Tötungsanstalt Hadamar
Euthanasie-Anstalt der Aktion T 4
Bezeichnung: Anstalt E
Gebiet:
Deutschland, Bundesland Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Limburg-Weilburg
Unterstellung: Organisation Aktion T4
Beginn der Tötungen: Januar 1941
Vorl. Ende der Tötungen: 24.08.1941
Bemerkungen:
Ein Teil der Anstalt Hadamar (Mönchberg) wurde bis zum Januar 1940 zu einer Mordanstalt umgebaut. Es wurde ein als Duschraum getarnter Vergasungsraum, zwei Verbrennungsöfen und ein zusätzlicher Sezierraum eingerichtet. Bis März 1941 wurden zur Ermordung selektierte Patienten aus anderen hessischen Landesheilanstalten (vor allen Herborn, Eichberg, Weilmünster, Kalmenhof, Heilerziehungs- und Pflegeanstalt Scheuern) durch Gas getötet. Dadurch gedachten die Verantwortlichen Belegplätze zu gewinnen, die es ermöglichten, die erwähnten Anstalten organisatorisch in den Vernichtungsprozeß zu integrieren. So fungierten die Anstalten im Rahmen der Aktion T4 zukünftig als Bindeglied zwischen Einweisung und dem Weitertransport der zur Ermordung bestimmten Menschen nach Hadamar. Ab April 1941 trafen Transporte aus der Provinz Hannover, der Rheinprovinz, Westfalen (Düüseldorf) und Baden in den hessischen Zwischenanstalten ein und wurden von dort aus nach Hadamar überwiesen; jüdische Patienten wurden aus Gießen überstellt. Die Zahl der ermordeten Patienten beläuft sich für den Zeitraum von Januar 1940 bis August 1941 (Ende der Aktion T4) auf mindestens 10.000. Nach Protesten von Seiten der Bevölkerung wurden bis Anfang 1942 die Gaskammern und Verbrennungsöfen abgebaut. Die zweite Mordphase dauerte vom 01.08.1942 bis zum 26.03.1945. Das Einzugsgebiet der Anstalt vergrößerte sich sogar um die ehemaligen T4-Anstalten Grafeneck, Brandenburg und Bernburg. 3/4 aller Transporte kamen aus Zwischenanstalten. Nun wandte man Mordmethoden wie überdosierte Betäubungsmittel an, versuchte die Transporte unauffälliger zu gestalten und fälschte Todesart und Todesort. Zwischen August 1942 und März 1945 trafen 63 größere Transporte in Hadamar ein. Eingeliefert wurden 4.817 Patienten, von denen 4.422 in Hadamar starben. Ab April 1943 wurde in der Anstalt ein Erziehungsheim für Mischlingskinder eingerichtet. Etwa 40 Kinder mit einem jüdischen Elternteil wurden dorthin eingewiesen und ermordet. Gegen Ende des Krieges weitete man den Kreis der Patienten vor allem auf erkrankte Zwangsarbeiter aus. Sogar erkrankte Angehörige der Wehrmacht wurden unter strengster Geheimhaltung umgebracht.
Als in Hadamar der zehntausendste Kranke vergast worden war und nun verbrannt werden sollte, traf sich die Belegschaft zu einem geselligen Umtrunk. Ein ehemaliger Angestellter schilderte später die Szene:
Wir versammelten uns dann gegen Abend auf dem Flur im rechten Flügel, wo jeder eine Flasche Bier empfing und von wo es dann in den Keller ging. Dort war auf einer Bahre ein nackter männlicher Toter mit einem großen Wasserkopf aufgebahrt ... Der Tote wurde von den Brennern auf eine Art Trog gelegt und in den Verbrennungsofen geschoben. Hierzu hielt M., der sich nach Art eines Geistlichen zurechtgemacht hatte, eine Leichenpredigt.
Nach 1945
Urteil im Hadamar Prozeß [5.060 KB]
12.05.1941
Am 12.05.1941 treffen mit einem Transport 86 Patienten aus der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Herborn in der Euthanasie-Anstalt Hadamar ein und werden dort ermordet. Es sind keine überlebende bekannt
21.05.1941
Am 21.05.1941 treffen mit einem Transport 90 Patienten aus der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Herborn in der Euthanasie-Anstalt Hadamar ein und werden dort ermordet. Es sind keine überlebende bekannt
Da an diesem Tag ein zweiter Transport von 84 Patienten in Hadamar eintraf und die im Keller der Tötungsanstalt Hadamar befindliche Gaskammer nur eine tägliche Tötungskapazität von 100 Personen hatte, ist der 21. oder der 22. Mai 1941 als Sterbezeitraum anzunehmen.
1945
Die Patienten sahen sich in der Anstalt überwiegend demselben Personal gegenüber wie während der NS-Zeit. Beispielsweise versah die später
wegen Mordes verurteilte Hadamarer Oberschwester Irmgard Huber diese Funktion bis zu ihrer Verhaftung am 7. Juli 1945; noch im April hatte Landesrat Schlüter eine Verfügung aufgesetzt, die Huber weiter „mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte der Oberschwester der Landesheilanstalt Hadamar beauftrag[en]“ sollte. Selbst die „4 Berliner Pflegerinnen“, also die bis zum Schluss von „T4“ bezahlten Kräfte, waren zunächst weiter in der Anstalt Hadamar tätig, wenngleich sie nach Einschätzung des Vorgesetzten „einen gedrückten Eindruck“ mach-
ten.