Aktenzahl des Gerichts (Geschäftszahl): LG Wien Vg 12a Vr 5358/46

KZ-Mauthausen-Prozess (Mühlviertler Hasenjagd)

Opfer
sowjetische Kriegsgefangene

Tatland (Tatort)
Oberösterreich (Aisting)

Volksgerichtsverfahren gegen
Franz Jäger

wegen
Ermordung eines aus dem KZ Mauthausen geflüchteten sowjetischen Kriegsgefangenen am 2. Februar 1945 in Aisting (Oberösterreich)
(Mühlviertler Hasenjagd)

Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens
Am 18.09.1948 wurde Jäger zu 12 Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Beitrag ist kein Bestandteil der Gerichtsakte

Franz Jäger wurde am 27. September 1947 angeklagt, einen aus dem KZ Mauthausen geflüchteten sowjetischen Kriegsgefangenen in Aisting ermordet zu haben [§ 134 StG, § 1/1 KVG].
Die Tat ereignete sich während der Verfolgungsaktionen in den Vormittagsstunden des 2. Februar 1945. Franz Jäger, der stark alkoholisiert war und erst nach zweimaligem Weckruf aufstehen konnte, ging mit der SS-Lagerstreife auf Razzia. Sie durchsuchten Nachbarhäuser und Heuböden, wo einige geflohene Häftlinge Unterschlupf gesucht hatten. Mit Äußerungen wie "Kruzifix, drahn ma einen glei umi, wenn sich einer muckst" und "Erschiessen wir den auch gleich" zeigte Jäger seine Bereitschaft, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Er durchforstete zusammen mit Josef B. den Heuboden der Besitzerin L. Als er einen geflohenen KZ-Häftling fand, schrie er fünf- bis sechsmal "Schiess her, erschiess ihn!" Der Flüchtige lag einige Schritte vor den beiden im Heu. Der Zeuge B. lehnte es jedoch ab, zu schießen und suchte weiter, ob sich noch andere Flüchtige im Heu versteckt hielten. Als er sich von Jäger abwandte, schoss dieser auf den Häftling und tötete ihn mit einem Stirnschuss.
Jäger gestand die Tat, verantwortete sich aber damit, dass er volltrunken war und aus Notwehr gehandelt hatte. Nach Auffassung des Gerichts war Jäger zur Tatzeit jedoch bereits wieder nüchtern und beteiligte sich bewusst an den Verfolgungsaktionen. Seine wiederholten Äußerungen, "einen KZ-ler erschießen zu wollen" setzte er in die Tat um, indem er "seinen Instinkten freien Lauf ließ."
Trotz dieser eindeutigen Sachverhaltsdarstellung erkannte das Gericht Jägers "erbliche Belastung durch Alkoholismus sowie seine heftige Gemütsbewegung infolge des Auftauchens geflüchteter KZ-Häftlinge" als mildernde Umstände an.
Am 18. September 1948 wurde er wegen Mord [§ 134 StG] und Verbrechen gegen die Menschlichkeit [§ 1 KVG] zu 12 Jahren schweren Kerker und Vermögensverfall verurteilt.
Das Vg-Verfahren gegen Franz Jäger wurde unter der Geschäftszahl LG Wien, Vg 12a Vr 5358/46, geführt, die Akten werden im Landesgericht für Strafsachen Wien aufbewahrt.

1994 verfilmte Andreas Gruber die Ereignisse rund um die "Mühlviertler Hasenjagd". Mit dieser Dokumentation arbeitete er nicht nur die Hetzjagd auf die geflohenen KZ-Häftlinge im Umkreis des KZ Mauthausens auf, sondern setzte zugleich auch ein Symbol "Wider das Vergessen".

Beitrag ist kein Bestandteil der Gerichtsakte

Schreiben von Innenminister Helmer an den Justizminister Gerö spiegelt anschaulich und erschreckend die Befindlichkeit der österreichischen Politik wieder, der zu dieser Zeit die Ahndung von NS-Verbrechen kein Anliegen mehr war, und von der die Bemühungen der Justiz, diese Verbrechen ihrer Schwere gemäß zu ahnden missachtet und rechtskräftige Urteile ganz einfach ignoriert wurden.

"Lieber Freund!
In Anbetracht der bevorstehenden Weihnachtszeit gestatte ich mir, in der Anlage eine Liste von wegen politischer Delikte in der Strafanstalt Stein inhaftierten ehemaligen Nationalsozialisten zu übermitteln.
Die genannten Personen scheinen infolge ihrer persönlichen sowie ihrer familiären Umstände für die Einbeziehung in eine Weihnachtsamnestie geeignet.
Mit besten Grüßen
Oskar Helmer"

Jäger Franz
Strafende: 17.06.1958
Hat bereits vor 1 ½ Jahren die Hälfte seiner Strafe verbüßt. Sein Delikt ist ein rein militärisches Befehlsdelikt, das er sich als Volkssturmmann zuschulden kommen ließ.