Juni 1939

Groß-Gerau: Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Groß-Gerau
.
29.06.1939 Hessische Landeszeitung
.
Der einzige Hebräer, der sich noch in der Kreisstadt herumtrieb, der Jude Strauß, allgemein unter dem Namen Schachteljud bekannt, ist nun endlich weggezogen. Dieser lästige Jude hat bis zuletzt versucht, bei den Volksgenossen seinen stets in einer Schachtel mitgeführten Dreck loszuwerden. Nun ist er nach Frankfurt ausgewandert. Damit ist Groß-Gerau judenfrei.
Die Stadt hat vor der Machtübernahme durch den Führer über 140 Juden beherbergt. Die Juden besaßen bereits im 13. Jahrhundert in Groß-Gerau einen Friedhof zwischen dem Galgenberg und dem Stadttor in der Nähe der heutigen Hassia-Käserei Petermann in der Helwigstraße. Sie mussten damals für jeden Rassegenossen, den sie begruben, einen Goldgulden an den Zentgrafen bezahlen. Nach der Französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts, die einen Sieg der Juden über die arische Bevölkerung darstellte, trat das Unglück ein, das unsere Vorfahren verhütet hatten. Groß-Gerau darf sich glücklich preisen, den letzten Juden losgeworden zu sein. Es ist interessant, festzustellen, dass sich im gesamten Kreisgebiet noch rund 120 Zionsverteidiger aufhalten. Aber auch diese letzten Reste werden bald der Vergangenheit angehören.
Derartiger Sadismus scheint an der Tagesordnung gewesen zu sein. Man denke etwa daran, daß einem Bewohner eines Hauses am Sandböhl zur persönlichen Erniedrigung und zur Freude der Beteiligten, der kahle Schädel mit einem Kaktus traktiert wurde, dies geschah Emil Marx, und daß einer schwangeren Jüdin körperliche Gewalt angetan und ihr die Entbindung im damaligen Krankenhaus Groß-Gerau verweigert wurde.