Polizeigefängnis

Deutschland, Bundesland Niedersachsen, Region Hannover

In den Jahren 1944/45 beschäftigte die Polizeidirektion Hannover Zwangsarbeiter in der Verwaltung und im Nachrichtenverbindungswesen.

Tagesablauf 1938
Die Haft im Gefängnis begann mit der Aufnahme: Bis auf den Ehering mußten dort sämtliche persönliche Gegenstände abgegeben werden. Sie wurden notiert, verschlossen und bei der Entlassung gegen Quittung zurückgegeben. Bei der Aufnahme stellte man außerdem - neben den Personalien und Fingerabddrücken - fest, für welche Art von Arbeit der Häftling sich eignete.
Dann fand die Einkleidung statt: Die Frauen trugen ein Trägerkleid zum Knöpfen aus derbem, blauem Baumwollstoff. Sonntags oder wenn Besuch anqesaqt war, wurde die grau-blaue Arbeitsschürze gegen eine weiße ausgetauscht und außerdem ein weißer Kragen angelegt. Diese "Accessoires" kamen übrigens auch zum Einsatz beim Gang zur "Oberin". Karierte Schultertücher und dicke Wollsocken ergänzten die Gefängnisuniform.
Die Männer trugen weite Hosen zum Binden und darüber eine Arbeitsjacke aus demselben groben Baumwollstoff. Einmal in der Woche gab es frische Wäsche.
Diese Einkleidung galt allerdings nur für Strafgefangene, also für Häftlinge, die bereits verurteilt worden waren. Die Untersuchungsgefangenen behielten ihre Zivilkleidung und wurden auch nicht zur Arbeit herangezogen. Frische Wäsche bekamen sie von "draußen", also von Angehörigen und Freunden.

Um sechs Uhr wurden die Häftlinge geweckt, mußten aufstehen, die Betten machen und sich waschen. Währenddessen sammelten Kalfaktoren die Fäkalienkübel ein. Um 7:30 Uhr gab es Frühstück: Kaffee, Brot, sowie meist nur Margarine und Marmelade.
Ab acht Uhr wurden die Häftlinge in die Werkstätten und Arbeitssäle gebracht oder verblieben in ihren Zellen. Mittagessen gab es um 12 Uhr. Nach einer kurzen Pause nahmen die zur Arbeit eingeteilten Gefangenen ihren Dienst wieder auf - bis zum Abendbrot um 18 Uhr.
Die Möglichkeiten der "Freizeitgestaltung" abends und an den Wochenenden waren äußerst dürftig. Die Hauptbeschäftigung der politischen Häftlinge, die zumeist in Einzelhaft saßen, bestand vermutlich im Lesen, wenn auch das Angebot der Gefängnisbücherei sehr beschränkt war.
Der Kirchgang Sonntags - je nach Konfession konnte der evangelische oder katholische Gottesdienst besucht werden - wurde von vielen allein schon wegen der Abwechslung im tristen Gefängnisalltag wahrgenommen. Unter den politischen Häftlingen war dieser Gang allerdings sehr umstritten. Die einen benutzten ihn, um Informationen von "draußen" auszutauschen oder um eventuell Bekannte unter den neuen Gesichtern auszumachen. Auch dabei gab es den Versuch, die politische Identität soweit wie möglich zu wahren.

Bericht eines Häftlings
"Die Vergabe von Essenszulagen war genau geregelt. Ein Schild an der Zellentür, das immer weitergehängt wurde, zeigte an: Zulage Brot, Zulage Essen usw. Sonntag war ich an der Reihe, Gulasch sollte es geben. Ich also 'Klappe raus' - da war so'ne Fahne an der Wand, wenn man da von innen gegenklopfte, fiel die Fahne 'runter, daß hieß 'Klappe raus'.
'Warst Du beim Kirchgang?' fragte der Wärter. 'Beim evangelischen?' 'Nein.' 'Beim katho1ischen?' 'Nein.' 'Dann kriegst Du auch keine Zulage'. Da saqte ich: 'Für mich gibt es aber keine Kirche hier.' 'Was, es gibt keine Kirche? Was bist du denn?' 'Ich bin Buddhist!' 'So eine Kirche haben wir hier nicht. Gut dann kriegst Du Deine Zulage.

22.06.1944

Am 22.06.1944 verläßt ein Sammeltransport das Polizeigefängnis Hannover Hardenbergstraße mit Ziel Konzentrationslager Ravensbrück. Der Transport erreicht das Lager Ravensbrück am 23.06.1944. Eine der Häftlinge ist Anna-Luise Haaris. Am 12. Dezember 1944 befindet Sie sich im Block 2A. Im Block 2 des alten Lagers waren 1944 Funktionshäftlinge untergebracht, so die Kommunistin und Leiterin der Klempnerkolonne Charlotte Müller, die Haaris aus der Emigrationszeit kannte, und die ehemalige KPD-Reichstagsabgeordnete Helene Overlach.