Die Zeit von Ende 1939 bis Anfang 1941
Am 01.09.1939 begann Hitler den Angriff auf Polen.
Am 17.09.1939 fiel Brest-Litowsk,
am 27.09.1939 kapitulierte das eingeschlossene Warschau,
und am 01.10.1939 ergaben sich die polnischen Truppen auf der Halbinsel Hela.
Bereits am 18.09.1939 waren gemäß einem geheimen Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Wirtschafts- und Nichtangriffspakt vom 23.08.1939 russische Truppen in Ostpolen eingerückt.
Von dem durch deutsche Streitkräfte besetzten polnischen Gebiete gliederte Hitler die neugeschaffenen Reichsgaue Westpreußen mit Danzig als Hauptstadt und Warthegau mit Posen als Hauptstadt dem Deutschen Reich ein. Außerdem vergrößerte er die Provinz Ostpreußen durch den Regierungsbezirk Ziechenau (Ciechanw) und den sogenannten Suwalki-Zipfel sowie die Provinz Schlesien, die später in die Provinz Niederschlesien (Hauptstadt Breslau) und Oberschlesien (Hauptstadt Kattowitz) aufgeteilt wurde, durch Ostoberschlesien und eine Reihe kongresspolnischer und galizischer Kreise.
Aus dem dann noch verbliebenen Restgebiet bildete Hitler durch einen Erlass vom 12.10.1939 das sogenannte Generalgouvernement mit Krakau als Hauptstadt und den Distrikten Warschau, Radom, Krakau, Galizien und Lublin.
Zum Generalgouverneur bestellte Hitler den Reichsminister Dr. Frank, der ihm unmittelbar verantwortlich war.
Zugleich ordnete er jedoch an, dass neben dem Generalgouverneur auch der Ministerrat für die Reichsverteidigung und der Beauftragte für den Vierjahresplan Recht setzen könne.
Darüber hinaus ermächtigte er den Vorsitzenden des Ministerrats für die Reichsverteidigung, den Beauftragten für den Vierjahresplan und die Obersten Reichsbehörden, alle Anordnungen auch für das Generalgouvernement zu treffen, die für die Planung des deutschen Lebens- und Wirtschaftsraumes erforderlich waren.
Vorsitzender des Ministerrates für die Reichsverteidigung und Beauftragter für den Vierjahresplan war Hermann Göring. Er konnte demgemäß auch für das Gebiet des Generalgouvernements mit seinem die Wannsee-Konferenz auslösenden Schreiben vom 31.07.1941 den Chef der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich anweisen, die Endlösung der Judenfrage im gesamten deutschen Einflussgebiet, also auch in Polen, vorzubereiten.
Als Chef einer Obersten Reichsbehörde, nämlich als Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, und außerdem als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums war Himmler neben Göring ebenfalls befugt, Anordnungen für das Generalgouvernement zu erlassen. Himmler bediente sich zur Durchführung seiner Anordnungen des in Krakau residierenden Höheren SS- und Polizeiführers im Generalgouvernement, des SS-Obergruppenführers Friedrich Krüger.
Dieser war durch Führererlass vom 07.05.1942 gleichzeitig zum Staatssekretär für das Sicherheitswesen in der Zivilregierung des Generalgouvernements ernannt worden. Himmler konnte ihm damit umso besser auf dem Gebiete des Sicherheitswesens und der Festigung deutschen Volkstums unmittelbar Weisungen erteilen.
Dieser Höhere SS- und Polizeiführer Ost hatte ebenso wie der an der Spitze der Zivilverwaltung des Generalgouvernements stehende Generalgouverneur, der sich zur Erfüllung seiner Aufgaben der sogenannten Regierung des Generalgouvernements bediente, seinen Sitz in Krakau. Ihm unterstanden die SS- und Polizeiführer in den im Generalgouvernement geschaffenen Distrikten Warschau, Radom, Krakau, Galizien und Lublin. Dem Generalgouverneur Frank waren in den genannten Distrikten auf dem Gebiete der Zivilverwaltung die Distriktsgouverneure unterstellt. Obwohl der Höhere SS- und Polizeiführer Krüger gleichzeitig Staatssekretär für das Sicherheitswesen in der Zivilregierung des Generalgouverneurs Frank war, gelang es Frank nicht, den SS- und Polizeiapparat seiner Zivilverwaltung zu unterstellen. Der SS- und Polizeiapparat konnte somit ganz selbständig schalten und walten.
Wenn auch die Einsatzgruppen ihre Tätigkeit im größeren Stil erst mit Beginn des Russlandfeldzuges auszuüben begannen, so hat es sie doch schon im Polenfeldzug gegeben. Aus Akten des Reichssicherheitshauptamtes, die sich im Archiv des polnischen Innenministeriums in Warschau befinden, ergibt sich, dass die in Polen einrückenden SS- und Polizeiformationen bereits mit klaren Befehlen zu einer gesonderten Behandlung des jüdischen Bevölkerungsteils in Polen einmarschierten.
Sie hatten insbesondere folgende Aufgaben:
1. Die Festnahme von einzelnen Juden aufgrund des Sonderfahndungsbuches 1939
2. die Festnahme von Juden, die verdächtig erschienen, worunter man keine Kriegs- oder Aufstandshandlungen, sondern den Verdacht der Preissteigerung, Warenhortung und auch das bloße Herumstehen auf der Strasse verstand.
3. die bereits am 6.9.1939 begonnene Einsetzung von jüdischen Kommissaren zur Vorbereitung der Ghettobildung.
4. die Aufstellung von Verzeichnissen der jüdischen Bewohner.
5. die Aufstellung von Vermögensbestandsaufnahmen der Juden.
6. die Vorbereitung und zum Teil auch schon die Durchführung von sogenannten Auswanderungen und Abschiebungen von Juden in den Osten.
Nach 3 Wochen Polenfeldzug wurden am 21.09.1939 alle Einsatzgruppenführer in das Reichssicherheitshauptamt gerufen, wo ihnen Richtlinien für die Endlösung erteilt wurden.
Das Ergebnis dieser Besprechungen ist in einem Schnellbrief vom 21.9.1939 enthalten, den Heydrich den Chefs aller Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei unter Hinweis auf die Besprechung vom 21.09.1939 im Hinblick auf die Judenmaßnahmen im besetzten Gebiet übersandte.
In diesem Schnellbrief unterschied Heydrich zwischen dem längere Fristen beanspruchenden Endziel und den kurzfristig durchzuführenden Abschnitten der Vorbereitung des Endzieles. Als erste Voraussetzung für das Endziel galt nach dem Schnellbrief die Konzentrierung der Juden vom Lande in die größeren Städte. Hierbei sollten zunächst die Gaue Danzig-Westpreußen, Wartheland und Oberschlesien judenfrei gemacht werden, zumindest aber sollten die Juden in nur wenigen Konzentrierungsstädten zusammengefasst werden. Anschließend sollten die übrigen besetzten Gebiete Polens folgen. Zudem sollten die noch im Reich verbliebenen Juden und die restlichen 30000 Zigeuner von Deutschland mit Güterzügen nach Polen geschafft werden.
Ähnlich den Verhältnissen nach 1933 im Altreich gingen auch der physischen Vernichtung der Juden in Polen Maßnahmen zu ihrer persönlichen Entrechtung und Diffamierung voraus.
Als Maßnahmen dieser Art sei aus der Vielzahl der Anordnungen nur die VO vom 23.11.1939 hervorgehoben, wonach alle jüdischen Einwohner Polens, sofern sie das zehnte Lebensjahr überschritten hatten, vom 1. Dezember 1939 ab am rechten Ärmel der Kleidung einen mindestens 10 cm breiten Streifen mit dem Zionstern zu tragen hatten.
Im Zuge der Konzentrierung der jüdischen Bevölkerung mussten viele, insbesondere kleinere Orte von Juden vollständig geräumt werden. Der Umzug der Juden in die Judenwohnbezirke und Ghettos erfolgte anfangs noch nicht unter der später üblichen scharfen polizeilichen Kontrolle.
Ebenso waren bei diesen Wohnsitz Veränderungen der Juden Tötungen größeren Ausmaßes noch nicht zu beobachten.
Im Allgemeinen wurden die Juden Polens bis zum Frühjahr 1941 aus ihren Wohnbezirken und Ghettos heraus zu einem großen Teil für Wehrmachtsarbeiten sowie für Arbeiten in der Wehrwirtschaft und sonst kriegswichtigen Arbeiten in Anspruch genommen. Dieser verhältnismäßig friedliche Zustand änderte sich sehr schnell mit dem Anfang 1941 erfolgten Erlass des Endlösungsbefehls Hitlers.