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Izbica |
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Izbica ist ein Dorf im Powiat Krasnostawski in der Woiwodschaft Lublin, Polen. Izbica ist Sitz der gleichnamigen Landgemeinde (gmina wiejska)
Izbica liegt zwischen Zamość und Krasnystaw, etwa 55 km südöstlich von Lublin. Der Fluss Wieprz fließt westlich des Ortes.
Das Konzentrationslager Izbica war das größte Transit-Ghetto zwischen Belzec und Sobibor. Daneben gab es Transit-Ghettos in Piaski, Rejowiec, Krasnystaw, Opole Lubelskie, Deblin, Zamosc, Chelm, Wlodawa und Miedzyrzec Podlaski. Alle außer Miedzyrzec Podlaski lagen nahe bei oder direkt an den Eisenbahnstrecken, die nach Belzec bzw. Sobibor führen; Miedzyrzec Podlaski an der Strecke nach Treblinka. Durchgangsghetto bedeutete, dass die Häftlinge verteilt auf die vorhandenen Wohnungen untergebracht wurden und es keine bewachte Umzäunung gab. Das Verbot bei Todesstrafe den Ort nicht zu verlassen und eine weiträumige Überwachung genügte in dieser abgelegenen Ortschaft, um die Gefangenen zu halten.
Geographische Lage: 50° 53′ N, 23° 10′ O
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Ghetto Izbica |
Ghetto Izbica
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Bezeichnung Ghetto, Konzentrationslager, Durchgangslager
Gebiet Polen, Woiwodschaft Lublin, Landkreis Krasnystaw
Unterstellung
Eröffnung ab 1942 Durchgangsstation auch Transit-Ghetto oder Durchgangsghetto für deportierte Juden
Schließung Die vorletzte Deportation des Jahres 1942 erfolgte am 2. November. Danach sollte Ort und Region vollständig judenrein gemacht werden. Als der letzte Zug schließlich abfuhr, blieben viele auf der Wiese am Bahnhof zurück. Kurt Engels befahl daraufhin, alle verbliebenen Juden in das Kino im Ort zu sperren. In diesem Gebäude hielt man sie Tage lang fest, bis SS-Männer sie schließlich gruppenweise herausführten, um sie auf dem jüdischen Friedhof zu erschießen. Diese Ermordung von mehr als 1000 Menschen wurde von der einheimischen Bevölkerung beobachtet.
Nach der Schließung als KZ wurde es vorübergehend als so genanntes Ghetto für jüdische Polen bis 1943 (Sammellager) betrieben
Geschlecht Frauen, Männer und Kinder
Häftlinge
Einsatz der Häftlinge bei Nur wenige konnten im Ghetto, das durch einen Holzzaun abgetrennt war, Werkstätten einrichten. Die meisten blieben ohne feste Arbeit. 400 junge Männer wurden im nahe gelegenen Arbeitslager Augustówka bei der Flussregulierung eingesetzt.
Art der Arbeit
Bemerkungen Bei Aussiedlungsaktionen genannten Deportationen beteiligten sich nicht nur SS- und Gestapomänner aus Izbica selbst, sondern auch SS-Männer aus Lublin, Zamosc und Krasnystaw. Auch die Vertreter der Zivilverwaltung aus Krasnystaw, mit dem Bürgermeister an der Spitze, nahmen daran aktiv teil. Der volksdeutsche Bürgermeister von Izbica, Jan Szulc, gründete eine eigene Abteilung jüdischer Polizisten, den jüdischen Ordnungsdienst, die tschechischer Herkunft waren. Vorteil für die Besatzer waren deren deutsche Sprachkenntnisse und zudem hatten viele den Militärdienst geleistet. Dies garantierte den Deutschen Ordnung und Disziplin bei den Vorbereitungen der Deportationen. Weiter gab es jüdische Polizisten (Ordnungsdienst), die dem polnischen Judenrat untergeordnet waren. Diese Polizei-Abteilungen konnten nach Bedarf gegen die verschiedenen nationalen jüdischen Bevölkerungsgruppen eingesetzt werden. Zusätzlich wurden Einheiten der KZ-Wachmannschaften aus dem SS-Ausbildungslager in Trawniki, die hauptsächlich aus Ukrainern und Mitgliedern der polnischen Feuerwehr bestanden, herangezogen.
Wer nicht durch Erwerbsarbeit, durch Tauschhandel von mitgebrachter Kleidung oder Lebensmittelpakete aus dem Reich – dies war bis zum 15. Mai 1942 erlaubt – selbst für seine Ernährung sorgen konnte, war auf die Suppe der Volksküche angewiesen: an vollkommener Erschöpfung, genauer gesagt, an Hunger, starben hier täglich zwanzig bis dreißig Menschen, die zu vollkommenen Skeletten abgemagert waren. Wir bekamen aus der Gemeinschaftsküche zum Frühstück ein bitteres, schwarzes Getränk, zum Mittagessen eine immer gleichbeleibende, grau, gesalzene, sonst geschmacklose Suppe mit einigen wenigen Graupen darin und einem oder zwei Stückchen Kartoffeln oder Rüben das Ganze war ohne eine Spur von Fett, Brot fünf Dekagramm pro Tag. Die Berichte der überlebenden polnischen und deutschen Ghettobewohner zeigen: Das gemeinsame Verfolgungsschicksal der polnischen und deutschen Juden trug nicht zu einer Solidarisierung bei, sondern verstärkte Vorurteile, Misstrauen und Neid. Das Auftreten der deutschen Juden wurde oft als diskriminierend, arrogant und anmaßend empfunden; die deutschsprachigen Juden im Judenrat und in der jüdischen Polizei wurden verdächtigt, vorrangig polnische Juden auf die Deportationslisten in die Vernichtungslager zu setzen. Die vergleichsweise wohlhabenden deutschen Juden trafen auf vielköpfige orthodoxe jüdische Familien, die in ärmlichen Verhältnissen ohne fließend Wasser, Elektrizität und Toiletten wohnten. Im Spätherbst 1942 begann die Auflösung des Ghettos und die meisten Juden wurden in die Vernichtungslager gebracht. Kräftigere Männer und Frauen, darunter vermutlich noch 3.000 deutschsprachige Juden, kamen in Arbeitslager oder ins KZ Majdanek. Der Judenfriedhof wurde geschändet, die Deportierten mussten mit Grabsteinen eigenhändig das Gefängnis des Ortes errichten. Nach der Ermordung der Juden Izbicas, die fast die gesamte Bevölkerung ausgemacht hatten, war der Ort nach dem Zweiten Weltkrieg entvölkert – die Vorkriegseinwohnerzahlen erreichte Izbica nie mehr.
Bericht von Janina Kic
Namensliste der Opfer
Namensliste der Täter
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Nach dem deutschen Angriff im September 1939 geriet dieser Teil des Landes unter deutsche Herrschaft. Bis 1944 war er ein Distrikt des sogenannten Generalgouvernements. Izbica ist eine Gründung jüdischer Siedler aus dem 18. Jahrhundert. Deswegen waren von den 6.000 Einwohnern um 1930 ungewöhnlich viele (über 85%) jüdisch. Für die Besatzungsbehörden lag es wegen der jüdischen Bevölkerungsmehrheit nahe, aus der ganzen Stadt ein Ghetto zu machen. Sie wiesen zusätzlich Juden aus anderen Teilen Polens in Izbica ein. Im Frühjahr und im Sommer 1942 schickten die Deutschen außerdem Deportationszüge mit Juden aus Deutschland, Österreich und aus dem Ghetto Theresienstadt nach Izbica. Die Lebensbedingungen für die Juden in Izbica verschlechterten sich dadurch dramatisch. Dies war von den Behörden beabsichtigt: Auf Dauer sollten Juden hier keine Bleibe finden. Es war im Gegenteil geplant, alle Juden des Distriktes Lublin (einschließlich der dorthin deportierten) in den Vernichtungslagern Sobibór und Belzec zu ermorden. Transporte mit Juden aus Izbica gingen vom März 1942 bis zum April 1943 nach Sobibór bzw. Belzec. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle betroffenen Männer, Frauen und Kinder umgebracht worden.
Judenpolitik im Generalgouvernement In den Jahren 1939 bis 1942 diskutierte man in der deutschen Regierung verschiedene Modelle, welche Funktion der als Generalgouvernement annektierte Teil Polens in der antijüdischen NS-Politik haben solle. Zeitweise wurde überlegt, ob es vorübergehend als Judenreservat dienen könne. Langfristig war aber immer vorgesehen, dass das Generalgouvernement als Teil des deutschen Siedlungsbereiches judenfrei sein würde. Die deutschen Besatzer vertraten von Anfang an eine Politik brutaler rassistischer Unterdrückung gegenüber den Polen und ganz besonders gegenüber den polnischen Juden. Die Juden wurden von der übrigen polnischen Bevölkerung getrennt, mussten Kennzeichen tragen, wurden in Ghettos zusammengepfercht und Hunger und Krankheiten ausgesetzt. An zahlreichen Orten fanden Massaker statt.
1941/1942 zerschlugen sich weiterreichende Pläne zu einer Verschickung aller Juden in Richtung Ural. Es gelang den Deutschen nicht, die entsprechenden Teile der Sowjetunion zu erobern. Im Generalgouvernement wurde nun mit der Aktion Reinhardt der systematische Judenmord in Gang gesetzt. Das Geschehen spielte sich hauptsächlich im Distrikt Lublin ab, der schon einige Zeit vorher als Kern eines Judenreservates im Gespräch gewesen war. Der SS- und Polizeiführer (SSPF) im Distrikt Lublin, Odilo Globocnik, zeigte sich im Sinne seines Auftraggebers Heinrich Himmler außergewöhnlich initiativ. Er ließ zusätzlich zu dem bereits existierendem Konzentrationslager Lublin (KZ Majdanek) Vernichtungslager entlang des Flusses Bug bauen. Vorrangiges Ziel der Aktion Reinhardt war der Mord an den Juden aus dem Generalgouvernement. Bevor Auschwitz-Birkenau 1943 das zentrale Vernichtungslager für alle Juden wurde, wurden in Belzec (ab Mitte März 1942), Sobibór (ab Anfang Mai 1942) und Treblinka (ab Ende Juli 1942) aber auch Juden aus Mittel- und Westeuropa ermordet. Das nördlichste der Lager, Treblinka, war der Ort, an dem die Juden aus dem Warschauer Ghetto umgebracht wurden.
Die Vernichtungslager umfassten nur wenige Gebäude: eine als Bahnhof getarnte Empfangsstation, Unterkünfte für die SS und ihre (oft ukrainischen) Hilfskräfte, einige Baracken für jüdische Zwangsarbeiter und die Todesfabrik mit den Gaskammern. Baracken, in denen sich viele Häftlinge für Tage oder Wochen dem Arbeitsrhythmus der Gaskammern angepasst hätten aufhalten können, gab es nicht. Stattdessen schickte die SS im Frühjahr 1942 Deportationszüge mit Juden aus dem Ausland in einige Orte im Distrikt Lublin: Izbica, Krasniczyn, Piaski, Trawniki und Zamosz. Ein Gesichtspunkt für die Auswahl war die Verkehrsanbindung. Izbica hatte beispielweise einen Bahnhof direkt an der Bahnstrecke nach Belzec (55 Kilometer). Nach Sobibór mussten die Züge über Chelm fahren (87 Bahnkilometer).
Möglicherweise hatte die Unterbringung der Deportierten in den kleinen Städten zu Beginn des Judenmordes zusätzlich die Funktion, Spuren zu verwischen bzw. Freunde und Angehörige damit zu beruhigen, dass es Lebenszeichen und Postanschriften gab. Diese Bemühungen um Tarnung des tatsächlichen Geschehens wurden spätestens aufgegeben, als im Herbst 1942 alle drei Vernichtungslager im Generalgouvernement gleichzeitig in Betrieb waren.
Das Schicksal der Juden in Izbica Der Augenzeuge Thomas Blatt wurde in Izbica geboren. Er berichtete, wie sich die Verfolgung der polnischen Juden unter der deutschen Herrschaft entwickelte. Willkürlich wurden jüdische Männer zwischen vierzehn und sechzig Jahren zur Zwangsarbeit herangezogen. Selbst den Zwangsarbeitern wurden keine ausreichenden Lebensmittelzuteilungen gewährt. Zusätzliche Nahrung durfte sich niemand beschaffen. Die Besatzer verboten den Juden bei Todesstrafe, Izbica zu verlassen.
Dieses Verbot konnten der örtliche Gestapo-Chef Kurt Engels und sein Stellvertreter Ludwig Jantz leicht durchsetzen, da Izbica am Rande einer Hügellandschaft an einem Flussufer liegt. Wenige Posten reichten aus, um die einzige Durchgangstraße zu überwachen. Die kleine Stadt wurde unter der Schreckenherrschaft einer handvoll Deutscher ein Ghetto ohne Mauern oder, wenn man so will, ein Lager ohne Stacheldrahtzaun.
1940/41 wurden jüdische Einwohner aus Lodz, Krakau und Lublin, sowie aus den Orten Kolo, Konin und Rzgów (im von den Deutschen als Teil des Deutschen Reiches annektierten Wartheland) nach Izbica umgesiedelt. Da schließlich in den Häusern kein Platz mehr war, wies Engels 400 Menschen in die Synagoge ein. Im März 1942 schickte die SS die ersten großen Deportationszüge nach Izbica. Die Menschen kamen aus dem Ghetto Theresienstadt, aus Koblenz und Nürnberg. Am 24. März 1942, wahrscheinlich einen Tag bevor der Nürnberger Transport mit 1.000 Personen eintraf, veranstaltete die Gestapo in Izbica die erste große Judenaktion. Über 2.200 Menschen wurden auf dem Marktplatz zusammengetrieben, zum Bahnhof geführt und in Waggons verladen. Man verfrachtete sie in das Vernichtungslager Belzec, das in diesem Monat in Betrieb genommen worden war.
Ein Bericht der Abteilung für Bevölkerungswesen und Fürsorge im Distrikt Lublin vom 7. April 1942 vermerkt, dass man aus Izbica 2.200 Juden herausgesiedelt habe, während bisher 4.000 Reichsjuden hereingekommen seien. Dies entsprach den Gepflogenheiten der Judenmörder auch an anderen Orten: Zunächst wurden die polnischen Juden ermordet, an ihre Stelle traten dann die Deportierteren aus West- und Mitteleuropa. Deren Lebensumstände unterschieden sich dann kaum von denen ihrer Vorgänger: Zwangsarbeit, Entzug der Freizügigkeit, unzureichende Lebensmittelzuteilungen, mangelnde Möglichkeiten zur Hygiene, keine Medikamente. Als direkte Folge starben von den deutschen, österreichischen und tschechischen Juden jeden Tag zwischen sechs und acht Personen. Sie wurden auf dem Friedhof oberhalb des Ortes beigesetzt.
Bis in den Herbst 1942 diente Izbica als Zwischenstation. Es wurden schließlich immer mehr Menschen fortgebracht, ohne dass neue Transporte ankamen. Mitte Oktober wurden auf einen Schlag 5.000 Menschen abtransportiert. Bei dieser großen Aktion waren auch Mitarbeiter der Kreisverwaltung Krasnystaw, in deren Verantwortungsbereich der Ort Izbica lag, zugegen. Es waren nicht nur SS-Leute, die die Menschen mit Hilfe von Peitschen und Schusswaffen in die Waggons zwangen, sondern auch Verwaltungsbeamte, Lehrer, Sparkassendirektoren und andere deutsche Zivilisten.
Gleichzeitig (im Oktober 1942) ordnete der Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF) Ost Friedrich-Wilhelm Krüger an, dass in Izbica ein jüdischer Wohnbezirk eingerichtet werden müsse. Die verbliebenen Juden aus der Region sollten nach Izbica umgesiedelt werden, damit der Rest der Umgebung für judenrein erklärt werden konnte. Im November wurden noch einmal 1.750 Juden in Eisenbahnwaggons von Izbica nach Belzec gebracht. 2.000 Menschen, für die der Platz in den bereitgestellten Waggons nicht ausreichte, erschoss man - nach längerer, qualvoller Wartezeit im Spritzenhaus vor Ort. Sie wurden in einem Massengrab auf dem Friedhof beigesetzt.
Die Geschehnisse waren im Ausland nicht prinzipiell unbekannt. Die jüdische Untergrundbewegung im Warschauer Ghetto verfasste im November 1942 einen Bericht an die polnische Exilregierung in London. In dem langen Schreiben fasste sie zusammen, was in Warschau über das Ausmaß des Judenmordes durchgesickert war. Im Text wird Izbica ausdrücklich erwähnt. Man habe auch von dort Nachricht über die völlige oder fast vollständige Deportation der jüdischen Einwohner erhalten.
Die letzten Juden wurden wahrscheinlich am 23. April 1943 auf Lastwagen von Izbica nach Sobibór deportiert. Die jüdischen Gemeinschaftseinrichtungen (insbesondere die Synagoge aus dem frühen 19. Jahrhundert) wurden zerstört.
Lebenszeichen aus Izbica Von den im Frühjahr 1942 in den Distrikt Lublin deportierten deutschen Juden erhielten ihre Angehörigen bis in den Herbst 1942 Lebenszeichen. Meist waren es kurze, zensierte Standardtexte auf vorgedruckten Postkarten. Es existiert nur eine einzige unzensierte Schilderung der Lebensverhältnisse in dem Dorf Izbica aus Sicht der Deportierten. Sie wurde von Ernst Krombach geschrieben und ist das Zeugnis einer ganz besonderen Geschichte, der Beziehung zwischen Ernst Krombach und Marianne Strauß aus Essen.
Die beiden jungen Leute hatten sich verliebt, verlobt und wollten heiraten. Als Ernst Krombach im Frühjahr 1942 die Deportationsanordnung bekam, überlegte das Paar, ob es nicht besser zusammenbleiben sollte, um ein gemeinsames Schicksal zu teilen. Das wäre nur gegangen, wenn Marianne Strauß ihre Familie verlassen und sich freiwillig zur Deportation gemeldet hätte. So überlegten die beiden, dass Marianne vielleicht zu inem späteren Zeitpunkt nachkommen könnte, wenn Ernst die Lebensumstände im Osten als erträglich beurteilen würde. Obwohl das eigentlich unvorstellbar war, fand Marianne Strauß einen nichtjüdischen Bekannten, der einige Male dienstlich im Distrikt Lublin zu tun hatte. Er nahm das Risiko auf sich, den Kontakt zwischen den beiden Verlobten herzustellen, Briefe und Pakete zu transportieren. Marianne Strauß gab ihm einen langen Fragebogen mit, in dem sie sich detailliert nach den Verhältnissen in Izbica erkundigte. Ende August 1942 schrieb Ernst Krombach eine achtzehnseitige Antwort. Er berichtete, der Ort würde durch zwei SS-Leute und eine Maschinenpistole beherrscht. Die Gestapo habe einen Judenrat eingesetzt, der überwiegend aus Tschechen bestand. Ohnehin vorhandene Konflikte zwischen den Juden aus der Tschechoslowakei, aus Polen und aus Deutschland verstärkten sich dadurch. Der Bericht spricht von drangvoller Enge, Hunger und unsäglichen hygienischen Bedingungen. Viele Menschen würden durch diese äußeren Umstände krank. Den Gedanken, dass die junge Frau ihm nachreisen könne, wies Ernst Krombach nun energisch zurück. Er berichtete, dass ständig Transporte abgingen, ohne dass die Juden in Izbica vom Schicksal der Betroffenen etwas erfuhren.
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Die erste Deportation aus dem Rheinland in den Distrikt Lublin fand im April 1942 statt. Sammelpunkt für Juden aus Aachen, Duisburg, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Oberhausen, Wuppertal und einigen Personen aus Düsseldorf war der Düsseldorfer Schlachthof. Für den Sonderzug Da 52 am 22. April 1942 ab Düsseldorf-Derendorf gab es einen Fahrplan. Warum die Bezeichnung Da und die Nummer 52 für diesen Zug gewählt wurde, weiß man nicht. Laut Plan sollte der Zug nach Trawniki bei Lublin gehen. Dort befand sich ein Arbeitslager für Juden und ein Ausbildungslager der SS.
Auch die Zubringer waren in den normalen Bahnbetrieb eingeordnet: Die 133 Krefelder Juden wurden beispielsweise mit drei Waggons (zwei Personen- und ein Güterwagen), die an einen Personenzug angehängt worden waren, zum Düsseldorfer Hauptbahnhof gebracht. Planmäßige Abfahrt war am 21. April um 15.46 Uhr, Ankunft in Düsseldorf 16.17 Uhr. Die Waggons aus Krefeld wurden auf dem Hauptbahnhof abgekoppelt und zur Rampe Tussmannstraße beim Schlachthof rangiert.
In der Halle des Schlachthofes trafen im Laufe des Tages alle Gruppen ein. Sie mussten dort eine mehrstufige Kontrollprozedur über sich ergehen lassen. Gerade über die Abfertigung vor dieser Deportation gibt es umfangreiches Quellenmaterial, das insbesondere die Beteiligung unterschiedlichster Behördenvertreter vom Vollstreckungsbeamten im Auftrag des Finanzamtes bis zum Hausmeister der Gestapo detailgenau belegt.
Die Abfahrt aus Düsseldorf war laut Plan erst am nächsten Tag, am 22. April, um 11.06 Uhr. Der Zug bestand aus zwanzig Personen- und Gepäckwagen. Weitere Reiseumstände wurden in den Akten nicht dokumentiert. In Lublin holte die SS möglicherweise einige junge Leute heraus, die den Eindruck machten, gut arbeiten zu können. Der tatsächliche Zielort des Zuges war nicht Trawniki, sondern Izbica.
Die zweite Deportation aus dem Rheinland in den Distrikt Lublin fand gut drei Wochen später statt. Diesmal wurde der Zug in Koblenz eingesetzt. In der Nähe von Koblenz befand sich die Israelitische Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn, die auf Anordnung der Behörden geschlossen werden musste. Die Patientinnen und Patienten waren zum Teil so gebrechlich, dass sie nur liegend transportiert werden konnten. Dies erklärt den Einsatz von G-Wagen (gedeckter Güterwagen) bei dem Sondezug Da 22.
Den ersten Halt machte der Deportationszug in Köln, dort stiegen Juden aus der Region Aachen zu. Weitere Haltepunkte waren Düsseldorf-Hauptbahnhof (Zustieg von Juden aus Düsseldorf, Mönchengladbach, Grevenbroich), Duisburg-Hauptbahnhof (Zustieg von Juden aus Geldern, Kempen, Krefeld, Wesel) und Essen-Hauptbahnhof. Damit befanden sich 1.066 jüdische Männer, Frauen und Kinder in den Waggons. In der Korrespondenz des Reichssicherheitshauptamtes mit den Staatspolizeistellen in Düsseldorf, Köln und Koblenz ist als Ziel des Sonderzuges Da 22 Izbica angegeben.
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24.04.1942 |
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Am 24.04.1942 trifft der am 22.04.1942 um 11:06 Uhr aus Düsseldorf abgefahrene Sonderzug Da 52 mit 387 Männern, 664 Frauen und Kindern am Bahnhof Izbica ein
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Spuren heute |
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An dem alten Marktplatz und der Ulica Lubelska (Lubliner Straße) befinden sich noch einige historische Gebäude in typisch jüdischer zweistöckiger Bauweise, bei denen sich unten die Läden und Werkstätten befanden, oben die Besitzer wohnten.
Der jüdische Friedhof liegt oberhalb des Ortes. Zu sehen sind mehrere Grabsteine und ein Denkmal. Die Gräber der 1942 gestorbenen Einzelpersonen sind genauso wenig markiert wie das Massengrab mit den 2.000 Opfern des Massakers im November 1942.
Die alte Feuerwache, in dem diese Opfer auf die Hinrichtung warten mussten, ist erhalten. Hier erstickten einige Menschen, weil der Raum für 2.000 Personen viel zu klein war.
Die heutige Polizeiwache war 1941 bis 1944 der Sitz der Gestapo und Wohnhaus von Kurt Engels. Die Garage hinter dem Haus war früher das Gefängnis. Es wurde aus Steinen des jüdischen Friedhofes gebaut.
© 2010 tenhumbergreinhard.de (Düsseldorf)
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