Namslau (Namyslow)

Geografie

Polen, Woiwodschaft Oppeln, Landkreis Namysłow
Koordinaten: 51° 5′ 0″ N, 17° 42′ 0″ O

Die Stadt ist eine Kreisstadt in der Woiwodschaft Oppeln im Süden Polens. Die Stadt liegt etwa 60 km östlich von Breslau und etwa 55 km nördlich von Oppeln an der Weide (Widawa), zählt rund 16.000 Einwohner und ist Hauptort einer Stadt- und Landgemeinde mit etwa 26.000 Einwohnern.

1453 fand in Namslau ein wichtiges politisches Ereignis statt: Namslau weigerte sich als einzige schlesische Stadt neben Breslau dem umstrittenen böhmischen König Ladislaus Postumus zu huldigen. Später hatte die Stadt zwar Matthias Corvinus als König anerkannt, fiel aber gemäß dem Frieden von Olmütz 1479 unter die Herrschaft von Vladislav II. und 1526 an die Habsburger.

Während des Zweiten Weltkriegs errichteten die Nationalsozialisten auf dem Stadtgebiet ein
Nebenlager des Konzentrationslagers Groß-Rosen.

Eine unterirdische Munitionsanstalt der Luftwaffe bei Nassadel wurde östlich in einem Walde erbaut. Über die militärische Überwachung mit Militär und der Beschäftigtenzahl unter Tage ist nichts bekannt geworden.

Etwa 100 Jungen zwischen 10 und 13 Jahren wurden im Winter 1941 von
Köln in ein KLV Lager nach Namslau (Namysłow) in Niederschlesien, nahe der polnischen Grenze verschickt.

Am 21. Januar 1945 wurde die Stadt von der Roten Armee erobert. Den Kämpfen um die Stadt fielen über 50 % der Bebauung zum Opfer. Am 30. April 1945 wurde Namslau als Namysłów unter polnische Verwaltung gestellt, die deutsche Bevölkerung wurde bis 1947 vertrieben, an ihre Stelle kamen polnische Vertriebene aus den von der Sowjetunion besetzten polnischen Ostgebieten.


Bericht des OKW vom 23.Januar 1945

In Oberschlesien behaupteten wir unsere Stellungen am Ost-und Nordostrand des Industriegebietes bis auf einzelne Einbrüche gegen zahlreiche feindliche Angriffe; 32 Panzer wurden abgeschossen. Im Raum östlich von Oppeln sowie zwischen Namslau und Oels wurden die Bolschewisten durch kraftvolle, von Panzern unterstützte Gegenangriffe aufgefangen.
Bei Kalisch und südwestlich Litzmannstadt stehen unsere Verbände weiter in erbitterten Abwehrkämpfen. Nördlich der Warthe drangen feindliche Panzerspitzen bis in den Raum Posen vor.


Die letzten Tage in Namslau

18. bis 21. Januar 1945

Bericht des letzten Landrats des Kreises Namslau, Dr. Ernst Heinrich
Schon am 16. Januar zogen vereinzelt Bauernfahrzeuge aus dem Generalgouvernement und der früheren Provinz Posen durch Namslau. Diese Einzeltrecks verstärkten sich in den nächsten drei Tagen. Über das Kampfgeschehen herrschte zwischen dem 16. und 18. Januar bei allen verantwortlichen Stellen weitgehende Unklarheit. Am Morgen des 19. Januar wurde dann das Landratsamt verständigt, daß die russischen Truppen bis Wielun (70 km entfernt) vorgedrungen waren. Um der bedrohlichen Lage gerecht zu werden, wurden gegen 9.00 Uhr vom Landratsamt alle verfügbaren Lkw und Pkw auf 11.30 Uhr zum Abtransport der schwangeren Frauen und der Schwerkranken beordert. Dieser Anordnung folgten nur sehr wenige Fahrzeugbesitzer.

Eine erneute Aufforderung brachte dann gegen 15.30 Uhr eine größere Anzahl von Fahrzeugen zusammen, die unter der Leitung von Kreisbaumeister Sternitzke und Feuerwehrführer Jakob im Laufe des Nachmittags ca. 40 Personen nach Brieg und Ohlau transportierten.

Gegen 11.00 Uhr wurde aller verfügbare Treibstoff beschlagnahmt und zwischen Wehrmacht und zivilen Dienststellen aufgeteilt. Trotz der ständig wachsenden Bedrohung wurde die Bevölkerung gegen 13.30 Uhr von Kreisleiter Fischer durch Lautsprecher auf dem Ring zum Bleiben aufgefordert. Erst als drei russische Panzer gegen 15.00 Uhr im Raum Glausche-Hennersdorf auftauchten, wurde der Räumungsbefehl für die Bevölkerung aller Ortschaften des Kreises gegeben. Zwischen 16.00 Uhr und Mitternacht begannen die Trecks in Richtung Oder abzufahren. Teilweise handelten die Bürgermeister selbständig. Der zur Verfügung stehende Volkssturm besetzte den Stadtrand von Namslau, brauchte aber nicht in Abwehraktionen einzutreten.

Da sich der Räumungsplan der NSV als undurchführbar erwies, wurde durch zahlreiche Telefongespräche der Kreisverwaltung mit den Breslauer Dienststellen die Gestellung von 5 Eisenbahnzügen erreicht, um die städtische Bevölkerung von Namslau abzutransportieren. Der erste Zug traf gegen 20.30 Uhr, von Kattowitz kommend, auf dem Bahnhof Namslau ein. Es war ein schwerer Abschied von der Heimat, wobei nur ein Teil der Abfahrenden die ganze Schwere der Stunde übersah.

In jedem der überfüllten Züge konnten ca. 1500 Personen mit viel Handgepäck und vor allem Bettzeug Platz finden. Der letzte Zug mit Zivilbevölkerung verließ am 20. Januar gegen 7.45 Uhr den Namslauer Bahnhof. Die Züge wurden nach der Stadt Landeshut im Riesengebirge geleitet und trafen dort nach einer Fahrzeit von über 10 Stunden ein. Die Namslauer wurden auf die Stadt und den Kreis verteilt, z.T. wurden sie in Kirchen untergebracht. Das Reservelazarett Krüppelheim in Namslau mit 450 Insassen wurde im Laufe des 19. Januar nachmittags nach Bad Landeck verlegt.

Mit Beginn der Räumung wurden die leitenden Beamten der Kreisverwaltung, der Polizeikreisführer mit seinem Stab und der Kreisbauernführer im Landratsamt in der Telefonzentrale zusammengezogen. Im Laufe der Nacht wurde bekannt, daß in den Ortschaften Altstadt, Kaulwitz und Schmograu noch vereinzelt ganze Familien hilflos sitzen geblieben waren, vornehmlich infolge Krankheit von Familienangehörigen. Sie wurden von der Polizei mit Sonderfahrten aus den teilweise brennenden Ortschaften abgeholt und in den letzten Zug gebracht, der auf dem Bahnhof Namslau stand.

Inzwischen wurde ein Plan zum Abtransport der wertvollsten Lebensmittel und des Viehs aufgestellt. Mit Hilfe des Divisionsstabes aus Oels gelang es, die im Kreis lagernde Butter teilweise und auch größere Mengen Zucker abzutransportieren. Vom Vieh konnte nur die Herde in Seydlitzruh nach Richtung Ohlau abgetrieben werden. Das war bei 18 bis 20 Grad Kälte ein schwieriges Unternehmen; über das Schicksal der Herde ist nichts bekannt geworden. Am Abend machte sich schon bemerkbar, daß das angebundene Vieh in den Ställen der verlassenen Gehöfte nach Wartung verlangte.

Vom Russen war bekannt, daß er am 20. Januar abends vor Reichthal eingetroffen war und Konstadt O/S erreicht hatte. Die Telefonverbindungen nach Kreuzburg und Oels waren nachmittags schon unterbrochen; sie bestanden nur noch nach Breslau und Oppeln. Gegen 22.00 Uhr meldete der Kreispolizeiführer auf dem Kreishaus, daß die Russen bereits auf dem Ring seien. Mit zwei Angehörigen der Kreisverwaltung und zwei Soldaten aus dem Stabe des Kampfkommandanten, der im Braustübel seine Befehlsstelle aufgeschlagen hatte, pirschte sich der Landrat auf den menschenleeren Ring vor. Es erwies sich als notwendig, eine Ortsverteidigung in Böhmwitz mit Richtung Giesdorf und am Westausgang der Stadt gegen Obischau zu organisieren. Dazu wurden Teile der Ersatz- und Ausbildungsbataillone Schweidnitz und Glatz und das Volkssturmbataillon eingesetzt.

Die nächsten Stunden verliefen ruhig, bis am 21. Januar 1945 gegen 4.00 Uhr der Kreispolizeiführer erneut das Anrücken der Russen meldete. Der Volkssturm war nicht sicher, ob er sich gegen russische Panzer durchsetzen könnte. Die Truppe in Böhmwitz wurde verstärkt und hielt bis zum Morgengrauen aus. Neben dem Stadtpark gingen vier Geschütze in Stellung, um Angriffe der Russen von Norden her abzuwehren. Ohne Kampfhandlungen ging die Nacht zu Ende; von Norden war zeitweise Geschützdonner zu hören, und es sickerte die Nachricht durch, daß russische Panzer in Hennersdorf und Glausche am Sonnabend vormittag in die abrückenden Trecks gestoßen seien, wobei Verluste in der Zivilbevölkerung entstanden wären. Dabei wurden am Bahnhof Glausche auch zwei russische Panzer durch mutige Soldaten abgeschossen.

Der Sonntagmorgen begann mit der Abfahrt des letzten Eisenbahnzuges (gegen 7.00 Uhr) vom Bahnhof Namslau in Richtung Oppeln und mit dem Aufbrechen der Lebensmittelgeschäfte am Ring, um durchziehende Truppen zu versorgen. Die Werkküche der DAF wurde in Gang gebracht, um Verwundete zu speisen.
Der Kampflärm aus Richtung Reichthal wurde stärker, die Verteidiger von Reichthal wurden zwischen 11.00 und 13.00 Uhr durch deutsche Tieffliegerangriffe unterstützt. Die Stadt Namslau und alle Dörfer waren fast menschenleer, nur einige alte Leute waren in den Ortschaften zurückgeblieben, weil sie die kommende Gefahr unterschätzten. Viele sind nach den Berichten aus den Jahren 1946 bis 1950 erschlagen worden.
Ein deutscher Panzerangriff, der von Richtung Glausche auf Reichthal schon früh gestartet werden sollte, verzögerte sich bis gegen 12.00 Uhr, weil der Treibstoff erst von Oels herangeschafft werden mußte. Er hatte nur den Erfolg, daß sich ein Teil der deutschen Besatzung aus Reichthal absetzen konnte. Diese erreichten gegen 15.00 Uhr die Stadt Namslau. Im Osten drang der Russe gegen 10.00 Uhr in Noldau ein. Der Volkssturm leistete Widerstand in Grambschütz, das gegen 14.00 Uhr in russischen Besitz geriet. Von dort aus erhielt die Kreisstadt zwischen 13.00 und 14.00 Uhr den ersten Beschuß mit weittragenden russischen Panzergeschützen. Die Einschläge lagen bei der Hohen Brücke und in der Gegend der Landwirtschaftsbedarfs-Gesellschaft, später am Kino und an der alt-luth. Kirche.

Das letzte Telefongespräch aus Namslau führte der Landrat mit der Regierung in Breslau. Von dort wurde ihm mitgeteilt, daß man in Breslau Sonntagsdienst habe und daß der Regierungspräsident unerreichbar sei. Der engste Stab der Kreisverwaltung, der in der Telefonzentrale bis gegen 13.00 Uhr gearbeitet hatte, verließ über den Stadtwald und Windisch-Marchwitz das Kreisgebiet. Der stellvertretende Bürgermeister von Namslau wurde von den Anstrengungen der letzten Tage völlig erschöpft im Rathaus aufgefunden. Nachdem er noch einmal durch das Rathaus gegangen war und mit dem Landrat Sicherungsmaßnahmen getroffen hatte, verließ er bei grimmiger Kälte gegen 15.00 Uhr allein auf dem Fahrrad die Stadt.

Der Artilleriebeschuß verstärkte sich zwischen 15.00 und 16.00 Uhr ständig. Die noch fahrbereiten deutschen Panzer durchstreiften die menschenleere Stadt bis nach Böhmwitz. Ein Telefongespräch des Kampfkommandanten und des Landrats mit der Divisionsbefehlsstelle ergab, daß die Russen von Groß-Wartenberg auf Bernstadt und von Noldau auf Schwirz vorrückten. Damit blieb nur noch die Straße nach Ohlau frei. Die letzten Zivilisten und die Truppe erhielten den Befehl, sich auf Ohlau abzusetzen bzw. eine Beobachtungsstellung am Rande des Stadtwaldes zu beziehen. Gärtner St. erhielt den Befehl, die K.V.G. zu sprengen. Er führte den Auftrag gegen 19.00 Uhr durch. Da auch die Südausgänge der Stadt unter Granatfeuer lagen und die Truppe sich langsam kämpfend zurückzog, verließ der Landrat mit dem Fahrer Mühlbach und dem Sohn des Betriebsleiters Moritz von der K.V.G. gegen 17.00 Uhr die Stadt Namslau und eilte dann der Kreisbevölkerung nach, die sich auf dem Treck zwischen Ohlau und Landeshut befand.

Noch nördlich der Oder im Kreis Ohlau waren lange Trecks der Namslauer zu finden, die in der Nacht vom 21. zum 22. Januar beschleunigt über die Oderbrücken zogen. Der Volkssturm beobachtete dann am Montag, dem 22. Januar, zwischen 7.00 und 8.00 Uhr vormittags vom Stadtwald aus, wie sich die ersten Russen aus der Stadt vortasteten. Die letzten Angehörigen des Volkssturms verließen den Kreis in Richtung Ohlau und berichteten darüber wenige Tage später in Landeshut.
Damit endet der Abschnitt des Verlassens der engeren schlesischen Heimat durch die Namslauer Kreisbevölkerung

Quelle:
Namslauer Heimatruf