Sammellager für Juden, Sinti
Bezeichnung: Auffanglager für Juden, Sinti und unerwünschte Elemente
Unterstellung: Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Köln, Kreis Düren
Gebiet:
Eröffnung: 11.11.1938
Schließung:
Deportationen: Konzentrationslager Buchenwald, Sachsenhausen und Dachau sowie Vernichtungslager in Polen sowie nach Theresienstadt
Häftlinge: Juden, Sinti und unerwünschte Elemente
Geschlecht: Männer, Frauen und Kinder
Einsatz der Häftlinge bei: Lendersdorfer Hütte
Art der Arbeit: Pflasterarbeiten
Bemerkungen:
11.11.1938 etwa 40 Juden, 1939 etwa 112
Vor 1933
Nach 1820 ist die Gerstenmühle ausschließlich Tuchfabrik.
Seit 1817/18 ist sie im Besitz von Franz und Ernest Schoeller, denen Heinrich Wilhelm Schoeller die Mühle am 04.08.1823 für 12.884 Taler verkauft. Später geht sie auf Kom.-Rat Friedrich Schoeller und die Erben Prym über.
Friedrich Schoeller verpachtet am 12.05.1841 die Gerstenmühle mit Gebäuden, Wasserlauf und Gerätschaften den Gebr. Franz Paul und Ernest Schoeller für 1.250 Taler jährlich
Geschichte des Lagers
Am 29. Januar 1936 erschien in der Dürener Zeitung ein Artikel mit der Überschrift: Abschied von einem malerischen Winkel. Der größte Teil der alten Dürener Gerstenmühle wird abgerissen. Begründet wurde der Abriss der Mühle, die an dem Fußpfad zwischen Stürtzstraße und dem Sportplatz am Obertor lag, mit Baufälligkeit. Nur ein kleiner Teil sollte für Wohnzwecke erhalten bleiben.
Eine große Anzahl Dürener Juden hat die Gerstenmühle nicht als malerischen Winkel, sondern als Sammellager auf dem Weg in die Deportation kennen gelernt, zunächst nach dem Novemberpogrom 1938 in die Konzentrationslager Buchenwald, Sachsenhausen und Dachau, später dann zu den sog. Arbeitseinsätzen und in die Vernichtungslager Polens sowie nach Theresienstadt. Es wird von Zeitzeugen übereinstimmend angeführt, dass bereits bei der unmittelbar nach dem Novemberpogrom einsetzenden Verhaftungswelle die Gerstenmühle als Auffanglager diente.
Nach der offiziellen NS-Berichterstattung in der Dürener Zeitung vom 11. November 1938 wurden im Laufe des Tages etwa 40 Juden in Schutzhaft genommen. In Darstellungen zur Geschichte Dürens findet sich später die Zahl von 102 Mitgliedern der jüdischen Gemeinde, die spontan verhaftet und in die Gerstenmühle verbracht worden seien.
Die Gerstenmühle wird als Sammellager benutzt, beschönigend Obdach genannt.
Was mit den obdachlosen Juden geschah, zeigt die von Bürgermeister Schmitz vorgelegte Entschließung in der Ratssitzung vom 20. Dezember 1940:
Überplanmäßig wird für Verpflegung und Fortschaffung von Polizeisträflingen und Obdachlosen der ursprüngliche Ansatz von 800 RM auf 1.800 RM erhöht.
Schon im Rechenschaftsbericht für das Jahr 1939 hatte die Liegenschaftsverwaltung über die recht schwierige Verwaltung der 112 polizeilich eingerichteten Obdache geklagt und auf die Kostensteigerung bei der Unterbringung Obdachloser hingewiesen.
Im Zuge der Brutalisierung des Vorgehens wird auch in den Ratsprotokollen die Farce der Obdachlosigkeit fallengelassen. In einer weiteren Entschließung des Bürgermeisters vom Juli 1941 heißt es:
Es wurden unter 62/621/1036 außerplanmäßig 4.000 RM unter der Bezeichnung Aufwendung anlässlich der Judenumsiedlung bereitgestellt.
Gefüllt haben dürfte sich die Gerstenmühle wie die anderen Lager im heutigen Stadtgebiet im Mai 1941, als die Ausweisung der Juden des Kreises und der Stadt aus ihren Wohnungen stattfand und die Zentrierung in Lagern erfolgte. Es handelte sich hier wie im übrigen Reich um eine von der Gestapo verfügte Zusammenlegung der Juden, die bis zum 1. Juli 1941 durchgeführt sein musste.
Die Nazis waren sich der Effektivität ihrer Maßnahmen so sicher, dass der NSDAP-Kreisleiter Peter Binz bereits Anfang April 1941 verkünden konnte, dass Düren nach dem 30. April judenfrei sein würde.
Wachmanschaft
Name der Häftlinge
Bender Berthold Düren Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Aachen
überstellt nach KL Majdanek (Lublin)
Bender Clementine (geb. Marx) Düren Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Aachen