Ich kehre zu Dir zurück in Gedanken, Vater,
Zujenen fernen Augenblicken,
Zujenen fernen Jahren,
Als wir gemeinsam gingen
Durch die geheimnisvolle Welt.
Die Bäume sprachen zu uns,
In den Baumhöhlen wohnten Elfen,
Neben Dir trippelten
Kleine Füßchen.
Wovor sich fürchten,
Wovor Angst haben,
Wo es so sicher war
Auf Deinen Armen.
Du, wenn Du noch lebst
Und ich -in grauer Uniform,
Vielleicht begegnen wir uns heut',
Und wissen es nicht.
Alle sind so sehr grau,
Alle so sehr dieselben,
Aber einer schaute mich an
Mit Deinen Augen.
Einer streckte die Hand aus
Es war Deine Geste,
Vielleicht warst es Du -wenn Du lebst,
Wenn es Dich gibt ...
Doch sagt mir beklommen mein Herz:
„lch glaube nicht, dass Du lebst,
Ich glaube nicht, dass Du wiederkehrst."
Irgendwo ist dies irgendwann geschehen,
In einem mir nicht bekannten Moment,
Jetzt erscheinst Du mir nachts im Traum
Mit einer blutenden Wunde.
Ich kenne doch Deine Angst,
Ich kenne doch Deinen Schmerz,
Diesen blutroten Punkt
Auf Deiner Stirn.
All das weiss ich auswendig,
Ich kenne all Deine Qual
O hätt' ich Dir damals
Gedrückt die Hand...
O dürft' ich doch nur
Deinem armen Körper
Ausheben ein Grab im Sand
Unter der weißen Birke.
Unter der stillen Birke
Fern allen Pfaden
Und wissen, dass Du dort schläfst,
Dass Du dort liegst
Mit hundertfachem Echo warf
Der grüne Wald die Salve zurück,
Und keiner hörte die Stimme
Der weinenden Antigone.
Was soll ich länger lügen?
Soll länger ich betrügen?
Und was erwartet
Uns noch von diesen Menschen?
Und schon bist Du nicht mehr.
Gingst in das Schattenreich
Was hilft's, dass einer
Von ihnen Deine Augen hat?
Wie fern sind jene Tage,
Wie fern sind jene Jahre,
Da wir gemeinsam gingen
Zu grüßen diese Welt,
Als zu uns sprach der Wald,
Als er uns lächelte
Heut' fiel in diesem Wald
Ein schuss.
Und wo Dich suchen, weiss ich nicht,
An welchem Ort, in welcher Richtung
Man ließ den Leichnam nicht bestatten
Die weinende Antigone.
(Ravensbrück 1943)