Katharina Sommer
Bei ihrer Geburt am 27.01.1924 in Wien waren die Eltern Katharinas bereits geschieden. Das Mädchen vermisste schon früh das Gefühl der Geborgenheit, zumal sie ständig wechselnd einmal beim Vater, dann wieder bei der Mutter leben musste. Im Jahr 1939 fiel sie den NS-Behörden der Ostmark (Österreich) auf, weil sie als Gehilfin in einem jüdisch-christlichen Haushalt arbeitete. Bei einer entsprechenden Vorladung ermahnt, dass ein deutsches Mädel nicht bei Juden zu arbeiten habe, entgegnete sie, dass sie sich nicht als Deutsche empfinde. Ihre Aussage wurde in den Akten registriert. Einige Monate später wurde Katharina aufgrund zunehmender Spannungen im Elternhaus über die Freizeitgestaltung und das Taschengeld in ein Erziehungsheim überwiesen. Katharina war verzweifelt. Gemeinsam mit anderen Mädchen rebellierte sie im Heim. Sie zerstörten Hitler-Bilder und fertigten Zettel mit der Aufschrift Heil Moskau! Deshalb wurde Katharina im Alter von 16 Jahren wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach einer erneuten Heimeinweisung beschimpfte sie den Heimleiter als Nazi-Schwein. Wenig später erfolgte die Überstellung in das Jugend-KZ Uckermark. Katharina überlebte die Haft mit schweren gesundheitlichen, körperlichen wie seelischen Folgeschäden.


Sophie R.
Sophie R. Jahrgang 1923, wuchs in sehr einfachen Verhältnissen auf. Der Lebensunterhalt, den die Eltern für die 14-köpfige Familie als Kolonisten im Moor bei Aurich verdienten, war karg. Nach der Schulentlassung absolvierte Sophie das Pflichtjahr als Haushaltsgehilfin in der Landwirtschaft. Da ihr diese Arbeit nur wenig Freude machte, wechselte sie mehrfach die Stellen. Diese unerlaubten Arbeitsplatzwechsel fielen den NS-Behörden auf: Sie wurde als asozial klassifiziert. Ihr Berufswunsch als Kellnerin oder Serviererin auf einer der Nordseeinseln fand beim zuständigen Arbeitsamt kein Gehör. Im April 1942 fuhr Sophie mit ihrer Freundin Siebeldine für einige Tage nach Wilhelmshaven, ohne sich beim Arbeitgeber abgemeldet zu haben. Am Wilhelmshavener Bahnhof wurden die Mädchen von der Polizei festgenommen und wegen Entziehung von der Dienstpflicht wochenlang verhört und untersucht. Nach mehrwöchiger Haft überstellte die Polizei die beiden Mädchen im Juni 1942 in das neu eingerichtete Jugend-KZ Uckermark. Sie gehörten zu den ersten Häftlingen und erhielten die Lagernummern 5 (Siebeldine) und 6 (Sophie). Siebeldine starb im Mai 1943 im Jugend-KZ Uckermark. Völlig ausgehungert hatte sie eine giftige Pflanze gegessen. Kurz zuvor war Sophie zur Bewährung als Haushaltshilfe an Hermann Görings Landsitz Carinhall dienstverpflichtet worden. Dort flüchtete sie aus Sehnsucht zur geliebten Mutter in Norddeutschland. Sophie R. wurde sofort erneut festgenommen und anschließend im Frauen-KZ Ravensbrück und später im KZ-Außenkommando Zwodau (Firma Siemens) inhaftiert.

Prof. Dr. Stanka Krajnc-Simoneti
Die am 06.09.1928 in Zagreb geborene Gymnasiastin Stanka Krajnc war seit 1943 Mitglied im illegalen Slowenischen Jugendverband, der die heimischen Partisanen und deren Aktivitäten im Kampf gegen die deutschen Truppen unterstützte. Stanka wirkte an der Verbreitung von Propagandamaterial und Flugschriften mit. Am 31.01.1944 wurde sie mit 30 Mitschülern und Mitschülerinnen durch die Gestapo inhaftiert. Im Gefängnis musste sie mit 30 Mitgefangenen eine Zelle teilen. Ende April 1944 überstellte man Stanka in das Frauen-KZ Ravensbrück. Am 11.05.1944 überführte die SS die junge Frau gemeinsam mit 40 slowenischen Mädchen und jungen Frauen aus Maribor, Celje und Kärnten in das Jugend-KZ. Stanka erhielt die Lagernummer 798 und wurde dem sog. Sonderblock zugewiesen, in dem die politischen Häftlinge inhaftiert waren. Wenn sie heute vom Lager berichtet, dann benennt sie als herausragendes Merkmal der Haft die geplante Vernichtung der Persönlichkeit.

Gertrud W.
Die 15-jährige Gertrud W. hatte zwei Stiefbrüder und eine Stiefschwester. Die Familie lebte in großer Armut. Gertrud fiel den Behörden auf, weil sie zunächst in der Schule häufig fehlte und durch wechselnde Männerfreundschaften als unordentlich und sexuell haltlos bezeichnet wurde. Sie hatte mehrere Arbeitsstellen als Magd bereits nach kurzer Zeit wieder verlassen sowie mehrere Lebensmitteldiebstähle (Erbsen, Erdbeeren und Runkeln) begangen. Die Familienverhältnisse wurden als sehr ungünstig beurteilt, Gertrud deshalb in die Heimerziehung überwiesen. Zuvor hatte das zuständige Erbgesundheitsgericht die Unfruchtbarmachung wegen angeborenen Schwachsinns angeordnet und vollziehen lassen. Durch die Heimeinrichtung und die zuständigen Gutachter der Landesheilanstalt Stadtroda wurde Gertrud in der Folgezeit sehr schlecht beurteilt und die Überstellung in das Arbeitshaus Breitenau bei Kassel angeordnet. Von dort erfolgte am 21.03.1943 der Transport über das Polizeigefängnis Weimar in das Lager Uckermark. Ihr weiterer Lebensweg ist nicht bekannt.

Erna Bl.
Erna Bl. 1925 geboren, wuchs als das dritte von insgesamt 7 Kindern eines Brauereiarbeiters im Hessischen auf. Im Alter von 14 Jahren nahm sie eine Stellung als Dienstmädchen und landwirtschaftliche Gehilfin auf einem Gutshof an. 1940 wurden diesem Hof fünf polnische Kriegsgefangene zugeteilt, Erna und der 24-jährige Kriegsgefangene Stefan L. verliebten sich ineinander. Als die junge Frau eine Schwangerschaft offenbarte, kam es zur Denunziation. Stefan L. wurde zunächst in das Arbeitserziehungslager Breitenau verschleppt und 6 Wochen nach der Geburt der Tochter am 17.07.1942 von der Gestapo Kassel hingerichtet. Im September 1942 verhaftete die Gestapo auch Erna Bl. und internierte sie bis zum Mai 1944 im Jugend-KZ Uckermark, wo die junge Frau schwere Typhus- und Lungenerkrankungen erlitt.


Maria K.
Asbeck, Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Münster, Kreis Borken
Vernehmungsprotokoll vom 19. September 1941 (Gestapo Stelle Münster)

Ja, sie habe mit dem Polen Florian Sp. im Bett zusammen gelegen und auch geschlechtlich verkehrt, gesteht darin das 14-jährige Mädchen dem Kriminalassistenten.
Es sei ein Samstagabend im Juli gewesen, sie habe tagsüber die Kühe gehütet. Am Abend seien die beiden polnischen Männer eingeladen gewesen, ihre 18-jährige Freundin Hedwig sei dazugekommen.
Sie hätten sich geküsst, Hedwig den Josef G. und sie selbst den Florian, dann sei es zu viert ins Schlafzimmer gegangen. Dort habe ihr Sp. die Schlüpfer ausgezogen. Dreimal hätten sie an diesem Abend Sex gehabt und zweimal in den folgenden Tagen, auch auf dem freien Feld hinter einem Busch nach dem Mittagessen.

Am 19. September 1941 unterzeichnete Maria K. das Vernehmungsprotokoll.

Dieses Geständnis veränderte ihr Leben für immer und das zwei jungen Männern den Tod brachte. Sie schämt sich, obwohl der Gestapo-Beamte die Aussage frei erfand und die Unterschrift aus ihr herausprügelte.
Maria K. war die Drittjüngste unter elf Geschwistern und bereits als Kind Vollwaise. Ein älterer Bruder nahm die Geschwister auf, doch er wurde zur Wehrmacht eingezogen, seine 27-jährige Frau blieb mit den Kindern allein. Zur Aushilfe schickte der Verpächter den jungen polnischen Zwangsarbeiter Florian Sp. zu dem die Kinder schnell Vertrauen fassten.
Im Dorf wurde der ungezwungene Umgang mit Misstrauen beobachtet. Maria wurde verhaftet, beim Verhör schlug ihr der Gestapo-Mann ins Gesicht, sie solle zugeben, dass sie mit dem Polen Geschlechtsverkehr gehabt habe. Das hilf- und ahnungslose Mädchen unterschrieb, und damit begannen erst die schlimmsten Torturen. Im Oktober 1941 beantragte die Gestapo in Münster, gegen das ehrlose deutsche Mädchen die erforderlichen Fürsorgemaßnahmen einzuleiten.
Maria kam in verschiedene Erziehungsheime und dann an einen Ort, den die SS eigens für junge weibliche Delinquenten eingerichtet hatte das Jugendschutzlager Uckermark, angegliedert an das Konzentrationslager Ravensbrück.
Sie erhielt die Häftlingsnummer 290 und hatte fortan keinen Namen mehr. Maria K. erlitt Prügel, Stockschläge, Hunger und Demütigungen. Im Herbst 1944 wurde sie entlassen und in eine Vorschule für Kinderpflegerinnen bei Berlin gebracht. Ende 1945 gelang ihr die Heimkehr durch das besetzte Deutschland nach Asbeck. Dort waren die beiden Zwangsarbeiter bereits am 28. August 1942 erhängt worden. In ihre Sterbeurkunden ist als Todesursache unbekannt eingetragen.

Solche Hinrichtungen blieben nach dem Krieg meist ungesühnt, auch die Staatsanwaltschaft Münster stellte im Jahr 1963 die Ermittlungen ein. Für Maria K. gingen die Demütigungen weiter. Beim Kirchgang wurde sie von Dorfbewohnern als Polenhure" und Polenliebchen beschimpft. So wie ihr erging es vielen Frauen, die die Verfolgung überlebt hatten.