Aktenzahl des Gerichts (Geschäftszahl): LG Wien Vg 8e Vr 821/55

KZ-Mauthausen-Prozess (Nebenlager Wiener Neudorf)

Opfer
Häftlinge

Tatland (Tatort)
Niederösterreich

Volksgerichtsverfahren gegen
Hans Bruckmeier
Franz Doppelreiter (SS-Unterscharführer)
Karl Schulze (SS-Hauptsturmführer)

wegen
Misshandlung von Häftlingen im Lager Wiener Neudorf/Niederösterreich (Nebenlager des KZ Mauthausen) und im KZ Mauthausen (zum Teil mit Todesfolge) in den Jahren 1943 bis 1945

Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens

Am 23.08.1946 wurde Doppelreiter zum Tod durch den Strang verurteilt. Am 13.04.1949 wurde das Strafausmaß im Wiederaufnahmeverf. auf lebenslänglich herabgesetzt.

6.5.1958: Einstellung des wegen §§ 3, 4 KVG gegen Schulz und Bruckmeier geführten Strafverfahrens gemäß § 13 bzw. 16 NS-Amnestie 1957.

Beitrag ist kein Bestandteil der Gerichtsakte

Franz Doppelreiter, geboren 1922, Hilfsarbeiter, meldete sich 1940 freiwillig zur SS. Im Juni 1942 wurde er dem KZ Gusen zugeteilt, von Mai bis Oktober 1943 war er beim Aufbau des Lagers Wiener Neudorf eingesetzt. Im Oktober 1943 kam er ins Hauptlager und wurde wenig später zum SS-Unterscharführer befördert. Doppelreiter galt als gefürchteter Schläger und nahm an brutalen Misshandlungen der Häftlinge aktiv teil. Die Zahl der Opfer, die von ihm gequält wurden, war nicht rekonstruierbar, es dürfte sich aber um weit mehr als 200 Opfer - in vielen Fällen mit Todesfolge - handeln. Am 30. Mai 1946 erhob die Staatsanwaltschaft Wien Anklage gegen Franz Doppelreiter u.a. wegen Verbrechens der Quälerei und Misshandlung nach § 3 KVG. In mindestens 50 Fällen gab er zu, Häftlinge misshandelt zu haben, die Tötungsdelikte leugnete er. Am 23.8.1946 wurde Doppelreiter zum Tod durch den Strang verurteilt. "Jeder trägt daran Schuld, der an verantwortlicher Stelle als Funktionär in maßgebender Stellung im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Führungsstab diese grauenhafte Vernichtungsstätte menschlichen Lebens tätig geworden und mitgeholfen hat. Der Angekl. ist daher trotz seiner Jugend voll verantwortlich, wenn auch die verderbenbringende nat.soz. Propaganda ihn in früher Jugend erfaßte und ihm diese armen Opfer nur als Ausgestossene der Menschheit und Feinde des Vaterlandes erschienen, für die der frühe Tod gewiß und nur der genaue Zeitpunkt noch nicht feststand. Der fanatische nat.soz. Geist bzw. Ungeist und Vernichtungswille gegen alles, was sich ihm entgegen stellt, tobte sich hier in grauenhafter und erschütternder Weise aus. Das war auch das Leitmotiv der Handlungsweise des Angekl. und er ist daher im vollen Umfange verantwortlich. Die Tatsache, daß er schon im Alter von 16 Jahren diesem Ungeist verfallen war, kann ihn nicht entschuldigen."

Beitrag ist kein Bestandteil der Gerichtsakte

Die Politische Abteilung, die nur organisatorisch zum Lager gehörte, in dienstlicher und sachlicher Hinsicht aber als Vertretung der Gestapo im KL fungierte, wurde von
Kriminalbeamten geleitet und unterstand der für das KL Mauthausen zuständigen Gestapostelle in Linz. Leiter der Politischen Abteilung in Mauthausen mit ihren vielfältigen Aufgaben (aktenmäßige Erfassung der Häftlinge, Vernehmung, Haftprüfung, Registrierung der Todesfälle usw.) war mehrere Jahre lang SS-Obersturmführer Karl Schulze.

Der Leiter der Politischen Abteilung, SS-Hauptsturmführer Karl Schulz(e), wurde 1967 in der BRD zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Zuletzt bestand die Politische Abteilung aus 31 SS Angehörigen und zwölf aus der Umgebung stammenden Frauen.
Den Angehörigen der Politischen Abteilung wurde nach 1945 in Prozessen zur Last gelegt, Häftlinge bei Verhören gefoltert und ermordet und bei Exekutionen mitgewirkt zu haben.