Marburg-Cappel
Transportliste
Der aus Belgien stammende 23jährige Zwangsarbeiter Henri V. wurde am 04.03.1943 in die Universitätsnervenklinik für Psychiatrie und Neurologie Marburg aufgenommern. Am 12.08.1943 wurde er mit der Diagnose eines hebephrenen Zustandsbildes in die Landesheilanstalt Marburg-Cappel Cappeler Straße 98 überwiesen. Hier wurde er mit Elektro-, sowie Insulinschock behandelt.
Hier wurde für Henri V. ein Meldebogen 1 ausgefüllt:
Beurteilung: unregelmäßig bei der Arbeit, sehr unruhig.
Behandlung: Elektroschock ohne Dauererfolg.
Art der Beschäftigung: keine.
Wert der Arbeitsleistung (nach Möglichkeit verglichen mit der Durchschnittsleistung Gesunder): 0.
Henri V. starb nach dem offiziellen Ende der Euthanasiemorde. Der bei ihm vorzufindende
Meldebogen 1 ist also nicht mehr in direktem Zusammenhang mit den Morden der Aktion T4 zu sehen, die tatsächlich nicht wieder aufgenommen wurden.
Inzwischen hatte allerdings die zweite Phase der Anstaltsmorde mit Medikamenten und gezieltem Nahrungsentzug begonnen. Beweise für ein solches Handeln in der Landesheilanstalt Marburg gibt es nicht.
Zu erwähnen ist demgegenüber jedoch die schon vor Kriegsbeginn unzulängliche Ernährung zur Senkung der Betriebskosten mit einem Mangel an Eiweiß und den damit einhergehenden gestiegenen Sterberaten in der Anstalt von 7,1 Prozent im Jahr 1935 auf 17,8 Prozent 1942.
Für Patienten mit einem Wert der Arbeitsleistung von null war es unter diesen Umständen vermutlich wesentlich schwieriger zu überleben.