Geheim!

Berlin, den 2. Januar 1941
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD

An
a. Das Reichssicherheits-Hauptamt
b. alle Staatspolizeileit- und -stellen
c. alle Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD

Nachrichtlich an
d. alle Inspekteure der Sicherheitspolizei und des SD
e. den Inspekteur der Konzentrationslager (mit 15 Abdrucken für die Lagerkommandanten)
f. die Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SE in Krakau und Prag



Betrifft: Einstufung der Konzentrationslager

Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei hat seine Zustimmung zu der Einteilung
der Konzentrationslager in verschiedene Stufen, die der Persönlichkeit des Häftlings und dem
Grad der Gefährdung für den Staat Rechnung tragen, erteilt. Danach werden die
Konzentrationslager in folgende Stufen eingeteilt:

Stufe I: Für alle wenig belasteten und unbedingt besserungsfähigen Schutzhäftlinge, außerdem
für Sonderfälle und Einzelhaft, die Lager:
Dachau,
Sachsenhausen und Auschwitz I
(Letzteres kommt auch zum Teil für Stufe II in Betracht)

Stufe I a: Für alle alten und bedingt arbeitsfähigen Schutzhäftlinge, die noch im
Heilkräutergarten beschäftigt werden können, das Lager: Dachau

Stufe II: Für schwerer belastete, jedoch noch erziehungs- und besserungsfähige
Schutzhäftlinge, die Lager:
Buchenwald,
Flossenbürg,
Neuengamme und Auschwitz II

Stufe III: Für schwer belastete, insbesondere auch gleichzeitig kriminell vorbestrafte und
asoziale, d. h. kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge, das Lager: Mauthausen

Ausgenommen von der Einweisung in die unter I a angeführte Stufe sind alte und
arbeitsunfähige Häftlinge, bei denen eine Krankenbehandlung erforderlich ist, und die deshalb
in der hierfür vorgesehenen Abteilung des betreffenden Konzentrationslagers bleiben bzw. bei
schwereren Fällen in die Krankenabteilung des Konzentrationslagers Sachsenhausen überführt werden müssen.

Von einer Umgruppierung des Häftlingsbestandes nach der neuen Stufeneinteilung innerhalb
der Lager muß wegen der z. Z. laufenden Maßnahmen zur Durchführung des
Häftlingseinsatzes vorerst noch abgesehen werden. Neue Einweisungen werden dagegen
künftig nach der Stufeneinteilung vorgenommen werden.

Ich ersuche daher, in Zukunft bei allen Anträgen auf Schutzhaftanordnung und Überführung in
ein Konzentrationslager unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Schutzhäftlings und des
Grades der Gefährdung des Staates durch den Häftling gleichzeitig Vorschläge hinsichtlich der
Lagerstufe zu machen. Ich mache es dabei zur Pflicht, daß das gesamte politische
und kriminelle Vorleben, Vorstrafen, Führung seit der Machtübernahme usw. zu Grunde gelegt
werden und insbesondere Anträge auf Einweisung in die Stufe III in jedem Einzelfalle
besonders eingehend begründet werden.

Dieser Erlaß ist für die Kreis- und Ortspolizeibehörden nicht bestimmt.



gez. Heydrich




Quelle:
Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich,
über die Einstufung der Konzentrationslager (2. Januar 1941).

Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg,