KZ Aufseherin

KZ Aufseherin Irma Grese 1

* 07.10 1923 in Wrechen (Feldberger Seenlandschaft)
† 13.12.1945 um 9:34 Uhr in
Hameln (gehängt)

vollständiger Name: Irma Ida Ilse Grese
größe: 1,65 m

Irma Grese wurde in Wrechen, einer 175-Seelen Gemeinde im südöstlichen Mecklenburg, unweit Pasewalk geboren

Beerdigung: Am Wehl Hameln , Landkreis Hameln-Pyrmont , Niedersachsen (Niedersachsen) , Deutschland

Eltern:
Alfred Anton Albert Grese u. Bertha Welhelmine Winter-Grese

Geschwister:
Helene Grese

Die Gegend war ländlich strukturiert. Sie lebte mit ihrem Vater Alfred, einem Melker ( seit 1937 Mitglied der NSDAP) , ihrer Mutter und ihren vier Geschwistern auf einem Gutshof.
1936 beging ihre Mutter Berta Grese angeblich aufgrund ehelicher Probleme Selbstmord.
1938, im Alter von 14 Jahren, verließ sie die Volksschule. Anschließend absolvierte sie ein Landjahr im Reichsarbeitsdienst (RAD)
Mit 15 begann sie für zwei Jahre als Hilfsschwester im SS-Sanatorium Hohenlychen zu arbeiten. Sie bemühte sich um eine Ausbildung als Krankenschwester, fand aber keine Lehrstelle. (Im Personalbuch des Sanatoriums Hohenlychen - dem einzigen erhalten Schriftstück der Einrichtung aus der Zeit - steht, dass Grese als Hausmädchen gearbeitet hat.)
1942, nachdem sie einem erneuten Antrag zur Krankenschwesternausbildung stellte, wurde Irma Grese in einen Molkereibetrieb nach Fürstenberg in unmittelbarer Nachbarschaft des KZ Ravensbrück versetzt.
Im Juli 1942 stellte sie mit Unterstützung einer Krankenschwester aus Hohenlychen weitere Anträge für einen Ausbildungsplatz, erneut erfolglos.
Daraufhin meldete sie sich zur SS und wurde im KZ Ravensbrück zur Aufseherin ausgebildet. Weil sie erst 18 Jahre alt war, erhielt sie lediglich einen Monatslohn von 54,-- RM.
Das war sehr viel weniger als die übrigen Wachleute erhielten. In
Ravensbrück hatte Grese bereits kleinere Arbeitskommandos zu beaufsichtigen. Während dieser Zeit besuchte sie mehrfach ihre Familie in Wrechen.
Nach einem Streit mit ihrem Vater, der angeblich mit ihrer Tätigkeit als KZ-Aufseherin nicht einverstanden war, verbot er ihr das Haus.
(Das war, nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte. Es war auch ein enttäuschender Urlaub. Ihr Vater begrüßte sie nicht mit offenen Armen. Als er hörte, dass sie als Lagerwache arbeitete, verprügelte er sie.)

Im März 1943 wurde Grese nach
Auschwitz-Birkenau versetzt. Dort wechselte sie öfter zwischen Camp A und Camp B.
Anfangs war sie als Telefonistin im Zimmer eines Blockführers beschäftigt. Im Laufe des Jahres beaufsichtigte sie ein Straßenbaukommando und ein Gartenkommando.
Im Mai 1944 wurde sie ins Camp C ein Frauenlager in Auschwitz- Birkenau und Ende 1944 für zwei Wochen ins Hauptlager Auschwitz I versetzt, wo sie zwei Blöcke im Männerlager beaufsichtigte.
Am 18. Januar 1945, als das Lager Auschwitz wegen der herannahenden Front evakuiert wurde, begleitete sie einen Häftlingstransport ins KZ Ravensbrück, wo sie ihren Dienst fortsetzte.
Anfang März 1945, als auch das KZ Ravensbrück evakuiert wurde, begleitete sie einen Frauenhäftlingstransport nach
Bergen-Belsen. Ihr Rang in Bergen-Belsen war Kommandoführerin.
Praktisch hatte sie auch hier die Aufgaben einer Aufseherin. Irma Grese wurde am 17. April 1945 zusammen mit den anderen nicht geflohenen SS-Angehörigen auf dem Lagergelände verhaftet. In den darauffolgenden Tagen mußte sie die unbestatteten Toten begraben helfen.
(Britische Truppen kamen im April 1945 zur Befreiung des Lagers und versuchten, Irma zu verhaften. Sie zog ihren silbernen Revolver hervor und versuchte, Brigadier Bob Daniel in den Rücken zu schießen. Bevor sie den Abzug betätigen konnte, drehte sich Daniel um und sie rannte davon.)

Grese verliebte sich in Auschwitz in den 14 Jahre älteren und verheirateten SS-Oberscharführer
Hatzinger Franz (Wolfgang)
(Irma Grese kam mit einem Gefangenentransport nach Belsen. Der Belsener Kommandant Joseph Kramer hatte vor, sie sofort in ein anderes Lager zu schicken, aber sie fragte ihn, ob sie in Belsen bleiben könne, um mit ihrem Freund zusammen zu sein. Dies war ein Fehler, der sie wahrscheinlich das Leben gekostet hatte. Anfang April 1945 wurde Irma von Kramer angewiesen, nach Ravensbrück zu gehen und bei der Evakuierung von etwa 150 Ravensbrück- Häftlingen mitzuhelfen, die vom Ansturm des sowjetischen Juggernauts westwärts marschiert waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihr Freund Franz Hatzinger Typhus bekommen.)

Am 17. Mai wurde Grese in das Celler Gefängnis überstellt, wo sie bis zur Urteilsverkündung am 17. November 1945 blieb.

Im 1. Bergen-Belsen-Prozess erwähnte Anklagevertreter Colonel Backhouse Irma Grese folgendermaßen:
Nr. 9, Grese, war Aufseherin verschiedener Arbeitskommandos und zeitweilig Aufseherin des Frauenstraflagers in Auschwitz.
Sie wurde als die schlimmste Frau des ganzen Lagers beschrieben. Es gab keine Grausamkeit im ganzen Lager, mit der sie nicht in Verbindung gebracht wurde. Sie hat regelmäßig an Selektionen für die Gaskammer teilgenommen, folterte nach eigenem Belieben und Ermessen. In Belsen setzte sie dieses grausame Verhalten genauso fort. Ihre Spezialität war es, abgerichtete Hunde auf wehrlose Menschen zu hetzen.

Davon unbeeindruckt bezeichnete sich Grese, wie alle anderen Angeklagten auch, als nicht schuldig.

Am 17. November 1945, genau zwei Monate nach Beginn des Prozesses, wurden die Urteile, die das Militärgericht gefällt hat, verkündet.
Der Präsident benannte die Anklage wegen Verbrechen im Konzentrationslager Bergen-Belsen als first charge und die Anklage wegen Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz als second charge. Die Angeklagten mußten in Gruppen zu zweit oder zu dritt an die Anklagebank treten. Irma Grese wurde hereingeführt. Sie wurde zum Tod durch den Strang verurteilt.
Irma Grese verzog nicht einmal das Gesicht und begann fortzugehen. Militärpolizistinnen führten sie hinaus.
Ausländische Journalisten berichteten mit einer Mischung aus Amüsement und Entsetzen, dass deutsche Prozesszuschauer die Fairness des Verfahrens hauptsächlich darin zu erkennen glaubten, dass das Gericht nicht sämtliche Angeklagte ohne viel Aufhebens zum Tode verurteilt habe, wie man es aus der Zeit des Dritten Reiches gewohnt gewesen sei.

Grese wurde im Anschluß an die Urteilsverkündung in die Vollzugsanstalt Hameln verlegt, wo sie am 13. Dezember 1945 vom britischen Henker Alfred Pierrepoint hingerichtet wurde.

Der englische Brigadier Paton-Walsh hielt seine Armbanduhr in der Hand. Kurz vor 9 Uhr gab er Pierrepoint ein Zeichen und dieser rief Irma Grese auf. Die deutschen Wärter schlossen die Schieber an den Türen und öffneten die erste Tür.
Die 22jährige Irma Grese kam aus ihrer Zelle und auf dem Flur wurden ihr vom Henker die Hände auf den Rücken gefesselt. Follow me! kommandierte Pierrepoint und sein Gehilfe 0'Neil übersetzte Folgen Sie mir! Zwei deutsche Wärter folgten der Gruppe zum Galgen.

Irma Grese ging aufrecht, sie besah sich für einen Augenblick die Gesichter der herumstehenden Zeugen und ihr Blick blieb auf den Gesichtern ihrer Landsleute haften. Dann stellte sie sich auf die Mitte der Falltür, die Pierrepoint durch ein Kreidezeichen markiert hatte. Die Haltegriffe der Wärter lehnte sie ab. Der Henker stülpte eine weiße Haube über ihren Kopf und legte ihr die Schlinge um. Ihr letztes Wort war schnell als Pierrepoint zurücksprang und den Auslösehebel betätigte. Der Körper fiel in das Erdgeschoß, wo der englische Militärarzt nach 20 Minuten den Tod feststellte.

Der leblose Körper wurde aus der Schlinge genommen, seiner Kleider beraubt und in einen
bereitstehenden Sarg gelegt.
Nur die vorschriftsmäßig zu tragende Gummihose ließ man unberührt und diese, wie bei allen anderen hingerichteten Frauen, erleichterte den deutschen Behörden die Identifizierung der Leichen, als diese bei der Übernahme des Zuchthauses diesen grausigen Fund machten.

Hinterlassenschaft der am 13.12.1945 in Hameln hingerichteten Kriegsverbrecherin
IRMA GRESE
Geld (RM 439.65): Sparbuch über RM 4.391.57 , sechs Ringe aus gelben Metall, ein Hüfthalter mit Lederstrapsen ,ein Regenmantel, ein Staubumhang, drei Hemden, zwei Schlafanzüge, eine Schürze, drei Paar Strümpfe, ein paar blaue Schuhe, ein Paar hohe Stiefel, ein Kleid, zwei Paar Socken, ein Rock, zwei Blusen , ein blauer Pullover, ein Tuch, zwei Schlüpfer, ein Büstenhalter, ein Rucksack, eine Brieftasche, eine Geburtsurkunde, zwei Kämme, eine Reithose

Auch nach ihrem Tod sorgte Irma Grese im Verbund mit den anderen Hingerichteten immer wieder für Aufregung. Im März 1954 wurde ihr Leichnam mit 90 anderen vom Gefängnishof in Hameln auf den Friedhof „Am Wehl“ verlegt. Dies führte in England zu einer öffentlichen Debatte bis hin zur Aufforderung ans Außenministerium, in Deutschland gegen die Umbettung zu demonstrieren, was von der Regierung aber abgelehnt wurde. Im November 1985 rückte das Gräberfeld nochmals ins öffentliche Bewusstsein, als es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auf dem Friedhof kam. Rechte Gruppierungen hatten ihre Kultstätte gefunden, linke Demonstranten agierten dagegen. Nachdem die Demonstrationen und Unruhen auch im Frühjahr 1986 weitergingen, wurde das Gräberfeld im März des gleichen Jahres eingeebnet.

Brief Batsheva an Grese Irma

Nach Batshevas Ankunft im KZ- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und ihrer Selektion zur Zwangsarbeit wurde sie als erstes ins »Brennnessel-Kommando« geschickt. Das heißt, sie musste mit bloßen Händen, ohne Handschuhe, Brennnesseln pflücken, aus denen ein Ersatzkaffee für die Häftlinge gekocht wurde. Bei dieser schmerzhaften Arbeit wurden die Zwangsarbeiterinnen von einer jungen Aufseherin bewacht: Irma Grese. Diese hatte einen abgerichteten Hund, den sie auf die Häftlinge hetzte, wenn sie ihrer Meinung nach zu langsam arbeiteten. Auch schlug sie die Frauen zur Strafe ins Gesicht.

Irma Grese wurde nach dem Krieg von den britischen Alliierten verhaftet und vor Gericht gestellt. Als Batsheva, mittlerweile in Palästina, davon hörte, wollte sie unbedingt zum Prozess nach Lüneburg fahren, bekam aber kein Visum. Deshalb schrieb sie 1946 an die Frau, die sie so gequält hatte, einen Brief und veröffentlichte ihn.

»Frau Aufseherin Grese,

Sie haben einen Gerichtsprozess und Major Winwood ist Ihr Verteidiger. Ich bin eines Ihrer Opfer und durch ein bisschen Glück eine der wenigen Überlebenden und ich kann einfach nicht verstehen, warum Ihnen, dem »Terror von Auschwitz«, der Schutz des Gesetzes in einem solchen Maße garantiert werden sollte. Sie waren verantwortlich für die Zerstörung der Leben unzähliger Menschen, sodass es kaum möglich ist, irgendeine Rechtfertigung für Ihre Taten zu finden, welche Trauer und Folter für Tausende brachten.

Man wird nicht bezweifeln, dass Sie an Befehle gebunden waren, gebunden an die Befehlsgewalt der SS, deren Mitglied Sie waren. Aber es kann nie eine Entschuldigung geben für die neuen Foltermethoden und die Formen der Verfolgung, die Sie einführten, keine Rechtfertigung für die Art, wie Sie ihrem bestialischen Sadismus freien Lauf gelassen haben.

Gerechtigkeit muss geschehen. Wir warten noch auf das Urteil. Sie werden vielleicht einem Erschießungskommando entgegentreten müssen oder am Genick erhängt werden, bis Sie tot sind. Trotzdem werden Ihre Opfer nicht sehen, dass Gerechtigkeit geschehen ist. Nur wenn Sie gezwungen werden, so zu leiden, wie Sie uns dazu gezwungen haben, kann gesagt werden, dass Gerechtigkeit geschehen sein wird.

Wir, Ihre Opfer, wollen Sie nicht sterben sehen, wir wollen vielmehr, dass Sie leben wie wir es auch mussten, mit Schwaden aus schmutzigen, schwarzen Rauch aus den Schornsteinen des Krematoriums ständig vor unseren Augen.

Wir wollen, dass Sie schwere Steine schleppen, barfuß in Lumpen. Wir wollen sehen, wie Sie geschlagen werden, grausam und gnadenlos, wie Sie grausam und gnadenlos geschlagen haben. Wir wollen sehen, wie Sie verhöhnt werden, wie Sie uns verhöhnten und erniedrigten in unserer Verzweiflung. Wir wollen, dass Sie hungrig dahinvegetieren, dass Sie nachts nicht schlafen können, so wie wir es nicht konnten. Wir wollen sehen, wie Ihr blondes Haar geschoren wird, so wie man uns die Köpfe geschoren hat.

Sie, ja auch Sie, müssen gezwungen werden, hinzuschauen während die, die Ihnen nahe stehen, in den Tod geschickt werden. Wir wollen Sie, das »schöne Mädchen«, zerfallen sehen zu einem »Muselweib«, zu einem Paket Haut und Knochen durch Hunger und Erschöpfung, wie diejenigen unter uns, die man verhöhnt hat und mit diesem Namen rief. Auch Sie sollten zum »Himmelskommando« geschickt werden, wo sie Ihnen die »Straße zum Himmel« zeigen durch die Gaskammern.

Man soll auch Sie lebendig in den Hochofen des Krematoriums schieben, wie Sie es mit so vielen von uns getan haben.

All diese Dinge sind Tausenden von uns angetan worden, Ihren Opfern. Nur wenn sie auch Ihnen direkt angetan werden, wird Gerechtigkeit geschehen sein. Sie ließen uns unter den Qualen der Hölle leiden. Nun sind wir an der Reihe, Sie zu hassen und nach Rache zu verlangen.

»Achtung, Frau Aufseher Grese kommt!« Ich werde niemals den Terror vergessen, mit dem dieser Ruf unsere Herzen erschütterte. Ich werde mich immer erinnern, wie Sie in Ihrer SS-Uniform durch das Lager stolzierten, diesen riesigen Hund an Ihrer Seite, den Sie »nur so zum Spaß« auf uns zu hetzen liebten. Ich werde mich immer an Ihre glänzenden und eleganten Schaftstiefel erinnern und an die Art, in der Sie uns damit traten.

Ich war eine von Tausenden. Die Nummer, die sie mir gaben, Nr. 45554, wurde mir in meinen Arm eingebrannt und wird mit mir ins Grab gehen. Dort war ich, einen schmutzigen grauen Fetzen um meinen geschorenen Kopf gewickelt: ich trug die Hosen eines Soldaten der Roten Armee, der zu Tode gefoltert worden war und ein zerrissenes Hemd, auf dem ich meine Nummer trug und den Davidstern. Wenn Sie vorbeikamen stand ich starr und aufmerksam, obwohl meine Füße kaum noch meinen Körper tragen konnten, weil ich schon völlig abgemagert war. Ich trug Holzpantinen, beide für den linken Fuß und viel zu groß. Ich hatte Lumpen um meine Füße gewickelt – und die Lumpen waren zerrissene »Talessim«, die Gebetstücher meiner Religion. Die Pantinen zerrissen meine Füße, das zerrissene »Talessim« aber zerriss mein Herz. «

Batsheva Dagan 112 Erklärung von Irma Grese

Statement der SS-Kommandoführerin Irma Grese .

Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Wrechen bei Feldberg, Mecklenburg. Ab dem 16. Lebensjahr arbeitete ich als Hilfspflegerin in einem Krankenhaus und blieb dort bis ich 18 Jahre alt war. Ich wollte Krankenschwester werden, wurde aber als Supervisor in Konzentrationslagern zur SS geschickt. Das war im Juli 1942.

Ich ging zuerst nach Ravensbrück, wo ich eine Aufseherin wurde und die Frauenarbeitsgruppen mit etwa 20 Häftlingen betreute. Im März 1943 wurde ich nach Birkenau in der Nähe von Auschwitz geschickt, wo ich bis Januar 1945 blieb. Danach ging ich für vier Wochen nach Ravensbrück und kam im März 1945 in Belsen an.

Ich weiß von den Gefangenen, dass es in Auschwitz Gaskammern gab und dass dort Häftlinge vergast wurden. Dr. Mengele kam im Lager in Birkenau und sortierte für diese Transporte die arbeitsunfähigen Leute aus. Ich wusste, was passierte und versteckte Mütter und Kinder, damit sie nicht ausgewählt werden konnten. Ich wurde einmal von den Juden dafür angeklagt, dass ich das getan hatte und wurde für zwei Tage in meinem Zimmer verhaftet. Juden wurden in diesem Lager als Spione eingesetzt und hatten gewisse Privilegien. Ich habe nie an der Auswahl von Leuten teilgenommen und war nur auf der Parade zum Appell und sah, dass niemand entkam.

Ich habe niemals Gefangene geschlagen oder getreten. Es ist wahr, dass ich Leute lange auf Appell stehen ließ, aber nie bis sie fielen. Ich habe Menschen in Rapportführer Tauber in Birkenau und von Rapportführer Drechsel geschlagen gesehen. Drechsel hat mir einmal gesagt, dass ich, wenn es nötig ist, Gefangene treffen könnte, aber das habe ich nie getan. Ich kann mich nicht erinnern, wer zu dieser Zeit Kommandant war. Während ich dort war, waren Höß, Hartjenstein, Scharz und Kramer Kommandanten.

Die Bedingungen in den Konzentrationslagern waren schlecht für alle, einschließlich der SS. Das einzige Mal, dass ich nach Hause durfte, war für fünf Tage, nachdem ich meine Ausbildung in Ravensbrück beendet hatte. Ich erzählte meinem Vater von dem Konzentrationslager und er verprügelte mich und sagte mir, ich solle nie wieder nach Hause kommen. Himmler ist verantwortlich für alles, was passiert ist, aber ich glaube, ich habe genauso viel Schuld wie alle anderen über mir. Die Bedingungen in Belsen waren sehr schlecht, aber ich konnte wenig tun, obwohl ich alles getan hatte, um zu helfen.

Unterschrift: Irma Grese

Marina Wolff: Der rote Ball

Ein Transport war angekommen, und eine seltsame Kolonne marschierte auf der Straße: ungefähr 150 Kinder, die sich an den Händen hielten, eines trug das Jüngste mühsam auf den Armen, von stramm ausschreitenden SS-Aufseherinnen begleitet. Mit ihrem Schäferhund an der Leine war die gutaussehende Irma Grese schon von weitem zu erkennen. Die Gruppe nahm sich aus wie ein großer Kindergarten auf einem Ausflug oder Spa-
ziergang. Auf der Wiese gegenüber vom Krematorium hielten sie an. Eine Aufseherin belehrte die Kinder mit lauter Stimme: „Jetzt zieht euch schön aus und faltet eure Kleider ordentlich zusammen, damit jeder seine Sachen nachher wiederfindet. Und dann gehen wir gleich unter die Dusche.“ Die Kinder fingen an, sich auszuziehen.

Da warf ein fünfjähriges Mädchen plötzlich einen großen roten Ball. Die anderen liefen ihm nach, fingen ihn auf, warfen ihn in die Luft und spielten so eine Weile in der warmen Septembersonne. Es waren noch kleine Kinder, das älteste vielleicht zehn Jahre alt. Am Rande der Wiese saß ein ganz kleines Kind, zwei Jahre alt, jedenfalls zu klein, um schon mitzuspielen.
Wie eine Kindergärtnerin klatschte Irma Grese dann in die Hände: „Genug gespielt, lasst den Ball liegen. Jetzt beeilen wir uns, dass wir ins Bad kommen.“ Die Kinder gehorchten und stürmten die Treppen ins Krematorium hinunter. Auch das Kleine kroch ihnen auf seinen unbeholfenen Beinchen nach.
Irma Grese sah das, übergab ihren Hund einem SS-Wächter und nahm das Kind auf den Arm. Die Stufen zur Gaskammer wären zu hoch für die
kleinen Beinchen gewesen. Der kleine Mann spielte mit ihrem blonden Haar und streichelte das Zeichen an ihrer Mütze. Er fühlte sich sichtlich wohl auf dem Arm der gutaussehenden Pflegerin und lachte vor Vergnügen. Noch einen Augenblick, dann waren die Feldmütze, das blonde Haar der Irma Grese und das kleine Köpfchen daneben unseren Blicken entzogen. Noch einmal sahen wir Irma Grese, als sie aus dem Krematorium herauskam, den Hund abholte und ruhig mit ihm ins Lager zurückging.
Nach zwanzig Minuten heulten die Ventilatoren auf, die Aktion war beendet. Vor dem Krematorium lagen die Höschen, die schleifengeschmückten Kleidchen – ja, und auch der rote Ball.

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