Zwangsarbeitslager für ungarische Juden

Gebiet
Österreich, Bundesland Niederösterreich, Bezirk Scheibbs

Eröffnung
17.07.1944

Schließung
12./13.04.1945 Liquidierung (Massaker von Göstling)

Geschlecht
Männer, Frauen und Kinder


Art der Arbeit
Straßenbau

Massaker von Göstling
In der Nacht vom 12. auf den 13.April 1945 werden in Göstling die im Arbeitslager inhaftierten ungarischen Juden (42 Frauen, 23 Männer und 11 Kinder) von der SS in eine Baracke des Lagers zusammengetrieben und mit Panzerfäusten und Handgranaten bestialisch ermordet. Wer aus den brennenden Baracken flüchten kann, wird von der SS erschossen.

Das Barackenlager war an der Stelle eines ehemaligen Teiches angelegt worden und die Baracken wurden auf dem betonierten bzw. mit Steinen ausgelegten ehemaligen Teichgrund gebaut. Sie standen leicht vertieft und das Lager war mit einem Stacheldrahtzaun umgeben und wurde von Hilfsgendarmen aus der Gegend bewacht. Es waren vier Baracken.
Ursprünglich waren Kriegsgefangene in diesem Lager inhaftiert. Sie mußten beim Ausbau der Königsbergstraße arbeiten. Wahrscheinlich im Jahr 1944 wurde das Lager mit Familien ungarischer Juden belegt. Sie hatten normale Kleidung, mußten aber den Judenstern tragen. Es handelte sich vorwiegend um Intelektuelle (Ärzte, Rechtsanwälte, usw.), Männer, Frauen und Kinder ab dem 1.Lebensjahr. Die Männer und teilweise auch die Frauen waren bei der Arbeit an der Straße eingesetzt. Im Lager selbst wurde von den Inhaftierten gekocht. Die Bewachung erfolgte durch die Hilfsgendarmen.
Die Insassen durften das Lager nicht verlassen. Es gelang aber doch hin und wieder einigen Frauen des Lagers, in der Umgebung um Hilfe zu bitten. So kam einmal die Mutter eines kranken Kindes zu Frau Zwettler, um sie um ein Medikament zu bitten. Frau Zwettler erhielt aus Dank ein Nachthemd und ein gesticktes Taschentuch. Die Hilfe an den jüdischen Frauen ist immer mit Angst verbunden, da sie offiziell streng verboten ist. Die Frauen können das Lager nur unbemerkt verlassen. Manchmal drücken die Bewacher ein Auge zu. Manche Frauen werden auch hie und da zu Arbeiten in der Umgebung vermittelt.
Eines Nachts im April 1945 klopft die SS an das Tor des Gasthauses Zwettler und teilt dem dort einquartierten Wehrmachtsmajor mit, dass bald Schüsse fallen werden, er aber keinen Alarm geben dürfe. Danach wird das Lager von der Straße her mit Panzerfäusten beschossen. Die, die aus der Baracke noch fliehen können, werden erschossen. Die SS räumt die Wertgegenstände aus dem Lager und stapelt sie auf der Straße zum Abtransport auf. Am nächsten Tag liegen die halb verkohlten Leichen in und um das Lager. Es ist sehr heiß und es verbreitet sich entsetzlicher Gestank. Die Leichen werden dann an Ort und Stelle vergraben. Eine überlebende Jüdin ist zufällig an diesem Tag nicht im Lager, veranlaßt nach dem Krieg Untersuchungen. Die sterblichen Überreste werden exhumiert und am Friedhof beigesetzt.
Der damalige Bürgermeister wird durch den Lärm geweckt und erscheint im Nachthemd. Er dürfte von der Aktion überrascht gewesen sein. Er wird von der SS rasch nach Hause geschickt. Die Nationalsozialisten des Ortes heißen die Tat gut.
In der Bevölkerung haben viele Angst vor Vergeltung durch die schon bald einmarschierenden russischen Truppen.

Mulley Klaus-Dieter

Klaus-Dieter Mulley schildert den Hergang dieses SS-Verbechens:
„Gegen drei Uhr Früh wurde die Lagerleiterin der Agrarbezirksbehörde, Margarethe Görisch, von SS-Männern aus dem Schlaf gerissen. Sie
mußte binnen drei Minuten ihre Wirtschaftsbaracke verlassen. Beim Hinausgehen bemerkte sie, daß Panzerfäuste an der Barackenwand lehnten. Während Frau Görisch davonlief, drangen SS-Männer in das aus zwei Wohnbaracken bestehende Lager ein und trieben die Insassen, die noch zum Teil wach waren, da mit Reisevorbereitungen beschäftigt, in eine Baracke zusammen und beschossen diese mit Panzerfäusten und Handgranaten. Auf einige flüchtende Juden wurde ein „Scheibenschießen“ veranstaltet. Anschließend wurden beide Baracken angezündet, auf der Wirtschaftsbaracke fand man das „Werwolf“ -Symbol. Insgesamt 42 Frauen, 23 Männer und 11 Kinder wurden auf diese bestialische Weise ermordet.“