion“, ausgezeichnet worden waren.
Nach dem Krieg wurde Trojan Ärztin, Dozentin an verschiedenen Universitäten und Vizepräsidentin des Internationalen Roten Kreuzes. Sie war aktiv im Verband der Veteranen und anderen gesellschaftlichen Organisationen engagiert.
Die Geschichte des Attentats auf Kube wird in einer gesonderten Ausstellungseinheit im „Museum des Großen Vaterländischen Krieges“ behandelt. Hier stehen weniger Trojan als Osipova und Mazanik im Vordergrund. Ausgestellt ist u.a. ein an letztere gerichteter Brief der Ehefrau Kubes, Anita Kube, vom 23.09.1992, dem Jahrestag des Attentats.