vom 6./7. Mai bis 11. Mai 1945 versteckte sich Himmler mit seinen 6 Begleitern auf einen Bauernhof in der Nähe von Satrup. (Satrup ist ein Dorf im Kreis Schleswig-Flensburg in Schleswig-Holstein. Seit dem 1. März 2013 ist es ein Ortsteil und der Sitz der Gemeinde Mittelangeln.)
Zu seinen Begleitern zählten:
1) Sein persönlicher Assistent Dr. Rudolf Brandt,
Dr. jur. Rudolf »Rudi« Brandt, 35, Sekretär, Himmlers treuester Diener, elf Jahre lang sein »wandelndes Notizbuch«. Der gesamte Schriftverkehr des Reichsführers ging durch seine Hände. Mancher Befehl, den er seinem Herrn abnahm, trug nur seine Unterschrift und kostete ihn an seinem 39. Geburtstag 1948 in Landsberg das Leben.
2.) SS-Obergruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Prof. Dr. Karl Gebhardt, Chefarzt SS und persönlicher medizinischer Berater Himmlers.
3.) SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Otto Ohlendorf, Leiter der Abteilung III des RSHA.
4.) SS-Sturmbannführer Josef Kiermayer, sein persönlicher Referent und Sekretärin,
Josef »Sepp« Kiermaier, 47, gelernter Sattler, im Rang eines Kriminalkommissars, Himmlers persönlicher »Wachhund« und Gesellschafter, der einzige Bayer in der engsten Entourage, eine »ehrliche treue Soldatenseele, die sich für Himmler totschlagen lassen würde«.
5.) SS-Obersturmbannführer Werner Grothmann,
ab dem 15. August 1940 2. Adjutant der Waffen-SS im persönlichen Stab Heinrich Himmlers. Ab dem 1. April 1942 war er Himmlers Chefadjutant. Zu seinen Aufgaben als Adjutant gehörte die Planung von Himmlers Tagesablauf, z. B. dessen Reisen und Termine. In Flensburg leitete Grothmann gegen Kriegsende den aus 150 Personen bestehenden persönlichen Stab Himmlers.
6.) SS-Sturmbannführer Heinz Macher,
Heinz Macher, 25, Chef der Leibwache, ein »Kampfschwein«, der sich mit 17 bei der SS beworben hatte, nahm am Polenfeldzug, am Westfeldzug, am Balkanfeldzug, am Ostfeldzug teil; er war dabei, wo man nur dabei sein konnte, und wurde viermal verwundet. Weil er einen unerfahrenen Untergebenen bei einer Übung mit scharfer Munition hatte hantieren lassen, wodurch dieser und ein anderer umkamen, wurde Macher 1943 zu fünf Monaten Haft verurteilt, die zur Frontbewährung ausgesetzt wurden. Einen Monat später zeichnete er sich durch kriegerische Eigeninitiative bei einem Panzerangriff aus, und der Schandfleck in seiner Akte wurde getilgt.

Weiterhin haben sich wahrscheinlich noch 10 weitere SS-Männer in seiner Begleitung befunden.

An den Bevollmächtigten des Rates der Volkskommissare der UdSSR
für Angelegenheiten der Repatriierung,

Generaloberst Gen. Golikov
vom Leiter der Sammelstelle Nr. 619 Seedorf

Major Godlevskij. 04.06.1945
Nr. 1
Lager Seedorf

Meldung
Um 19:30 Uhr des 21. Mai 1945 hielt eine bewaffnete Streife, bestehend aus zwei Soldaten und einem Sergeanten der britischen Armee und zwei Rotarmisten, den früheren Kriegsgefangenen Gen. Gubarev Vasilij Il'ji? und Gen. Sidorov, Ivan Egorovi?, im Flecken Meinstedt drei Deutsche fest, einer der Festgehaltenen erwies sich später als Chef der deutschen Gestapo und Chef der SS-Truppen Deutschlands. Die Festnahme fand unter folgenden Umständen statt:
Die Sicherungsstreife, Gen. Gubarev und Gen. Sidorov, patrouillierten auf der Straße (während die Engländer im Haus Kaffee tranken), in dieser Zeit traten drei Deutsche aus dem Wald und kamen näher. Gen. Gubarev rief sie an, sie blieben nicht stehen, Gen. Gubarev gab einen Warnschuß aus dem Gewehr ab und brachte sie zum Stehen. Die Festgehaltenen wurden dem englischen Sergeanten übergeben, der sie mit einem ihm zur Verfügung stehenden Wagen in die Kommandantur brachte.
Nach Klärung der Angelegenheit stellte das englische Kommando fest, daß einer der Festgehaltenen Himmler war und die beiden anderen seine Bewachung.
Die Gen. Gubarev und Sidorov haben sich wiederholt durch hohe Wachsamkeit und Diszipliniertheit ausgezeichnet, wovon eine Meldung des Kompanieführers der Kommandantur zeugt.

Ich erlaube mir, den Antrag zu stellen, daß Gen. Gubarev, Vasilij Il'ji?, und Gen. Sidorov, Ivan Egorovi?, für hohe Wachsamkeit und ihre Handlungsweise bei der Festnahme Himmlers zu einer staatlichen Auszeichnung der Sowjetregierung vorgeschlagen werden.

Beigefügt sind: 1. Auskunftsdokument der britischen Führungsstelle.
2. Meldung des Kompanieführers der Kommandantur Oberleutnant ÅEV?ENKO über die Festnahme Himmlers.
3. Kopie eines Befehls des Leiters der Sammelstelle.
4. Bericht des Zugführers der Kommandanturkompanie Leutnant ILJUÅKIN über die Festnahme von zwei SS-Soldaten.

Leiter der Sammelstelle der Bürger der UdSSR Nr. 619
Major Godlevskij



Himmlers Gefangennahme
Am Montag, dem 21. Mai 1945 hielt Korporal Morris vom 73. Sturmregiment, seine Wachstreife, mit drei Engländern und zwei russischen Soldaten um 19.45 Uhr verdächtige Personen (zwecks Prüfung) im Dorf Meinstedt, 5 km nordöstlich von Seven, fest.
Sie riefen eine Gruppe von drei in Zivil gekleideten Personen an; da die Papiere der letzteren nicht in Ordnung waren, wurden sie verhaftet und ins Wachgebäude des Lagers Sidorf gebracht.
Nach einem Verhör und der in den Zellen des Wachgebäudes in Sidorf verbrachten Nacht vom 21. zum 22. Mai wurde die Gruppe unter Bewachung nach Bremervörde gebracht.
Anhand der nachfolgenden Untersuchungen wurde zweifelsfrei festgestellt, daß einer von ihnen Himmler war.

Familiennamen der beiden russischen Wachen: Gubarev und Sidorov.

Oberstleutnant
Sidorf
Lager der ehemaligen Kriegsgefangenen.



An den Leiter der Sammelstelle der Bürger der Sowjetunion
Major Gen. Godlevskij

vom Kompanieführer der Kommandantur
Oberleutnant Å EV?ENKO
25.05.1945

Hiermit erlaube ich mir zu melden, daß um 9.30 Uhr des 21.5.45 eine Streife im Bestand von zwei Soldaten der Wachkompanie im Flecken Meinstedt drei Deutsche bemerkte, die aus dem Wald traten und trotz einer Warnung der Streife durch Anruf, auf der Straße weitergingen und erst nach einem Schuß stehen blieben, den der Wachsoldat Gen. Gubarev abgab.
Die Festgehaltenen wurden den englischen Soldaten übergeben, die gemeinsam mit unserer Streife die Festgehaltenen in den englischen Stab brachten.
Heute, am 25.05.1945, teilte der englische Dolmetscher mit, daß sich unter den festgehaltenen Deutschen Himmler befindet.

Ich ersuche, nach Möglichkeit die Streifen für ihre Wachsamkeit auszuzeichnen: den Gen. Gubarev, Vasilij Il'ji?, geb. 1916, aus dem Gebiet Rjazan', Rayon Sapožkovskij, Kolchossowjet Fabri?nyj, und den Gen. Sidorf, Ivan Egorovi?, geb. 1920, aus dem Gebiet Saratov, Rayon Å iroko-KoromyÅ¡evskij, Dorf Klju?i.

Kompanieführer der Kommandantur
Oberleutnant
Å EV?ENKO.


Resolution: an den Stabschef: Befehl. Für hohe Wachsamkeit den Dank aussprechen. Ich belohne sie mit je einem Paket des Roten Kreuzes.

Meldung auf dem Dienstwege in die Militärmission
an Generalmajor Dragun abschicken.

Major Godlevskij
26.05.1945




An den Kompanieführer der Kommandantur
Oberleutnant Å EV?ENKO

vom Zugführer des 1. Zugs
Leutnant I. ILJUÅ KIN

Meldung
Hiermit erlaube ich mir zu melden, daß die Soldaten der 3. Abteilung des Zuges unter meinem Kommando Gen. Sidorov und Gen. Gubarev, die von mir am 27. Mai 1945 mit Ausgangskarten ohne Waffen beurlaubt wurden, im Raum des Dorfes Meinstadt zwei SS-Deutsche festhielten und in die englische Kommandantur brachten. Ersuche, die Lagerführung auf die Belobigung der Genossen Sidorov und Gubarev anzusprechen, weil das ihre zweite Heldentat ist, die erste war, als sie Himmler festhielten.

Zugführer des 1. Zuges
der Kommandanturkompanie
Leutnant ILJUÅ KIN
27.05.1945.



An den Leiter der Sammelstelle Nr. 619
Major Gen. Godlevskij

Vom Kompanieführer der Kommandanturkompanie
Oberleutnant Å EV?ENKO
28.05.1945

Stelle den Antrag, die Soldaten Gen. Sidorov und Gen. Gubarev für die von ihnen gezeigte Wachsamkeit und ihren Diensteifer zu belohnen.

Kompanieführer der Kommandanturkompanie
Oberleutnant Å EV?ENKO
28.05.1945



Resolution des Stabschefs. Einen Befehl für beide erteilen.
Godlevskij




Befehl Nr. 19
für die Sammelstelle der Bürger der UdSSR Nr. 619
Zeven, den 28. Mai 1945

§1.

Die Bürger der UdSSR Gen. Gubarev, Vasilij, und Gen. Sidorov, Ivan, frühere Kriegsgefangene, zur Zeit in der Sammelstelle Nr. 619, verrichteten zu zweit den Streifendienst im Raum des Fleckens Meinstedt, von der Wachkompanie der Sammelstelle entsandt.
Um 9:30 Uhr des 21. Mai bemerkten die Genossen Gubarev und Sidorov beim Abgehen ihres Abschnitts drei Bürger, die aus dem Wald traten und sich zur Straße begaben. Ihr Verhalten und ihr Aussehen schienen unserer Streife verdächtig zu sein. Den Anruf der Streife und den Befehl haltzumachen beachteten sie nicht und setzten ihre Bewegung fort. Die Streife gab einige Warnschüsse ab, erst danach blieben sie stehen, wurden festgehalten und den englischen Behörden im Lager Nr. 619 übergeben.
Anhand von Dokumenten wurde festgestellt, daß sich unter den Festgehaltenen der Henker Europas und des deutschen Volkes, der Chef der SS und der Gestapo Himmler, befand.
Am 27. Mai hielten diese Genossen bei einem Spaziergang zwei SS-Leute fest und übergaben sie den englischen Behörden.

Für die gezeigte Wachsamkeit und Findigkeit bei der Erfüllung der Dienstpflichten spreche ich dem Gen. Gubarev, Vasilij Il'ji?, geb. 1916, Gebiet Rjazan', Rayon Sapožkovskij, Kolchossowjet Fabri?nyj, und dem Gen. Sidorov, Ivan Egorovi?, geb. 1920, Gebiet Saratov, Rayon Å iroko-KoromyÅ¡evskij, Dorf Klju?i, den Dank aus, und Prämiiere sie mit je einem Paket des Roten Kreuzes.

§2.

Der Stabschef der Sammelstelle hat der Militärmission der UdSSR über das oben Dargelegte eine Meldung mit dem Antrag über eine Regierungsauszeichnung zu erstatten.

Leiter der Sammelstelle Nr. 619
Major Godlevskij

Stabschef der Sammelstelle Nr. 619
Major Mursjakaev.



Zivilinternierung - Westertimke.
Verhaftmeldung
Familienname: HITZINGER,
Vorname: Heinrich.
Nationalität: Deutscher.
Letzter Wohnort: Flensburg

Funktion: Feldwebel, Sz kp z6V abkommandiert zu GFS
Ausweise: Entlassungsschein vom 03.05.1945

Einzelheiten der Verhaftung: (a) Ort: Bremervoerde, Kontrollpunkt der Brücke (9344);
(b) Datum: 22.5.45;
(c) Zeit: 17.00 Uhr.

Einheit, die die Verhaftung vornahm: 1003 FSRD.
Verhaftungsgrund: siehe den beigefügten Bericht sowie die oben genannte Funktion.

Zeugen: Familien und Adressen
Sergeant Britton 45 PSS.

Erklärung nach der Verhaftung (wenn notwendig, bitte auf einem Extrablatt beifügen).

Persönliche Sachen: (Die beim Verhafteten konfiszierten Sachen sind auf der Rückseite zusammen mit der Beschreibung und dem Ort der anderen zum Fall gehörigen Sachen aufzuzählen).

Zivil- oder Militärbehörde, die den Verhafteten in Gewahrsam genommen hat: das Gefängnis in Westertimke.

Unterschrift des zur Verhaftung Bevollmächtigten:
SHAFE.

Datum: 22.05.1945




An den Leiter der Abteilung Politaufklärung
der Verwaltung des Bevollmächtigten
des Rates der Volkskommissare der UdSSR für Repatriierung
Oberst Gen. Logunov

Meldung
Betr.: Festnahme Himmlers

Im Ergebnis der Untersuchung der Frage nach der Festnahme des Chefs der deutschen Gestapo Himmler wurde folgendes festgestellt:

Die früheren kriegsgefangenen Soldaten I.E. Sidorov und V.I. Gubarev verrichteten als Streifen der Sammel- und Etappenstelle Nr. 619 den Streifendienst im Flecken Lückenstadt gemeinsam mit sechs englischen Soldaten. Gegen 18 Uhr des 21. Mai 1945 verließen alle sechs englischen Soldaten den Posten und gingen ins Haus unter dem Vorwand, Kaffee trinken zu wollen.

Um 19.30 Uhr des 21.5. bemerkte Gubarev drei Deutsche, die in Richtung auf die Straße gingen, gemeinsam mit Sidorov hielt Gubarev die Deutschen fest. Zwei der Festgehaltenen hatten die Mannschaftsuniform deutschen Musters an, der Dritte trug einen Offiziersmantel, eine Zivilhose und einen Hut. Er hatte keinen Schnurrbart, das linke Auge war zugebunden. Die Festgehaltenen hatten Papiere, die sie als Kranke auswiesen, die aus einem Lazarett entlassen worden waren.

Gubarev und Sidorov riefen die englischen Soldaten heraus. Nach einer Vorbefragung wollte die englische Streife die Festgehaltenen gehenlassen, aber Sidorov und Gubarev bestanden darauf, die Festgehaltenen zur Sammel- und Etappenstelle Nr. 619 zu bringen, Die Festgehaltenen wurden in die Arrestanstalt überführt und am 22. Mai den englischen Behörden übergeben.

Am 25. Mai stellten die Engländer fest, daß einer der Festgehaltenen der Gestapochef Himmler ist. Himmler gestand das ein, worauf er eine Giftampulle, die er im Munde hatte, zerdrückte. 15 Minuten später starb HIMMLER.

Nach der Autopsie wurde Himmlers Leiche in der Stadt Lüneburg vergraben. Die genaue Grabstätte konnte nicht festgestellt werden.

Schlußfolgerung:
Himmler wurde nicht von den Engländern gefangen, wie das die englische Presse meldete, sondern von den früheren kriegsgefangenen Rotarmisten Gubarev und Sidorov.

Stellvertreter für Politaufklärung
des Leiters der Abteilung Repatriierung, 2. Stoßarmee,

Major Muchalev
08. Juni 1945 Stadt Stettin




07. Juni 1945
Stadt Stettin

Aussage
des durch die Alliierten-Truppen befreiten ehemaligen kriegsgefangenen Rotarmisten

Sidorov Ivan Egorovi?
als Teilnehmer der Verhaftung Heinrich Himmlers

Ich, Sidorov, Ivan Egorovi?, Russe, parteilos, wurde im Mai 1920 im Gebiet Saratov, Rayon Å iroko-KaramyÅ¡enskij, Dorf Klju?i, geboren. Bildung: 2 Klassen. In der Roten Armee ab 7. Juni 1941, diente in einem Schützenregiment, in der Granatwerferbatterie für 120-mm-Granatwerfer. Wurde vom Rayon-Kriegskommissariat Inza des Gebiets KujbyÅ¡ev einberufen, diente in den Lagern im Raum der Station Inza. An die Nummer des Regiments erinnere ich mich nicht. An den Kämpfen nahm ich bei der Stadt Žlobin (Belorussische SSR) teil. Zwischen Žlobin und Gomel', auf der Station Chal'?, geriet ich am 17. August 1941 in Gefangenschaft. In der Gefangenschaft war ich in den Lagern der Städte Bobrujsk, Baranovi?i, Ostrov, Thorn, Malenburg und Elbing. Wurde am 29. April 1945 im Lager "Sappost" durch die Alliierten-Ttruppen befreit, nach der Befreiung befand ich mich in der Sammelstelle 619. Meldete mich freiwillig zur Kommandanturkompanie des russischen Lagers. Wir bewachten das Lager und fuhren jeden zweiten Tag zusammen mit englischen Soldaten zum Streifegehen auf den Straßen und in den umliegenden Dörfern hinaus.

Am 21. Mai 1945 trafen wir im Bestand einer englischen und russischen Streife um 9 Uhr morgens im Dorf Meinstadt ein. Die Streife zählte 6 englische Soldaten unter einem Korporal, an seinen Familiennamen erinnere ich mich nicht, von der russischen Kompanie waren ich und Gubarev dabei. Mit Genehmigung des Korporals begaben wir uns - ich und Gubarev - zu zweit auf den Rundgang. Um 10 Uhr morgens kamen wir zum Kaffee, um 13 Uhr aßen wir zu Mittag und begaben uns zu zweit - ich und Gubarev - wieder auf den Rundgang. Am Abend, um 19 Uhr, kamen wir wieder ins Haus, wo sich die englischen Soldaten aufhielten, rauchten, sich unterhielten und Kaffee tranken. Zu uns sagten sie: "Es ist noch zu früh, wir fahren um 19.30 Uhr los. Wenn ihr wollt, ruht euch aus oder macht noch einen Rundgang." Wir, ich und Gubarev, beschlossen, noch einmal zum Dorfrand zu gehen. Wir gingen am Dorfrand dahin. Bald sah ich, daß aus dem Gebüsch drei Deutsche hervortraten. Sie gingen, durch das Gebüsch gedeckt, in der Absicht, die Straße zu überqueren und wieder im Wald unterzutauchen. Wir riefen sie an, aber die Unbekannten gingen weiter. Darauf liefen wir ihnen nach. Gubarev schoß in die Luft. Ein Deutscher blieb stehen, aber die beiden anderen gingen weiter auf den Wald zu. Gubarev rief sie wieder gebieterisch an und machte das Zeichen: "Halt! Alles herkommen!" Wir beide nahmen die Deutschen aufs Korn. Darauf blieben sie stehen. Wir gingen auf sie zu. Einer der Festgehaltenen, der sich später als Himmler entpuppte, trug einen grauen Mantel von Offiziersschnitt, eine Zivilhose, Soldatenstiefel, einen schwarzen Hut, auf dem linken Auge hatte er eine schwarze Binde. In den Händen hielt er einen Stock, der ihm als Krücke diente. Der Mantel war bis oben zugeknöpft. Am Arm hatte er eine Uhr mit einem Kompaß.
Die beiden anderen trugen ebensolche Mäntel und Stiefel, hatten keine Kopfbedeckung, ihre deutschen Feldmützen hatten sie in der Manteltasche stecken.
Durch Zeichen fragten wir sie nach englischen Papieren. Alle drei sprachen nicht russisch. Ich kenne ein paar deutsche Wörter und verstand, daß sie antworteten, sie hätten keine Papiere.
Wir brachten alle drei ins Dorf, zu dem Haus, in dem sich die englischen Soldaten aufhielten. Das war ungefähr um 19.30 Uhr. Die englischen Soldaten liefen heraus und fragten die Festgehaltenen nach ihren Papieren. Einer von Himmlers Begleitern gab irgendein Papier her, dann gab auch Himmler ein ähnliches Papier her. Die Dokumente hatten ein Foto darauf und waren in deutscher Sprache abgefaßt. Der Korporal konnte das Dokument nicht lesen, und so beriet man darüber, wie zu verfahren war.
Die Festgehaltenen versuchten mit Gesten und einzelnen Wörtern zu erklären, daß sie von einem Lazarett kamen. Himmler zeigte auf sein zugebundenes Auge und auf das linke Bein, auf die Krücke und versuchte die Soldaten davon zu überzeugen, daß er krank sei.
Die englischen Soldaten meinten zu uns: "Man sollte sie gehenlassen, sie sind krank." Aber wir, ich und Gubarev, gaben durch Zeichen zu verstehen: "Nein. Man muß sie ins Lager befördern."

Im Lager übergaben wir die Festgehaltenen einem englischen Offizier und dem Dolmetscher. Bis zum Lager hatten ich, Gubarev und zwei englische Soldaten sie im Wagen begleitet. Als wir sie ins Lager brachten, wurden alle drei Festgehaltenen auf Verfügung des englischen Offiziers in die Arrestanstalt überführt. Zuvor stellte der Dolmetscher ihnen einige Fragen, sah ihre Papiere durch und übersetzte sie für den englischen Offizier. Wir verstanden die Übersetzung nicht, weil wir nicht Englisch können.
Der Dolmetscher befragte uns ausführlich darüber, unter welchen Umständen wir sie gefangen hatten.

Etwa drei Tage später wurden wir wieder zum Streifendienst eingesetzt. Auf dem Platz versammelten sich 16 Russen, man wartete auf ein Kfz. Derselbe englische Offizier kam ebenfalls, auch der Dolmetscher. Der Dolmetscher fragte: "Wer hat am 21. Mai die drei Deutschen hergebracht?" Ich antwortete: "Ich." Auch Gubarev antwortete: "Ich." Er notierte sich unsere Familien-, Vor- und Vatersnamen, auch die Geburtsstadt von uns beiden. Darauf fragte er: "Wißt ihr, wen ihr da festgehalten habt?" Wir antworteten: "Nein." Darauf erläuterte uns der Dolmetscher: "Der mit der Augenbinde ist Himmler, der Gestapochef. Man hat ihn in eine andere Stadt gebracht, dort hat er während des Verhörs Gift genommen und ist gestorben."

Danach war im Lager unter den Russen und den Engländern viel davon die Rede, wer Himmler gefangen hatte.

Wir wurden darüber von Oberleutnant Å ev?enko, Oberleutnant einer Kompanie (den Familiennamen kenne ich nicht) und vom Abteilungsführer Titarenko befragt. Als neue Gruppen von englischen Soldaten eintrafen, zeigten sie ein Foto Himmlers aus einer englischen Zeitung (gedruckt war ein Foto von ihm in Uniform), das anläßlich seiner Verhaftung gebracht worden war. Unsere Burschen zeigten als Antwort darauf auf mich und sagten: "Der und kein anderer hat Himmler gefangen."

Das ist alles, was ich zu dieser Frage aussagen kann.

Die Richtigkeit der Aussage bestätige ich.
Gezeichnet: Sidorov.

Aufzeichnung der Aussagen von
Major Golovanov.
07.06.1945 Stettin



Aussage
des durch die Alliierten-Truppen befreiten ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen
Gubarev Vasilij Il'ji?

als Teilnehmer der Verhaftung Heinrich Himmlers
am 21. Mai 1945 beim Dorf Mainstadt

Ich, Gubarev, Vasilij Il'ji?, geb. 1916, Russe, parteilos, des Lesens und Schreibens unkundig, stamme aus dem Gebiet Rjazan', Rayon Sapožkovskij, Dorfsowjet Fabri?nyj, Sloboda Žaržavinskaja. Über mich kann ich folgendes aussagen:

Ich war seit 1933 in einer Kollektivwirtschaft. 1939 wurde ich vom Kriegskommissariat des Rayons Sapožkovskij in die Rote Armee einberufen. Diente im Artillerieregiment 363 in der Stadt Tul'?in (Gebiet Winnica), seit 1940 auf der Station Vopnjarka. Als der Vaterländische Krieg begann, war ich Fahrer im Artillerieregiment. Ich nahm an den Kämpfen im Gebiet Saporož'e teil und wurde daselbst am 8. September 1941 gefangengenommen. Während der Gefangenschaft war ich in den Lagern von: Dnepropetrovsk, Drogoby?, Osnabrück. Am 4. Mai 1945 wurde ich in einem Kriegsgefangenenlager hinter Sampostyl(?) durch die Alliierten-Truppen befreit. In der Gefangenschaft in der Stadt Osnabrück war ich in einem Arbeitskommando für die Bunkerabfertigung eingesetzt. Meine Erkennungsmarke als Kriegsgefangener war 128-699, Lager Nr. 333 in der Stadt Osnabrück.

Meine Familienangehörigen - Vater und Mutter, Frau und Tochter Gubarev - lebten im Dorfsowjet Fabri?nyj, ihren jetzigen Aufenthaltsort kenne ich nicht.

Die Umstände des Falls.
Zum Wesen der Sache, zur Verhaftung des Chefs der Deutschen Gestapo Himmler, kann ich folgendes aussagen:
Nach der Befreiung durch die Alliierten-Truppen befand ich mich in der Sammelstelle Nr. 614 beim Flecken Meinstedt. Ich meldete mich freiwillig als Rotarmist zur Kommandanturkompanie des Lagers der russischen Kriegsgefangenen. An den Namen des Lagers erinnere ich mich nicht. Der Kompanieführer war der ehemalige Kriegsgefangene Oberleutnant Å EV?ENKO. Am 21. Mai 1945 wurde ich zusammen mit dem Rotarmisten derselben Kompanie Ivan Sidorov im Bestand einer gemischten Streife eingesetzt. Zusammen mit englischen Soldaten, die von einem Korporal geführt wurden (seinen Namen kenne ich nicht), fuhren wir mit einem Wagen Streife auf den Straßen und in den Dörfern im Raum des Fleckens Meinstadt. In diesen Flecken kamen wir um 9 Uhr früh des 21. Mai 1945 an. Wir zwei, Sidorov und ich, stiegen aus dem Wagen und fragten den englischen Korporal als Streifenführer: "Wie soll das Streifegehen aussehen?" Er antwortete: "Wenn ihr wollt, macht die Rundgänge zu zweit, aber um 13.00 Uhr kommt essen, und um 20 Uhr fahren wir ins Lager zurück."

Bis 13 Uhr gingen ich und Sidorov, mit Gewehren bewaffnet und mit den Armbinden der Streife, die Straßen ab, waren im Wald und im Dorf. Um 13.00 Uhr aßen wir zusammen mit den Engländern und gingen wieder auf Streife. Am Abend, gegen 19 Uhr, kamen wir wieder mit den englischen Soldaten unserer Streife zusammen. Wir fragten, wann wir ins Lager fahren sollten. Sie antworteten: "Um 20 Uhr. Wenn ihr wollt, ruht euch aus." Darauf gingen die Engländer ins Haus, um Kaffee zu trinken, aber wir, ich und Sidorov, begaben uns wieder zum Dorfrand. Gegen 20 Uhr schlichen sich 500 Meter vom Dorf entfernt drei Deutsche aus dem Gebüsch und begaben sich zur Landstraße. Wir bemerkten sie und folgten ihnen. Die Deutschen bemerkten uns zuerst nicht, wir liefen ihnen nach und riefen sie in einer Entfernung von rund 200 Meter an, sie sollten haltmachen. Aber die Unbekannten blieben nicht stehen. Darauf gab ich einen Warnschuß ab. Einer blieb stehen, die beiden anderen gingen weiter. Dann zwangen wir alle drei mit dem lauten Ruf "Halt!" und mit schußbereiten Gewehren zum Stehenbleiben und gingen zur Straße und auf sie zu. Wir fragten: "Soldaten?", einer antwortete: "Ja." Auf die Frage, ob es Papiere gebe, antwortete einer der Festgehaltenen: "Ja." Sie zeigten die Papiere vor. Das Dokument hatte weder Stempel noch Siegel. Die Festgehaltenen hatten Offiziersmäntel, darunter die Uniform an, trugen Stiefel, der Mann, der sich später als Himmler entpuppte, trug eine Zivilhose und einen Hut. Sein linkes Auge war mit einer schwarzen Binde zugebunden. Einen Schnurrbart hatte er nicht, in den Händen hielt er einen Stock. Wir brachten die Festgehaltenen ins Dorf und übergaben sie den englischen Soldaten. Die Festgehaltenen suchten den englischen Soldaten einzureden, daß sie aus einem Lazarett kamen und daß einer von ihnen ein verwundetes Bein und ein zweiter ein krankes Auge hatte. Die englische Streife wollte die Festgehaltenen als Kranke gehenlassen, aber wir bestanden darauf, sie nicht gehenzulassen, sondern ins Lager zu bringen. Ich und Sidorov fuhren mit zwei englischen Soldaten als Begleitung der Festgehaltenen hin, vier andere von der Streife blieben im Dorf zurück.

Im Lager empfingen uns ein englischer Offizier und ein Dolmetscher. Er übernahm die Verhafteten von uns und ließ sie in die Arrestanstalt überführen. Etwa drei Tage lang wurden wir nicht als Streife eingesetzt. Als wir zum Streifendienst eingesetzt wurden und auf dem Platz zum Besteigen des Wagens antraten, erfuhren wir, daß der englische Offizier und der Dolmetscher nach uns suchten und fragten: "Wo sind die Russen, die die drei Deutschen am 21.05 festhielten?" Als der Offizier uns traf, fragte er über den Dolmetscher: "Habt ihr am 21.05 drei Deutsche festgehalten? Welche Merkmale haben die?"

Wir erzählten, darauf erklärte uns der Dolmetscher: "Wißt ihr, wen ihr da festgehalten habt?" Wir antworteten: "Nein." Der Dolmetscher erläuterte uns: "Ihr habt den Chef der deutschen Gestapo und ersten Gehilfen Hitlers, Himmler, festgenommen."

Außerdem teilte der Dolmetscher mit, daß Himmler sich vergiftet hatte.
Das ist alles, was ich zu diesem Fall aussagen kann.

Ehemaliger Kriegsgefangener
Rotarmist Gubarev

Aufzeichnung der Aussagen von
Major Golovanov

Stettin
07.06.1945





Verwaltung des Bevollmächtigten des Rates der Volkskommissare
der Union der SSR für Angelegenheiten der Repatriierung
Nr. 004801 Den 14. August 1945

An
Generaloberst V.S. Abakumov

Am 25. Mai 1945 brachten Zeitungen eine Mitteilung der Agentur Reuter darüber, daß "Himmler von den Einheiten der 2. britischen Armee verhaftet und den Sicherheitsorganen der Front zur Verfügung gestellt wurde". Am 4. Juni d.J. meldete der Leiter der Sammelstelle in der Stadt Seedorf, ehemaliger Kriegsgefangener Major Godlevskij, daß der Chef der deutschen Gestapo Himmler von den sowjetischen Repatrianten Gubarev und Sidorov festgehalten worden war. Im Ergebnis einer Untersuchung, die mein Vertreter Major Gur'ev im Juli 1945 durchführte, wurde festgestellt:

1. Himmler wurde zusammen mit zwei ihn begleitenden Deutschen um 19 Uhr des 21. Mai 1945 beim Flecken Moinstadt von den ehemaligen Kriegsgefangenen V.I. Gubarev und I.E. Sidorov, die zu einer englischen Streife gehörten, festgehalten.

2. Die Umstände der Verhaftung: Die englische Streife machte eine Rast im Flecken Moinstadt, Gubarev und Sidorov aber gingen am Rand dieses Fleckens Streife. Um 19 Uhr bemerkten sie drei Deutsche, die versuchten, heimlich aus einem Wald in einen anderen überzugehen. Gubarev und Sidorov hielten sie fest und brachten sie zum englischen Korporal Morris, der die Festgehaltenen gehenlassen wollte. Gubarev und Sidorov protestierten dagegen und brachten die Deutschen selbst zur Arrestanstalt in der Stadt Seedorf und übergaben sie den Engländern, ohne zu wissen, daß sie Himmler festgehalten hatten.

3. Am 24. Mai 1945 teilte der englische Dolmetscher Kova?evi? Gubarev, Sidorov und allen Sowjetbürgern, die sich in der Sammelstelle Seedorf befanden, in Anwesenheit eines englischen Offiziers mit, daß einer der drei Deutschen, die Gubarev und Sidorov am 21. Mai festgehalten hatten, wie sich herausstellte, Heinrich Himmler war und daß er in der Nacht vom 23. zum 24. Mai Gift genommen hatte.

4. Die Umstände von Himmlers Tod werden von englischen Offizieren unterschiedlich beschrieben. Sein Begräbnisort ist niemandem bekannt.

Bevollmächtigter des Rates der Volkskommissare der UdSSR
für Angelegenheiten der Repatriierung
Generaloberst Golikov





Bericht über die Umstände im Zusammenhang mit dem Tod Heinrich Himmlers

1. Gegen 17:50 Uhr des 23. Mai 45 teilte mir Major Rendell mit, im Stab 031 befinde sich ein Festgehaltener, der sich Heinrich Himmler nenne. Um 20:15 Uhr fuhren ich und Rendell mit einem Wagen zum Stab 031, wo wir um 20:50 eintrafen. Uns empfing der Hauptuntersuchungsführer der Militäraufklärung Hauptmann S.A.
Smit, er führte uns in ein Zimmer, in dem sich drei Deutsche befanden, und teilte uns mit, das seien Heinrich Himmler und seine beiden Adjutanten. Der Stabskommandant erklärte, sie seien ausgezogen und einer Leibesvisitation unterzogen worden.

2. Alle drei wurden in mein Arbeitszimmer geführt. Außer den Deutschen und mir befanden sich dort Major Rendell, Hauptmann
Smit, Hauptmann Selvester und Leutnant Findley

3. Ich hatte ein Foto Himmlers und eine Karte mit seinen Merkmalen und Ermittlungsangaben mit. In erster Linie prüfte ich genauestens seine Ohrenform, sie entsprach dem Foto voll und ganz. Darauf wurde Himmler nach seiner Parteinummer gefragt. Er antwortete, die Nummer gehöre der Serie 14000 an (laut Kartei 14303), seine SS-Nummer sei 169 oder etwas in dieser Art (laut Kartei 168), er wurde am 7. Oktober 1900 in München geboren (laut Kartei am 7. November 1900).
Aufgrund all dieser Angaben, seines Äußeren und einer Unterschriftenprobe, die er auf mein Ersuchen hin auf einem Stück Papier machte, überzeugte ich mich, daß das tatsächlich Heinrich Himmler war. Himmler bat um die Erlaubnis, das Foto zu sehen, und sagte, es stamme aus der Vorkriegszeit, weil er nach Kriegsbeginn die schwarze Uniform nicht getragen habe.

4. Ich glaubte nicht, daß sein Verhör zu meinen Dienstobliegenheiten gehöre. Mein einziges Ziel war die genaue Identifizierung der Person, und deshalb bemühte ich mich darum, unserem Gespräch streng offiziellen Charakter zu verleihen.

5. Es war nicht nötig, Himmler zum Sprechen zu zwingen. Während die Vorbereitungen zu seiner Abfahrt getroffen wurden, erklärte er mir, er habe sich freiwillig dem Stabskommandanten ergeben. Auf die Frage nach den Einzelheiten antwortete er folgendes:

6. "Am 21. Mai nahm uns eine englische Streife bei Bremen-verde fest. Wir verbrachten die Nacht unter Bewachung in einem Haus in der Nähe und wurden dann zum Stab gebracht (offenbar in Westertimke - Stab des 30. Korps). Hier beim Stab 031 kamen wir am 23. Mai nachmittags an. Hier beschloß ich zu erklären, wer ich bin, und bat um ein Gespräch mit dem Stabskommandanten."

7. Auf die Frage, ob er im Moment der Festnahme Uniform oder Zivil getragen habe, antwortete er, er habe Zivilkleidung angehabt.

8. Er wies besonders darauf hin, daß er vor seinem "Verschwinden" alle Widerstandskräfte, darunter auch den Wehrwolf, aufgelöst und überhaupt noch früher auf einem Friedensschluß mit den westlichen Alliierten bestanden habe. Auf die Frage, ob er bei Hitler im Moment von dessen Tod gewesen sei, antwortete er, zu dieser Zeit habe er sich außerhalb Berlins befunden, aber wenn er dort gewesen wäre, wäre er zweifellos neben seinem Führer gestorben.

9. Seinen Worten zufolge habe man in Deutschland eine Reihe von Veränderungen durchführen müssen. Um die Geburtenziffern zu erhöhen, habe Himmler als Polizeichef ein Maximum zur Abschaffung der Prostitution getan, das Vornehmen von Abtreibungen und die Homosexualität mit strengen Strafen belegt. Er habe persönlich viele Häuser für Mütter mit unehelichen Kindern eingerichtet. Es sei notwendig gewesen, Repressalienformen einzuführen. Eine davon seien Konzentrationslager gewesen.

10. Man solle, erklärte Himmler, verschiedene Fakten im Zusammenhang mit den Konzentrationslagern und der Propaganda nicht mit gleichem Maß messen. Möglicherweise habe es in einzelnen Fällen verbrecherische Handlungen einiger irregeleiteter Personen gegeben, doch sei all das weder "eingeplant" gewesen noch anbefohlen worden. In den Lagern habe es überhaupt nur sehr wenig Frauen gegeben. Um die Russen und Polen stehe es in Wirklichkeit ganz anders. Die Engländer könnten sich nicht vorstellen, was das für Menschen seien. Es sei außerordentlich schwer gewesen, sie zu lenken, und Konzentrationslager seien vielleicht die einzig mögliche Methode gewesen.

11. Die Alliierten seien in einem schweren Irrtum befangen, wenn sie glaubten, daß er, Himmler, blutrünstig und in Deutschland unpopulär gewesen sei. Im Gegenteil, man habe ihn auf seinen "jüngsten Wanderungen" wiederholt erkannt, aber nicht verraten. Die Bauern seien voll und ganz für das Regime. Sonst hätte die Partei nicht die Macht behaupten können, als sie den Krieg habe allein fortführen müssen.

12. In diesem Augenblick (ungefähr um 21:45 Uhr) kamen Oberst Murphy, Oberstleutnant Osborn und Oberst Stapleton hinzu und übernahmen die weitere Leitung.

13. Oberst Murphy befahl beiden Begleitern von Himmler -
Macher (SS-Sturmbannführer Heinz Macher) und Grothmann (SS-Obersturmbannführer Werner Grothmann)-, in ein anderes Zimmer zu gehen und die Kleidung zu holen, die für HIMMLER gebracht worden war. Darauf befahl er Himmler, sich auszuziehen sowie ihm die anderen Kleidungsstücke zu bringen. Der letztere weigerte sich, das zu tun, weil er eben erst die Kleidung abgelegt habe, die durchsucht worden sei. Er protestierte auch gegen eine britische Uniform - die einzige Art Kleidung, die es gab - und sagte, er werde eine fremde Uniform nicht anlegen.

14. Während der Diskussion, die 10 Minuten dauerte, erklärte Himmler, er sei Soldat und unterliege einer solchen Behandlung nicht. Oberst Murphy schlug Himmler eine Alternative vor: entweder die Kleidung sofort zu wechseln oder aber einer gewaltsamen Entkleidung unterzogen zu werden. Er könne entweder die volle Uniform oder einen Teil davon anlegen und sich in eine Decke hüllen. Himmler fragte den Obersten, warum jener darauf bestehe, daß er seine Kleidung abgebe. Oberst Murphy antwortete, Admiral Friedeburg (Generaladmiral Hans-Georg Friedrich Ludwig Robert von Friedeburg 23. Mai 1945 in Flensburg-Mürwik) habe am Tag der Verhaftung von Dönitz, Jodl und 5000 anderen Deutschen den Selbstmord begangen, und er habe nicht die Absicht, das Risiko einzugehen. Man gab Himmler zwei Minuten, um den Befehl auszuführen.
Himmler, der merklich niedergeschlagen war, erklärte, falls man ihn zur Ausführung solcher Verfügungen zwinge, werde er kein Wort davon sagen, was er zuerst habe berichten wollen.

15. Als er sich schließlich davon überzeugt hatte, daß wir ihn nicht zu Propagandazwecken in britischer Uniform fotografieren wollten (was er befürchtete), und nachdem ihm Oberst Murphy zugesichert hatte, morgen werde er neue Zivilkleidung bekommen, legte er seine Kleidungsstücke ab, zog sich die Unterhose, die Khakiuniform, die Socken und die Schuhe an und hüllte sich dann in eine Decke.

16. Murphy brachte ihn zum Wagen und ließ ihn einen Platz im Fond neben Oberstleutnant Stapleton nehmen. Oberst Murphy fuhr den Wagen. Ich und Oberstleutnant Osborn saßen neben ihm.

17. Unterwegs fragte Himmler mehrmals nach den Umständen des Selbstmordes von Admiral Friedeburg und staunte darüber, daß dieser ihn begangen hatte.

18. Nach der Ankunft bei der Gegenaufklärung beim Stabs wurde Himmler hineingeführt und von Hauptmann Wells einer ärztlichen Untersuchung unterzogen.

Der Bericht von Wells über die Untersuchung wird beigefügt.
Ich blickte zufällig auf meine Uhr, als Himmlers Tod eintrat. Die Uhr zeigte 23:00 Uhr.

24. Mai 1945
(D.S. Ris)






Erklärung von Hauptmann Wells
Gegen 23.00 Uhr des 23. Mai 1945 untersuchte ich im Stab der Gegenaufklärung der 2. Armee in Lüneburg auf Befehl von Oberst Murphy einen Mann, der, wie mich Oberst Murphy informierte, Heinrich Himmler war.
Der Weisung von Oberst Murphy gemäß mußte diese Untersuchung stattfinden, damit wir uns überzeugen konnten, daß an Himmlers Körper nichts versteckt war.

Nach einer genauen Besichtigung des Leibes und der Gliedmaßen begann ich mit der Untersuchung des Mundes und der Zähne. Als ich eine Wange zur Seite zog, bemerkte ich sofort einen kleinen Gegenstand mit einem blauen Kopf, der zwischen seiner Wange und dem Unterkiefer lag. Ich versuchte auf der Stelle, diesen Gegenstand mit den Fingern aus seinem Mund zu entfernen, konnte ihn jedoch nicht daran hindern, ihn zwischen die Zähne zu nehmen und zu zerdrücken.

Ein starker Geruch von Zyankali verbreitete sich. Himmler wurde mit dem Gesicht nach unten auf den Boden gelegt, man drückte seine Kiefer auseinander und spülte ihm den Mund mit Wasser. Aber weder das noch künstliche Atmung hatte eine Wirkung.

S.I. Wells
Hauptmann des med. Dienstes
Leiter des Sanitätsdienstes der 2. Armee.







Geheim
25/V-45

Nachrichtenblatt der auswärtigen Dienstinformation von TASS

Blatt 1 - 0
Weitere Einzelheiten zu Himmlers Selbstmord

KC 102230. A 477. E 475. London, den 24. Mai

Der Korrespondent der Reuter-Agentur Martin, der sich beim Stab der 2. britischen Armee aufhält, teilt mit, daß die britischen Militärärzte 15 Minuten lang versuchten, HIMMLER das Leben zu retten.

Der ehemalige Gestapochef befand sich zwei Tage lang in den Händen der Engländer, dennoch hatte er es fertiggebracht, bis zur ärztlichen Untersuchung in seinem Mund eine 1 Zoll lange Ampulle mit Zyankali zu behalten. Der Arzt forderte ihn auf, den Mund aufzumachen, blickte hinein und schien mit den Ergebnissen der Besichtigung befriedigt zu sein. Auf alle Fälle führte er Himmler näher ans Fenster, und als er ihm einen Finger in den Mund steckte, um dessen Zustand zu prüfen, sah er, wie Himmler den Kopf schnell zurückbeugte und auf einen schwarzen Flecken biß, der, wie sich herausstellte, eine von ihm hinter den Zähnen versteckte Ampulle darstellte. Himmler sank auf den Boden und starb eine Viertelstunde später (um 23:04 Uhr).

Am Abend des 24. Mai veröffentlichte der Stab der 2. britischen Armee folgende Erklärung im Zusammenhang mit Himmlers Tod: "Der Reichsführer SS, Chef der deutschen Polizei und Reichsinnenminister Heinrich Himmler wurde am 21. Mai von den Truppen der britischen 2. Armee in Bremervoerde verhaftet und am 22. Mai der Feldaufklärung übergeben."

Himmler reiste unter dem Namen Hitzinger.

Er trug keine Uniform und hatte ein schwarzes Klebepflaster auf dem rechten Auge. Sein Schnurrbart war abrasiert. Bei ihm befanden sich seine zwei Adjutanten, einer von ihnen war ein hochgewachsener, beleibter SS-Mann. Himmler und seine Begleiter kamen unter Bewachung, ohne erkannt worden zu sein, in ein Lager in der Nähe des Stabs der 2. britischen Armee, wo Himmler über seine Adjutanten um die Erlaubnis bat, sich mit dem Lagerkommandanten zu treffen. Als die Erlaubnis gegeben wurde, heißt es in der amtlichen Erklärung, nannte Himmler sich, und seine Identität wurde von einem hohen Offizier des Lagers bestätigt, und im weiteren wurde sie von einem Offizier der Gegenaufklärung des Stabs der 2. britischen Armee zweifelsfrei festgestellt. Himmler wurde sofort unter bewaffnete Bewachung gestellt, man hieß ihn sich ausziehen und unterzog ihn einer ärztlichen Untersuchung, um bei ihm eventuell ein verstecktes Gift zu entdecken. Im letzten Moment der Untersuchung, als der Arzt versuchte, den Mund des Gefangenen zu besichtigen, machte jener eine rasche Bewegung mit dem Kopf und zerbiß eine kleine Glasampulle mit Zyankali, die er im Munde versteckt hatte. Himmler starb 15 Minuten danach, um 23.04 Uhr des 23. Mai. Die Glasampulle hatte Himmler mehrere Stunden lang im Munde versteckt gehalten.

"Die Kommissare von Marschall Žukov für Fragen der Kontrolle über die Erfüllung der Bedingungen der deutschen Kapitulation Oberst GorbuÅ¡in, Oberstleutnant Ievlev und Hauptmann Ku?in sahen die Leiche um 18:15 Uhr heute, am 24. Mai 1945, und ihnen wurden die entsprechenden Fotos und Berichte übergeben", heißt es am Schluß der offiziellen Erklärung.

Der Oberoffizier der Aufklärung beim Stab von General Dempsey (?), der die Korrespondenten während der Besichtigung von Himmlers Leiche begleitete, teilte ihnen mit, daß die Offiziere aus einem in der Nähe gelegenen Lager ihn kurz vor 21 Uhr des 23. Mai angerufen hatten, um ihm zu melden, sie hätten Himmler verhaftet. Der Aufklärungsoffizier fuhr mit dem Wagen sofort in dieses 8 Meilen davon entfernte Lager und sah Himmler, der am Tisch saß. Er wurde von britischen Offizieren verhört. Neben ihm saßen seine zwei Adjutanten, der eine von ihnen ein typischer SS-Schläger.

Die Vertreter der britischen Militärpolizei, die sie festgehalten hatten, als sie die Brücke in Bremervoerde passierten, hatten keine Ahnung davon gehabt, daß sie den meistgesuchten Mann Europas festgenommen hatten.

Himmlers Maskerade erweckte keinerlei Verdacht, da er aber verdächtig wirkende Papiere vorzeigte, beschloß die britische Polizei, ihn einem weiteren Verhör zu unterwerfen, und übergab ihn noch am selben Abend einer Abteilung der Feldaufklärung. Immer noch unerkannt, wurde er weiter verhört.

Am Abend des 23. Mai trafen alle drei im Lager ein, das in der Nähe des Stabs von General Apsy (?) liegt. Gerade nach der Ankunft dort äußerte Himmler den Wunsch, mit dem Lagerkommandanten zu sprechen. Er entfernte das schwarze Klebepflaster von seinem Auge, ohne jedoch die Brille abzunehmen, und erklärte: "Ich bin Heinrich Himmler."

Als der Oberoffizier der Aufklärung in den Raum kam, in dem sich die Verhafteten befanden, war Himmler voll entkleidet, obwohl er dagegen protestiert hatte. Man forderte ihn auf, eine englische Felddienstuniform oder eine Hose, eine Jacke und ein Hemd anzuziehen und sich dann in eine Decke zu hüllen. Nach einigem Schwanken entschloß sich Himmler für die Hose und die Decke, dann wurde er für eine Zeitlang von seinen beiden Adjutanten getrennt. Danach ließ man ihn in den Wagen des Aufklärungsoffiziers einsteigen, um ihn in den Stab der 2. Armee zu bringen.

In dieser ganzen Zeit nahm er nichts in den Mund, obwohl der neben ihm im Fond sitzende Oberst bemerkte, daß er an den Nägeln kaute und sich ab und zu eine Wange rieb.

Nachdem der Wagen ein paar Meilen gefahren war, verpaßte der Oberoffizier der Aufklärung die richtige Biegung, er wandte sich zu dem hinten sitzenden Obersten, um zu fragen, wo sie sich befanden. Himmler schien völlig ruhig. Er sagte: "Sie befinden sich auf der Straße nach Lüneburg."

Himmler wurde in eine Villa gebracht, die die Aufklärungsoffiziere für ihn vorbereitet hatten. Man ließ ihn wieder (zum viertenmal) alle Kleidungsstücke ausziehen, diesmal um sich endgültig davon zu überzeugen, daß er kein Gift bei sich hatte. Ein Militärarzt besichtigte seine Finger und Zehen, seine Haare, Ohren, Achselhöhlen und alle Körperteile, an denen man hätte Gift verstecken können; dann bat er Himmler, den Mund aufzumachen. Alles schien normal zu verlaufen, aber um völlig sicherzugehen, führte der Arzt ihn zum Fenster und forderte ihn auf, den Mund wieder aufzumachen. Gerade in dem Augenblick, da der Arzt seinen Finger Himmler in den Mund einführte, sah er, daß Himmler den Kopf einer Ampulle abbiß. In derselben Minute verlor der ehemalige Gestapochef das Bewußtsein und fiel wie eine gefühllose Masse auf den Boden. Unverzüglich ging man an die Magenspülung; Himmler wurde mit dem Gesicht nach unten über einen Eimer gehalten. Doch war alles vergebens. Das Gift lähmte augenblicklich alle Nervenzentren, und eine Viertelstunde später war Himmler tot.

Der Aufklärungsoffizier erklärte, er sei absolut sicher, daß Himmler sich die Ampulle nicht während eines der Verhöre oder auf der Fahrt zum Stab der 2. Armee in den Mund gesteckt hatte. Bei der späteren Untersuchung von Himmlers Kleidung wurde eine ebensolche Ampulle entdeckt.

Bevor Himmler den Selbstmord beging, hatte er erklärt, im Moment wünsche er nicht mit den Offizieren, die ihn verhörten, zu sprechen, doch sei er bereit, mit, wie er sich ausdrückte, höhergestellten Personen zu sprechen.

Himmlers Leiche wurde dort liegengelassen, wo er gestorben war, bis ihn die Offiziere der Roten Armee sahen und bis ihn Militärkorrespondenten fotografierten und sahen.


Der Rotarmist Vasilij Il'ji? Gubarev, geb. 1916 im Gebiet Rjazan', ehemaliger Kriegsgefangener, wurde 1945 in die UdSSR zurückgebracht, wo er die staatliche Überprüfung erfolgreich absolvierte. Nachrichten über sein weiteres Verbleiben gibt es weder im Archiv der FSB-Verwaltung für das Gebiet Rjazan' noch im staatlichen Archiv des Gebiets.

Der Rotarmist Ivan Egorovi? Sidorov, geb. 1920 im Gebiet Saratov, ehemaliger Kriegsgefangener, kehrte 1945 nach der staatlichen Überprüfung in die Heimat zurück. 1979 gestorben.