Schutzhaftlager (Angerturnhalle)

Bezeichnung:

Gebiet
Deutschland, Bundesland Bayern, Regierungsbezirk Oberfranken, Kreisfreie Stadt Coburg

Gebiet heute

Eröffnung
20.03.1933

Schließung

Unterstellung

Häftlinge
Juden und unerwünschte Elemente

Geschlecht
Männer

Wachmannschaft/Täter
SA-Marinesturm 14/20 Coburg

Einsatz der Häftlinge bei

Art der Arbeit

Lagerausstattung

Ausstattung der Insassen

Lageralltag

Bemerkungen

Früher als andernorts trat der Nationalsozialismus in Coburg in Erscheinung. Schon Ende der 1920er Jahre entwickelte sich die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei zur bestimmenden Partei in der Stadt. So errang die NSDAP am 23. Juni 1929 mit 43,1 % der Wählerstimmen die absolute Mehrheit der Stadtratssitze, am 18. Januar 1931 wehte erstmals in Deutschland an einem öffentlichen Gebäude, dem Rathaus, die Hakenkreuzfahne, am 16. Oktober wählte der Stadtrat den Nationalsozialisten Franz Schwede zum Ersten Bürgermeister Coburgs und am 26. Februar 1932 verlieh Coburg als erste deutsche Stadt Adolf Hitler die Ehrenbürgerrechte. Ab 1939 durfte Coburg den Ehrentitel Erste nationalsozialistische Stadt Deutschlands führen.

Am Sonntag den 7. Mai 1933 kam es im äußeren Hof der Ehrenburg zur Bücherverbrennung. Die Aktion wurde von der Hitlerjugend im Rahmen des neugeschaffenen Tages der Jugend durchgeführt. Der Coburger Unterbannführer der Hitlerjugend, Studienrat Franz Heimberger, Mitglied der NSDAP und seit 1928 Leiter der städtischen Volksbücherei, organisierte den Tag mit Kirchgang, Bücherverbrennung und Umzug. Zuvor hatte er am 5. und 6. April, nach Beschluss des Verwaltungssenats, in Begleitung der Polizei unter anderem acht Leihbüchereien kontrolliert und Bücher wegen des Inhalts oder des Verfassers beschlagnahmt.

Der Kult um Franz Schwede, der im Mai die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister verliehen bekam, erreichte am 10. September 1933 einen Höhepunkt.
Der evangelisch-lutherische Dekan Curt Weiß weihte die neue Rathausglocke unter der Bezeichnung Franz-Schwede-Glocke mit Inschrift

Zu Adolf Hitler ruf ich Dich, Franz-Schwede-Glocke heiße ich.

Bei den Reichstagswahlen vom 5. März 1933, zu denen die Stadtverwaltung nur Wahlplakate der NSDAP gestattete, bekamen die Nationalsozialisten 56,1 % der Wählerstimmen. Vier Tage später, am 9. März feierten SS- und SA-Angehörige die nationalsozialistische Machtübernahme in Bayern. Eine Verhaftungswelle von 152 Regimegegnern und Juden setzte in Coburg ein. Die Not- und Hilfspolizei, die am 2. März 1932 unter dem Vorwand des Schutzes öffentlicher Gebäude aufgestellt worden war, unter der Leitung von Emil Mazuw stand und aus 55 SS-Angehörigen bestand, wurde dazu eingesetzt. In der sogenannten Schutzhaft wurden Verhöre von 83 Personen mit Folterungen durchgeführt, um Geständnisse zu erpressen. Dabei anwesend waren teilweise Schwede und Faber. 31 Personen wurden in das KZ Dachau überführt. Nach Einlieferung mehrerer Misshandelter ins Landkrankenhaus erstatteten die Ärzte Anzeige. Die Ermittlungen wurden aber Anfang Mai eingestellt, zu Verurteilungen durch das Landgericht kam es erst 1951.

Am 11. März folgte durch den neuen bayerischen Innenminister Adolf Wagner die Amtsenthebung und Verhaftung des Stadtkommissars Fritsch, dessen Amtsgeschäfte am 3. April auf Schwede übertragen wurden. Damit war auch die letzte Schlüsselposition in der Verwaltung durch einen Parteigenossen besetzt. Die sieben Stadträte der SPD wurden im Juli
abgesetzt.

Die Ereignisse im März und April 1933 führten im Jahr 1951 gegen Schwede, Mazuw und zehn weitere ehemalige
SS-Mitglieder zu einem Strafverfahren vor dem Coburger Landgericht wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung im Amt. Unter anderem wurden in dem gut zweimonatigen Verfahren 159 Zeugen vernommen und 117 Opfer festgestellt. Juden waren nicht unter den Zeugen. Am 7. April 1951 war Urteilsverkündung. Schwede wurde wegen 52facher Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu zehn Jahren, Mazuw wegen 62facher Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit zweifacher versuchter Nötigung zu acht Jahren und neun Monaten, ein ehemaliger SS-Untersturmführer wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit zweifacher versuchter Nötigung zu zehn Monaten und ein ehemaliger SS-Oberscharführer wegen dreifacher gefährlicher Körperverletzung zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Gegen drei Angeklagte wurde das Verfahren aufgrund des Straffreiheitsgesetzes vom 31. Dezember 1949 und gegen zwei wegen Strafverfolgungsverjährung eingestellt. Drei Angeklagte wurden freigesprochen.