Transport 08.09.1942 Berlin

Ghetto Theresienstadt

Transportliste

Am 08.09.1942 verläßt ein Sonderzug mit 100 Personen
Berlin. Ziel ist Theresienstadt. Der Zug erreicht die dortige Bahnstation am 08.09.1942. Es handelte sich um den 59. Alterstransport. Die Theresienstadttransporte wurden im Unterschied zu den „Osttranporten“ als „Alterstransporte“ bezeichnet. 78 Prozent der nach Theresienstadt deportierten Personen war im Jahr 1942 zwischen 57 und 86 Jahre alt.
Im Jahr 1942 kamen 37 Prozent der über 65jährigen in einen Osttransport. Auffallend ist ebenfalls, daß Frauen mit 2/3 in der Mehrzahl waren.
Im offiziellen Sprachgebrauch war nicht mehr von Abtransport und Evakuierung die Rede, sondern – nach einem Erlass des Reichssicherheitshauptamtes, von einer „Wohnsitzverlegung nach Theresienstadt“, einem Ort von dem die wenigsten bisher gehört hatten. Das klang harmlos, nach freundlichen Villen, Hotelpensionen und Seniorenheimen – und hatte doch nur den Zweck, lästige Nachfragen und Eingaben von „arischen“ Freunden und Kollegen zu verhindern.

Vorgehensweise der Behörden sowie die Vorbereitung des Transportes:
Es begann damit, daß die Betroffenen, zugleich mit der Ankündigung ihrer Deportation ein 16 Seiten umfassendes Formular ins Haus geschickt bekamen. Mehr als 80 Fragen waren zu beantworten, darunter eine umfassende Aufstellung des Vermögens, unter anderem nach Textilien und Mobiliar ebenso wie nach Bankkonten, Sparbüchern, Kaufverträgen, Schuldscheinen, Hypothek- und Grundschuldbriefen sowie Versicherungspolicen.

Die Abholung aus der Wohnung geschah in der Regel drei bis acht Tage vor dem eigentlichen Transport und führte zunächst in ein Sammellager. Wer keine Vorsorge zum Untertauchen getroffen hatte, dem blieb nur der Suizid, um sich dem Abtransport zu entziehen. Zur besseren Tarnung erfolgte die Überführung ins Sammellager durch Mitarbeiter der „Reichsvereinigung der Juden“ (in Begleitung zweier Gestapobeamter) in Möbelwagen, in denen die alten Leute auf dem Boden hocken mussten. Diese kurvten stundenlang durch die Stadtbezirke, um die Opfer einzusammeln. Ihr Gepäck hatten die Betroffenen schon vorher an bestimmten Stellen abgeben müssen, wo es nicht selten durchsucht und ausgeplündert wurde. Nicht wenige der zur Deportation Bestimmten führten in diesen Tagen größere Mengen an Veronal mit sich.

Sammellager für diesen Transport waren unter anderem in Berlin: die ehemalige Synagoge in der Artilleriestraße und das jüdische Altenheim Große Hamburger Straße.
Hier hatten die verschiedensten Behörden provisorische Büros eingerichtet, um den letzten Rest der bürgerlichen Existenz zu vernichten und die Ausraubung zu vollenden: Finanzamt, Arbeitsamt, Einwohnermeldeamt, Ernährungsamt und andere. Hinter ihren Tischen, an denen jeder Transportteilnehmer vorbeizugehen hatte, standen große Wäschekörbe. Hier landeten nicht nur die vorbereiteten Vermögenserklärungen, sondern auch Arbeitsbücher, Lohnsteuerkarten, Invalidenkarten,
Dann überreichte der eigens bestellte Gerichtsvollzieher jedem Transportteilnehmer die Verfügung, dass sein gesamtes Vermögen „zugunsten des Deutschen Reiches“ eingezogen worden sei. Die Zustellungsurkunden sind gewissenhaft in den Akten aufbewahrt. Den nunmehr Enteigneten blieben zuletzt nicht einmal die persönlichsten Papiere: Geburts- und Heiratsurkunden, Militärpapiere, Ausweise, Berufszeugnisse sowie Besitzzeugnisse für Orden und Ehrenzeichen mussten an einen jüdischen Treuhänder abgeliefert werden. Damit war eine Rückkehr ins bürgerliche Leben ein für alle Mal ausgeschlossen.
Hier verbrachten die Menschen ihre letzten Stunden bis zum Abtransport. Das Verhalten der Beamten, aber auch das des Wachpersonals kann nur als Menschenverachtend bezeichnet werden.
Wie viele aus diesem Transport bei ihrer Ankunft in Theresienstadt mit dem am gleichen Tag von Theresienstadt nach Minsk abgehenden
Transport Bk in den Tod geschickt wurden, ist aus den nach 1945 aufgefundenen Dokumenten nicht ersichtlich. Einer der Personen, der für diesen Transport Berlin –Theresienstadt vorgesehen war, war der Gynäkologe Dr. Paul-Ludwig Edel aus Schöneberg, er nahm sich am Sonntag, 07. September 1942, das Leben. Für ihn wurde ein anderer aus der Ersatzliste deportiert.