Kriminalsekretär

Wilhelm (Waldemar) Eisfeld (manchmal auch Rudolf bzw. Eissfeld), ehemaliger Leiter des Judenreferats der Gestapo Thüringen-Mitte

Einer der für die Ausführung der Deportationen verantwortlichen Beamten bei der Gestapo Weimar, später Erfurt, war der Leiter des Judenreferates Rudolf Eißfeld. Die Strafverfolgung in seinem Fall darf als ein deutsch-deutsches Lehrstück gelten. Nach Kriegsende wurde Eißfeld in US-Lagern interniert. Am 22. September 1947 verurteilte die Spruchkammer des Internierungslagers Darmstadt den früheren Gestapo-Kommissar zu zehn Jahren Zuchthaus und einer Anzahl von Nebenstrafen, da er dringend verdächtig sei, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Es solle eventuell ein besonderes Strafverfahren anhängig gemacht werden, wurde dem Ministerium des Innern des Landes Thüringen von dort mitgeteilt. In einem Schreiben des Ministeriums an das Dezernat K5 in Weimar vom 21. Oktober 1947 heißt es dazu: "Eißfeld behandelte von der Gestapo Weimar aus die Judenverfolgung für das ganze Land Thüringen. Bei der Urteilsverkündung wurde mitgeteilt, daß das Urteil der Generalstaatsanwaltschaft in Weimar abgegeben werden soll und von dort aus ein Antrag auf Auslieferung gestellt werden kann, falls das Land Thüringen Interesse daran hat. Es ist sofort alles für Eißfeld belastendes Material zusammenzustellen."

Eine Auslieferung von Eißfeld nach Thüringen wurde jedoch nicht beantragt. Über die Gründe kann nur gemutmaßt werden. Auffällig ist jedoch, dass etwa zeitgleich der bisherige Generalstaatsanwalt des Landes Thüringen, Dr. Kurschnitzky (LDP), aus dem Amt schied und der seit 1946 als stellvertretender Generalstaatsanwalt eingesetzte Gerhard Pchalek mit der Fortführung der Geschäfte beauftragt wurde.
Pchalek wiederum sollte im Herbst 1947 aus dem Amt scheiden, nachdem von einer Dienststelle der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) Vorwürfe wegen seiner früheren Tätigkeit als Richter in Kattowitz erhoben worden waren. Wie spätere Ermittlungen zeigten, hatte Pchalek als so genannter "Blutrichter" mehr als 20 Todesurteile gegen polnische Bürger verhängt. 1947 jedoch wurde er durch eine Ausnahmeverfügung der SMAD noch vor seiner Entlassung in seiner bisherigen Funktion bestätigt. Pchalek blieb im Amt, bis er im Juni 1952 an die Juristische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität berufen und mit der Wahrnehmung einer Professur für Strafrecht ebenso wie der Leitung des Institutes für Strafrecht betraut wurde. 1959 wurde er verhaftet. Am 8. April 1960 verurteilte ihn das Bezirksgericht Gera zu vier Jahren Zuchthaus. Die MfS-Kreisdienststelle Jena warb Pchalek als Inoffiziellen Mitarbeiter. Bis 1978 berichtete der als Justiziar im VEB Carl Zeiss Jena eingesetzte IM "Heinz Straube" über die Rechtsabteilung der Zeiss-Kombinatsleitung. Gegen Eißfeld wurde in der Bundesrepublik in den 50-er Jahren erneut ein Verfahren eröffnet, das sich bis 1961 hinzog. Auf die verhängte Haftstrafe wurde die Untersuchungshaft angerechnet, die Reststrafe schließlich zur Bewährung ausgesetzt. Dass milde Urteil begründete das Gericht mit "Befehlsnotstand".

Quelle: Frank Döbert

18. Dezember 1947
Aussage von Elisabeth von Kloch-Kornitz aus Weimar
vor der polizeilichen Ermittlungsstelle über die erlittenen Mißhandlungen

Ich bin seit 1933 wegen meiner nicht arischen Abstammung laufend belästigt und boykottiert worden. Im Jahre 1943 wurde ich von einem gewissen Alfred A. aus Erfurt, A-Str., jetzt unbekannten Aufenthaltes und einer Frau S, Arnstadt, M-Str. 3 bei der Gestapo denunziert. Ich erhielt eine Vorladung nach Erfurt, nachdem die Gestapo zuvor in meiner Weimarer Wohnung unter Leitung des Kommissars Eisfeld eine ausgedehnte Hausdurchsuchung durchgeführt hatte. In Erfurt wurde ich wiederum dem Kommissar Eisfeld zugeführt, der die Teilnahme meines Mannes bei meiner ersten Vernehmung sofort verweigerte. Nachdem mir Eisfeld die Geburtsurkunde meiner Grossmutter vorgehalten hatte, liess er mich wegen Defaitismus, Abhören ausländischer Sender, Nicht-Arischer Abstammung in Haft setzen. Das Haftlokal war menschenunwürdig und so überbelegt, dass die Inhaftierten nur dicht gedrängt am Fussboden liegen konnten. Nach ungefähr 3 Wochen wurde ich Eisfeld zum zweiten Male vorgeführt, der mir infolge meiner Standhaftigkeit bei meiner Aussage drohte, dass er mich durch weitere Haft schon mürbe machen würde. Er hat seine Drohung auch durchgeführt und mich nochmals mehrere Wochen eingesperrt. Bei meiner nochmaligen Vorführung nach dieser Zeit sagte er mir dann zynisch, im Bezug auf mein schlechtes Aussehen, dass ich nun wohl bereit sei, ein Geständnis zu machen. Ich habe trotzdem wiederum nichts zugegeben und wurde daraufhin entlassen, da der Hauptbelastungszeuge A. infolge Operation nicht gegen mich auftreten konnte, was mir allerdings in jüngster Zeit erst bekannt wurde. Misshandlungen von Seiten Eisfeld sind mir nicht widerfahren, er hat aber versucht, mich durch menschenunwürdige Haft und die Aussicht auf Unterbringung im KL zu einem Geständnis zu bringen. Er hat mir auch gedroht, dass er mich bei weiterer Weigerung zu einem Geständnis in den Keller sperren würde und noch andere Seiten aufziehen wollte.

20.12.1947
Aussage Gerda Heydrich, deren »halbjüdischer« Verlobter in Auschwitz ermordet wurde:
»Sein zynisches, höhnisches Wesen kann kaum mehr übertroffen werden. Er sagte u. a. zu mir: >Gehen Sie ruhig nach Hause und drehen Sie den Gashahn auf. Sie tun uns damit einen großen Gefallen.«

Am 25.10.1954 spricht das Darmstädter Schwurgericht die beiden ehemaligen Gestapo-Angehörigen Waldemar Eisfeld und Heinrich Lorenz, die beschuldigt werden, während des Dritten Reichs an Massendeportationen jüdischer Bürger maßgeblich beteiligt gewesen zu sein, wegen Mangels an Beweisen frei.