Zwangsarbeitslager/Kommando
Gebiet
Österreich, Bundesland Wien, Bundeshauptstadt von Österreich, 11. Wiener Gemeindebezirk
Lager
Gelände der Simmeringer Haide, Wien 11., 2. Haidequerstraße
Werkshalle, C-Halle im Werk 2
Eröffnung
Der offizielle Gründungstag des Nebenlagers Saurer-Werke war der 20. August 1944. Als Lagerkommandant fungierte SS-Hauptsturmführer Johann Gärtner, als Schutzhaftlagerführer SS-Oberscharführer Karl Kleine und als Führer vom Dienst SS-Oberscharführer Gerhard Wittkowski. Die Bewachung der Häftlinge oblag den Mauthausener Angehörigen der Waffen-SS und bestand aus 4 SS-Offizieren, 46 SS-Unteroffiziere sowie 85 SS-Mannschaftsgrade.
Evakuierung des Nebenlagers
Aussage des Lagerältesten Franz Kalteis zu den Vorgängen Ende März 1945
„Am letzten Märztag wurde ich spätabends zum Lagerkommandanten Gärtner gerufen, bei dem es zu einer dramatischen Aussprache kam. Gärtner war vollkommen außer Fassung und fragte mich sofort, wie viel Leute marschunfähig, also krank wären. Da ich unschwer den Zusammenhang erraten konnte, übertrieb ich die Zahl und erklärte ihm, dass ungefähr 180 Häftlinge nicht imstande wären, einen längeren Fußmarsch durchzustehen. Damals setzte ich Gärtner ruhig und leiden schaftslos auseinander, dass der Krieg verloren sei, wobei mich der leise grollende Kanonendonner unterstützte. Ich sagte Gärtner, dass gerade er als Wiener hier mitten in der Stadt nicht fast 200 Menschen umbringen könne, ohne dass tausende Zeugen ihn später dafür verantwortlich machen würden. Kurz und gut, es gelang mir, den Lagerkommandanten soweit zu bringen, dass er sich bereit erklärte, die fußkranken und sonst maroden Häftlinge ohne Bewachungsmannschaft im Lager zurückzulassen.“
01.04.1945
Im Lager werden die Vorbereitungen zur Evakuierung des Lagers getroffen
02.04.1945
1 276 Häftlinge in drei Kolonnen treten unter dem Kommando von SS-Oberscharführer Karl Kleine, Josef Plehar und Gerhard Wittkowski den "Todesmarsch" von Simmering über Purkersdorf, St. Pölten, Mank, Scheibbs, Gresten, Randegg und Seitenstetten nach Steyr an.
Den begleitenden SS Wachen wurde eingeschärft, dass jeder Häftling, der einen Fluchtversuch unternähme oder auf dem Marsch aus Schwäche zurückbliebe, zu erschießen sei und die Leichen verscharrt werden müssten.
Aussage des ehemaligen Häftlings Stanislaw Dziadus
„Wien lag weiter hinter uns. Von der Front war nichts mehr zu hören. Es gab nur mehr die scharfen Stimmen der Aufseher und die Schüsse, die sie auf die Schwachen abfeuerten. Wenn jemand nicht mehr weiter konnte oder zu langsam ging und dadurch die ganze Kolonne aufhielt, wurde er mit einem Kopfschuss getötet. Die Menschen wurden vor der ganzen Gruppe erschossen und dann in den Straßengraben geworfen.
Besonders ein großer, schwarzer serbischer Volksdeutscher, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann, erschoss mit besonderem Vergnügen die schwachen, nicht mehr gehfähigen Häftlinge. Sehr schlecht war es um diejenigen bestellt, deren Schuhe rissen und die dann zu hinken anfingen. Ein Schuss des SS-Mannes beendete den langen Marsch eines solchen Häftlings ins Lager. Schlecht erging es einem auch, wenn man Durchfall bekam, weil man vor lauter Hunger vorher Karotten oder Zuckerrüben gegessen hatte. In einem solchen Fall war der Tod unausweichlich. Schlecht ging es auch denjenigen, deren Schuhe auf dem steinigen Weg kaputt wurden. Der Häftling musste dann barfuß gehen und wurde sofort in den Graben gestoßen und mit Genickschuss erschossen. Es gab sehr viele Fälle, wo die Schuhe oder die Stiefel den steinigen Weg nicht überstanden.“
23.04.1945
Am 23. April 1945 treffen 1 076 Häftlinge des Nebenlagers Saurer-Werke (SS-Arbeitslager Wien XI) im Nebenlager Steyr-Münichholz (SS-Arbeitslager Steyr) ein.
Es fehlen mehr als 150 KZ-Häftlinge, die am 02.04.1945 noch am Leben waren, und deren Schicksal nach wie vor im Dunkeln liegt. Der überwiegende Teil ist wohl von den begleitenden SS-Männern ermordet worden.
Häftlingsstand:
31. August 1944: 150
30. September 1944: 1.000
31. Oktober 1944: 1.157
30. November 1944: 1.391
31. Dezember 1944: 1.106
31. Jänner 1945: 1.218
28. Februar 1945: 1.480
15. März 1945: 1.480
31. März 1945: 1.470
1. April 1945: 1.466
Geschlecht
Männer
Einsatz der Häftlinge bei
Österreichische Saurerwerke AG
Art der Arbeit
Produktion von Panzerschleppern
25.02.1946
Am 25. Februar 1946 informiert der Gendarmeriepostenkommandant von Steyr das Bezirksgendarmeriekommando über mehrere Gräber in der Gemeinde Sierning mit dreißig Leichen von Häftlingen aus den Saurer-Werken.
16.12.1946
Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten meldet am 16. Dezember 1946 den Fund von zwei Leichen in KZ Häftlingskleidung auf dem Gebiet der Gemeinde Rabenstein. Bei einem wurde eine Erkennungsmarke mit der Aufschrift „Ostmärkische Saurerwerke“, KZ-Prämienscheine zu 1,– und 0,50 RM und ein Blechstreifen mit der Nr. 104424 gefunden. Diese Häftlingsnummer kennzeichnete den polnischen Forstschützen Janusz Jagusiak, geboren am 02. Mai 1926, der am 20. September 1944 vom KZ Groß-Rosen nach Mauthausen überstellt worden und von dort am 24. September 1944 in das Nebenlager Saurer-Werke gekommen war.
Täter
SS-Hauptsturmführer (Schutzhaftlagerführer)
Gärtner Johann
SS-Oberscharführer
Kleine Karl
SS-Oberscharführer
Plehar Josef
SS-Oberscharführer (Führer vom Dienst)
Wittkowski Gerhard
SS-Oberscharführer
Martha Engelbert aus Wien