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Übersicht

Litauen, Bezirk Klaipeda

Die Burg von Kretinga wird 1260 zum ersten Mal erwähnt, als die Szameiten sie dem Livländischen Orden abgenommen hatten.

1771 lebten 14 jüdische Familien in der Stadt. Vier jüdische Familien wohnten in der Vokieciu Straße und in der Birutes Straße in der Altstadt, bis Bischof Ignacy Jakub Massalski es Juden verbot, dort zu leben. Es wurden Bestimmungen erlassen, nach denen Juden sich nur in bestimmten Vierteln der Stadt niederlassen durften. In den Handwerkervierteln durften Juden keine Häuser mehr bauen, nicht einmal Reparaturen vornehmen.

Als die Wehrmacht im Rahmen des Unternehmens Barbarossa die sowjetische Grenze überschreitet, besetzt das 176. Infanterieregiment am frühen Morgen des 22. Juni 1941 kampflos die Kleinstadt. Schon einen oder zwei Tage später beginnen Beamte der nächstgelegenen Gestapo-Filiale in Tilsit mithilfe von Einheimischen mehr als 200 Juden und Kommunisten in der Gemeinde zusammenzutreiben und in der Synagoge einzupferchen. Sie müssen stundenlang knien und werden von Polizisten geschlagen.
Offiziell beginnt diese Aktion, weil angeblich in Kretinga ein deutscher Offizier und zwei Unteroffiziere erschossen worden sind – laut Gestapo-Bericht "von der Bevölkerung". Wahrscheinlich aber ist der Tod der drei Wehrmachtssoldaten nur ein Vorwand, denn der Polizeichef von Memel hat ohnehin vorgehabt, in "einem Grenzstreifen von 25 Kilometern Säuberungsaktion von Heckenschützen etc." durchzuführen.
Am 25. Juni 1941 versammelt sich auf dem Marktplatz von Kretinga eine johlende und aufgeputschte Menge Einheimischer. In der Mitte stehen rund 250 Männer, die ihre Wertsachen abgeben und dann Lastwagen besteigen. Einige Kilometer entfernt werden die meisten von ihnen in einer Waldschneise erschossen; die Juden haben zuvor noch Massengräber ausheben müssen. Ein litauischer Kollaborateur namens Pranas Lukys sorgt dafür, dass einige seiner Bekannten nicht erschossen werden.
Insgesamt sterben 214 Menschen, darunter eine Frau. Die Täter, etwa 30 deutsche Polizisten und 20 Wehrmachtssoldaten, feiern nach dem Massenmord in zwei Lokalen in Kretinga ein Fest. Die Rechnung begleichen sie mit dem Geld, das sie den Opfern abgenommen haben.
Ob
Hans Lipschis alias Anastas Lipsys an diesem Mittwoch in der johlenden Menge rund um den Marktplatz von Kretinga steht, ist unbekannt. Mitbekommen haben muss er die öffentlichen Demütigungen, mindestens aber davon gehört haben. Vielleicht gehört er auch zu den litauischen Hilfspolizisten, die unter dem Kommando von Pranas Lukys bei weiteren Massakern helfen.

Ende Juni 1941 werden in Kretinga etwa 15 jüdische Männer ermordet, zwischen dem 11. und dem 18. Juli weitere 120. Mitte August töten Litauer auf Befehl des Tilsiter Gestapo-Chefs mehr als 20 jüdische Frauen und Kinder, und im September 1941 erschlagen sie mindestens 130 Juden, ältere Männer, Frauen und Kinder mit Eisenstangen und erstechen sie mit Bajonetten. Da das Morden so aber zu lange dauert, teilt die örtliche deutsche Polizei den Litauern Waffen aus und lässt sie die letzten Opfer erschießen. Im Oktober 1941 existiert die einst blühende jüdische Gemeinde von Kretinga nicht mehr.

176. Infanterieregiment

Das Infanterie-Regiment 176 wurde am 16. August 1939 als Übungs-Regiment in Ostpreußen aufgestellt. Dabei wurden der Stab und II. Bataillon vom Regiment durch das Infanterie-Regiment 24 in Braunsberg, bzw. Preußisch Eylau, beide Orte im Wehrkreis I, aufgestellt. Das I. Bataillon vom Regiment wurde durch das Infanterie-Regiment 3 in Mohrungen, ebenfalls Wehrkreis I, aufgestellt. Das III. Bataillon vom Regiment wurde durch das Infanterie-Regiment 45 in Elbing, ebenfalls Wehrkreis I, aufgestellt. Mit der Aufstellung wurde das Regiment der 61. Infanterie-Division unterstellt. Bei der Mobilmachung für den 2. Weltkrieg wurde das Regiment dann mobilisiert. Mit der 61. Infanterie-Division nahm es dann bei Beginn des 2. Weltkrieges am Polenfeldzug teil. Am 2. Februar 1940 wurde das II. Bataillon vom Regiment zur Aufstellung des II. Bataillons vom Infanterie-Regiment 505 der 291. Infanterie-Division abgegeben. Diese Abgabe wurde danach sofort wieder ersetzt. Im Frühjahr 1940 wurde das Regiment im Westfeldzug im Verband der 61. Infanterie-Division eingesetzt. Am 18. November 1940 wurde das III. Bataillon vom Regiment zur Aufstellung des I. Bataillons vom Infanterie-Regiment 686 der 336. Infanterie-Division abgegeben. Diese Abgabe wurde ebenfalls danach sofort wieder ersetzt. Ab dem Sommer 1941 wurde das Regiment im Verband der 61. Infanterie-Division im Ostfeldzug im Nordabschnitt der Ostfront eingesetzt. Am 3. Juni 1942 wurde das I. Bataillon vom Regiment wegen schwerer Verluste aufgelöst. Das II. Bataillon wurde dafür zum neuen I. Bataillon vom Regiment umbenannt. Das bisherige III. Bataillon vom Regiment wurde gleichzeitig zum II. Bataillon vom Regiment umbenannt. Am 15. Oktober 1942 wurde das Regiment zum Grenadier-Regiment 176 umbenannt.

Für die Ersatzgestellung des Regiments war das Ergänzungs-Bataillon vom Infanterie-Regiment 3 zuständig. Ab Ende Dezember 1940 übernahm dann das Infanterie-Ersatz-Bataillon 176 diese Aufgabe.

Regimentskommandeure:

Oberst Robert Sattler Aufstellung - 24. Januar 1942

Oberstleutnant Botho von Frantzius 24. Januar 1942 - 15. Februar 1942 m.F.b.

Oberst Robert Sattler 15. Februar 1942 - 19. April 1942

Oberst Gottfried Weber 2. April 1942 - Umbenennung

Täter und Mitläufer 1933-1945

SS-Rottenführer
Lipschis Hans (Lipsys Antanas)
* 07.11.1919 in Grottingen (Kretinga)
† 16.06.2016 in Aalen
letzter bekannter Wohnort: Aalen
vor 1945 Angehöriger der Lagermannschaft im KL Auschwitz