Liquidierung einer Gruppe von etwa 50 Zigeunern
Durch die Bekundung des 38 Jahre alten Angestellten Cz. aus Tel Aviv wird dem Angeklagten Suchomel zur Last gelegt,
etwa 50 Zigeuner, die mit Pferd und Wagen ins Lager gekommen waren, jeweils in Gruppen von zwei bis drei Mann ins Lazarett gebracht und dort erschossen zu haben (vergleiche A.VI.3. der rechtlichen Hinweise vom 23.Juli 1965).
Dass aus der Umgebung von Treblinka Juden und Zigeuner in Pferdewagen ins Lager gebracht wurden, das haben die Angeklagten eingeräumt und mehrere Zeugen, darunter der Zeuge Lak., bestätigt.
Das Schwurgericht hält es deshalb für durchaus möglich, dass sich unter diesen Opfern auch eine Gruppe von etwa 50 Zigeunern befunden haben kann, wie der Zeuge Cz. bekundet. Ob freilich der Angeklagte Suchomel diese etwa 50 Zigeuner liquidiert hat, lässt sich aufgrund der Aussage des Zeugen Cz. nicht feststellen. Cz., der wahrend seiner Inhaftierung erst 16 Jahre alt gewesen ist, hat weder die spezielle Tätigkeit des Angeklagten Suchomel beschreiben noch seinen Namen angeben können, was alle Zeugen konnten, deren Aussagen das Gericht als zuverlässig angesehen hat.
Zudem gibt der Zeuge an, die etwa 50 Zigeuner, und zwar Männer, Frauen und Kinder, hätten ohne Aufsicht in der Nähe der großen Sortierbaracke gestanden und Suchomel habe jeweils zwei bis drei zur Erschießung ins Lazarett abgeführt. Das würde den Schluss zulassen, Suchomel habe an diesem Tage im Lazarett Dienst getan, etwas, was bisher von keinem einzigen Zeugen gesagt worden ist. Der Zeuge Cz. hat dann schließlich auch eingeräumt, es könnte sein, das ein anderer SS-Mann im Lazarett die Erschießung der Zigeuner vorgenommen habe, während Suchomel die Opfer lediglich zum Lazarett hingebracht habe.
Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Aussage dieses Zeugen bestehen auch insoweit, als er die beiden Angeklagten Mentz und Miete, die hauptsächlich im Lazarett tätig waren, weder identifizieren noch auf den Bildern erkennen konnte. Diese beiden im Lager weithin bekannten und von allen Zeugen, die das Gericht als glaubwürdig angesehen hat, genau geschilderten und wiedererkannten Angeklagten müsste auch Cz. wiedererkannt haben, wenn er den Ablauf der Tötungen im Lazarett genauer beobachtet hätte.
Obwohl das Schwurgericht davon überzeugt ist, dass Cz. aufrichtig bemüht war, zur Wahrheitsfindung beizutragen, reicht seine Aussage allein nicht aus, um Suchomel der Liquidierung von etwa 50 Zigeuner zu überführen.