Auschwitz, 7. November 1944

1 . Auf Grund der Tatsache, daß die polnische Widerstandsbewegung (AK ) im Interessengebiet KL Auschwitz in SS- und Wehrmachtsuniform auftritt, ist eine verschärfte Kontrolle aller SS- und Wehrmachtangehörigen erforderlich. Dazu tritt ab sofort folgendes Kontrollsystem in Kraft:

a) SS-Führer und Offiziere aller Dienstgrade,
SS-Unterführer und Unteroffiziere aller Dienstgrade, Mannschaften, Aufseherinnen, SS-Helferinnen, Schwestern und weibliche Zivilangestellte verlangen im Interessengebiet und in den angeschlossenen Außenlagern zu jeder Tages- und Nachtzeit untereinander, soweit sie sich der Person nach nicht bekannt
sind, in geeigneter Form Ausweisleistung. Gleichzeitig ist die jeweilige Tagesparole abzufragen. Den Unterführern wird zur Pflicht gemacht, die Kontrolle der unbekannten männlichen Zivilpersonen, dem weiblichen Gefolge der Waffen-SS die der unbekannten weiblichen Zivilisten durchzuführen.
In Zweifelsfällen ist der Beanstandete dem nächsterreichbaren Vorgesetzten, bei Zivilpersonen der Politischen Abteilung KL Au. I zuzuführen. Die Führer der Einheiten und Dienststellenleiter belehren ihre Männer dahingehend, daß sie sich bei Beanstandungen den Anordnungen ohne Widerstand fügen.
Ich setze von jedem die Einsicht voraus, daß es besser ist, sich zehnmal unbeanstandet kontrollieren zu lassen, als daß es bei Unterlassung einem Agenten gelingt, ungeschoren seinen Auftrag auszuführen.

b) Die Durchführung der Kontrolle erfolgt schlagartig an verschiedenen Stichtagen, jeweils über 24 Stunden mit wechselndem Zeitbeginn und wird durch das Kennwort

,,Kiebitz “ ausgelöst.

Das Stichwort wird telefonisch oder durch Melder vom Adjutanten des SS-Standortältesten den Kommandanten und Dienststellenleitern persönlich durchgegeben. Diese haben von sich aus dafür zu sorgen, daß es schnellstens jedem Angehörigen bekannt wird.

2. Es wurde wiederholt angefragt, ob die gestellten Streifen mit diesem oder jenem Auftrag versehen waren. Bei diesen Anfragen mußte stets festgestellt werden, daß es sich um fingierte Streifen handelte. Um in Zukunft jedem Mißbrauch zu begegnen, ist in Zweifelsfällen von der Streife die schriftliche Beauftragung zu verlangen und jene bei ungenügender Legitimation bis zur Klarstellung festzuhalten. In den bisherigen Fällen wurde erst dann Rückfrage gehalten, wenn zweifelhafte Streifen bereits das Weite gesucht hatten.

Im übrigen sind die Streifen angewiesen, sich bei Beginn ihrer Kontrollen auszuweisen.

Baer
SS-Sturmbannführer