Aktenzahl des Gerichts (Geschäftszahl): LG Wien 21 a Vr 3388/61

Deportationsprozess

Opfer
Juden/Jüdinnen

Tatland (Tatort)
Österreich, Griechenland, Frankreich, Tschechoslowakei

Strafverfahren gegen
Alois Brunner (SS-Hauptsturmführer)

1939 bis 1943 Sekretär von Adolf Eichmann in der Zentralstelle für Jüdische Auswanderung (Vertreter des Amtes IV B 4 des RSHA in Wien).

1941 bis 1942 Leiter der Zentralstelle in Wien und verantwortlich für die Organisation der Deportation von über 50.000 österreichischen Juden/Jüdinnen in Ghettos und Todeslager in Polen, Litauen, Lettland und Sowjetrussland.

Februar bis Mai 1943 wirkte Brunner maßgeblich an der Deportation von rund 46.000 griechischen Juden/Jüdinnen nach Auschwitz mit.

Juni 1943 begann Brunner als Leiter des Lagers Drancy in Frankreich mit der Deportation von über 24.000 französischen Juden/Jüdinnen in den Osten. Des weiteren war er als Hauptsturmführer des SD in Marseille, Zweigstelle Nizza, eingesetzt (Leiter einer Einheit eines Spezialkommandos, welches Juden/Jüdinnen in Nizza verhaftete und nach Drancy brachte).

Am 31.07.1944 befahl Brunner die Verhaftung und Deportation von mehr als 200 französischen Kindern nach Auschwitz (darunter die Kinder des jüdischen Kinderheimes in Izieu-Ain).

1944 war Brunner als Leiter des Lagers von Sered (Slowakei) für die Deportation von rund 13.500 slowakischen Juden/Jüdinnen verwantwortlich.

Ab 1947 arbeitete Brunner in der Zeche Carl Funke in Essen. Als er zum Betriebsrat gewählt werden sollte, drohte seine Identität aufzufliegen. Trotzdem lebte Alois Brunner als Alois Schmaldienst bis 1954 in Essen und war sogar polizeilich gemeldet.

Brunner floh über Spanien, Italien und Ägypten unter Verwendung der Aliasnamen Alois Schmaldienst und Dr. Georg Fischer – nach Syrien.

Alois Brunner arbeitete in Syrien kurze Zeit als Vertreter für die Dortmunder Actien-Brauerei DAB. Er hatte dort enge geschäftliche Kontakte mit Franz Rademacher, dem ehemaligen Judenreferenten des AA

Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens

Am 05.01.1954 wurde Brunner vom Ständigen Kriegsgericht in Marseille in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Am 03.05.1954 wurde Brunner von der 12. Kammer des Ständigen Gerichtes der Streitkräfte in Paris ebenfalls in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Am 23.01.1960 wurde das gegen Brunner anhängige österreichische Verfahren gemäß § 109 StPO (Erklärung der Staatsanwaltschaft: kein Grund zur weiteren gerichtlichen Verfolgung) eingestellt.
Nach Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme gemäß § 352 StPO vom 10.05.1961 wurde das Verfahren mit Beschluss vom 08.06.1961 fortgesetzt. Am 20.12.1962 erfolgte die vorläufige Einstellung des Verfahrens gemäß § 412 StPO.

Gerichtsverfahren nach 1945
21 a Vr 3388/61
Vg 4c Vr 2410/47

Ehefrau Anna Brunner
Nach der Besetzung Österreichs durch die Deutschen 1938, zogen Anna Brunner und ihr Verlobter Alois Brunner in eine beschlagnahmte Villa im Wiener Nobelbezirk Döbling.
Die schwangere Anna Brunner hielt sich zeitweilig zusammen mit ihrem Ehemann Alois Brunner (alias Alois Schmaldienst bzw. Dr. Georg Fischer) nach 1945 in Doppl (Gemeinde Altenfelden) auf. Nachdem die rote Armee im April 1945 Wien besetzt hatte, versteckte sie sich eine zeitlang im Gasthaus Wöss in Lembach im Mühlkreis.

Bei einer Vernehmung bei der Polizeidirektion Wien im Mai 1946 gibt sie zu Protokoll:
Am 1. April 1945 kam mein Mann nach Wien, und wir fuhren mit meiner Mutter und meinem Mann nach Linz, von wo mein Mann nach Prag gefahren ist und meine Mutter und ich nach kurzer Zeit ins Mühlviertel gefahren sind, wo wir bis zum August 1945 in Lembach blieben.
Ihre Tochter Irene, die 1945 geboren wurde, hatte auch nach der Flucht Alois Brunners weiterhin Kontakt zu ihrem Vater und besucht ihn regelmäßig.

Gerichtsverfahren nach 1945
LG Wien Vg 11a Vr 5505/46