Polizeihaftlager in den Niederlanden
Bezeichnung: Polizeiliches Durchgangslager, de Boskamp
Gebiet
Niederlande, Provinz Utrecht, Gemeinde Amersfoort
Unterstellung
BdS Den Haag
Eröffnung
18.08.1941 kurzzeitige Schließung im Juni 1943
Schließung
Übernahme des Lagers durch das niederländische Rote Kreuz am 20.04.1945
Deportationen
2.179 Schutzhäftlinge wurden nach Deutschland in die KZ Buchenwald (464 Häftlinge), Dachau (6 Häftlinge), Mauthausen (798 Häftlinge) überstellt. Vom 13. Januar bis 8. März 1943 wurden 2.850 Häftlinge in das Lager Vught überstellt und dort im Bereich des Schutzhaftlagers untergebracht. Von den restlichen 3.485 Häftlingen wurden am 16. Juli 309 Personen und am 4./5. August ca. 200 Personen in das Judendurchgangslager Westerbork überstellt. Ca. 700 sog. Kontraktbrecher und Asoziale wurden Ende 1942 in acht Transporten in Arbeitserziehungslager nach Deutschland, u.a. nach Essen-Mühlheim gebracht.
Häftlinge
Insgesamt 32.500 Häftlinge sind zwischen 1941 und 1945 in das Lager eingeliefert worden. Es diente als Lager zur Internierung von Geiseln, die aus den verschiedensten Gründen als Vergeltungsmaßnahme festgenommen worden waren. Es diente als Schutzhaftlager zur Verhängung der Schutzhaft für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Es war Judendurchgangslager und Arbeitserziehungslager. Außerdem war es für eine Weile Auffanglager für internierte Frauen und Kinder amerikanischer Staatsangehöriger. Nacht- und Nebel -Häftlinge wurden dort vor ihrem Abtransport inhaftiert. Das Lager wurde außerdem zum Hinrichtungsort für zum Tode Verurteilte und andere Personen. Insgesamt wurden 196 Personen dort exekutiert, darunter ca. 100 russische Kriegsgefangene. Ab Juni 1943 diente das Lager weiterhin der Inhaftierung von verschiedenen Geiselgruppen, in erster Linie war es jedoch Durchgangslager Geisellager für niederländische Männer, die versucht hatten, sich der Zwangsarbeit in Deutschland zu entziehen oder die ihre Arbeitsplätze in Deutschland verlassen hatten, um in den Niederlanden unterzutauchen, also ein Lager für Arbeitsverweigerer und Kontraktbrecher. Von August 1941 bis März 1943 wurden 8.522 Einweisungen in das PDL Amersfoort registriert. Im Januar 1942 befanden sich ca. 1.000 Gefangene im Lager, und die durchschnittliche Belegung stieg bis zum Ende dieses Jahres auf mehr als 2.000 Häftlinge an.
Geschlecht
Männer
Einsatz der Häftlinge bei
Art der Arbeit
Häftlingskommandos wurden im waldreichen Gelände rund um das Lager zur Rodung und zu Sägearbeiten eingesetzt.
Bemerkungen
Während seines Bestehens sind ungefähr 32.500 Häftlinge in das Lager, das sich zwischen den Gemeinden Amersfoort und Leusden befand, eingeliefert worden. Ursprünglich als Übungslager für niederländische Infanterieeinheiten errichtet, wurden die bereits bestehenden Baracken im Laufe des Jahres 1942 durch die deutschen Behörden erweitert und zu einem Lager mit Polizeifunktion" umfunktioniert. Somit unterstand es dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Den Haag. Es diente von August 1941 bis März 1943 als Schutzhaftlager der Inhaftierung von Juden, Kommunisten, Bibelforschern, Asozialen, Nacht- und Nebel-Häftlingen und russischen Kriegsgefangenen. Diese Aufgabe übernahm ab Januar 1943 das neu eröffnete KZ Herzogenbusch. Amersfoort wurde nach einer kurzzeitigen Schließung ab Juni 1943 vor allem als Durchgangs- und Geisellager für niederländische Männer verwendet, die sich der Zwangsarbeit in Deutschland entzogen hatten bzw. in den Niederlanden untergetaucht waren, um der Zwangsarbeit zu entgehen (sog. Arbeitsverweigerer und Kontraktbrecher). Nachdem das Lager Vught wegen des Durchbruchs der deutschen Fronten durch die Alliierten am 5. und 6. September 1944 evakuiert werden mußte, wurden in Amersfoort erneute politische Häftlinge inhaftiert, um von hier in ein Konzentrationslager nach Deutschland überstellt zu werden.
05.04.1942
Erschießung von mindestens 65 sowjetischen Kriegsgefangenen im Polizeilichen Durchgangslager Amersfoort am 05.04.1942 unter Mitwirkung von Karl Friedrich Titho
Dem Erschießungskommando gehörten an:
- „Heinrich“: SS-Obersturmführer Walter Heinrich, zur Tatzeit Lagerkommandant des PDL, „seit dem Krieg vermisst“.
- Berg“: „SS-Hauptscharführer Karl Peter Berg, zur Tatzeit erster Schutzhaftlagerführer des PDL. 1949 von einem niederländischen Sondergericht u.a. wegen dieser Tat zum Tode verurteilt.
- „M.“: SS-Untersturmführer Ernst May, zur Tatzeit Kriminalbeamter unter Deppner. 1949 von einem niederländischen Sondergericht zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Verstorben.
- „T.“: SS-Oberscharführer Karl Friedrich Titho, zur Tatzeit erster Kraftfahrer des PDL. Persönlicher Fahrer des Befehlshaber BdS, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei, Oberregierungsrat Dr. Wilhelm Harster. Wegen dieser Tat am 24.05.1951 von einem niederländischen Sondergericht in Utrecht zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
letzter Wohnort: 32805 Horn-Bad Meinberg, Pfuhlstraße 4. 2001 verstorben
04.04.1942
Noch am gleichen Nachmittag begab sich D. zur Durchführung des ihm von Rauter erteilten Befehls in Begleitung des Untersturmführers M. und des SS-Oberscharführers K., der als Kraftfahrer notdienstverpflichtet und dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei in den Niederlanden zur Dienstleitung zugeteilt war, mit dem Kraftwagen nach Amersfoort. Dort hatte der Lagerkommandant Heinrich auf Grund der vorangegangenen telefonischen Weisungen zwei seiner Untergebenen, den SS-Hauptscharführer Berg und den SS-Oberscharführer Titho, bereits damit beauftragt, in einem in der Nähe des Lagers gelegenen Waldgelände eine Grube in Ausmaß von 2 mal 4 Metern und einer Tiefe von 2 Metern auszuheben.
05.04.1942
In den frühen Morgenstunden des folgenden Tages wurden die noch am Leben befindlichen russischen Kriegsgefangenen (mindestens 65) mit zwei Lastkraftwagen, die von Titho und dem zufällig im Lager anwesenden SS-Oberscharführer J. gesteuert wurden, in das für die Durchführung der Exekution ausgewählte Waldgelände transportiert. Dort stellte SS-Sturmbannführer Erich Deppner ein Erschießungskommando zusammen, das aus den SS-Führern Heinrich, Berg, M. und Titho bestand und mit Maschinengewehren ausgerüstet war. Dann wurden die kriegsgefangenen Russen, vermutlich von Berg, jeweils in Gruppen, die der Stärke des Hinrichtungspelotons entsprachen, von dem in der Nähe der Erschießungsgrube gelegenen Standplatz der Transportfahrzeuge an die Exekutionsstätte herangeführt. Dort mussten sie, die sich in einem Zustand der völligen Apathie befanden, sich am Rande der Grube aufstellen, den Rücken dem Erschießungskommando zugekehrt, das in etwa 6 bis 8 Metern hinter der aufgeworfenen Erde Aufstellung nahm. Auf die Feuerkommandos des SS-Sturmbannführers Erich Deppner wurden die Gefangenen durch Schüsse in den Hinterkopf – die Maschinenpistolen waren auf Einzelfeuer eingestellt – getötet. Bei jeder Gruppe überzeugte sich der Sturmbannführer vom Eintritt des Todes. In Zweifelsfällen gab er M. den Befehl, Nachschüsse zu erteilen; in ein bis zwei Fällen besorgte er die Abgabe von Nachschüssen selbst. Bevor die nächste Gruppe von Gefangenen herangebracht wurde, deckte man die Leichen jeweils mit einer Schicht Erde ab.