Heil- und Pflegeanstalt Illenau
Übersicht
Deutschland, Bundesland Baden-Württemberg, Regierungsbezirk Freiburg, Landkreis Ortenaukreis
Illenau diente bis ins Jahr 1940 als Heil- und Pflegeanstalt. Im Rahmen der nationalsozialistischen "Aktion T 4" wurde die Anstalt aufgelöst. 260 von 674 Patientinnen und Patienten wurden nach Grafeneck verbracht, wo sie dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Auf Anweisung des Anstaltsleiters Dr. Hans Römer wurde ein weiterer Teil als "geheilt" nach Hause entlassen und die Übrigen auf andere Heil- und Pflegeanstalten, vor allem nach Emmendingen verteilt.
In die verlassenen Gebäude zog eine „Reichsschule für Volksdeutsche“ ein, an der zwischen 400 und 500 Südtiroler Mädchen unterrichtet wurden, ehe ab 1943 hier eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (NAPOLA) für Jungen eingerichtet wurde. Von 1942 bis 1943 waren knapp 50 Mädchen, die von Polen aus über den Verein "Lebensborn" verschleppt wurden, weil sie „arischen“ Merkmalen entsprachen und hier „germanisiert“ werden sollten, ebenfalls in der Illenau untergebracht. Vier Mädchen wurden in das berüchtigte Lager von Litzmannstadt gebracht, wo sie vermutlich den Tod fanden, einige wurden in deutsche Pflegefamilien vermittelt und einige konnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Polen zurückkehren.
Nach Ende des Krieges beschlagnahmte die französische Besatzungsmacht die Gebäude und nutzte sie bis Mitte der 1990er-Jahre als Kaserne.
1992 wurde das Gelände von den Streitkräften erstmals zu einem „Tag der Offenen Tür“ geöffnet, um das 150-jährige Bestehen der Illenau zu feiern.
Die 1994 geräumte und bis zum Jahr 2006 weitgehend im Dornröschenschlaf versunkene Illenau wurde Schritt um Schritt revitalisiert. Im Nordflügel des Gebäudes entstand die „Parkresidenz Illenau“ mit 55 Wohneinheiten. Nach dem Technischen Rathaus übersiedelte auch Oberbürgermeister Klaus Muttach und der größte Teil der Verwaltung in die Illenau. Die Bürgerinitiative Forum Illenau bereicherte den Komplex mit der Errichtung der öffentlichen Illenau-Werkstätten. Der ehemalige Festsaal wird regelmäßig für Kulturveranstaltungen genutzt. Zuletzt wurde das neue Trauzimmer eröffnet.
Anstaltseigener Friedhof
Im Jahre 1842 wurde in Achern die Großherzogliche Badische Heil- und Pflegeanstalt Illenau gegründet. Diese Einrichtung genoß bald nach ihrer Gründung einen ausgezeichneten Ruf und Adlige aus ganz Europa suchten dort Heilung von Geisteskrankheiten.
Die Kranken, die in der Anstalt verstarben, wurden bis 1858 auf dem städtischen Friedhof in Achern beigesetzt. Im Laufe der Jahre war ein anstaltseigener Friedhof notwendig geworden und wurde 1857 – 1858 im heutigen „Illenauer Wäldele“ angelegt. Ab 1858 fanden die Verstorbenen der Heilanstalt auf diesem versteckt gelegenen Gottesacker ihre letzte Ruhestätte.
Arm und reich liegen hier im Schatten hoher und schöner Bäume begraben. Adelige aus ganz Europa, die in der Anstalt Heilung suchten, fanden in diesem Friedhofsgarten ihre ewige Ruhe.
Die Heil- und Pflegeanstalt wurde im Jahre 1940 geschlossen.
Von diesem Zeitpunkt an fanden auf dem Waldfriedhof keine Beerdigungen mehr statt, erst 1951 durften sich ehemalige Angestellte der Anstalt dort wieder einen Platz für ihr Grab aussuchen.
Der über einen Hektar große Illenauer Waldfriedhof befindet sich am östlichen Stadtrand von Achern, in einem Waldstück neben der Straße nach Sasbachwalden.
Zur Geschichte des Bestandes
In die Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen gelangten auch die Verwaltungs- und sämtliche Patientenakten. Die in Emmendingen (heute Zentrum für Psychiatrie Emmendingen) verwahrten Unterlagen aus der Illenau gelangten im Jahre 1998 im Wege der Aktenaussonderung in das Staatsarchiv Freiburg. Neben dem Bestand B 821/1 mit den Gründungsunterlagen der Anstalt und den Personalakten der in der Illenau beschäftigten Ärzte, Pfleger und des sonstigen Personals, ist vor allem der vorliegende Bestand von großer medizinhistorischer Bedeutung. Die Patientenakten wurden im Staatsarchiv Freiburg konservatorisch behandelt und in einer Datenbank erschlossen. Insgesamt 27.008 Patientenakten und neun Akteneinheiten mit Fragmenten von Patientenakten sind in dem Bestand enthalten, der 109 lfd. umfasst.
In 2008 wurde die gesamte Datenbank mit den Patientenakten in das Archivsystem SCOPE des Landesarchivs übernommen. Diejenigen Unterlagen, die keinen personenschutzrechtlichen Sperrfristen mehr unterliegen, stehen im Online-Angebot des Landesarchivs zur freien Nutzung zur Verfügung.